European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00592.840.1122.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Der überschuldete Nachlass mit einem Aktivvermögen von 29.420,80 S wurde vom Erstrichter zur Gänze an die erbl Witwe zur teilweisen Befriedigung der Beerdigungskosten und Nebenauslagen ua für Fundament und Grabstein an Zahlungsstatt überlassen. Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss teilweise dahin ab, dass ein Teilbetrag von 9.186,40 S dem Magistrat der Stadt Wien zur teilweisen Befriedigung seiner Pflegegebührenforderung zugewiesen wurde. Das Rekursgericht ging davon aus, dass die Begräbniskosten nur mit einem Teilbetrag von 12.772 S als bevorrechtete Forderung anerkannt worden seien und der Restbetrag kridamäßig im gleichen Rang auf die beiden Gläubiger der Verlassenschaft zu verteilen sei.
Der von der erbl Witwe gegen den abändernden Teil dieser Entscheidung erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Vorinstanzen sind zutreffend und unbekämpft davon ausgegangen, dass gemäß § 73 AußStrG infolge der Überschuldung des Nachlasses eine kridamäßige Überlassung an Zahlungsstatt vorzunehmen ist, bei der besondere Vorrechte, die einzelnen Forderungen im Sinne der Konkursordnung oder nach anderen Vorschriften zukommen, zu berücksichtigen sind. In diesem Sinn gehörten nach altem Konkursrecht sowohl die Kosten eines im Sinn des § 549 ABGB angemessenen Begräbnisses gemäß § 51 Abs 1 Z 1 KO als auch die rückständigen Pflegegebühren einer öffentlichen Heil‑ und Pflegeanstalt nach § 47 KAG, BGBl 1957/1, in die erste Klasse der Konkursforderungen (SZ 34/98, SZ 48/118 ua). Nach dem neuen Insolvenzrecht sind hingegen gemäß § 46 Abs 1 Z 7 KO zwar die Kosten einer einfachen Bestattung des Gemeinschuldners nunmehr Masseforderungen, während an die Stelle der Verweisung in § 47 KAG auf den bisherigen § 51 KO zum gemäß Art XI § 8 Abs 2 IRÄG die Verweisung auf die neue klassenlose Konkursforderung getreten ist.
Das Rekursgericht hat ohne nähere Begründung angenommen, dass den beiden hier angemeldeten Forderungen „nach § 51 KO in der zum Todeszeitpunkt des Erblassers geltenden Fassung“ der gleiche Rang zukomme. Todestag des Erblassers war der 1. Jänner 1983. Mit dem gleichen Tag ist das IRÄG 1982/370 in Kraft getreten (Art XI § 1). Eine besondere Übergangsbestimmung ordnete an, dass unter anderem die bisher geltenden §§ 50 bis 53 und überdies die bisher geltenden Bestimmungen besonderer Gesetze, mit denen Forderungen im Sinne der §§ 51 oder 52 KO in die erste oder zweite Klasse der Konkursforderungen eingereiht werden, weiterhin anzuwenden sind, wenn „das Verfahren (Konkurs, Anschlusskonkurs, Ausgleichsverfahren, Vorverfahren)“ im Jahre 1983 eröffnet wird (§ 2 Abs 2 Z 1 lit a und h). Eine gleichartige ausdrückliche Übergangsbestimmung für die kridamäßige Verteilung des Nachlasses enthält das IRÄG nicht. Es bleibt deshalb zu prüfen, ob es sich um eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Lücke handelt, die einen Umkehrschluss rechtfertigt, oder ob die Übergangsvorschrift auf den vorliegenden Fall analog angewendet werden kann. Analogie und nicht Umkehrschluss ist geboten, wenn für eine verschiedene Behandlung kein Grund zu finden ist ( Bydlinski in Rummel , ABGB, Rdz 3 zu § 7 mit Hinweis auf SZ 35/97). Dabei ist hier der Tod des Erblassers maßgebend, soweit es für die Rangordnung nach der Konkursordnung auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung ankäme ( Ehrenzweig‑Kralik , Erbrecht 3 348).
Für die Anwendung des neuen Konkursrechts auf Todesfälle des Jahres 1983 könnten der Wortlaut des § 2 Abs 2 IRÄG (der bei der Aufzählung der betroffenen Verfahrensarten die kridamäßige Verteilung des Nachlasses nicht erwähnt) und im Zusammenhang damit die Vorschrift des § 8 Abs 2 IRÄG sprechen, die ohne eine besondere Übergangsvorschrift an die Stelle von Verweisungen auf die bisher geltenden §§ 51 und 52 KO die Verweisung auf den neuen § 50 KO setzt. In diesem Sinn scheint Köhler , Überlassung an Zahlungsstatt und kridamäßige Nachlassverteilung – Änderung der Rechtslage ab 1. Jänner 1983, Z 1982, 181 f, die Übergangsregelung zu verstehen. Er vertritt aber andererseits (aaO) die Ansicht, dass die Krankheits‑ und Leichenkosten (schon) nach (dem unveränderten) § 73 Abs 1 AußStrG (jedenfalls) anteilsmäßig zu befriedigen seien. Edelbacher , Verfahren außer Streitsachen, MGA 30 2 229 verweist hingegen zu § 73 AußStrG darauf, dass die §§ 51 bis 53 KO weiter gelten, wenn „gewisse Verfahren“ vor dem 1. Jänner 1984 eröffnet worden sind.
Rechtliche Beurteilung
Nach der Ansicht des erkennenden Senats lässt der Wortlaut des Eingangssatzes des § 2 Abs 2 IRÄG keinen Schluss auf eine Absicht des Gesetzgebers in der Richtung zu, dass die auch bisher nicht in der Konkursordnung geregelte kridamäßige Verteilung eines überschuldeten Nachlasses für Todesfälle im Jahre 1983 anders beurteilt werden soll als Konkurseröffnungsfälle in diesem Jahre. Vielmehr spricht die bisherige, von der Rechtsprechung entwickelte Gleichstellung der beiden Fälle (auch zum Zweck der Ersparung eines echten Konkursverfahrens über einen geringfügigen, aber überschuldeten Nachlass) gegen eine verschiedene Behandlung gerade für das eine Jahr der konkursrechtlichen Übergangsregelung. In diesem Sinn vertreten auch Kralik aaO FN 5 und Radner‑Haslinger‑Reinberg , KAG I 92 f die Ansicht, dass die Schulden bei Todesfällen im Jahre 1983 nach den Vorschriften des zweiten Absatzes des Art XI § 2 IRÄG zu bezahlen sind (vgl auch Jelinek , Insolvenzgesetze, FN S 265). Bei dieser somit auch für die Übergangszeit maßgeblichen Rechtslage kann die Meinung Köhlers (aaO) über die (auch für Todesfälle nach dem Jahr 1983) fortdauernde Gleichstellung der Krankheits‑ und Leichenkosten schon nach § 73 Abs 1 AußStrG (anders wohl Kralik aaO) hier ungeprüft bleiben.
Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung ist daher von der Gleichrangigkeit der gegen den überschuldeten Nachlass geltend gemachten Forderungen auszugehen. Das Rekursgericht ist in diesem Sinn vorgegangen und hat dabei zutreffend nur jene Teilanerkennung der Begräbniskosten als bevorrechtete Forderung berücksichtigt, die von der MA 17 im erstinanzlichen Verfahren zuletzt erklärt wurde. Eine weitere Begrenzung der Möglichkeit eines Zuspruchs an den Magistrat der Stadt Wien ergab sich allerdings aus dessen Rekursantrag. Die Entscheidung des Rekursgerichts geht aber über diesen Antrag nicht hinaus, weil eine aliquote Aufteilung des dort berechneten Restnachlasses einen etwas höheren Zuspruch an den Magistrat der Stadt Wien ergeben hätte. Da der Rekursantrag die Grenze der Rechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung bestimmte, hat der Umstand unberücksichtigt zu bleiben, dass die Rekursausführungen des Magistrats der Stadt Wien einen Gedankenfehler insoweit enthielten, als der Versicherungserlös der Überbringerpolizze des Wiener Vereins im Betrag von 15.046 S einerseits von den Begräbniskosten und Nebenauslagen der Witwe abgezogen wurde und andererseits dennoch ungeschmälerte Nachlassaktiven von 29.420,80 S der Verteilung zugrundegelegt wurden. Es hat deshalb im grundsätzlichen bei der Aufteilung wie durch das Rekursgericht zu verbleiben.
Die Einwände der Rekurswerber gegen die ziffernmäßige Berechnung des Rekursgerichts sind nicht begründet. Es wurden ohnehin die ganzen Begräbniskosten berücksichtigt, obwohl sie die Kosten eines durchschnittlichen, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen im Sinne der § 549 ABGB und § 51 Abs 1 Z 1 KO aF angemessenen, hier also einfachen Begräbnisses im Sinne des im Akt erliegenden Kostenvoranschlags der Wiener Städtischen Bestattung nicht unerheblich übersteigen und die Rekurswerberin im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt sogar selbst von geringeren Ziffern ausgegangen war (S 29). Ihre weitere Behauptung, dass die Lebensversicherungspolizzen, die einen wesentlichen Teil des von den Vorinstanzen angenommenen Aktivvermögens des Nachlasses ausmachen, wegen der Absicht des Verstorbenen, damit einen Teil der Begräbniskosten zu decken, der Abhandlung nicht zugrundezulegen gewesen wären, trifft nicht zu. Da es sich um Überbringerpolizzen handelte, die im Nachlass vorhanden waren, muss ihr Erlös als Nachlassaktivum berücksichtigt werden. Es handelte sich um eine Kapitalversicherung, die zugunsten des Inhabers genommen wurde und über die der Erblasser ungeachtet einer allfälligen Absicht, damit sein Begräbnis zu decken, weder unter Lebenden noch von Todes wegen verfügt hatte. Eine solche Versicherungssumme ist in den Nachlass des Versicherungsnehmers einzubeziehen ( Welser in Rummel , ABGB, Rdz 10 zu § 531 mwN). Die Rekursbehauptung schließlich, dass nach der alten Fassung des § 51 KO im Zusammenhang mit § 73 AußStrG die Pflegegebühren nicht den gleichen Rang mit den bevorrechteten Begräbniskosten hätten, widerspricht sowohl dem Wortlaut der zuletzt genannten Gesetzesbestimmung im Zusammenhang mit § 47 KAG wie auch der oben angeführten ständigen Rechtsprechung. Auf den Umstand, dass eine Rückzahlung der für die Begräbniskosten verwendeten Teile des Nachlassvermögens für die Rekurswerberin eine Härte bedeuten würde, kann mit Rücksicht auf die gegebene Gesetzeslage und die daraus resultierende Unrechtmäßigkeit dieses Verhaltens der Rekurswerberin nicht Bedacht genommen werden.
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