Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit 23.498,88 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.400 S Barauslagen und 1.918,08 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erstklägerin betreibt in der Gemeinde Maria Alm den Schlepplift der Sektion 4 der A***. Dieser Lift wurde von der Erstbeklagten, deren persönlich haftende Gesellschafter die beiden Beklagten sind, im Jahre 1969 errichtet.
Am 14.April 1976 kam Franziska R*** nach Benützung des Schleppliftes zu Sturz, rutschte talwärts und glitt hiebei gegen einen Stahlgittermasten des Liftes, wobei sie schwer verletzt wurde. Mit Teilzwischenurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19. November 1981, 9 Cg 156/79-54, wurde der Schadenersatzanspruch der Franziska R*** auf Zahlung eines Schmerzengeldes dem Grunde nach für gerechtfertigt erkannt. Die Zweitklägerin, als Haftpflichtversicherer der Erstklägerin, zahlte an Franziska R*** an Schmerzengeld 400.000 S, an Verunstaltungsentschädigung 200.000 S, an Zinsen 90.800 S und an Kosten 34.911 S. An die Erstklägerin werden wegen dieses Unfalles weitere Schadenersatzforderungen herangetragen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Zweitklägerin die Zahlung von 579.882,75 S s.A., während beide Klägerinnen die Feststellung der Haftung der Beklagten für 75 % allfälliger weiterer Schäden aus dem Unfall verlangen. Sie vertreten die Rechtsansicht, die Erstbeklagte wäre bei Errichtung des Schleppliftes verpflichtet gewesen, die Erstklägerin auf die Gefährlichkeit dieser Anlage hinzuweisen. Die Unterlassung der diesbezüglichen Warnung begründe ein 75 %iges Mitverschulden an dem Unfall.
Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen, wobei das Berufungsgericht ausgesprochen hat, daß der Wert des Streitgegenstandes bezüglich der Erstklägerin 300.000 S übersteigt. Den Entscheidungen der Vorinstanzen liegt folgender wesentlicher Sachverhalt zugrunde:
Die Schleppliftanlage entsprach zum Zeitpunkt ihrer Errichtung allen behördlichen Vorschreibungen. Die Absicherung von Masten durch Strohballen und ähnlichem war damals allgemein noch nicht üblich. Die Notwendigkeit einer solchen Absicherung im konkreten Fall ist, auf den damaligen Zeitpunkt bezogen, sogar von dem für Fragen der Sicherheit zuständigen Amtssachverständigen verneint worden. Die Steilheit der Schlepplifttrasse liegt im Mittelbereich der zulässigen Werte. Der Sturz der Franziska R*** in der Schlepptrasse war ein zufälliges Ereignis, für das niemand verantwortlich zu machen ist. Das Rutschen hangabwärts im Bereich der Fallinie entsprach physikalischen Abläufen. Ausschließliche Verletzungsursache war der ungemilderte Anprall des Körpers an die metallene Liftstütze, wobei die Anbringung von Verstrebungen in Form von außen angeschweißten Winkeleisen auf die kontreten Verletzungen der Franziska R*** keinen beweisbaren Einfluß hatte. Der Anprall wäre nur durch die Anbringung eines elastischen, stoßdämpfenden oder von harten Metallteilen ableitenden Puffers zu mildern gewesen. Für solche Zwecke wurden früher meist Strohballen verwendet. Seit 1982 sind elastische, wegen der Vereisung gegen Wasseraufnahme geschützte Matten vorgeschrieben. Bei der Absicherung des Mastes durch einen solchen Puffer wäre auch die abstrakte Gefährlichkeit der nach außen weisenden Kanten der Verstrebungen gänzlich beseitigt gewesen. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, als Teil der allgemeinen Rechtspflicht, niemanden körperlich zu verletzen, überhaupt niemandes absolute Rechte zu gefährden, ergebe sich für denjenigen, der eine Ware herstelle die Pflicht, für deren ungefährliche Beschaffenheit zu sorgen bzw. auf gefährliche Eigenschaften deutlich hinzuweisen. Es sei demnach Pflicht des Erzeugers von Waren, mit gehöriger Aufmerksamkeit dafür zu sorgen, daß seine Erzeugnisse sach- und zweckgerecht konstruiert werden und von solchen Erzeugungsfehlern frei sind, die schon bei bloßem bestimmungsgemäßen Gebrauch eine Gefahr für die körperliche Sicherheit des Gebrauchenden herbeiführen. Sei ein Produkt an sich fehlerfrei, trete aber in Teilbereichen seiner Verwendung, mit der gerechnet werden müsse, eine Gefahr auf, sei der Erzeuger verpflichtet, auf diese Gefahr hinzuweisen. Verletze der Hersteller diese Pflicht, hafte er dem Geschädigten nach Deliktsgrundsätzen. Der Vertrag zwischen dem Abnehmer und dem Hersteller einer Sache sei nicht nur mit Schutzwirkungen zugunsten des unmittelbaren Vertragspartners, sondern auch zugunsten dessen, der durch die ganze Kette von weiteren Verträgen als berechtigter Benützer der Sache ausgewiesen werde, ausgestattet. Dies bedeute im vorliegenden Fall, daß den Produzenten des Schleppliftes Schutzpflichten sowohl gegen den Liftunternehmer, als Besteller, wie auch gegenüber den mit dem Schilift Beförderten getroffen hätten.
Gleichgültig ob eine Haftung des Herstellers aus einem Delikt oder aus einer Verletzung von vertraglichen Pflichten abgeleitet werde, habe der Hersteller jedoch nur für jene Schäden einzustehen, die durch sein schuldhaftes Verhalten verursacht worden seien. Die auf Planungs- oder Erzeugungsfehler zurückzuführende Mangelhaftigkeit des Produktes oder die Verletzung einer sonstigen Schutz- und Sorgfaltspflicht sowie den Kausalzusammenhang zwischen dem Mangel oder vertragswidrigen Verhalten und dem eingetretenen Schaden habe der Geschädigte zu beweisen. Bezüglich des Verschuldens trete eine Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB dann ein, wenn eine Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten vorliege. Bei der Erfüllung ihrer vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten als Herstellerin der Liftanlage habe die Erstbeklagte die höhere Sorgfaltspflicht nach § 1299 ABGB getroffen. Dabei komme es auf die übliche Sorgfalt jener Personen an, die eine derartige Tätigkeit ausüben, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden sei. Bei Anwendung der dargelegten Rechtssätze ergebe sich, daß die Beklagten im vorliegenden Fall keine Haftung treffe. Die Liftanlage habe allen zum Zeitpunkt der Errichtung maßgeblichen behördlichen Vorschreibungen entsprochen. Zwar befreie auch die Genehmigung der Herstellung und des Betriebes einer technischen Anlage durch die dafür zuständige Behörde den Eigentümer der Anlage nicht von seiner Haftung, wenn ihm aufgrund eigener besserer Kenntnis im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren zuzumuten seien. Dies müsse auch für die Hersteller einer Liftanlage gelten. Die Steilheit der Schlepptrasse lag jedoch im Mittelbereich der zulässigen Werte. Daß die Liftanlage selbst mangelhaft gewesen wäre oder die Liftstützen dem Stand der Technik zur Zeit der Errichtung widersprochen hätten, sei im Beweisverfahren nicht hervorgekommen. Eine Gefahrenquelle stellten die Stützen nur in steileren Stücken der Schleppliftspur insofern dar, als ein Schiläufer bei einem Sturz abrutschen und auf einen Stützmast aufprallen konnte. Diese Gefahrenquelle hätte durch geringe, durchaus zumutbare Mittel abgesichert werden können. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Liftes sei jedoch die Absicherung von Liftstützen durch Strohballen allgemein noch nicht üblich gewesen. Erst durch die Erhöhung der Zahl der Schiläufer und durch zunehmendes Sicherheitsdenken auch für den Bereich der Schipisten, sei es zu Überlegungen über die Absicherung von Gefahrenquellen gekommen. Wenn also die Erstbeklagte, als Errichter der Liftanlage, die Erstklägerin nicht darüber instruierte, daß Liftstützen an bestimmten steileren Stellen der Schlepplifttrasse mit Strohballen oder dergleichen abzusichern seien, so sei darin keine Verletzung von Instruktionspflichten gelegen, weil nach dem damaligen Wissensstand eine solche Absicherung nicht für erforderlich gehalten worden sei. Daß die Art der Liftstützen oder die Verstrebungen für den Unfall oder seine Folgen kausal gewesen wären, habe das Verfahren nicht ergeben.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Klägern gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Abs. 1 Z 3 und 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Mit der Mängelrüge der Berufung hat sich das Berufungsgericht eingehend auseinandergesetzt. Es kam dabei zum Ergebnis, daß die behaupteten erstgerichtlichen Verfahrensmängel nicht vorliegen. Die Wiederholung der diesbezüglichen Rüge in der Revision ist daher unzulässig (SZ 27/4, EvBl. 1969/263 ua).
Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit stellen zum überwiegenden Teil den Versuch einer unzulässigen Bekämpfung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen dar.
Ob die Wiedergabe des Parteienvorbringens durch die Vorinstanzen vollständig war oder nicht, muß nicht untersucht werden, weil das Berufungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung eingehend die Frage einer Haftung der Erstbeklagten aus dem Vertrag einerseits und als Produzent andererseits untersucht hat. Es waren demnach sämtliche auch in der Revision erkennbar geltend gemachte Rechtsgründe Gegenstand der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes. Demnach kann das Unterbleiben der Wiedergabe einzelner Haftungsgründe durch das Berufungsgericht keine erhebliche Aktenwidrigkeit begründen.
Die Rechtslage wurde vom Berufungsgericht eingehend, richtig und in Übereinstimmung mit der Judikatur dargelegt. Gegen die grundsätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes bringt die Revision auch nichts Ernsthaftes vor, weshalb auf sie verwiesen werden kann.
Geht man von den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Untergerichte aus, so kommt eine Haftung der Beklagten, aus welchem Grund auch immer, nicht in Frage. Sowohl für die sogenannte Produzentenhaftung (nach der seinerzeitigen Rechtslage) als auch für die vertragliche Haftung des Herstellers gegenüber seinem Abnehmer ist ein Verschulden des Schädigers Voraussetzung. Das Verschulden kann aber nur nach dem Wissensstand und den technischen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Herstellung des Werkes beurteilt werden. Der Hersteller kann nicht Jahre nach Herstellung und Übergabe des Werkes deshalb zur Verantwortung gezogen werden, weil wesentlich spätere technische Erkenntnisse eine andere Art der Herstellung als zweckmäßig erscheinen lassen. Dies gilt auch für die Warnpflicht des Unternehmers. Auch hier kann man vom Unternehmen nur die Bedachtnahme auf Gefahren verlangen, die einem Unternehmer zum Zeitpunkt der Herstellung des Werkes bekannt sein mußten. Der Unternehmer hat seinem Auftraggeber nur jene Sicherheitsvorkehrungen nahezulegen, die nach dem Standpunkt der Technik zum Zeitpunkt der Herstellung des Werkes geboten sind. Nach den getroffenen Feststellungen wurde nicht nur die Liftanlage dem damaligen Stand der Technik entsprechend errichtet, sondern waren zusätzliche Schutzvorkehrungen nach dem damaligen Wissensstand weder geboten noch üblich. Es kann daher kein Verschulden der Erstbeklagten begründen, wenn sie damals die Erstklägerin nicht auf die Notwendigkeit einer Verkleidung der Liftstützen hingewiesen hat.
Daß die Art der Liftstützen nach dem seinerzeitigen Stand der Technik mit einer erhöhten Gefahr für Schifahrer verbunden war, kann den Feststellungen nicht entnommen werden. Vor allem ist aus den Feststellungen nicht abzuleiten, daß diese Art (etwa die Verstrebungen) irgendeinen Einfluß auf den Unfall gehabt hätte. Die Kausalität der Art der Herstellung des Liftes für den Unfall haben aber die Kläger zu beweisen. Ein solcher Beweis ist ihnen nicht gelungen. Der Hinweis der Revision auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Verfahren der Franziska R*** gegen die Erstbeklagte (3 Ob 576/82) geht an der Sache vorbei. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Entscheidung, die Haftung der dortigen Beklagten nicht mit Konstruktionsfehlern oder Unterlassungen der nunmehrigen Erstbeklagten, sondern ausschließlich mit Unterlassungen der dortigen Beklagten begründet. Er hat dieser die Nichtverkleidung der Masten mit einem weichen Stoff zur Last gelegt. Daß eine solche Verkleidung schon im Jahre 1969 der damaligen Sorgfaltspflicht entsprochen hätte, hat er nicht ausgeführt.
Zutreffend erkennt das Berufungsgericht auch, daß die Kläger aus § 1298 ABGB nichts für sich ableiten können, weil die Beklagten aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ihre Schuldlosigkeit an dem Unfall bewiesen haben. Wie bereits oben dargelegt wurde, ist bei der Beurteilung des Verschuldens auf den Zeitpunkt der Errichtung der Schleppliftanlage abzustellen und nicht auf den heutigen Erkenntnisstand.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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