Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 17.506,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.917,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende und widerbeklagte Partei (im folgenden kurz Klägerin) hat am 3. August 1982 zu 1 Cg 56/87 des Kreisgerichtes Steyr von der beklagten und widerklagenden Partei (im folgenden Beklagte) die Herausgabe von Maschinen und die Zahlung von S 150.000,-- begehrt. Die Beklagte hat Mängel behauptet und am 4. Jänner 1983 zu 1 Cg 2/83 des Kreisgerichts Steyr aus dem Titel des Schadenersatzes, verursacht durch Mängel der gelieferten Maschinen, S 644.280 s.A. von der Klägerin verlangt. Nicht mehr strittig ist, daß diese Forderung, falls sie zu Recht bestehen sollte, erst mit 14. Juli 1982 entstanden sein kann.
Die beiden Rechtssachen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Da ein den Parteien aufgetragener Kostenvorschuß für ein einzuholendes Sachverständigengutachten nicht erlegt worden war, trat aufgrund eines Beschlusses des Erstgerichtes vom 22. April 1983 ein ruhensähnlicher Zustand ein.
Im Jahre 1985 führten die Parteien außergerichtliche Vergleichsverhandlungen. Nachdem vorerst der Vertreter der Beklagten auf die Einhebung der Einrede der Verjährung der Forderung der Klägerin verzichtet hatte, verlangte auch deren Vertreter einen solchen Verzicht bezüglich ihrer Forderung. Mit Schreiben vom 27. Juni 1985 teilten hierauf die Vertreter der Klägerin dem Vertreter der Beklagten mit, daß die Klägerin einem Ruhen des Verfahrens zustimme, ersuchten, den Verzicht auf die Verjährungseinrede bzw. die Einrede der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens bezüglich der klägerischen Forderung zu bestätigen und führten weiter aus, daß sie ebenso den Verzicht auf die Einrede der Verjährung bzw. die Einrede des nicht gehörig fortgesetzten Verfahrens erklären. Zu einer Einigung über die beiderseitigen Forderungen kam es in der Folge nicht. Allerdings hatte die Beklagte bereits im Jahre 1984 die Geräte gegen Aushändigung einer Bankgarantie der Deutschen Bank, Filiale Dillenburg, vom 15. Jänner 1984 zurückgestellt. In dieser Bankgarantie verpflichtete sich die Bank gegenüber der Beklagten, auf deren erste schriftliche Anforderung hin binnen einer Woche Zahlung bis zu einem Höchstbetrag von S 500.000,-- zu leisten, und zwar gegen Vorlage einer amtlich beglaubigten Ablichtung einer oder mehrerer rechtskräftiger Entscheidungen in den gegenständlichen Prozeßsachen, durch die die Klägerin zur Zahlung verurteilt wird. Die Garantie beschränkte sich auf die Urteilssumme samt Zinsen, falls die Summe höher ist, auf den Betrag von höchstens S 500.000,-- . Sie war unabhängig von der Rückgabe der Urkunde zeitlich auf die Dauer von drei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung dieser Prozeßverfahren begrenzt. Im übrigen galt als vereinbart, daß die Garantie bei Inanspruchnahme oder, sobald sie gegenstandslos wird, zurückzugeben sei.
Mit Schreiben vom 27. Jänner 1987 teilten die Vertreter der Klägerin der Beklagten und deren Vertreter mit, daß ihrer Ansicht nach sämtliche Ansprüche der Beklagten mangels Fortsetzung des Verfahrens verjährt seien, weshalb die Beklagte die Bankgarantie umgehend zurückzustellen habe. Mit Schreiben vom 29. Jänner 1987 antwortete die Beklagte, infolge des Verzichtes auf die Einrede der Verjährung und der nicht rechtzeitigen Fortsetzung des Verfahrens sei Verjährung nicht eingetreten. Mit Schriftsatz vom 19. März 1987 teilte hierauf die Klägerin dem Erstgericht mit, sie habe infolge Herausgabe der Maschinen nur mehr einen Anspruch auf Ausfolgung der Bankgarantie, weshalb sie das Klagebegehren auf Kosten einschränke, gegen das Begehren der Beklagten jedoch Verjährung einwende. Sie beantragte die Fortsetzung dieses Verfahrens.
Die Vorinstanzen haben die Widerklage wegen Verjährung des mit ihr geltend gemachten Anspruches mit der Begründung abgewiesen, Verzichtserklärungen seien im Zweifelsfall einschränkend auszulegen, weshalb hier davon auszugehen sei, daß nur während der Dauer der Vergleichsverhandlungen auf die Einrede der Verjährung verzichtet worden sei. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus auch noch ausgeführt, daß gemäß § 1502 ABGB vor Ablauf der Verjährungsfrist auf die Einrede der Verjährung nicht verzichtet werden könne. Im vorliegenden Fall sei bei Abgabe der Verzichtserklärung der Klägerin die Forderung der Beklagten noch nicht verjährt gewesen. Habe jedoch der Gläubiger den Verzicht auf die Einrede der Verjährung vor Ablauf der Verjährungszeit abgegeben, so stünde einer diesbezüglichen Einwendung allenfalls der Einwand der Arglist entgegen. Allerdings könne der Gläubiger einen solchen Verzicht jederzeit widerrufen, in welchem Falle der Verjährungseinwendung ein Erfolg nur dann versagt werden könne, wenn der Gläubiger unverzüglich mit Klage reagiere. Hierunter sei ein Zeitraum von etwa einem Monat zu verstehen. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte einen längeren Zeitraum verstreichen lassen, so daß sie sich auf den Verzicht auf Einwendung der Verjährung nicht mehr berufen könne.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Richtig hat das Berufungsgericht erkannt, daß gemäß § 1502 ABGB auf die Verjährung im voraus nicht verzichtet werden kann. Hat sich der Schuldner jedoch nach Ablauf der Verjährung zum Verzicht bekannt, so würde die Erhebung einer solchen Einrede Arglist begründen (SZ 47/17, EvBl. 1972/123 u.a.). Im Hinblick auf die Bestimmung des § 1502 ABGB kann der Schuldner allerdings einen solchen verfrühten Verzicht auf die Verjährungseinrede zurücknehmen.
Erfolgt jedoch die Rücknahme des Verzichtes nach Ablauf der Verjährungsfrist, darf der Gläubiger nicht untätig bleiben, sondern muß, um sich die Verjährungseinrede gegenüber die Replik der Arglist zu wahren, innerhalb angemessener Frist eine Verjährungsunterbrechung herbeiführen (SZ 47/17 ua). Der Einwand der Beklagten in der Revision, eine Unterbrechung der Verjährung sei bereits durch das Schreiben vom 29. Jänner 1987 bewirkt worden, übersieht, daß gemäß § 1497 ABGB die Verjährung nur durch die Klagsanbringung und gehörige Fortsetzung der Klage unterbrochen wird, nicht aber durch außerhalb eines Prozesses abgegebene Erklärungen des Gläubigers. Maßgebend kann daher nur sein, wann die Beklagte im Rahmen des anhängigen Prozesses in Richtung weiterer Geltendmachung ihrer Forderung tätig geworden ist. Dies war vor Einlangen des Fortsetzungsantrages der Klägerin nicht der Fall. Vielmehr hat die Beklagte erstmals in der Tagsatzung vom 23. April 1987 gerichtlich auf die Einwendung der Verjährung durch die Klägerin reagiert. Zwischen dem Widerruf des Verjährungsverzichtes und dieser Reaktion lagen also nahezu drei Monate. Ob dieser unter den gegebenen Verhältnissen doch eher lange Zeitraum bereits für sich allein dem Einwand der Arglist gegen die Verjährungseinwendung den Boden entzogen hat, muß jedoch hier nicht abschließend geprüft werden, weil bereits andere Erwägungen zu der Bestätigung der angefochtenen Entscheidung führen.
Vorerst erweist sich der von der Beklagten auf § 1483 ABGB gestützte Einwand als nicht stichhältig. Diese Bestimmung führt lediglich aus, daß dem Gläubiger, solange er das Pfand in Händen hat, die unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht nicht verjähren kann. Sie betrifft also nur das Faustpfand (Klang2 VI, 617, Schubert in Rummel Rz 1 zu § 1483) und nicht andere Sicherungsmittel, wie etwa die Bürgschaft, die ihrem Wesen nach, im Gegensatz zu einer Barkaution, einer Bankgarantie wesentlich näher steht als dem Faustpfand. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Bankgarantien ist schon wegen der verschiedenen Wirkungen der beiden Institutionen ausgeschlossen. Das Faustpfand soll eine Befriedigung aus ihm selbst garantieren, weshalb mangels persönlicher Haftung des Schuldners durch ein solches Sicherungsmittel das übrige Vermögen des Schuldners nicht berührt wird. Demgegenüber verspricht in der Bankgarantie die Bank lediglich Zahlung für den Schuldner, ohne daß sichergestellt wäre, daß eine diesbezügliche Zahlung nicht letzten Endes im gesamten Vermögen des Schuldners vollstreckt würde. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall, in dem die Beklagte nicht etwa den Zuspruch eines Betrages bei ausschließlicher Vollstreckung in einem bestimmten Gegenstand, sondern schlechthin bei Exekution gegen die Klägerin verlangt. Wie sich aus § 1483 ABGB letzter Satz ergibt, bezieht sich die dort gemachte Einschränkung nicht auf jene Forderung, die den Wert des Pfandes übersteigt. Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, daß nur das Recht auf Ausübung des Pfandrechtes nicht verjährt, wohl aber die persönliche Forderung (Schubert aaO Rz 3 zu § 1483). Dem Gläubiger verbleibt also nur mehr das Recht zur Befriedigung aus dem Pfande. Er kann nach Ablauf der Forderungsverjährung überhaupt keine persönliche Klage mehr anstellen, also auch nicht in Ansehung des pfandgedeckten Betrages. Nur sein Pfandrecht kann er geltend machen und sich aus dem Erlös der Pfandsache befriedigen, d.h. die persönliche Haftung ist gänzlich erloschen, nur die dingliche besteht fort (Klang aaO, 618).
Da im vorliegenden Fall eine persönliche Klage gegen die Klägerin erhoben worden ist und bei deren Erfolg keinerlei Gewähr dafür besteht, daß nicht, sei es auch auf dem Umweg über die garantierende Bank, das gesamte Vermögen der Klägerin zur Befriedigung der Forderung herangezogen wird, ist § 1483 ABGB auf die vorliegende Klage nicht anwendbar.
Unbeschadet des Umstandes, daß die vom Berufungsgericht zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht grundsätzlich richtig ist und auch die Ausführungen über den zwischen dem Widerruf des Verjährungsverzichtes und der Reaktion der Beklagten darauf ligenden Zeitraum nicht als unrichtig bezeichnet werden können, erweist sich der Rechtsstandpunkt der Beklagten schon aus der Erwägung als nicht zutreffend, daß, wie das Erstgericht richtig andeutet, die Auslegung der Verzichtserklärung der Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gegen die Annahme eines unbefristeten Verzichtes spricht. Zu berücksichtigen sind nämlich nicht nur der bloße Wortlaut dieser Verzichtserklärung, sondern auch jene Umstände unter denen die Verzichtserklärung abgegeben worden ist. Allein die Tatsache, daß die Verzichtserklärung im Zusammenhang mit Vergleichsverhandlungen ausgesprochen worden ist, legt die Wahrscheinlichkeit nahe, daß sich der Verzicht nur auf den Zeitraum der Vergleichsverhandlungen beziehen sollte. Hiezu kommt aber im vorliegenden Fall die Rückstellung der von der Klägerin geforderten Gegenstände gegen Ausfolgung einer Bankgarantie, die nicht etwa, wie dies bei Bankgarantien sonst üblich ist, mit einem bestimmten Tag befristet ist, sondern deren Geltungsdauer und deren Inhalt ausschließlich auf den von der Beklagten anhängig gemachten Prozeß abstellt. Die Wirkung dieser Bankgarantie und ihre Dauer hängt daher von dem Ausgang dieses Prozesses ab. Es kann nun nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin, die diese Bankgarantie beigebracht hat, die Absicht hatte, auf unabsehbare Zeit einen Schwebezustand zu schaffen. Gerade die Ausfolgung einer Bankgarantie des festgestellten Inhaltes läßt erkennen, daß beide Parteien damals darüber einig waren, daß im Falle eines Scheiterns der Vergleichsverhandlungen der anhängige Prozeß über die Forderung der Beklagten zügig und ohne Unterbrechung fortzusetzen war, um alsbald Klarheit über die endgültige Wirkung der Bankgarantie zu erhalten. Im Zusammenhang mit der Hingabe dieser Bankgarantie durfte daher die Beklagte den von der Klägerin abgegebenen Verjährungsverzicht nur dahin verstehen, daß dieser sich auf die Dauer der Vergleichsverhandlungen bezog, nicht aber dahin, daß sie nunmehr auch nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen unbegrenzte Zeit mit einer Fortsetzung des Prozesses zuwarten konnte. Natürlich waren hier nur echte Vergleichsverhandlungen maßgebend, nicht aber Äußerungen wie diejenige der Beklagten in ihrem Schreiben vom 29. Jänner 1987, in dem lediglich zum Ausdruck gebracht wurde, man könne die Probleme endgültig lösen und schlage eine Aussprache vor, anläßlich der Lösungsvorschläge diskutiert werden sollten. Derartige einseitige Äußerungen können nicht als Vergleichsverhandlungen angesehen werden. Die Vergleichsverhandlungen sind im vorliegenden Fall aber bereits im Jahre 1985 gescheitert.
Geht man von den dargelegten rechtlichen Erwägungen und dem festgestellten Sachverhalt aus, erweist sich schon der Zeitraum zwischen dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen und dem Schreiben der Klägerin vom 27. Jänner 1987 als zu lang für die Annahme einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens. Umsomehr hätte aber die Beklagte auf das zuletzt erwähnte Schreiben unverzüglich durch prozessuale Schritte reagieren müssen. Im Zusammenhang mit dem bereits vorher verstrichenen Zeitraum erweist sich demnach die Zeit zwischen dem 27. Jänner 1987 und der Reaktion der Beklagten in der Tagsatzung vom 23. April 1987 auf jeden Fall zu lang. Selbst wenn man daher die an sich schon plausible Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der letzterwähnte Zeitraum sei für sich allein schon als zu lang anzusehen, nicht teilen würde, käme man unter Berücksichtigung der vorerwähnten Rechtsansicht zu dem Ergebnis, daß die Forderung der Beklagten auf jeden Fall verjährt ist. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)