OGH 7Ob55/04w

OGH7Ob55/04w21.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann K*****, vertreten durch Dr. Nader Karl Mahdi, Rechtsanwalt in Wattens, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Günter Zeindl, Rechtsanwalt in Innsbruck, sowie die auf Seiten der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenientin Ing. Franz T*****, vertreten durch Dr. Georg Santer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen eingeschränkt EUR 24.782,63 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. November 2003, GZ 4 R 276/03z-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. September 2003, GZ 6 Cg 55/01a-49, in der Hauptsache bestätigt und im Kostenpunkt abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt eine Bäckerei und hat bei der beklagten Partei eine Feuerversicherung zum Neuwert mit einer Versicherungssumme von S 6,000.000 abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag wurden die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen 1984 (AFB 1984), die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung 1971 (ABS 1971), die Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Gebäuden und Einrichtungen sowie die Klausel Nr X 13 (Untergrenze der Neuwertentschädigung) zugrundegelegt.

Gemäß Art 1 Abs 1 AFB 1984 gewährt der Versicherer Versicherungsschutz “gegen Schäden durch Brand, Blitzschlag und Explosion"; als Brand gilt nach Abs 2 “ein Feuer, das ohne einen bestimmungsmäßigen Herd entsteht oder ihn verläßt und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag (Schadenfeuer).

Nicht als Brand gilt und der Versicherer haftet daher nicht, wenn

a) versicherte Sachen dadurch zerstört oder beschädigt werden, daß sie (z.B. beim Bügeln, Trocknen, Räuchern, Rösten, Kochen, Braten u.dgl.) der Einwirkung des Feuers, des Rauches oder der Wärme ausgesetzt werden oder daß sie in einen Feuerherd (Ofen, Herd u.dgl.) fallen oder geworfen werden;

b) der Schaden durch ein Feuer hervorgerufen, das sich nicht selbst auszubreiten vermag (z.B. Sengschäden durch Beleuchtungs- oder Beheizungskörper, brennenden Tabak, glühende Kohlenstücke u.a.m.) oder

c) versicherte elektrische Maschinen, Apparate oder Einrichtungen durch die Energie des elektrischen Stromes, sei es mit oder ohne Lichterscheinungen, beschädigt oder zerstört werden.

Geraten jedoch durch die unter lit a und c genannten Ursachen andere versicherte Sachen in Brand, so haftet der Versicherer für den an diesen anderen versicherten Sachen entstehenden Schaden."

In der Nacht vom 26. auf den 27. 12. 2000 wurde in der Bäckerei gearbeitet. Gegen 5.00 Uhr morgens bemerkte ein Mitarbeiter des Klägers während der Reinigung der Front des bereits ausgeschalteten Backofens einen beißenden Geruch (und begannen seine Augen zu brennen), aber noch keine Rauchentwicklung. Zur Sicherheit schaltete er den Hauptsicherungsschalter des Backofens aus. Kurz darauf nahm er an der linken Seite des Ofens im Bereich des Dunstabzuges Rauchentwicklung wahr und begann die Seitenverkleidung herunterzureißen, um an einen eventuellen Brandherd zu gelangen. Nach Entfernen der Dämmwolle legte sich die Rauchentwicklung. Beim Entfernen der noch vorhandenen Dämmwolle konnte der Verlauf und die Entwicklung der Hitze anhand der Spuren rekonstruiert werden. Im Nahbereich des ursprünglich am quer verlaufenden Metallsteher montierten rechten Kastens für die Thermostate waren die stärksten “Brandspuren" erkennbar. Je weiter weg verlaufend die Leitungen waren, desto schwächer wurden die “Brandspuren" bzw muss die Hitzeeinwirkung gewesen sein. Der genannte rechte Kasten beinhaltete die elektrischen Kontakte für die Thermostate des Ofens. Im Ofen wird jeweils die mittels Regler eingestellte Temperatur mit diesen Thermostaten gemessen und nötigenfalls die Energiezufuhr ein-und ausgeschaltet. Die Spannung für die Temperaturmessung beträgt maximal 24 Volt. Das Innere des rechten Elektrokastens wies starke Spuren von Hitze auf und ließ dadurch erkennen, dass die Einwirkung von innen nach außen erfolgte. Im Bereich des zweiten (linken) Elektrokastens waren keine derartigen Spuren erkennbar. Weder die Dämmwolle noch die Leitungen oder der Kasten selbst wiesen gröbere “Brandspuren" auf. Beim Entfernen der restlichen Dämmwolle um die Leitungen waren keine Spuren von Hitzeeinwirkungen erkennbar. Auch im Bereich der Thermostate im Inneren des Backofens waren keine Spuren einer Hitzeeinwirkung, wie Veränderung der Farbe des Metalls, sichtbar.

Die erhebenden Gendarmeriebeamten nahmen einen technischen Defekt im Bereich des rechten Elektrokastens (Thermostat des Backofens) an. Spuren oder sonstige Hinweise für eine vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung des Brandes, wie eine Fehlbedienung oä, konnten nicht gefunden werden. Eine diesbezügliche Anzeige wurde vom zuständigen Bezirksanwalt am 2. 4. 2001 gemäß § 90 StPO zurückgelegt.

Der Schaden am Backofen ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch ein Versagen eines Temperaturregelgerätes im Bereich des Schwadenapparates mit damit verbundenem Wärmestau und örtlicher Überhitzung entstanden.

Der beschädigte Elektro-Backofen bestand aus zwei Teilen, nämlich dem Backraum und der Schwadenerzeugung. Der Backraum wiederum bestand aus zusammengeschraubten Blechteilen mit eingeschobenen, einbetonierten Zwischendecken mit seitlich eingeschobenen Widerstandsheizkörpern für Ober- und Unterhitze. Der Wärmebedarf wurde durch elektronische Temperaturfühler und das jeweilige Temperaturregelgerät geregelt. Die elektrischen Anschlüsse befanden sich ca 10 mm von der Befestigung an der Backraumwand entfernt in nicht brennbarer Stopfwolle (Glaswolle). Zwischen der Backwand und der Außenverkleidung war eine ca 30 cm starke, nicht brennbare Isolation angebracht. Alle elektrischen Leitungen waren mit Glasfiberisolationen versehen. Der Schwadenkasten bestand aus einem vom Backofen unabhängigen Blechkasten. Die dafür benötigten drei Heizkörper zur Erwärmung des Schwadenapparates für jede Etage waren seitlich angebracht. Die vier Schwadenapparate waren in einer nicht brennbaren Isolation im sog großen Blechkasten eingebettet. Die elektrischen Anschlüsse wurden nach außen geführt und in einem Verteilerkasten wie beim Backofen eingeführt. Der Raum zwischen Backetage und Boden war komplett mit nicht brennbarer Isolation (Mineral- bzw Glaswolle) ausgefüllt. Durch die Bauweise und insbesondere die verwendeten Isoliermaterialien betrug die Oberflächentemperatur an der Außenverkleidung (normalerweise) nicht mehr als 35 bis 40 °C. Die mit Glasfiber isolierten elektrischen Zuleitungen waren in einem Blechkanal an der Außenverkleidung verlegt, die dort auftretende Temperatur betrug (normalerweise) ca 40 bis 50 °C. Durch die Überhitzung ist es zu einem Glosen und Schwelen sowie Schmelzen des Dämmmaterials im Inneren des Ofens, verbunden mit Rauchentwicklung und stechendem oder beißendem Geruch, gekommen. Bei Glas-, aber auch insbesondere bei Mineralwolle ist ein Weiterschwelen nach dem Abschalten der Wärmezufuhr je nach Anteil des Bindemittels möglich. Es kann aber bei derartigem Schwelen nur zu einer Rauchentwicklung, nicht aber zu einem Brand mit offener Flamme kommen. Lediglich beim Plastikgehäuse des Verteilerkastens kann es kurzfristig zu einer geringen Flammenbildung gekommen sein, die jedoch zu “keinem wesentlichen Schaden" geführt haben konnte. Der Schaden am Gerät ist vielmehr durch das Glosen und Schwelen des Dämmmaterials und der Leitungen eingetreten.

Der beschädigte Backofen war bei einer durchschnittlichen technischen Nutzungsdauer von ca 20 Jahren damals bereits 18 Jahre lang anstandslos in Betrieb; sein Wert betrug im Schadenszeitpunkt S 137.700; eine Reparatur wäre technisch “durchaus möglich" gewesen.

Mit der am 22. 3. 2001 eingebrachten und in der Folge mehrfach eingeschränkten (sowie hinsichtlich des Zinsenbegehrens auch ausgedehnten) Klage begehrte der Kläger zuletzt die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von EUR 24.782,63 samt 4 % Zinsen vom 31. 3. 2001 bis 31. 7. 2002, 10,75 % Zinsen vom 1. 8. bis 31. 12. 2002, 10,2 % Zinsen vom 1. 1. bis 30. 6. 2003 und 9,47 % Zinsen seit 1. 7. 2003.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete im Wesentlichen ein, dass kein Brand im Sinne der Versicherungsbedingungen und somit kein Versicherungsfall vorliege. Mangels Zahlungsverpflichtung und Zahlung einer Nichtschuld behalte sich die beklagte Partei die Rückforderung der unpräjudiziell geleisteten Beträge (von EUR 13.690,11 bzw EUR 10.928,54) ausdrücklich vor.

Die klagende Partei verkündete dem nach dem Schadensfall von der beklagten Partei beauftragten Sachverständigen den Streit, der auf Seiten der beklagten Partei dem Verfahren als Nebenintervenient beitrat.

Das Erstgericht wies auch im zweiten Rechtsgang (wobei der gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes im ersten Rechtsgang von der beklagten Partei erhobene Rekurs vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 159/02m-24 zurückgewiesen worden war) - das Klagebegehren ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht (zusammengefasst) aus, dass der Schaden nicht durch einen Brand im versicherungsrechtlichen Sinne entstanden sei, weil es zu keiner Flammenbildung gekommen sei. Der (nur) durch Schwelen, Glosen und Schmoren zufolge Überhitzung durch den Ausfall des Regelgerätes für die Thermostaten entstandene Schaden sei daher im Rahmen des abgeschlossenen Feuerversicherungsvertrages nicht gedeckt; aus den geleisteten Teilzahlungen lasse sich kein konstitutives Anerkenntnis ableiten.

Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei erhobenen Berufung in der Hauptsache nicht, sondern bloß im Kostenpunkt Folge und sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es schloss sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an, wonach das Vorliegen eines Brandes im versicherungsrechtlichen Sinne zu verneinen sei, sodass der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf Deckung habe. Beim Backofen des Klägers sei es weder zu einem Feuer mit lodernden Flammen noch zu einem Glimmbrand (im Sinne der Entscheidung 7 Ob 184/98d) gekommen; auch zu einem Verbrennungsvorgang mit Lichterscheinung habe es am oder im elektrischen Backofen gar nicht kommen können, weil dieser nur mit nicht brennbaren Materialien ausgestattet gewesen sei. “Letztlich" sei der Schaden durch die Energie des elektrischen Stromes entstanden, “weil die Energiezufuhr nach Versagen des Temperaturregelgerätes im Bereich des Schwadenapparates nicht dosiert bzw unterbunden wurde und es dadurch zu einem Wärmestau und einer örtlichen Überhitzung kam".

Die Klausel Nr 190 des Versicherungsvertrages betreffe nur indirekte Blitzschäden, welche hier ebenfalls nicht in Betracht kämen.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil - soweit überblickbar - höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, was unter Brand im Sinne der §§ 82, 83 VersVG bzw Art 1 AFB zu verstehen ist und wann somit ein Versicherungsvorfall vorliegt, keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege; in der bereits zitierten Entscheidung 7 Ob 184/98d sei diese Frage nur unter dem Blickwinkel eines “Glimmbrandes" beantwortet worden, wobei sich aus dem dortigen Glimmbrand jedenfalls eine Feuersbrunst entwickelt habe, während es im vorliegenden Fall zu gar keinem Feuer gekommen sei; der Frage, wann ein Versicherungsfall im Sinne der AFB vorliege, komme auch Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Sowohl die beklagte Partei als auch deren Nebenintervenientin haben Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen der Antrag gestellt wird, dem Rechtsmittel des Gegners keine Folge zu geben. In der Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird auch ausgeführt, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorlägen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hatte zwar am 3. 12. 2003 - also nach Fällung des berufungsgerichtlichen Urteiles zu 7 Ob274/03z - einen vergleichbaren Fall eines Backofenbrandes in einer Bäckerei ebenfalls im Lichte der (Risiko-)Ausschlussbestimmung des Art 1 Abs 2 AFB 1984 zu beurteilen (und hat sich darin bereits ausführlich mit der Auslegung dieser Bestimmung auch durch das einschlägige versicherungsrechtliche Fachschrifttum befasst); der dort zur Entscheidung anstehende Sachverhalt unterschied sich allerdings in wesentlichen Bereichen vom hier vorliegenden. Dort kam es bei einem Backofen des dortigen Versicherungsnehmers nach Stromschwankungen im Stromversorgungsnetz während der Wochendendpause in der Nacht zu einem unbeabsichtigten selbstständigen Aufheizvorgang, indem der Ölbrenner über die elektrische Steuereinheit selbständig eingeschaltet wurde, dabei im Ofen Temperaturen von über 600 °C entstanden, was zur Selbstentzündung von im Ofen gelagerten restlichen Backwerk (zum Trocknen mittels Restwärme für Semmelbrösel) führte. Beim Eintreffen der Feuerwehr loderten die Flammen bis zum Plafond. Der erkennende Senat bejahte in dieser Entscheidung das Vorliegen eines Schadenfeuers im Sinne des Art 1 Abs 2 erster Satz AFB 1984 und damit auch eine Haftung der beklagten Versicherung zur Schadensdeckung gemäß § 82 VersVG und führte hiezu aus (RIS-Justiz RS0118379):

Schlagen Flammen aus einem stromgesteuerten und ölbeheizten Backofen, der seinerseits ausschließlich auf dem Prinzip der Lufterhitzung (also nicht einer Feuerung durch Flammung in einer geschlossenen oder ungeschützten Feuerstätte) funktioniert, so kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass es sich hiebei um ein Feuer handelt, das jedenfalls “ohne einen bestimmungsmäßigen Herd" zum Entstehen kam, diesen in der Folge verlassen hat (Dörner/Staudinger in Berliner Kommentar Rn 8 zu § 82) und sich schließlich auch aus eigener Kraft auszubreiten vermochte - also per definitionem ein Schadenfeuer im Sinne des Art 1 Abs 2 Einleitungssatz ABF 1984 war (siehe hiezu auch die Beispiele von Kollhosser in Prölss/Martin VersVG26 Rn 5 zu § 82); diente doch der “Herd" (Backofen) von seiner Anlage und Beschaffenheit gerade nicht dazu, Feuer zu erzeugen, zu nähren oder einzuhegen (Dörner/Staudinger aaO Rn 7). Ein Schadenfeuer liegt nämlich nicht vor, solange das Feuer entsprechend dem menschlichen Willen innerhalb des dafür bestimmt gewesenen Herdes kontrolliert verbleibt; unter Herd ist hiebei jede erste oder spätere Ausgangsstelle des Feuers zu verstehen, die nach ihrer Anlage und Beschaffenheit dem Zweck dient, das Feuer zu ernähren, zu erzeugen oder - in Abschirmung seiner grundsätzlich gefährlichen Auswirkungen - einzuhegen (Römer/Langheid, Versicherungsvertragsgesetz² Rz 3 zu § 82; ausführlich Wussow, Feuerversicherung² 146 ff). In diesem Sinne muss ein Herd daher auch nicht allgemein, sondern auch gerade in dem gegebenen Zeitpunkt und unter den gegebenen Umständen zur Aufnahme des Feuers bestimmt sein (Wussow aaO 150) - was aber für den zu 7 Ob 274/03z verfahrensgegenständlichen und bis zum unbeabsichtigten selbständigen Aufheizvorgang in einem seit Stunden außer Betrieb befindlichen Backofen (wiederum in objektiver Betrachtung: Wussow aaO 150) konsequenterweise verneint werden musste.

Im vorliegenden Fall kam es nun im Sinne dieser vorstehenden definitionsgemäßen Ausführungen - im bzw auch außerhalb des Backofens - (feststellungskonform) zwar “zu keinem Brand mit offener Flamme", wohl aber zu einem überhitzungsbedingten “Glosen und Schwelen sowie Schmelzen von Dämmmaterial im Inneren des Ofens". Derartige Erscheinungsvorgänge erfüllen jedoch ebenfalls den Begriff der Verbrennung (und damit eines Feuers), handelt es sich doch hiebei - chemisch/naturwissenschaftlich-technisch - um (wenngleich flammenlose) Verbrennungsvorgänge an porösen Festkörpern; Glimmen (und gleichermaßen “Glosen und Schwelen") ist daher trotz fehlender Flamme ein Brand, wenn der Vorgang sich über den Ort der ersten Entstehung hinaus auszubreiten vermochte (ausführlich Martin, SVR³ 459 ff, speziell Rn 7 ff und 47 [am Ende] bei insoweit gleicher Bedingungslage). Davon ist auch hier auszugehen, wie nicht zuletzt die im Akt befindlichen Schadensbilder nachdrücklich dokumentierten. Dass es (so die Meinung des Berufungsgerichtes) zusätzlich auch noch eines “Glimmbrandes" (vgl 7 Ob 184/98d) zur Erfüllung des Versicherungsfalles bedurft hätte, trifft daher nicht zu, zumal der erkennende Senat bereits in dieser Entscheidung (veröffentlicht in VersR 1999, 1263 = VR 2000, 93 = VersE 1801) ausdrücklich betont hatte, “dass der Begriff Brand keineswegs auf einen solchen mit lodernden Flammen eingeschränkt ist" - wobei im vorliegenden Fall ohnedies festgestellt wurde, dass es auch hier, wenngleich “kurzfristig", zu einer “geringen Flammenbildung gekommen sein kann", was jedoch (wie ausgeführt) nicht - allein-entscheidend ist. Der gegenständliche Fall unterfällt daher - abweichend von den Beurteilungen der Vorinstanzen - nicht der Ausschlussklausel der hier maßgeblichen AFB (Art 1 Abs 1 lit b).

Aber auch der-vom Berufungsgericht in Seite 12 erster Absatz am Ende = AS 310 seiner Entscheidung zwar nicht ziffernmäßig genannte, jedoch inhaltlich angesprochene - Risikoausschluss des Art 1 Abs 1 lit c AFB 1984 (“Energie des elektrischen Stromes") liegt nicht vor, entstand doch das schadenstiftende (Schaden-)Feuer nach dem Vorgesagten erst infolge der festgestellten Wärmeeinwirkung (“Wärmestau“), in welchem Fall jedoch der Feuerversicherer unabhängig davon einzutreten hat, aus welcher (technischen) Ursache der Verbrennungsvorgang im Sinne eines sich über den Ort der ersten Entstehung (hier: Temperaturregelgerät) hinaus ausbreitenden Brandes entstanden war (Wussow, aaO 165; Martin, aaO 468 Rn 41 verneint eine Haftungsbegründung nach Ausfall eines Thermostaten nur im Zusammenhang mit Schäden “an den isolierenden Schichten der umschlossenen Feuerstätte", also soweit die Schadensauswirkungen des bestimmungsgemäßen Feuers im Herd verbleiben, sodass Schäden an elektrischen Einrichtungen, die “erst [wie hier] durch Nachfolgebrand entstehen", ebenfalls unter die Deckungspflicht des Feuerversicherers fallen: Martin, aaO 480 Rn 12). Auch unter diesem Aspekt ist daher kein Abweisungsgrund für das Klagebegehren zu finden.

Hinsichtlich der Höhe des klägerisch geltend gemachten (und nach dem Vorgesagten von der beklagten Versicherung grundsätzlich zu deckenden) Versicherungsschadens hat das Erstgericht zwar zu den Anschaffungskosten, Demontage- und Leihofenkosten, diversen Professionistenarbeiten, dem Restwert verdorbener (Back-)Waren und von der beklagten Partei aus der Feuer-sowie einer Betriebsunterbrechungsversicherung geleisteter Teilzahlungen einzelne Feststellungen getroffen (Seite 5, 6 und 11 des Ersturteils = AS 269 ff), jedoch - mit Ausnahme der eingangs wiedergegebenen AFB - keine zum sonst zwischen den Streitteilen vereinbarten Bedingungsinhalt (insbesondere etwa zu der in der Berufung ON 50 als sekundärer Feststellungsmangel monierten Klausel Nr 191 [Aufräumungs- und Abfuhrkosten] sowie Art 1 Abs 7 lit c AFB [Aufräumungs-, Abbruch-, Feuerlöschkosten, Demontage-und Remontagekosten]). Auch zum (über den gesetzlichen Zinsfuß hinausgehenden) Zinsenbegehren (des Klägers als Unternehmer) liegen keine Feststellungen vor. Das Berufungsgericht hat diesen Teilbereich unbehandelt gelassen, “nachdem schon dem Grunde nach kein Anspruch des Klägers auf Deckung besteht", was jedoch - wie ausgeführt - nicht zutrifft.

Schon aus den getroffenen Feststellungen lässt sich auch der Höhe nach derzeit nicht beurteilen, in welchem Umfang eine Deckungspflicht betraglich exakt gegeben ist. Zunächst ist auf den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes im ersten Rechtsgang zu verweisen (ON 20), in welchem dem Erstgericht die Feststellung des Restwertes des beim “Feuer" zerstörten Backofens aufgetragen worden war, welcher bei den Anschaffungskosten für den neuen, gleichartigen und gleich ausgestatteten angerechnet werden müsste. Der erkennende Senat hat diese Rechtsmeinung des Gerichtes zweiter Instanz in seinem gegen den hiegegen erhobenen Rekurs zurückweislichen Beschluss 7 Ob 159/02m (ON 24) ausdrücklich gebilligt. Im zweiten Rechtsgang heißt es hiezu - Seite 11 des Urteils = AS 275, 2. Absatz-, dass zusammen mit den Kosten des neuen Backofens (laut Seite 6 des Ersturteils = AS 270 : S 449.691,24 = EUR 32.680,34 zuzüglich S 2.627,70 = EUR 190,96 an Kleinmaterial) abzüglich des Restwertes (der entgegen dem Auftrag des Berufungsgerichtes jedoch nicht festgestellt wurde) und abzüglich der restlichen Zahlung aus der Betriebsunterbrechungsversicherung (Überstundenbeiträge für die Reparatur des Backofens) von EUR 1.090,09 “der Klagsbetrag verbleibt"; in Seite 6 des Urteils heißt es demgegenüber jedoch weiters, dass dem Kläger aus der Betriebsunterbrechungsversicherung wesentlich mehr, nämlich die Differenz von S 188.380 abzüglich S 150.380 aus der Feuerversicherung, ds S 38.000 bzw EUR 2.761,57, zugeflossen seien. Abgesehen vom immer noch unvollständig erledigten Aufhebungsauftrag aus dem ersten Rechtsgang ist damit auch - ungeachtet der nach dem Vorgesagten noch zu verbreiternden Bedingungslage - unklar, welcher Betrag tatsächlich dem Kläger aus der hier (allein) verfahrensgegenständlichen Feuerversicherung unter Abzug bereits erhaltener anderweitiger kongruenter Versicherungsleistungen (der beklagten Partei) zusteht. Da sohin insoweit insgesamt noch keine Spruchreife vorliegt und diesbezüglich auch eine Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlagen erforderlich ist (wobei infolge nunmehriger Bejahung des Anspruchsgrundes zufolge dieser gegenüber den Vorinstanzen abweichenden Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes zufolge der aufgezeigten mannigfachen Unklarheiten und Widersprüche den Parteien auch nicht die Gelegenheit zu allfälligem ergänzenden, die Höhe betreffenden Vorbringen verschlossen werden soll), ist die Aufhebung (zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung) an das Prozessgericht erster Instanz sinnvoll und angebracht.

Der Kostenvorbehalt ist in § 52 Abs 1 ZPO begründet.

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