Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Der Kläger schloss mit der Beklagten, einem deutschen Versicherungsunternehmen, über Vermittlung des für die Versicherungsmaklerin H***** + D***** OEG tätigen Versicherungsmaklers Rainer W***** für die Zeit von 1. 5. 2001 bis 1. 1. 2003 eine (ua das Risiko der Invalidität deckende) Unfallversicherung ab, der die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 94) und die Besonderen Bedingungen zur Maklerpool Gruppen-Unfallversicherung (AUB 94) zugrundegelegt wurden. In deren Punkt 19. wurde § 7 I (1) der AUB 94 wie folgt abgeändert:
Die Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren 6 Monaten [statt, wie in § 7 I.1. AUB 94 vorgesehen, drei Monaten] ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein.
Am 20. 6. 2001 stürzte der Kläger von einer Leiter und verletzte sich schwer. Er verständigte im August 2001 den Versicherungsmakler W***** vom Unfall und unterfertigte ein Formular der Beklagten über die Schadensanzeige, in dem eine Frage nach einer etwa verbleibenden Invalidität nicht enthalten war. Die Schadensanzeige wurde am 10. 10. 2001 der Nebenintervenientin (die auf Grund eines Kooperationsvertrages mit der Beklagten in Österreich deren Unfallversicherung „Glück im Unglück" vertrieb und mehrere Courtagevereinbarungen mit diversen Versicherungsmaklern, ua mit der Maklerin H***** + D***** OEG abgeschlossen hatte) und am 11. 10. 2001 der Beklagten übermittelt. Darin wurden als Unfallhergang „Sturz von der Leiter" sowie als verletzte Körperteile und Art der Verletzung „Knie, Schulter, Ellenbogen, Ohr" genannt.
Im Auftrag der O***** Versicherung AG, bei der der Kläger ebenfalls eine Unfallversicherung abgeschlossen und eine Schadensanzeige erstattet hatte, erstellten zwei Sachverständige am 3. 12. 2002 bzw 4. 2. 2003 über die Unfallsfolgen des Klägers Gutachten. Ein entsprechender ärztlicher Schlussbericht wurde der Beklagten weitergeleitet. Bis dahin hatte kein Kontakt des Klägers oder dessen Versicherungsmaklerin mit der Nebenintervenientin oder der Beklagten mehr bestanden. Mit Schreiben vom 18. 3. 2003 lehnte die Beklagte eventuelle Invaliditätsansprüche des Klägers unter Hinweis auf § 7 I.1. AUB wegen Fristablaufes ab.
Die am 16. 1. 2004 eingebrachte, auf Zahlung einer Versicherungssumme von EUR 182.626,-- auf Grund eingetretener Dauerinvalidität gerichtete Klage des Klägers blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Das Berufungsgericht führte dazu aus, der Kläger habe zwar eine Unfall-Schadenanzeige iSd § 9 AUB erstattet, aber keinen Invaliditätsanspruch iSd § 7 AUB fristgerecht geltend gemacht. Die 18-monatige Präklusivfrist verstoße nach oberstgerichtlicher Judikatur nicht gegen die gemäß § 15a VersVG zwingende Verjährungsbestimmung des § 12 VersVG. Der richtige Ansatz für die Kontrolle derartiger Risikoabgrenzungen durch Ausschlussfristen sei nicht in den Verjährungsvorschriften, sondern in der Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle zu suchen. Eine Verpflichtung des Versicherers, auf die Notwendigkeit zur fristgemäßen Geltendmachung des Invaliditätsanspruchs hinzuweisen, bestehe nur dann, wenn sich aus der Unfallanzeige bereits ein Hinweis auf die Möglichkeit des Verbleibens von Dauerfolgen ergebe. Hier hätten sowohl das Unfallschadensformular der Beklagten keine Fragestellung nach als auch die Fragebeantwortungen des Klägers keine Hinweise auf mögliche Dauerfolgen enthalten. Weder aus dem geschilderten Unfallhergang noch aus der Angabe der verletzten Körperteile habe die Beklagte einen Schluss auf mögliche Dauerfolgen ziehen können, zumal aus der Unfallanzeige nicht einmal die Schwere der Verletzung hervorgehe. Es habe daher auf Grund des Inhaltes der Unfallanzeige des Klägers keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, auf die Notwendigkeit zur fristgemäßen Geltendmachung eines Invaliditätsanspruches hinzuweisen. Auch sonst habe die Beklagte durch ihr Verhalten keine Vertrauenstatbestände geschaffen oder „berechtigte Deckungserwartungen" des Klägers ausgelöst, die eine Berufung der Beklagten auf den Fristablauf als treuwidrig erscheinen ließen.
Auf Grund der Verneinung einer diesbezüglichen Hinweispflicht sei es rechtlich unerheblich, ob das nach den erstgerichtlichen Feststellungen von der Beklagten verfasste Schreiben vom 16. 10. 2001 (in dem auf den Inhalt des Punktes 19. der Besonderen Bedingungen ausdrücklich hingewiesen wurde), dem Kläger sowie seiner Versicherungsmaklerin tatsächlich zugegangen sei. Die betreffenden Mängel- und Feststellungsrügen seien daher nicht entscheidungsunwesentlich. Nicht entscheidungsrelevant sei schließlich auch, ob der Kläger den Invaliditätsanspruch gegenüber dem Versicherungsmakler Rainer W***** (mündlich) wiederholt geltend gemacht habe, weil dieser bzw die Versicherungsmaklerin H***** + D***** OEG nicht als Versicherungsagenten der Beklagten anzusehen seien; zwischen ihnen habe kein Vertragsverhältnis bestanden. Daran ändere die Provisionsvereinbarung mit der Nebenintervenientin nach § 26 Abs 1 MaklerG nichts. Die genannte Versicherungsmaklerin sei daher nicht als Erfüllungsgehilfin der Beklagten anzusehen, sodass eine allfällige Geltendmachung des Invaliditätsanspruches ihr gegenüber der Beklagten nicht zurechenbar wäre.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ob die Erhebung eines Präklusionseinwandes gegen Treu und Glauben verstoße, hänge nämlich von den Umständen des Einzelfalles ab und stelle damit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Dass der selbständige Versicherungsmakler der Sphäre des Versicherten zuzurechnen sei, habe das Höchstgericht erst jüngst wieder ausgesprochen, von welcher Judikatur ebenfalls nicht abgegangen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers erweist sich als unzulässig.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die bloße Mitteilung des Unfalles und der unmittelbaren Verletzungsfolgen genüge noch nicht für die Geltendmachung des Ersatzanspruches für Dauerfolgen und die Schadensmeldung könne für sich allein noch nicht als Geltendmachung der Leistung für dauernde Invalidität gewertet werden, folgt gesicherter, vom Berufungsgericht ohnehin zitierter oberstgerichlicher Judikatur. Zutreffend hat auch das Berufungsgericht erkannt, dass die vorliegende Schadensmeldung für den beklagten Versicherer keinen Anlass bot, nach Treu und Glauben den Versicherungsnehmer auf die Notwendigkeit der fristgerechten Geltendmachung eines Invaliditätsanspruches hinzuweisen (RIS-Justiz RS0082222; insb 7 Ob 11/89 und 7 Ob 2167/96v).
Da zufolge der demnach zu konstatierenden Versäumung der Ausschlussfrist des § 7 AUB 94 der Entschädigungsanspruch des Klägers erloschen ist (RIS-Justiz RS0082292 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen) stellt sich die Frage „ob ein vom Versicherungsnehmer bzw von einem anderen Versicherer eingeholtes Gutachten zur Feststellung der Invalidität innerhalb der Präklusivfrist auch jenem Versicherer zukommen muss, bei dem der Anspruch geltend gemacht wird oder ob die bloß abstrakte Feststellung der Dauerinvalidität zur Wahrung der Frist ausreicht" gar nicht.
Auch die Frage, ob die Versicherungsmaklerin H***** + D***** OEG als Erfüllungsgehilfe der Beklagten anzusehen ist, wurde vom Berufungsgericht im Einklang mit gesicherter oberstgerichtlicher Judikatur verneint. Der Versicherungsmakler iSd §§ 26 ff MaklerG ist zwar regelmäßig ein Doppelmakler (vgl § 27 MaklerG), wird aber trotzdem als Hilfsperson des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zugerechnet und hat primär als „Bundesgenosse" des Versicherten dessen Interessen zu wahren. Davon zu unterscheiden ist der Versicherungsagent iSd § 43 VersVG, der vom Versicherer ständig betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder zu schließen, damit zu der Versicherung eine Naheverhältnis hat und der der Sphäre des Versicherers zugerechnet wird. Der Versicherer haftet (nur dann) für den Makler, wenn das wirtschaftliche Naheverhältnis zu diesem so intensiv ist, dass es zweifelhaft erscheint, ob dieser in der Lage ist, überwiegend die Interessen des Versicherungsnehmers zu wahren (RIS-Justiz RS0114041). Auch in diesem Zusammenhang - und demnach insgesamt - hatte das Berufungsgericht daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten.
Die demnach unzulässige außerordentliche Revision des Klägers ist zurückzuweisen.
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