Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei stimmte mit dem Abschluß des Mietvertrages vom 25.2.1975 unter gleichzeitiger Vereinbarung eines höheren als des bisherigen Mietzinses, nämlich von S 1.250,-- monatlich wertgesichert, einer Übertragung der Hauptmietrechte am Geschäftslokal in S*****, R*****platz 15 (= M*****gasse Nr.8) vom Vater der Beklagten, der dort eine Drogerie betrieben hatte, auf die Beklagte zu. Die klagende Partei war darüber informiert, daß die Beklagte - damals - das von ihr in Aussicht genommene Textilmodengeschäft nicht selbst betreiben, sondern, soweit seitens der Vermieterin gegen die Person des "Pächters" keine erhebliche Bedenken bestünden, "verpachten" wollte. Den Vertretern der Klägerin war beim Mietvertragsabschluß der von der Beklagten in Aussicht genommene Pächter Dkfm.Anton F***** bekannt; sie erhoben gegen dessen Person keine Einwendungen. Die Beklagte überließ dementsprechend Dkfm.Anton F***** mit Pachtvertrag vom 28.3.1975 das Geschäftslokal samt Nebenräumen sowie einem für ein Textilmodengeschäft allerdings unbrauchbaren Inventar, jedoch ohne Warenlager und ohne Kundenstock, gegen einen monatlichen wertgesicherten "Pachtzins" von (wertgesichert) S 3.000,-- ("für sämtliche Pachträumlichkeiten") und S 1.250,-- (den letztgenannten Betrag "für das Unternehmen, die Gewerbeberechtigung und das Inventar"), jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Dkfm.F***** wurde eine Unternehmensverpachtung nur mit schriftlicher Zustimmungserklärung der Beklagten gestattet. Das Pachtverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, für einen Zeitraum von zehn Jahren verzichtete die Beklagte auf eine Aufkündigung. Ob die Vertreter der Klägerin über den Inhalt dieses Pachtvertrages informiert waren, konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, ob die Beklagte der Klägerin zugesichert hat, das Textilmodengeschäft einmal oder doch nach dem Ablauf von zehn Jahren selbst zu betreiben. Mit Schreiben vom 2.2.1979 beanstandete die Klägerin gegenüber der Beklagten, daß in dem Lokal, für das sie ihr eine Verpachtung gestattet habe, das Unternehmen einer gänzlich anderen Branche, als sie vom Vater der Beklagten betrieben worden sei, geführt werde, und "rief in Erinnerung", daß bei den Vertragsverhandlungen davon die Rede gewesen sei, daß die Beklagte das Lokal innerhalb angemessener Zeit selbst übernehmen werde; inzwischen seien bereits vier Jahre verstrichen. Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben ihres Vertreters vom 14.2.1979, daß der Klägerin bekannt gewesen sei, daß die Beklagte als Absolventin der Modeschule Hetzendorf in den Räumlichkeiten ein Modegeschäft führen, dieses zunächst aber verpachten wolle; es sei auch von einer Verpachtung auf zehn Jahre gesprochen worden; die Beklagte werde jedoch "selbstverständlich zu gegebener Zeit das Geschäft selbst führen". In einem Antwortschreiben an die Beklagte hielt die Klägerin "im Sinne des guten Einvernehmens" fest, daß "die Beklagte spätestens ab dem 1.4.1985 das Geschäft wieder selbst führen werde". Dies tat die Beklagte jedoch nicht. Sie legte vielmehr im Zuge ihrer Pensionierung als Bankangestellte ihre Gewerbeberechtigung mit 31.12.1985 zurück. Das Ansinnen Dkfm.F***** nach dem Jahr 1988, das Geschäft an eine andere Firma weiterzugeben, beantwortete die Beklagte mit dem Hinweis, daß dies nur mit Zustimmung der Klägerin möglich sei. Ein zwischen Dkfm.F***** und der M***** GesmbH & Co KG ausgehandelter Pachtvertrag vom 1.4.1991 entsprach zwar den Vorstellungen der Beklagten, fand aber keine Zustimmung der Klägerin. Dennoch wurden die Geschäftsräume von Dkfm.F***** der M***** GesmbH & Co übergeben, die dort nunmehr ebenfalls ein Textilmodengeschäft unter ihrer Firma betreibt. Daß die Beklagte davon vorher in Kenntnis gesetzt worden ist, konnte nicht festgestellt werden. Mit Schreiben vom 4.3.1992 kündigte die Beklagte ihren Pachtvertrag mit Dkfm.F***** zum 30.9.1992 auf. Das Verfahren über diese Aufkündigung wurde bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Verfahrens unterbrochen.
Die Klägerin stützte ihre am 18.7.1991 beim Erstgericht eingelangte Aufkündigung auf § 30 Abs.1 und Abs.2 Z 4 MRG. Die Zusage der Klägerin an die Beklagte, verpachten zu dürfen, sei von deren Versprechen abhängig gemacht worden, nach 10 Jahren das Lokal wieder selbst zu betreiben. Dies habe die Beklagte nicht eingehalten. Die Beklagte habe das Bestandobjekt (ohne Zustimmung der Klägerin) gegen eine im Vergleich zu dem von ihr zu entrichtenden Mietzins unverhältnismäßig hohe Gegenleistung an die M***** GesmbH & Co KG weiterverpachtet und denke nicht daran, dort selbst ein Unternehmen zu betreiben.
Die Beklagte beantragte die Aufhebung der Aufkündigung. Die Verpachtung des Unternehmens an Dkfm.F***** sei mit Zustimmung der Klägerin erfolgt. Dkfm.F***** habe das von der Beklagten gepachtete Kleinhandelsunternehmen ohne ihre Zustimmung der M***** GesmbH & Co KG verpachtet und übergeben. Die Beklagte habe das Pachtverhältnis zu Dkfm.F***** aufgekündigt.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf. Es führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, daß der Klägerin schon bei Vermietung an die Beklagte klar gewesen sei, daß die von ihr gestattete Verpachtung eigentlich eine Untervermietung dargestellt habe. Die Klägerin habe dieser Überlassung der Räumlichkeiten an Dkfm.F***** durch ihre jahrelange volle Kenntnis des Sachverhaltes konkludent zugestimmt. Aus der Überlassung der Geschäftsräumlichkeiten durch Dkfm.F***** an die M***** GesmbH & Co KG könne der Beklagten kein Vorwurf gemacht werden, weil sie dagegen nur die Aufkündigung des Bestandverhältnisses mit Dkfm.F***** unternehmen habe können; weitere Maßnahmen seien ihr nicht möglich gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Es erklärte die Revision für unzulässig. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Obwohl Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen seien, habe die Klägerin den ihr bekannten Sachverhalt von 1975 bis 1991 widerspruchslos geduldet. Die Weitergabe des Lokals an die M***** GesmbH & Co KG durch Dkfm.F***** könne der Beklagten nicht angelastet werden, weil diese das ihr bis dahin nicht bekannte vertragswidrige Verhalten ihres Pächters nicht geduldet bzw diesem Verhalten nicht anders als durch eine Aufkündigung des Bestandverhältnisses habe begegnen können.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt.
Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs.2 Z 4, 1.Fall, MRG liegt allerdings nicht vor. Bei der Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Von Grenzfällen abgesehen, ist die Qualifikation durch die Parteien bedeutungslos. Eine Unternehmenspacht liegt in der Regel vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit übergeben wird. Bei erst zu gründenden Betrieben sind die Anforderungen für die Annahme einer Unternehmenspacht strenger; nur dann, wenn der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens zur Verfügung stellt, kann Pacht angenommen werden. Der Bestandnehmer muß auch zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens verpflichtet sein. Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, dann wird selbst bei Interesse des Bestandgebers an der Führung des Betriebes nur Geschäftsraummiete und nicht Unternehmenspacht vorliegen (vgl. Würth in Rummel ABGB2 § 1091 Rz 2 mwN). Die Klägerin hat die Weitergabe des Lokals an Dkfm.F***** in Kenntnis, daß das alte Unternehmen nicht mehr weitergeführt, sondern von diesem ein neues gegründet wird, unter dem Titel der Verpachtung geduldet, obwohl die Voraussetzungen für diese Form des Bestandvertrages offenkundig nicht vorlagen. Da die Verpachtung eines Unternehmens keine Weitergabe im Sinne des § 30 Abs.2 Z 4 1.Fall MRG darstellt, kann sich die Klägerin nicht auf die lediglich aus einer Untervermietung sich ergebenden Kündigungskonsequenzen berufen. Darüber hinaus hat die Klägerin die Untervermietung des Lokales durch die Beklagte an Dkfm.F***** über die von ihr behauptete 10jährige Frist hinaus über weitere 6 Jahre widerspruchslos geduldet. Daß ihr nicht leicht durchschaubare Verhältnisse gegenüberstanden bzw von der Beklagten etwas verschleiert worden sei, findet in den Feststellungen keine Deckung. Vielmehr hat die Klägerin die von ihr im Schreiben vom 20.2.1979 der Beklagten selbst gesetzte Frist für die selbständige Führung des Geschäftes ab 1.4.1985 ungenützt verstreichen lassen (Beilage D), obwohl sie den Geschäftsbetrieb durch den "Pächter" täglich vor Augen haben mußte. Die Zusage des damaligen Vertreters der Beklagten in seinem Schreiben vom 14.2.1979 (Beilage C), daß diese "zu gegebener Zeit" das Geschäft selbst führen werde, ist von vornherein derart unbestimmt, daß allein vom gebrauchten Ausdruck her nicht auf eine Verschleierung geschlossen werden kann. Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs.1 bzw Abs.2 Z 4 1.Fall MRG liegt daher nicht vor.
Die Klägerin hat den Kündigungsgrund nach § 30 Abs.2 Z 4, 2.Fall, MRG noch ausreichend ausgeführt. Wenn auch der Vorwurf der unzulässigen Verpachtung an die Firma M*****, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nach der Feststellungslage gegenüber der Beklagten nicht erhoben werden kann, bezieht sich doch die Kündigungsbehauptung, daß ein Mietzins von S 12.000,-- übermäßig hoch sei, auch auf die Überlassung des Lokals an Dkfm.F*****. Beim zitierten Kündigungsgrund ist nicht der absolute Betrag, sondern das Verhältnis zwischen der "angemessenen" Geldleistung des Untermieters, bei der daher auch die Investitionen des Untervermieters berücksichtigt werden müssen, und dem tatsächlich bezahlten Mietzins maßgeblich. Ob eine derartige unverhältnismäßige Gegenleistung durch Dkfm.F***** an die Beklagte vorliegt, kann derzeit aber noch nicht abschließend beurteilt werden. Zwar ergäbe sich nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl zuletzt WoBl 1992, 17) ein derartiger Schluß allein schon aus dem von der Beklagten bezahlten Mietzins von S 1.250,-- und jenem von Dkfm.F***** geforderten von S 4.250,-- (beide Beträge haben sich durch die vereinbarte Wertsicherung im Lauf des Verfahrens entsprechend erhöht), weil sich daraus eine Steigerung um rund 300 % ergibt. Die Beklagte hat jedoch behauptet, der Klägerin den mit der Anmietung und den mit der Weiterverpachtung zugrundeliegenden Sachverhalt vollständig offengelegt zu haben und hat dazu vorgebracht, daß die Klägerin dies akzeptiert habe (vgl AS 9). Die Zustimmung zur Untervermietung stellt an sich nicht auch die Genehmigung zur Einhebung einer übermäßigen Entgelts dar (vgl MietSlg 30.387, 39.438). Letztere kann sich allerdings aus den Umständen ergeben, etwa aus der erkennbaren Absicht des Mieters, aus dem Untermietvertrag (unzulässige) Einkünfte zu erzielen (vgl RdW 1985, 370 = MietSlg 37.418 und zuletzt 1 Ob 1618/91) bzw ohne Fragen zu stellen oder Einschränkungen vorzunehmen (vgl MietSlg 39.431 und 39.437), wenn sich ein derartiger Sachverhalt dem Vermieter aus den vorliegenden Fakten aufdrängt. Sollte sich eine derartige Fallkonstellation für den Vermieter nicht ergeben, so darf ein konkludenter Verzicht des Vermieters auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes jedenfalls solange nicht angenommen werden, als der Vermieter von der Höhe des tatsächlich geleisteten Untermietzinses nichts erfahren hat. Eine Erkundigungspflicht hinsichtlich der zur Verwirklichung des Kündigungstatbestandes tauglichen Fakten trifft den Vermieter nicht (vgl WoBl 1992, 18). Die Beklagte hat dazu allerdings in ihrer Berufungsbeantwortung eine Stellungnahme zur Beweis- und Mängelrüge der Klägerin selbst die Feststellung begehrt, daß der Klägerin der gesamte Sachverhalt im Zusammenhang mit der Verpachtung voll bekannt war (vgl AS 143 ff). Sieht man davon ab, daß der Großteil der Behauptungen in der Revisionsbeantwortung gegen das Neuerungsverbot verstößt, käme dem dort angeführten (aktenkundigen) Einwand, daß die Beklagte derzeit keinen Bestandzins erhalte, keine Relevanz zu (vgl EvBl 1985/105).
Aus den dargelegten Gründen waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht nach allfälliger Ergänzung des Beweisverfahrens aufzutragen, Feststellungen über die zuvor genannten rechtlich relevanten Umstände zu treffen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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