European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00535.840.0308.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 8.345,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960 S Barauslagen und 671,40 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat der inzwischen geschiedenen Ehegattin des Beklagten Annamaria K***** am 17. 1.1978 einen Betriebsmittelkredit bis zu einem Betrag von 250.000 S sA gewährt. Für den Fall der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmerin, insbesondere der Eröffnung eines Ausgleichs‑ oder Konkursverfahrens, war die Klägerin berechtigt, den Kredit sofort fällig zu stellen. Schließlich war vereinbart, dass die Kreditnehmerin der Klägerin einen akzeptierten Blankowechsel übergibt und sich der Beklagte für die Kreditnehmerin verbürgen werde. Diesbezüglich unterfertigte der Beklagte am 19. 1. 1978 eine Wechselverpflichtungserklärung, derzufolge er einen Blankowechsel als Wechselbürge zur Sicherstellung aller wie immer gearteten Forderungen und Ansprüche, die der Klägerin aus Geschäftsverbindungen mit der Kreditnehmerin entstanden sind oder entstehen werden, unterfertigen werde. Er erteilte die Ermächtigung zur Ausfüllung des Wechsels bis zu einem Betrag von 300.000 S. Den Blankowechsel hatte die Kreditnehmerin als Annehmerin unterfertigt. Die Unterschrift des Beklagten scheint unmittelbar unter der Unterschrift der Kreditnehmerin auf.
Am 19. 1. 1978 verpfändete Annamaria K***** ein Sparbuch mit einem Stand von damals 150.000 S zur Sicherstellung aller Forderungen der Klägerin aus dem Kreditverhältnis sowie aller in Hinkunft entstehenden Forderungen aus allfälligen Erhöhungen des Kredits sowie aus welchem Titel immer. Die Klägerin erhielt die Berechtigung, bei Fälligkeit ihrer gegen die Kreditnehmerin zustehenden Ansprüche ohne vorherige Verständigung der Pfandbestellerin das Sparguthaben samt Zinsen zur Abdeckung ihrer Forderungen zu verwenden. Es wurde keine Vereinbarung darüber getroffen, welche der Sicherheiten von der Klägerin zuerst auszunützen sei.
In der Folge kam es zur Überziehung des Kreditrahmens durch Annamaria K*****, wovon der Beklagte Kenntnis hatte.
Im Jahre 1980 wurde über das Vermögen der Annamaria K***** der Konkurs eröffnet. Der Klägerin kamen im Konkursverfahren keine Leistungen zu. Sie stellte den Kredit fällig und verwendete den Erlös des verpfändeten Sparbuchs von 208.600 S zur teilweisen Abdeckung des offenen Kredits. Unter Berücksichtigung dieser teilweisen Abdeckung verblieb ein Negativsaldo von 221.067,69 S.
Am 1. 9. 1982 füllte die Klägerin den Blankowechsel aus. Sie setzte hiebei sowohl die Kreditnehmerin als auch den Beklagten als Bezogene ein. Als Ausstellungsort wurde T***** angegeben, als Zahlstelle die R*****, die auch als Aussteller aufscheint, wobei die Adresse „*****“ lautet.
Mit der vorliegenden Wechselklage beehrt die Klägerin die Zahlung von 221.067,69 S sA.
Beide Untergerichte haben dem Klagebegehren in der Hauptsache stattgegeben. Sie erachteten die Angabe des Zahlungsorts als ausreichend und eindeutig, verneinten die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1360 ABGB, weshalb die dem Vertrag entsprechende Realisierung des Sparbuchs zu keiner Minderung der Forderung gegen den Beklagten führe und sprachen aus, dass die Einsetzung des Beklagten als „Bezogener“ zwar nicht dem mit ihm abgeschlossenen Vertrag entsprochen habe, dies jedoch kein Rolle spiele, weil die Haftung als Wechselbürge inhaltlich der Haftung des Bezogenen entspreche.
Das Berufungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil für zulässig erklärt.
Die vom Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichts wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den Ausführungen der Klägerin hat der Beklage allerdings eine Einwendung erhoben, mit der er sich dagegen wendete, dass er im Wechsel nicht als Wechselbürge, sondern als Bezogener aufscheint (S 15 des Aktes). Demnach wurde zur Erörterung dieser Rechtsfrage mit Recht die Revision zugelassen, weil tatsächlich zu dieser Frage zwar eine Literatur, nicht aber eine Judikatur vorliegt.
In der Sache selbst ist vorerst der Einwand bezüglich des Zahlungsorts nicht berechtigt. Grundsätzlich muss der Zahlungsort bestimmt genug bezeichnet sein .Ob dies der Fall ist, muss, wie bei allen wechselmäßigen Erklärungen, nicht vom Standpunkt der Kontrahenten, sondern eines dritten Lesers des Wechsels beurteilt werden, wobei aber der Wechsel nicht nach einem Maßstab auszulegen ist, den ein Dritter einnehmen muss, welcher den Lokalverhältnissen der Beteiligten fernsteht (SZ 44/70). Hiebei können keinesfalls Anforderungen gestellt werden, die jeden Irrtum auch bei besonders naiven oder unintelligenten Menschen ausschließen würden. Vielmehr muss von durchschnittlichen Fähigkeiten ausgegangen werden. Selbst unter Zugrundelegung geringer Anforderungen können aber die Angaben im Wechsel nur als Bezeichnung ein und desselben Orts erkannt werden. Insbesondere die Anführung der Postleitzahl bei der Anschrift der Klägerin als Ausstellerin macht die weiteren Anführungen für Jedermann eindeutig. Von der Angabe zweier Zahlungsorte im Wechsel kann daher keine Rede sein.
Was nun die Frage der Ausfüllung des Wechsels bezüglich der Stellung des Beklagten anlangt, so hat hier die Klägerin nach den getroffenen Feststellungen tatsächlich dem zwischen ihr und dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag zuwidergehandelt. Der Beklagte wäre nicht als Bezogener, sondern als Wechselbürge für die Kreditnehmerin einzusetzen gewesen. Hiezu hätte es genügt, dass seine Nennung als Bezogener unterblieben wäre, in welchem Falle das bloße Aufscheinen seiner Unterschrift beim Namen der Kreditnehmerin als Verbürgung für diese zu werten gewesen wäre (Art 31 Abs 3 WG).
Entgegen der Ansicht des Beklagten macht jedoch die unrichtige Ausfüllung des Wechsels in einem Punkt diesen nicht unwirksam. Würde man dem Standpunkt des Beklagten folgen, hätte die Klägerin durch ihren Irrtum jeden Anspruch gegen ihn verloren, weil eine Rekonstruktion des ursprünglichen Blankowechsels infolge der unrichtigen Ausfüllung nicht mehr möglich wäre. Entgegen den getroffenen Vereinbarungen hätte dann die Klägerin durch einen Irrtum keinerlei Anspruch gegen den Beklagten mehr. Die abredewidrige Ausfüllung des Blankowechsels in einem einzelnen Punkt führt jedoch zu dessen Ungültigkeit an sich, sondern hat nur die Wirkung, dass der Kläger, wenn es sich bei ihm um denjenigen handelt, dem die unrichtige Ausfüllung des Wechsels nach Art 10 WG zur Last fällt, den Wechsel nur insoweit geltend machen kann, als dessen Inhalt den getroffenen Abreden entspricht ( Baumbach‑Hefermehl , Wechsel‑ und Scheckgesetz 13 , 119, Stanzl , Wechsel‑Scheck‑ und sonstiges Wertpapierrecht. 49). Demnach kann die Klägerin gegen den Beklagten nur jene Forderung stellen, die sie bei vereinbarungsmäßiger Ausfüllung des Wechsels gehabt hätte. Nach der getroffenen Vereinbarung hätte sie den Wechsel so ausfüllen müssen, dass der Beklage als Wechselbürge aufscheint. Dies hätte aber gemäß Art 32 Abs 1 WG dazu geführt, dass der Beklagte auf gleiche Weise gehaftet hätte, wie derjenige, für den er sich verbürgt hat. Demnach wäre also inhaltlich seine Haftung dieselbe gewesen, wie die Haftung des annehmenden Bezogenen. Der Umstand, dass dem Beklagten im Falle einer Zahlung als Bezogener nicht das Rückgriffsrecht im Sinne des Art 32 Abs 3 WG zusteht, spielt im Verhältnis zum Wechselgläubiger keine Rolle. Keinesfalls kann dieser Umstand dazu führen, dass der Beklagte in einem weiteren Ausmaß von seiner Haftung gegenüber der Klägerin befreit wird, als dies der zwischen ihm und der Klägerin getroffenen Vereinbarung entspricht. Was schließlich den Einwand nach § 1360 ABGB anlangt, haben die Untergerichte richtig erkannt, dass die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Bürgschaft auf die Wechselbürgschaft nicht anwendbar sind (5 Ob 716/81, 7 Ob 782/81 ua). Im Übrigen hat die Klägerin nach den getroffenen Feststellungen nicht ein Pfand aufgegeben, sondern dieses auf eine der Vereinbarung entsprechende Art verwendet. Dass diese Art der Verwendung auch der Vereinbarung mit dem Beklagten entsprach, ergibt sich daraus, dass der Beklagte die Haftung auch für künftige Schulden der Kreditnehmerin übernommen hat. Selbst wenn daher die Bestimmungen des ABGB anwendbar wären, könnten sie im konkreten Fall zu keinem für den Beklagten günstigeren Ergebnis führen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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