OGH 7Ob513/90

OGH7Ob513/9022.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** E***-B***, reg.Gen.mbH, Ebbs, Raiffeisenplatz, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer und Dr. Herbert Marschitz, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Dr. Harry H***, Kaufmann, c/o EAT, Mülheim/Ruhr, Brunshofstraße 3, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Johannes Waldbauer, Dr. Roland Paumgarten und Dr. Helmut Naschberger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 1,376.724,-- s.A. (Streitwert im Revisionsverfahren S 1,143.325,97 s.A.) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 13. September 1989, GZ 3 R 228/89-81, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. April 1989, GZ 41 Cg 5/87-75, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.054,80 (darin S 3.175,80 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt die Zahlung von S 1,376.724,-- s.A. Sie habe dem Beklagten die Vorausfinanzierung eines Hausbaues bis zum Höchstbetrag von S 1,700.000,-- zugesagt und in diesem Zusammenhang auch Überweisungen getätigt. Mit Schreiben vom 2.12.1982 habe die klagende Partei gemäß Punkt 36 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen mit sofortiger Wirkung die Beendigung dieser Geschäftsverbindung erklärt und den Saldo fälliggestellt, weil eine beabsichtigte Darlehensaufnahme des Beklagten bei der Raiffeisen-Versicherungs-AG, durch die zwei Drittel der Baukosten hätten finanziert werden sollen, nicht zustandegekommen sei. Die vom Beklagten ursprünglich genannten Gesamtbaukosten hätten sich nämlich bedeutend erhöht. Darüber hinaus seien ungünstige finanzielle Verhältnisse des Beklagten hervorgekommen, die die beabsichtigte Darlehensgewährung verhindert hätten.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die klagende Partei habe ihm im Jahr 1982 einen Kredit über S 3,500.000,-- zur Finanzierung eines Bauvorhabens eingeräumt. Dementsprechend habe er am 12.7.1982 eine Pfandbestellungsurkunde über eine Höchstbetragshypothek von S 5,500.000,-- unterfertigt und seine Liegenschaft verpfändet. Er habe damit die Finanzierung seines Bauvorhabens als gesichert angesehen und die zur Ausführung erforderlichen Aufträge erteilt. Die klagende Partei aber habe lediglich Kredit in der Höhe von etwa S 1 Mio. gewährt und sich ab Ende Oktober 1982 entgegen der getroffenen Vereinbarung und grundlos geweigert, weitere Kreditmittel zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte habe nie unwahre Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht und für den Hausbau Eigenmittel in der mit der klagenden Partei vereinbarten Höhe aufgewendet. Der Widerruf der Kreditzusage sei daher rechtswidrig erfolgt. Die klagende Partei hafte dem Beklagten für alle daraus entstandenen Schäden. Ein die eingeklagte Forderung übersteigender Schaden des Beklagten sei allein dadurch entstanden, daß der Bau nicht habe fertiggestellt werden können, so daß er durch Witterungseinflüsse wertlos geworden sei und abgerissen werden müsse.

Das Erstgericht erkannte zu Recht, daß die eingeklagte Forderung zu Recht, die Gegenforderung aber nicht zu Recht bestehe und daß der Beklagte daher schuldig sei, der klagenden Partei S 1,376.724,-- s. A. zu bezahlen; die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens blieb unangefochten. Das Erstgericht traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Beklagte beabsichtigte im Jahre 1981 die Errichtung eines Hauses und wandte sich wegen der Finanzierung Ende 1981 an die klagende Partei, wobei er mit deren Geschäftsleiter, Ing. Max L***, verhandelte. Ing. L*** teilte dem Beklagten mit, daß nur zwei Drittel der Gesamtkosten durch ein Darlehen finanziert werden könnten, ein Drittel müsse durch Eigenmittel aufgebracht werden. Zur Bezahlung der Grundkosten genehmigte Ing. L*** die Überziehung eines Girokontos des Beklagten bis S 500.000,--; der Beklagte bezahlte auch auf diesem Weg einen Teil des Kaufpreises, nämlich S 561.495,--.

In der Folge entschloß sich der Beklagte über Anraten des Ing. L***, die Finanzierung des Bauvorhabens über einen Kredit der Raiffeisen-Versicherungs-AG in der Höhe von S 4 Mio. bei einer Laufzeit von 20 Jahren durchzuführen und stellte mit Schreiben vom 17.6.1982 einen entsprechenden Antrag an die Raiffeisen-Versicherungs-AG. Dabei gab er bekannt, daß die Gesamtkosten des Eigenheimes S 6 Mio. betragen würden und daß er in der Lage sei, ein Drittel davon durch Eigenmittel aufzubringen. Im Falle der Kreditgewährung durch die Raiffeisen-Vesicherungs-AG hätte die Raiffeisen-Zentralkasse Tirol dieser gegenüber die Haftung übernehmen müssen, während der Beklagte gegenüber der Raiffeisen-Zentralkasse Tirol zu haften gehabt hätte. Ing. L*** rechnete sicher damit, daß der beantragte Kredit gewährt wird. Er ließ am 12.7.1982 eine Pfandbestellungsurkunde erstellen, in der die klagende Partei als Kreditgeber und der Beklagte als Kreditnehmer angeführt wird. Der Beklagte räumte darin der klagenden Partei ein Pfandrecht für ihre Forderungen bis zu einem Höchstbetrag von S 5,500.000,-- an seiner Liegenschaft ein. Die Pfandbestellungsurkunde sollte zur Absicherung des erwarteten Kredites über S 4 Mio. zuzüglich Nebengebühren dienen. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten begnügte sich Ing. L*** mit dessen Angaben; eine Prüfung der Bonität des Beklagten wurde von der klagenden Partei nicht durchgeführt. Obwohl Kostenschätzungen und Kostenvoranschläge in der Folge ergaben, daß die Gesamtbaukosten den Betrag von S 6 Mio. übersteigen werden, sicherte Ing. L*** dem Beklagten, der mit dem Bau beginnen wollte, zu, daß die klagende Partei dafür einen Betrag von S 3,500.000,-- zur Verfügung stelle. Dabei bestand zwischen den Streitteilen Einvernehmen darüber, daß es sich hiebei um eine Überbrückung bis zur Genehmigung des bei der Raiffeisen-Versicherungs-AG beantragten Kredites handeln und die Abwicklung so erfolgen sollte, daß dem Beklagten die Möglichkeit eingeräumt wird, sein Girokonto bis zu dem genannten Betrag zu überziehen, da dies günstiger gewesen wäre als eine kurzfristige Krediteinräumung, bei der eine Kreditgebühr angefallen wäre. Über Wunsch des Beklagten richtete die klagende Partei am 2.9.1982 an diesen ein Telex, in dem sie bestätigte, für die Errichtung eines Eigenheimes den Betrag von S 3,500.000,-- zur Verfügung zu stellen. Als der Beklagte diese schriftliche Bestätigung in Händen hatte, erteilte er den Auftrag an ein Bauunternehmen.

Die Raiffeisen-Zentralkasse Tirol führte Erhebungen über die wirtschatliche Situation des Beklagten durch und lehnte am 18.10.1982 die Übernahme der Haftung gegenüber der Raiffeisen-Versicherungs-AG ab. Damit war eine Kreditgewährung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG nicht mehr möglich. Ende Oktober 1982 teilte Ing. L*** daraufhin dem Beklagten mit, daß die klagende Partei für ihn keine weiteren Zahlungen leisten werde. Der Beklagte wies auf die von ihm in Anbetracht der Kreditzusage der klagenden Partei erteilten Bauaufträge hin und verlangte die Einhaltung der Kreditzusage. Die klagende Partei führte am 8.11.1982 noch eine Überweisung von S 203.507,50 durch, blieb aber im übrigen bei ihrer Weigerung, weitere Geldmittel für die Finanzierung des Baues bereitzustellen.

Der Beklagte versuchte, ein anderes Bankinstitut für die Finanzierung zu gewinnen. Er teilte der klagenden Partei mit, daß die Sparkasse Kufstein die Finanzierung übernehmen werde und ersuchte um Bekanntgabe des aktuellen Kontostandes per 1.12.1982. Mit Schreiben vom 23.11.1982 gab die klagende Partei die Höhe der aushaftenden Schuld per 1.12.1982 mit S 1,187.281,-- bekannt. Da eine Abdeckung dieser Schuld nicht erfolgte, teilte die klagende Partei dem Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 2.12.1982 folgendes mit:

"Nachdem keine Zahlung erfolgt ist, erklärt meine Mandantschaft hiemit die Beendigung der Geschäftsbeziehung gemäß Punkt 36 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit sofortiger Wirkung. Damit ist der Saldo des Kontos sofort zur Zahlung fällig... Außerdem treten damit die in Punkt 37 angeführten Folgen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein."

Der Beklagte wurde mit diesem Schreiben aufgefordert, den offenen Saldo bis zum 14.12.1982 abzudecken. Sein Girokonto bei der klagenden Partei war unter Berücksichtigung der dem Beklagten angelasteten Zinsen und Verzugszinsen zum 31.12.1982 mit S 1,218.089,02 belastet.

Der Beklagte versuchte weiterhin, eine Finanzierung seines Bauvorhabens durch andere Geldinstitute zu erreichen, hatte damit aber keinen Erfolg, unter anderem deswegen, weil er im Dezember 1983 in Untersuchungshaft genommen wurde.

Mit Schreiben vom 18.10.1983 teilte die klagende Partei dem Beklagten folgendes mit:

"Eine Rückfrage bei der Sparkasse Kufstein hat ergeben, daß seitens dieses Institutes keine Finanzierung vorgenommen wird. Wir müssen Ihnen daher mitteilen, daß wir auf Grund dessen, daß wir Ihnen bereits seit Ende 1982 eine Frist zur Abdeckung gewährt haben, eine letzte Frist von drei Wochen einräumen müssen, ansonsten wir die Grundbuchseintragung durchführen und die Klage einbringen werden."

Im November 1982 hatte die klagende Partei über einen Kreditschutzverband und eine Detektei negative Auskünfte über die wirtschaftliche Situation des Beklagten erhalten. Der Beklagte war Geschäftsführer der A*** L***-Gesellschaft mbH, der A*** L*** mbH & Co. Betriebs KG und der A***

R***. In welcher Höhe dem Beklagten auf Grund dieser Geschäftsführertätigkeit im Jahr 1982 tatsächlich ein Geschäftsführergehalt zugekommen ist, kann nicht festgestellt werden. Die finanzielle Situation der genannten Gesellschaften war zum Zeitpunkt des Kreditantrages so, daß der Beklagte nicht die berechtigte Hoffnung hegen konnte, im Zusammenhang mit diesen Unternehmen auf legalem Weg spätestens im Jahre 1983 über S 2 Mio. für Zwecke des Hausbaues verfügen zu können.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen idF vom 1.10.1979, die zwischen den Parteien vereinbart waren, sind im Geschäftslokal der klagenden Partei ausgehängt.

Punkt 36 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen lautet:

"1. Sowohl der Kunde als auch die Kreditunternehmung dürfen mangels anderweitiger Vereinbarung die Geschäftsverbindung nach freiem Ermessen jederzeit mit sofortiger Wirkung kündigen. Auch falls eine solche Vereinbarung getroffen ist, darf die Kreditunternehmung die Geschäftsverbindung aus wichtigem Grunde jederzeit beendigen, insbesondere, wenn der Kunde unrichtige Angaben gemacht hat oder eine wesentliche Verschlechterung seines Vermögens oder eine Vermögensgefährdung eintritt, oder wenn der Kunde der Aufforderung zur Stellung oder Verstärkung von Sicherheiten nicht nachkommt.

2. Die Bestimmungen über die Beendigung der Geschäftsverbindung gelten auch für die Beendigung von Teilen des Geschäftsverkehrs."

Punkt 37 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen lautet:

"1. Mit der Beendigung der Geschäftsverbindung wird der Saldo jedes für den Kunden geführten Kontos sofort fällig. Der Kunde ist außerdem verpflichtet, die Kreditunternehmung von allen für ihn oder in seinem Auftrag übernommenen Verpflichtungen zu befreien und, soweit dies nicht möglich ist, bankmäßige Sicherheit zu leisten...

2. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten auch nach Beendigung der Geschäftsverbindung bis zur völligen Abwicklung weiter."

Per 1.10.1986 haftete auf dem Konto des Beklagten einschließlich Zinsen ein Betrag von S 1,412.140,07 aus. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 17.11.1982 wurde auf der dem Beklagten gehörigen Liegenschaft die Rangordnung für die beabsichtigte Eintragung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von S 1,700.000,-- zugunsten der klagenden Partei angemerkt.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die klagende Partei habe die Geschäftsverbindung mit dem Beklagten zur Recht beendet, weil dieser über seine Vermögensverhältnisse unrichtige Angaben gemacht habe. Dem Beklagten stehe daher die aus dem Titel des Schadenersatzes eingewendete Gegenforderung nicht zu.

Die zweite Instanz verwarf die wegen Nichtigkeit (nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO) erhobene Berufung des Beklagten und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes hinsichtlich des Ausspruches, daß die Klageforderung mit S 1,143.325,97 zu Recht und die Gegenforderung bis zu dieser Höhe nicht zu Recht bestehe, sowie daß daher der Beklagte schuldig sei, der klagenden Partei S 1,143.325,97 zu zahlen, mit Teilurteil. Im übrigen hob sie das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht übernahm die für das Revisionsverfahren relevanten Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Das Erstgericht sei zu Recht von der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute zwischen den Streitteilen ausgegangen. Dies ergebe sich unabhängig von der Frage, ob der Beklagte die Geltung überhaupt bestritten habe, aus der Pfandbestellungsurkunde vom 12.7.1982. Richtig sei, daß sich die klagende Partei dem Beklagten gegenüber verpflichtet habe, Darlehen über S 3,500.000,-- zur Verfügung zu stellen, wenn auch nur als Zwischenfinanzierung bis zur Gewährung des vom Beklagten beantragten Darlehens der Raiffeisen-Versicherungs-AG. Die klagende Partei sei jedoch berechtigt gewesen, von ihrer Kreditzusage abzugehen. Der vom Beklagten mit der klagenden Partei abgeschlossene Kreditvertrag sei so auszulegen, daß die vom Beklagten beabsichtigte und durch eine über die Raiffeisen-Zentralkasse Tirol bis zur klagenden Partei reichende Haftungskette zu sichernde langfristige Darlehensgewährung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG eine wesentliche Geschäftsgrundlage für die Zwischenkreditgewährung durch die klagende Partei gewesen sei. Bei einem solchen Zwischenkredit seien Vereinbarungen über die Tilgung entbehrlich, weil die Abdeckung durch den endgültig angestrebten Kredit vorgesehen sei. Stehe als sicher fest, daß es zur beabsichtigten endgültigen Darlehensgewährung nicht komme, fielen, soweit nicht entgegenstehende Vereinbarungen bestünden, die Voraussetzungen für die Zwischenkreditgewährung fort, so daß das Kreditinstitut nicht zu weiteren Auszahlungen im Kreditweg verpflichtet sei und den aushaftenden Darlehenssaldo fälligstellen könne. Eine weitere Darlehensgewährung würde in diesem Fall nicht mehr einer Zwischenfinanzierung, sondern einer langfristigen Darlehensgewährung ohne gleichzeitige Vereinbarung über Tilgung und Laufzeit entsprechen; dazu aber sei die klagende Partei nicht verpflichtet gewesen. Die Raiffeisen-Zentralkasse Tirol habe auf Grund der von ihr vorgenommenen Prüfung der Bonität des Beklagten die Übernahme der Haftung für das von der Raiffeisen-Versicherungs-AG zu gewährende Darlehen verweigert. Daß es zur Auszahlung dieses Darlehens nicht gekommen sei, sei somit nicht im Einflußbereich der klagenden Partei, sondern ausschließlich an den finanziellen Verhältnissen des Beklagten gelegen gewesen. Daß die klagende Partei verpflichtet gewesen wäre, auf die Darlehensgewährung hinzuwirken oder den Beklagten darüber aufzuklären, daß diese nicht gesichert sei, habe der Beklagte nicht behauptet. Da die klagende Partei eine Zwischenkreditzusage über einen Betrag von S 3,500.000,-- zur Finanzierung eines Eigenheimes gemacht habe, sei sie nach Punkt 36 Abs 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an sich nicht berechtigt gewesen, die Geschäftsverbindung vor Erreichen des Finanzierungszweckes zu kündigen. Mit dem Wegfall der beabsichtigten endgültigen Darlehensgewährung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG aber sei ein wichtiger Grund nach dem zweiten Satz der genannten Bestimmung eingetreten, so daß die Weigerung der klagenden Partei, weitere Auszahlungen zu Lasten des Girokontos des Beklagten vorzunehmen, und die Fälligstellung des aushaftenden Saldos nicht vertrags- und rechtswidrig gewesen seien. Soweit dem Beklagten dadurch ein Schaden entstanden sei, habe er ihn selbst zu tragen. Die Gegenforderung bestehe daher dem Grunde nach nicht zu Recht. Der Beklagte bekämpft das Teilurteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 1, 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß das Klagebegehren ab- bzw. zurückgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit wendet sich der Beklagte dagegen, daß die zweite Instanz die von ihm im Berufungsverfahren geltend gemachte Nichtigkeit nicht als gegeben angenommen habe. Der Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, kann aber weder mit Revision, noch mit Rekurs angefochten werden. Der Wortlaut des § 503 Abs 1 Z 1 ZPO verlangt für die Anfechtbarkeit, daß das Urteil des Berufungsgerichtes wegen eines im § 477 ZPO bezeichneten Mangels nichtig sei (Fasching IV 229, Fasching Lehrbuch Rz 1905). Zu Unrecht macht der Beklagte auch unter diesem Revisionsgrund als Aktenwidrigkeit geltend, daß das Berufungsgericht das Vorbringen der klagenden Partei im Schriftsatz vom 15.1.1985 (ON 12) unrichtig wiedergebe. Die Ausführungen zu Punkt 6 in diesem Schriftsatz ("Es ist unrichtig, daß die klagende Partei dem Beklagten ein Darlehen in der Höhe von S 3,500.000,-- gewährt hat") stellen im wesentlichen offensichtlich nur eine von der klagenden Partei vorgenommene rechtliche Qualifikation des im Punkt 7 des Schriftsatzes dargestellten Sachverhalts dar. Auf diese Darstellung nimmt aber das Berufungsgericht (auf S 15 der angefochtenen Entscheidung) zu Recht Bezug. Soweit die Revision unter demselben Revisionsgrund "die Frage offen" läßt, ob das Erstgericht und ebenso das Berufungsgericht nicht über etwas anderes entschieden haben, als beantragt war, ist ihr entgegenzuhalten, daß ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 405 ZPO nur eine Mangelhaftigkeit, nicht eine Nichtigkeit bilden würde. Von einem derartigen Verstoß kann aber keine Rede sein. Die Wertung der mit Telex vom 2.9.1982, Beilage 1 a, erfolgten "Bestätigung" der klagenden Partei, dem Beklagten zur Errichtung eines Eigenheimes einen Betrag von S 3,500.000,-- zur Verfügung zu stellen, ist Sache der rechtlichen Beurteilung. An die rechtliche Beurteilung der von ihr näher beschriebenen Vorgänge durch die klagende Partei selbst ist das Gericht nicht gebunden; maßgebend ist vielmehr das Vorbringen, auf das sich der Anspruch gründet. Wird dieses Vorbringen vom Gericht anders beurteilt als von der klagenden Partei, begründet dies keinen Verstoß gegen § 405 ZPO. Sollte aber der Beklagte mit seinen Ausführungen darauf Bezug nehmen, daß die klagende Partei in der Klage vorgebracht hat, die Streitteile hätten monatliche Rückzahlungsraten des dem Beklagten gewährten Kredites vereinbart, die der Beklagte seit Monaten trotz Mahnung nicht eingehalten habe, sodaß die klagende Partei nach den Geschäftsbedingungen berechtigt sei, das gesamte Darlehen fällig zu stellen, ist ihm entgegenzuhalten, daß die klagende Partei dieses Vorbringen im Schriftsatz ON 12 konkretisiert und abgeändert hat. Der Beklagte hat gegen diese Änderung, soweit darin eine Klageänderung iS des § 235 ZPO zu sehen ist, keine Einwendungen erhoben.

Verfehlt ist schließlich auch der gleichfalls unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht habe zur Frage der Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Feststellungen "ohne Durchführung eines neuerlichen Beweisverfahrens" getroffen. Ganz abgesehen davon, daß auch die Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes durch das Beuufungsgericht keine Nichtigkeit, sondern einen Verfahrensmangel begründen würde, liegen ergänzende Feststellungen gar nicht vor. Das Erstgericht hat, wie bereits dargestellt wurde, als erwiesen angenommen, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen "im Geschäftslokal der klagenden Partei ausgehängt" sind und daß sie zwischen den Parteien "auch" vereinbart waren (S 24 der Entscheidung der ersten Instanz). Unter den von ihm aufgenommenen Beweisen hat das Erstgericht auch die Pfandbestellungsurkunde vom 14.7.1982 genannt. Richtig ist, daß das Erstgericht überdies die Ansicht vertreten hat, die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei vom Beklagten gar nicht bestritten worden. Doch hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen (S 22 der angefochtenen Entscheidung), daß es auf diesen Umstand nicht ankommt, weil die Vereinbarung der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen den Streitteilen aus der Pfandbestellungsurkunde (Punkt 11) unmißverständlich hervorgeht. Dieser zutreffende Hinweis bildet keine ergänzende Feststellung.

Die Kündigung der zwischen den Streitteilen bestehenden Geschäftsverbindung durch die klagende Partei ist nach dem Inhalt des Schreibens vom 2.12.1982, Beilage F, unter Bezugnahme auf Punkt 36 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt. Hinzugefügt wurde, daß "damit" der Saldo des Kontos gemäß Punkt 37 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sofort zur Zahlung fällig ist. Nichts anderes wurde im Schriftsatz der klagenden Partei ON 12 vorgebracht. In der Klage wird keineswegs ein anderer Kündigungsgrund genannt. Das Vorbringen wurde lediglich darauf beschränkt, daß der Beklagte der ihm obliegenden Rückzahlungspflicht nicht entsprochen habe. Welche Umstände hier zu erörtern gewesen wären und aus welchen Gründen deshalb das Verfahren des Berufungsgerichtes und seine Entscheidung (Fasching IV 304) mangelhaft sein sollen, ist nicht zu erkennen.

Soweit in der Revision (unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung) Ausführungen zur Höhe der von der klagenden Partei begehrten Zinsen enthalten sind, übersieht sie, daß die Entscheidung des Erstgerichtes insoweit ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde und daher nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist.

Einen Feststellungsmangel erblickt der Beklagte darin, weil nicht festgestellt worden sei, daß er Eigenmittel in der Höhe von S 2 Mio. bereits erbracht gehabt (und damit "seine Zusagen" im Rahmen des Kreditvertrages eingehalten) habe, was sich daraus ergebe, daß der Schätzwert der Liegenschaft "weit über S 3 Mio."

liege, die klagende Partei hiefür aber nur S 1,2 Mio. aufgebracht habe. Eine derartige Feststellung aber hätte das Erstgericht nicht treffen können. Aus den umfangreichen Feststellungen, die das Erstgericht über die finanzielle Gebarung des Beklagten getroffen hat, geht hervor, daß schon der Kaufpreis der Liegenschaft von S 972.800,-- mit Ausnahme eines Teilbetrages von S 100.000,--, hinsichtlich dessen der Beklagte auf einen Aktivsaldo seines Girokontos bei der klagenden Partei zurückgreifen konnte, der allerdings auf die vom Erstgericht im einzelnen festgestellten "Manipulationen" zustandegekommen war, sodaß auch insoweit in Wahrheit von "Eigenmitteln" keine Rede sein kann), zum einen durch Übernahme eines auf der Liegenschaft sichergestellten Kredites, zum anderen durch (weitere) Überziehung dieses Kontos - also nicht aus Eigenmitteln - beglichen wurde. Die Forderungen des Bauuntenehmens S*** von S 1,416.000,-- wurden nur etwa zur Hälfte vom Beklagten bezahlt (S 150.000,-- zu Lasten des Girokontos, S 645.000,-- "aus anderen Quellen") und haften im übrigen aus. Auch die Forderungen für die Errichtung eines Schwimmbades sind mit über DM 100.000,-- offen; bezahlt wurde nur ein Teilbetrag von DM 50.000,-- (wobei die Herkunft dieses Betrages nicht näher festgestellt werden konnte). Der Beklagte hätte deshalb selbst dann, wenn man jene Beträge, deren Herkunft nicht geklärt werden konnten, als vom Beklagten aufgebrachte Eigenmittel ansehen wollte (wenngleich die klagende Partei den Begriff "Eigenmittel" mit Recht anders verstanden hat als ihn der Beklagte auszulegen versucht; vgl. hiezu die Angaben des Ing. Max L***, AS 228), nur etwa die Hälfte des von ihm als "Eigenmittel" bezeichneten Betrages geleistet. Es trifft im Sinne der weiteren Revisionsausführungen zu, daß zwischen den Streitteilen Kreditverhandlungen geführt worden sind und daß durch das Telex vom 2.9.1982 eine schriftliche Kreditzusage erfolgt ist in der Form, daß die klagende Partei dem Beklagten bestätigte, ihm zur Errichtung eines Eigenheims einen Betrag von S 3,500.000,-- zur Verfügung zu stellen. Es steht aber auch fest, daß zwischen den Streitteilen Einvernehmen darüber bestand, daß es sich bei dieser Zusage "um eine Überbrückung bis zur Genehmigung des bei der Raiffeisen-Versicherungs-AG bewilligten" (offensichtlich gemeint: beantragten) "Kredites handeln sollte, daß dem Beklagten die Möglichkeit eingeräumt würde, sein Girokonto bis zu diesem Betrag zu überziehen". Diese, im Berufungsverfahren bekämpfte, Feststellung wurde von der zweiten Instanz "als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung" übernommen. Behauptet deshalb der Beklagte in seiner Revision, es sei eine Bedingung der Zusage, einen Kredit von S 3,5 Mio. zu gewähren, dahin, daß die Gewährung des Kredites von einer Krediteinräumung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG oder durch die Raiffeisen-Zentralkasse abhängig sei, nicht gemacht worden, ist er auf diese Feststellung zu verweisen. Der Beklagte war sich also nach der wiedergegebenen Feststellung dessen bewußt, daß die ihm von der klagenden Partei eingeräumte Überziehungsmöglichkeit nur der Überbrückung diente und daher von der Kreditgewährung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG abhängig war. Daß der Beklagte (wie auch die klagende Partei) fest mit der Gewährung dieses Kredites rechnete, vermag an dieser Abhängigkeit nichts zu ändern. Es ist nicht richtig, daß die klagende Partei zum Zeitpunkt ihrer (schriftlichen) Zusage vom 2.9.1982 von der Raiffeisen-Zentralkasse (deren Sachbearbeiter Dr. K***) bereits darüber informiert gewesen wäre, daß die Vermögensverhältnisse des Beklagten "nicht gerade die besten wären". Dr. K***, der Sachbearbeiter der Raiffeisen-Zentralkasse, hatte zwar bereits am 26.8.1982 eine Bankauskunft über die vom Beklagten genannten Unternehmen erhalten, damit aber die Kreditwürdigkeit des Beklagten noch nicht als geklärt angesehen, sondern seine Erhebungen fortgesetzt und die klagende Partei (Ing. Max L***) erst am 18.10.1982 davon in Kenntnis gesetzt, daß die Raiffeisen-Zentralkasse die Übernahme einer Haftung gegenüber der Raiffeisen-Versicherungs-AG ablehne. Zwar wurde auch festgestellt, daß Dr. K*** gegenüber Ing. L*** bereits vor dem 18.10.1982 Bedenken äußerte, doch reichten diese nicht dafür aus, daß die klagende Partei von ihrer Zusage eines Überbrückungskredites abgestanden wäre. Eine "vorvertragliche Verpflichtung" der klagenden Partei gegenüber dem Beklagten, sich zu vergewissern, "daß diese Kreditzusage auch tatsächlich von diesen Instituten" (Raiffeisen-Versicherungs-AG, Raiffeisen-Zentralkasse) "eingehalten wird", hat nicht bestanden. Der Beklagte hatte von den genannten "Instituten" keinerlei Zusage, mochte er auch zuversichtlich mit einer Kreditgewährung rechnen. Darüber hinaus und vor allem aber war er auf Grund der Besprechung, die am 20.7.1982 zwischen ihm, Dr. K*** und Ing. L*** stattfand, davon in Kenntnis, daß seine Kreditwürdigkeit vom Sachbearbeiter der Raiffeisen-Zentralkasse überprüft werde und daß dieser jene Angaben, die er der klagenden Partei gemacht hatte, keineswegs als ausreichend erachtete, daß vielmehr weitere Erhebungen gepflogen wurden. Der Beklagte wußte daher aus eigenem, daß die Kreditgewährung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG keineswegs gesichert war. Es bedurfte nicht eines entsprechenden Hinweises der klagenden Partei. Keine Rückschlüsse über die Art des dem Beklagten zu gewährenden Kredites können aus der Pfandbestellungsurkunde vom 12./14.7.1982, Beilage A, gezogen werden. Denn diese sollte - wie festgestellt wurde - der Absicherung des erwarteten Kredites durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG dienen (S 9 iVm S 26 des Urteils des Erstgerichtes).

Richtig ist, daß eine Vereinbarung über die ratenweise Zurückzahlung des Klagebetrages durch den Beklagten zwischen den Streitteilen nicht zustandegekommen ist (vgl. hiezu AS 231). Daraus folgert aber lediglich, daß der Saldo iS des Punktes 37 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sofort zur Rückzahlung fällig war. Das Klagevorbringen über eine vom Beklagten nicht eingehaltene Rückzahlungsvereinbarung in Raten wurde im Schriftsatz ON 12 inhaltlich in diesem, auch eingangs dargestellten Sinn geändert. War die "Zurverfügungstellung" eines Zwischenkredites durch die klagende Partei an den Beklagten nur bis zu dessen Abdeckung durch einen endgültigen Kredit der Raiffeisen-Versicherungs-AG vorgesehen, sind, wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat, die Voraussetzungen für die Zwischenkreditgewährung fortgefallen. Die klagende Partei war daher zu weiteren Auszahlungen im Kreditweg nicht verpflichtet und konnte den auf dem Girokonto aushaftenden Saldo fälligstellen. Die nicht zustandegekommene Kreditgewährung durch die Raiffeisen-Versicherungs-AG stellt zweifellos einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des Punktes 36 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar. Unerheblich ist es daher, ob sich aus den getroffenen Feststellungen im Sinne der Ausführungen des Erstgerichtes ergibt, daß der Beklagte über seine Vermögenslage unrichtige Angaben gemacht hat, oder aber, ob diese Angaben danach nur unvollständig und unbelegt waren.

Hat sich aber die klagende Partei bei der Kündigung der Geschäftsverbindung nicht rechtswidrig (vertragswidrig) verhalten, ist den vom Beklagten erhobenen aufrechnungsweise geltend gemachten Schadenersatzforderungen die rechtliche Grundlage entzogen. Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen dem Klagebegehren im Umfang des angefochtenen Teilurteils stattgegeben, so daß der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

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