Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger ist seit 1.4.1992 Alleineigentümer der Liegenschaften EZ 6***** und 4***** KG N*****. Auf der Liegenschaft EZ 6***** befindet sich das Haus N***** 133, auf der Liegenschaft EZ 4***** das Haus N***** 474. Der Kläger übernahm diese Liegenschaften von seiner Mutter Hermine F*****, welche die Liegenschaft EZ 6***** und die zweite Hälfte der Liegenschaft EZ 4***** von ihrem am 13.4.1982 verstorbenen Ehemann Hubert F***** geerbt hatte.
Zu Lebzeiten des Vaters des Klägers bewohnte die Familie F***** das Haus N***** 133, welches auch als Sitz eines Elektrogeschäftes sowie als Pension genützt wurde. 1962 ließen die Eltern des Klägers auf der Liegenschaft EZ 4***** das Geschäftshaus N***** 474 errichten, welches 1976 um zwei Ferienwohnungen aufgestockt wurde. Als die Beklagte 1973 den Bruder des Klägers, Ing.Franz F*****, heiratete, zog sie in das erste Obergeschoß des Hauses N***** 133, ein, wo Ing.Franz F***** bereits bisher gelebt hatte. Sämtliche Familienmitglieder der Familie F***** zahlten keine Miete oder andere Abgaben, sondern lebten im Familienverband.
Nach dem Ausbau des Hauses N***** 474, ließen die Eltern des Klägers ihren Sohn Ing.Franz F***** und die Beklagte in eine Wohnung im neuen Haus einziehen. Auch dort mußten weder die Beklagte noch ihr Ehemann irgendwelche Abgaben oder Mieten an die Eltern des Klägers leisten.
Als der Vater des Klägers 1982 verstarb, übernahm seine Mutter die überschuldeten Liegenschaften. Ing.Franz F***** verzichtete am 23.3.1984 auf seinen Pflichtteil aus dem Nachlaß. Zunächst änderte sich an den Wohnverhältnissen der Beklagten nichts. Im Laufe der Zeit wurde jedoch wegen der Krankheit des Ing.Franz F***** auch die zweite Wohnung im Haus N***** 474, in Anspruch genommen. Die Beklagte und ihr Ehemann und deren Kinder bewohnten dann das gesamte Obergeschoß dieses Hauses. Auch im Zusammenhang mit dieser Wohnraumerweiterung wurde nichts anderes vereinbart.
Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten des Ehemannes der Beklagten übernahm deren Bruder Willi S***** die Bürgschaft für Kredite und wurde aus dieser auch mit ca S 800.000,-- in Anspruch genommen.
Am 17.4.1984 starb Ing.Franz F*****. Die Beklagte blieb mit ihren Kindern im ersten Obergeschoß des Hauses N***** 474; sie mußte weiterhin für das Wohnen keine Zahlungen leisten.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Räumung der im Haus N***** 474 im ersten Stock gelegenen, näher beschriebenen Wohnung im Ausmaß von ca 150 m2. Die Beklagte bewohne diese Wohnung titellos und prekaristisch. Daß der Beklagten das Benützungsrecht nur prekaristisch eingeräumt worden sei, ergebe sich auch aus einem zwischen der Beklagten und der Mutter des Klägers aufgenommenen Schriftstück. Die Mutter des Klägers habe dem Kläger das Wohnverhältnis der Beklagten immer nur als im Familienrecht wurzelndes Prekarium dargestellt. Der Kläger habe keinen Anlaß gehabt, daran zu zweifeln. Ein allfälliges Recht der Beklagten sei mangels Verbücherung nicht als Belastung auf den Kläger als Erwerber der Liegenschaft übergegangen. Der Kläger habe die Liegenschaft frei von bücherlichen Rechten erworben und keine Kenntnis von allfälligen Rechten der Beklagten gehabt. Schließlich benütze die Beklagte, welche nunmehr in N***** wohne, die gegenständliche Wohnung nicht mehr.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erklärung vom 29.8.1985, in welcher nur von einem Prekarium die Rede sei, sei nur auf Ersuchen des Klägers und dessen Mutter angefertigt worden, als die Gefahr der Versteigerung des Hauses N***** 474, bestanden habe. Die Erklärung eines Prekariums habe aber nicht der Wahrheit entsprochen und nur dem Zweck gedient, ein Versteigerungsverfahren zu ermöglichen. Gleichzeitig sei aber festgehalten worden, daß die Beklagte die Wohnung nur dann zu räumen habe, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren auch tatsächlich durchgeführt werde. Im Gegenzug wäre aber die Mutter des Klägers verpflichtet gewesen, der Beklagten und ihren Kindern ein - grundbücherlich sichergestelltes - Wohnungsrecht an der im Haus N***** 133, im ersten Stock gelegenen Wohnung einzuräumen. An der Wohnung im Haus N***** 474, sei der Beklagten und ihrem verstorbenen Ehemann ein lebenslängliches Wohnungsrecht eingeräumt worden. Der Kläger habe seit seiner frühesten Jugend und auch anläßlich des Erwerbs der Liegenschaft von seiner Mutter Kenntnis von allen Umständen gehabt. Mit dem Übergabsvertrag habe der Kläger den Zweck verfolgt, der Beklagten ihr Wohnrecht streitig zu machen. Verwandte der Beklagten hätten im Hinblick auf das bestehende Wohnungsrecht erhebliche Geldmittel an die Familie des Klägers geleistet. Zug um Zug gegen Räumung müßte der Kläger der Beklagten daher das lebenslängliche unentgeltliche Wohnungsrecht am Haus N***** 133, einräumen oder zumindest einen Betrag von S 2,5 Mio leisten. Die Beklagte habe die Wohnung nur kurzfristig verlassen, weil sie nunmehr ein Kleinkind habe und der Kläger Warmwasser und Heizung abgedreht habe. Richtig sei allerdings, daß die Beklagte wieder geheiratet habe und ihr zweiter Ehemann seinen ständigen Wohnsitz in N***** habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Neben dem eingangs bereits wiedergegebenen Sachverhalt traf es noch folgende Feststellungen:
Nicht festgestellt werden kann, daß der Beklagten oder ihren Ehemann von dessen Eltern anläßlich des Einzuges in das Haus N***** 474, zugesichert wurde, daß ihnen und ihren Kindern an dieser Wohnung ein lebenslängliches, unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt wird. Die Familienmitglieder gingen vielmehr davon aus, daß sie die Wohnmöglichkeit in den bestehenden Häusern nach dem jeweiligen Bedarf nützen können, keine Miete zahlen müssen und dafür andererseits die Räume nur aufgrund des Familienverbandes benützt werden dürfen, und zwar ohne Einräumung eines Wohnungsrechtes.
Da die Liegenschaften der Mutter des Klägers überschuldet waren und fällige Kreditrückzahlungen nicht geleistet werden konnten, betrieb das Finanzamt Innsbruck die Versteigerung der Liegenschaften. Das Österreichische Credit-Institut interessierte sich deshalb vermehrt um die Vermögensbewertung des Hauses N***** 474, um eine Umschuldung herbeizuführen. Die Mutter des Klägers erklärte über Befragen einem Angestellten dieser Bank, daß ihre Schwiegertochter diese Räume - aus menschlichen Gründen - unentgeltlich benütze. Dementsprechend verfaßte dieser ein Schreiben, in welchem auf die prekaristische Benützung des ersten Obergeschoßes des Hauses N***** 474, hingewiesen wurde. Die Beklagte erklärte sich darin bereit, die Wohnung zu räumen, sofern, aus welchen Gründen und von wem immer, ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet werde, wobei als letzter Räumungstermin der Versteigerungstermin vereinbart wurde. Wegen der Erwägung der Beklagten, daß sie in einem solchen Fall mit ihren Kindern auf der Straße stehe, wurde das Schreiben dahin erweitert, daß der Beklagten für diesen Fall Zug um Zug mit der Räumung der Wohnung N***** 474, die im Haus N***** 133 im ersten Stock gelegene abgeschlossene Wohnung bestehend aus vier Zimmern in der Art und Weise zur Verfügung gestellt werde, daß der Beklagten und ihren Kindern von der Mutter des Klägers daran ein - grundbücherlich einverleibtes - lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt werde. Dieses Schreiben wurde am 29.8.1985 sowohl von der Mutter des Klägers als auch der Beklagten unterfertigt.
Der Kläger hatte aus der Beobachtung der familiären Gegebenheiten den Schluß gezogen, daß die Beklagte im Haus N***** 474, unentgeltlich wohnt und ihr diese Wohnmöglichkeit gegen jederzeitigen Widerruf zur Verfügung steht. Vom Jänner 1990 bis Februar 1993 überwies die Beklagte an ihre Schwiegermutter Geldmittel, die den Stromrechnungen und den Heizölrechnungen entsprachen. Als die Beklagte von der Übertragung des Eigentumsrechtes an den Kläger im Zuge von Bauverhandlungen im Herbst 1992 erfahren hatte, überwies sie an den Kläger einen Geldbetrag für die Stromrechnung vom Jänner und Februar 1993, welcher diesen jedoch nicht annahm.
In rechtlicher Hinsicht leitete das Erstgericht aus der unentgeltlichen Überlassung von Wohnungen im Familienkreis mangels Anhaltspunkten für die Einräumung eines Wohnungsrechtes das Vorliegen einer Bittleihe ab. Auf das Begehren der Beklagten, ihr Zug um Zug das Wohnrecht am Haus N***** 133, einzuräumen, sei nicht einzugehen, weil es hier nur um die Entscheidung über die Räumungsklage des Klägers gehe.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der Rekurs zulässig sei.
Äußerungen der Mutter des Klägers gegenüber dem Österreichischen Statistischen Zentralamt anläßlich der Volkszählung 1991 über die Rechtsnatur des strittigen Wohnverhältnisses seien zwar für die rechtliche Beurteilung nicht allein entscheidend, aber ein gewichtiges Indiz dafür, ob dem verstorbenen Ehemann der Beklagten und dessen Familie ein obligatorisches Wohnungsrecht eingeräumt worden sei. Da darüber kein schriftlicher Vertrag aufgenommen worden sei, seien zur Abgrenzung, ob der Überlassung der Wohnung nur ein auf der Familienangehörigkeit beruhendes faktisches Vertragsverhältnis zugrundeliege oder aber ein schlüssiges, infolge des Familienverhältnisses nicht mit voller Bestimmtheit vereinbartes Vertragsverhältnis, alle Umstände abzuklären, aus welchen sich die Parteienabsicht erschließen lasse. In der Unterlassung der Beischaffung dieser Unterlagen liege daher ein primärer Verfahrensmangel, so daß das Erstgericht - nach Anleitung der Beklagten zur näheren Präzisierung - diese Beilagen beizuschaffen habe. Ein außerbücherliches Wohnungsrecht wirke hier auch gegen den Einzelrechtsnachfolger, wenn er die Liegenschaft trotz Kenntnis oder in fahrlässiger Unkenntnis der Ausübung des Wohnungsrechtes übernommen habe oder das belastende Recht offenkundig sei.
Mit dem Übergabsvertrag vom 1.4.1992 sei offensichtlich auch eine Vermögensübernahme im Sinne des § 1409 ABGB bewirkt worden, weshalb der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger nach seiner Mutter auch nicht grundbücherlich sichergestellte Belastungen übernommen hätte; diesbezüglich fehle es aber an Feststellungen im Ersturteil.
Ob dem verstorbenen Ehemann der Beklagten und dessen Familie ein obligatorisches Wohnungsrecht eingeräumt worden sei, könne mangels Vorliegens einer (schriftlichen) Vertragsvereinbarung nur aus der Parteienabsicht abgeleitet werden. Dafür seien auch die Umstände maßgebend, wie es zum Schreiben an das ÖCI vom 29.8.1985 gekommen sei. Der Passus, wonach der Beklagten und ihren Kindern im Falle der Versteigerung des Hauses N***** 474, ein dingliches Wohnungsrecht an der im ersten Stock des Hauses N***** 133, gelegenen Wohnung eingeräumt werde, lasse nämlich die Schlußfolgerung zu, daß auch die verfahrensgegenständliche Wohnung nicht bloß prekaristisch überlassen worden sei. Im Fehlen von Feststellungen, wie es zur Aufnahme dieses Passus gekommen sei, liege daher ein sekundärer Verfahrensmangel; weiters fehle es auch an Feststellungen, ob und wie weit dem Kläger die gegenständlichen Wohnungsverhältnisse bekannt gewesen seien.
Insgesamt sei die Rechtssache daher noch nicht entscheidungsreif, weil die Frage des der Benützung der Wohnung zugrundeliegende Rechtsverhältnisses noch nicht abschließend beurteilt werden könne.
Ein Wohnungsgebrauchsrecht könne auch ohne dingliche Wirkung durch einen Innominatkontrakt begründet werden. Ein bloß familienrechtliches Wohnverhältnis, bei dem die Rechtsstellung des Benützers von der Art seiner Beziehungen zum Verfügungsberechtigten, so etwa von einem Unterhaltsanspruch oder dem Anspruch des Ehegatten auf die Ehewohnung, abhänge und mangels familienrechtlicher Ansprüche von dem Verfügungsberechtigten jederzeit beendet werden könne, unterscheide sich vom vertraglichen Wohnungsrecht durch das Fehlen einer schuldrechtlichen Bindung. Das Zustandkommen eines solchen Wohnungsgebrauchsrechtes setze immer voraus, daß ein Vertrag geschlossen werde, wofür Einigung über den Vertragsinhalt und Erklärung des Abschlußwillens erforderlich seien. Unter Familienangehörigen werde jedoch nicht jene Bestimmtheit von Willenserklärungen verlangt, wie dies im Geschäftsverkehr zwischen fremden Personen der Fall sei. Bei der Abgrenzung zwischen einem bloß aus der Familienzugehörigkeit beruhenden faktischen Vertragsverhältnis einerseits und einem konkludenten infolge dieses Familienverhältnisses nicht mit voller Bestimmtheit vereinbarten Vertragsverhältnis andererseits komme es daher auf die besonderen Umstände des jeweiligen Falles an, welche hier noch nicht vollständig erhoben worden seien.
Ein Wohnungsgebrauchsrecht stehe der Beklagten und ihren Kindern aber nur so lange zu, als diese Personen ein Wohnbedürfnis an der Wohnung hätten. Ein solches wäre bei der Beklagten zu verneinen, wenn sie die Wohnung nicht mehr bewohne, was die Beklagte ja bestätigt habe. Bezüglich der Kinder wäre aber noch zu prüfen ob sie, falls sie die Wohnung überhaupt benötigten, bereits selbsterhaltungsfähig seien, weil ihnen im Fall des Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit kein von der Beklagten abgeleitetes Wohnungsrecht mehr zustehe.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Kläger erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Als mögliche Rechtsverhältnisse für die vorliegende Wohnungsbenützung kommen - mangels einer Entgeltsvereinbarung - ein familienrechtliches Wohnverhältnis ohne vertragliche Bindung, die Dienstbarkeit der Wohnung als dingliches Recht oder ein obligatorisches Wohnungsrecht in Frage. Familienrechtliche Wohnverhältnisse sind durch das Fehlen einer vertraglichen Bindung gekennzeichnet, haben ihren Grund nur in familienrechtlichen Ansprüchen und sind daher beim Erlöschen dieser Ansprüche vom über die Wohnung Verfügungsberechtigten jederzeit beendbar (SZ 50/141; MietSlg 31.050; MietSlg 40.032; Würth in Rummel, ABGB2 Rz 8 zu § 1090). Durch Vertrag kann aber auch unter Familienangehörigen ein Wohnungsgebrauchsrecht begründet werden. Dazu ist Einigung über den Vertragsinhalt und Erklärung des Abschlußwillens erforderlich (SZ 50/141; MietSlg 40.032). Unter Familienangehörigen wird nicht jene Bestimmheit von Willenerklärungen verlangt, wie das im Geschäftsverkehr zwischen fremden Personen der Fall ist. Bindungsabsicht ist unter Familienangehörigen umso eher anzunehmen, wenn ein Konnex zu einer früheren Unterhaltsschuld fehlt (MietSlg 31.008). Das Fehlen einer Vereinbarung über die Leistung eines Entgelts steht der Annahme eines (obligatorischen) Benützungsverhältnisses nicht entgegen, sofern eine vertragliche Bindung vorliegt (MietSlg 40.032).
Das Berufungsgericht hat die Entscheidung des Erstgerichts über diese Abgrenzungsfrage wegen eines primären Verfahrensmangels, aber auch wegen sekundärer Feststellungsmängel aufgehoben. Der angeordneten Verbreiterung der Tatsachengrundlage vermag der Oberste Gerichtshof nicht entgegenzutreten. Davon, daß der Beweisantrag der Beklagten mangels genauer Bezeichnung der Unterlagen, welche anläßlich der Volkszählung am 15.5.1991 über die vorliegenden Wohnverhältnisse abgegeben wurden, zu unbestimmt sei, kann keine Rede sein. Aber auch das Fehlen näherer Feststellungen über die Hintergründe der Errichtung des Schreibens vom 29.8.1985, die ohne weiteres Aufschluß über das Eingehen einer vertraglichen Bindung bilden könnten, führt zu dieser Aufhebung. Zur erörtern ist mit den Parteien in diesem Zusammenhang aber auch, warum der Beklagten im Fall der Versteigerung des Hauses N***** 474, die Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechtes an der Wohnung im Haus N***** 133 zugesichert wurde, und ob das allenfalls zu dem Zweck geschehen ist, der Beklagten einen dem bestehenden Wohnungsrecht gleichwertigen Ersatz zu verschaffen.
Ein dingliches Wohnungsrecht ist immer dann anzunehmen, wenn die Umstände insgesamt den Schluß rechtfertigen, daß nicht bloß ein obligatorisches, sondern ein gegen jedermann wirkendes Recht eingeräumt werden sollte. Für die Abgrenzung zwischen einem obligatorischen und einem dinglichen Wohnungsrecht ist nur die Parteienabsicht maßgebend. Der Anspruch auf Einverleibung besteht dann auch ohne besondere Vereinbarung (JBl 1991, 642 mwN). Auch für die Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall, sollte es zu einer vertraglichen Bindung der Rechtsvorgängerin des Klägers gekommen sein, ein dingliches oder ein obligatorischen Wohnungsrecht begründet wurde, können die Umstände bei der Errichtung des Schreiben vom 29.8.1985 einen Aufschluß bieten, wurde darin doch der Beklagten für den Fall des Verlustes der gegenständlichen Wohnung durch Versteigerung der Liegenschaft die Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechtes an einer anderen Wohnung versprochen. Auch den darauf gerichteten Parteiwillen wird das Erstgericht zu erforschen haben.
Die Rechtsnatur des Benützungsverhältnisses beeinflußt auch den Übergang von Pflichten auf den Kläger. Der Kläger hat die Liegenschaft durch einen Übergabsvertrag von seiner Mutter erworben, ist also deren Einzelrechtsnachfolger. Ob die Mutter des Klägers mit dem Übergabsvertrag im wesentlichen über ihr gesamtes Vermögen verfügt hat, so daß eine Vermögensübertragung im Sinne des § 1409 ABGB stattgefunden hätte, ist hier - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - nicht entscheidungswesentlich, weil der Übernehmer eines Vermögens nicht (Gesamtsrechts-)Nachfolger des Urschuldners ist (Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1409) und infolge des gesetzlichen Schuldbeitrittes beim Erwerb eines Vermögens neben dem ursprünglichen Schuldner nur für die Erfüllung von Geldverpflichtungen haftet (SZ 11/267; SZ 56/140). Aus § 1409 ABGB hätte die Beklagte gegen den Kläger daher keinen Anspruch auf Fortsetzung eines allenfalls bestehenden obligatorischen Dauerschuldverhältnisses.
Dingliche Rechte können demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der Einverleibung derselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu keinem Nachteil gereichen (§ 1500 ABGB). Wer jedoch eine grundbücherlich lastenfreie Liegenschaft erwirbt und dabei weiß, daß daran Dritten Rechte auf Einverleibung dinglicher Rechte zustehen, hat diese Rechte anzuerkennen; dabei genügt schon die Kenntnis einer nicht völlig geklärten Rechtslage (SZ 39/146; SZ 55/46; SZ 57/38; Schubert aaO Rz 3 zu § 1500 ABGB). Ein ohne dingliche Wirkung begründetes, bloß obligatorisches Wohnungsrecht geht im Gegensatz dazu - da § 1120 ABGB nur auf Mietverträge anzuwenden ist - auf Einzelrechtsnachfolger des Verpflichteten nur dann über, wenn sie es übernommen haben; einen Vertrauensschutz für ein nicht zu übernehmendes obligatorisches Recht gibt es nicht (MietSlg 18.137; MietSlg 39.038; MietSlg 42.025). Dafür genügt also nicht Kennenmüssen, aber auch nicht schon die bloße Kenntnis vom Bestehen des Rechts. Ein für eine solche Übernahme erforderlicher Übernahmsakt liegt erst dann vor, wenn der Einzelrechtsnachfolger die Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten, mit denen diese seine Rechtsvorgänger benützt hatten, übertragen erhalten hat (MietSlg 34.060). Von einer Übernahme eines obligatorischen Wohnungsrechtes kann aber dann keine Rede sein, wenn die Parteien des Veräußerungsvertrages der Überzeugung waren, daß ein solches Recht gar nicht bestehe (MietSlg 42.025).
Sollte die Beklagte im vorliegenden Fall ein bisher nicht verbüchertes dingliches Wohnungsrecht eingeräumt erhalten haben, dann müßte es der Kläger, dem ja die Benützung der Wohnung durch die Beklagte unbestrittermaßen bekannt war, gegen sich gelten lassen. Soweit er wegen des Bestehens einer unklaren Rechtslage ein Risiko in Kauf genommen hat, hat er nicht mehr Rechte erworben, als seine Rechtsvorgängerin hatte (SZ 39/146). Für den Fall, daß nur ein obligatorisches Wohnungsrecht vorliegen sollte, bedarf es nach den vorstehenden Grundsätzen aber auch noch weiterer Feststellungen darüber, ob der Kläger die Verpflichtung daraus ausdrücklich übernommen hat. Eine allfällige schlüssige Übernahme kann erst beurteilt werden, wenn Tatsachen festgestellt werden, die Schlüsse darauf zulassen, ob der Kläger und seine Mutter beim Abschluß des Übergabsvertrages der Überzeugung sein konnten, daß ein Wohnungsrecht der Beklagten nicht besteht.
Ein familienrechtliches Wohnverhältnis könnte der Kläger mangels Anspruchs der Beklagten aus dem Familienrecht auf Aufrechterhaltung desselben jederzeit beenden. Dingliche und obligatorische Wohnungsrechte werden im Zweifel als höchstpersönliche, also für die Lebensdauer des Berechtigten wirksame Befugnis eingeräumt (MietSlg 25.038; EvBl 1980/198). Sie können, wie andere Dauerschuldverhältnisse auch, aus wichtigen Gründen aufgelöst werden (JBl 1974, 618; JBl 1992, 187). Ihre Auflösung kann aber wegen der starken dinglichen Bindung nur "äußerstes Notventil" sein. Die für die Auflösung in Betracht kommenden Gründe müssen ein noch größeres Gewicht haben als jene, die für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen genügen (JBl 1992, 187 mwN). Zur Auflösung des Vertrags ist jedoch nur derjenige berechtigt, der für das Auftreten des Auflösungsgrundes nicht allein oder überwiegend verantwortlich ist (JBl 1974, 618).
Ein solcher Auflösungsgrund könnte hier darin liegen, daß die Beklagte aus der gegenständlichen Wohnung ausgezogen ist und keinen Bedarf mehr daran hat. Auch darüber fehlen noch Feststellungen. Die Beklagte hat nur zugestanden, daß sie die Wohnung kurzfristig in der kalten Jahreszeit nicht bewohne, weil ihr der Kläger Wasser und Heizung abgedreht habe.
Sollte die Klägerin kein Wohnungsrecht nachweisen können, wäre aber noch zu prüfen, ob ihren Kindern aus erster Ehe ein solches eingeräumt wurde. Da Wohnungsberechtigten die Aufnahme von Familienangehörigen im Zweifel gestattet ist (vgl Petrasch in Rummel aaO Rz 4 zu § 521 ABGB), könnte sich die Beklagte, sofern sie die Wohnung noch mit ihren Kindern aus erster Ehe benützt, auch auf das Wohnungsrecht ihrer Kinder berufen. Die Frage aber, ob den Kindern der Beklagten neben der Klägerin ein gesondertes Wohnungsrecht zusteht, muß im weiteren Verfahren nicht geprüft werden, weil ein allenfalls gegen die Beklagte ergehender Exekutiontitel auf Räumung gegen die Kinder der Beklagten dann nicht durchgesetzt werden könnte, wenn die Kinder eigene Wohnungsrechte hätten.
Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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