Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.375,59 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.488,69 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hatte mit der beklagten Partei für die Zeit vom 19. Mai 1982 bis 19.Juni 1982 für ihren PKW De Tomaso Panterra GTS/3 eine Kaskoversicherung abgeschlossen, der die Allgemeinen Bedingungen für die Kasko- und Insassenunfallversicherung von Kraftfahrzeugen und Anhängern (AKIB) zugrundeliegen. Am 28.Mai 1982 wurde der PKW in Italien gestohlen. Das ausgebrannte Wrack wurde in der Folge auf einer nach Süden führenden Autobahn aufgefunden. Die Klägerin begehrt die Versicherungsleistung in Höhe des Kaufpreises von 702.400 S s.A. und mit Eventualbegehren die Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei. Die beklagte Partei beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufklärungspflicht nach Art. 6 Abs. 2 Z 2 der AKIB durch unrichtige Angaben über den Kaufpreis durch die Klägerin. Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Nach seinen Feststellungen hatte der Autohändler Karl P***, der Stiefvater der Klägerin, den erstmals am 10.Jänner 1980 zum Verkehr zugelassenen PKW um 500.000 S an Gerhard M*** verkauft. Dieser Kaufvertrag wurde am 19.Juni 1981 storniert. Am 30.April 1982 verkaufte Karl P*** den PKW an die Klägerin. Da ein Teil des Kaufpreises über die Firma R*** L*** GmbH finanziert werden sollte, stellte Karl P*** an diese die Rechnung vom 3.Mai 1982 aus, in der der Kaufpreis mit 678.400 S ausgewiesen ist. Daneben erteilte Karl P*** der Klägerin eine Gutschrift über 188.400 S, sodaß die Klägerin aus eigenem nur 490.000 S als Entgelt aufbringen mußte. Die Klägerin muß auch die Leasingentgeltvorauszahlung, die ihr Stiefvater an die Leasinggesellschaft leistete, ihrem Stiefvater ersetzen. Im Versicherungsantrag wurde der Neupreis des PKW mit 888.000 S angegeben. Nach der Mitteilung des Schadens durch die Klägerin fanden wiederholt Gespräche zwischen ihr und Mag. Alfred H***, einem Angestellten der beklagten Partei, statt. Mag. H*** fragte die Klägerin nach der Höhe des Kaufpreises und die Art seiner Finanzierung. Die Klägerin verwies auf den im Kaufvertrag genannten Preis und verschwieg bewußt, daß sie nicht den in der Vertragsurkunde Beilage I beurkundeten Betrag von 678.000 S, sondern nur einen geringeren Betrag von 490.000 S bezahlen muß. In dem gegen die Klägerin, gegen Karl P*** und Gertrude P***-K*** wegen der §§ 15, 146 und 147 Abs. 3 StGB eingeleiteten Strafverfahren wurden die Beschuldigten gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der beklagten Partei. Dem Preis, zu dem das Fahrzeug erworben worden sei, komme für die Schadensliquidierung erhebliche Bedeutung zu. Die Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers umfasse daher auch die Offenlegung des Kaufpreises. Die vorsätzliche Verletzung dieser Offenlegungspflicht durch die Klägerin habe die Leistungsfreiheit der beklagten Partei zur Folge.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht.
Die Anregung der Klägerin, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, die bestimmt bezeichneten Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als damit die Bestimmung des Art. 12 B Abs. 1 lit. a AKIB genehmigt worden sei, daß die Ersatzleistung mit dem Betrag begrenzt werde, zu dem das Fahrzeug erworben worden sei, griff das Berufungsgericht nicht auf.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Mit dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die Klägerin nur der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Feststellungsmängel geltend, die jedoch nicht vorliegen. Nach Art. 6 Abs. 2 Z 2 AKIB hatte die Klägerin nach Eintritt des Versicherungsfalles mit der Sanktion der Leistungsfreiheit des Versicherers nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VersVG die Obliegenheit zu erfüllen, nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen. Sinn der Aufklärungspflicht ist es, den Versicherer in die Lage zu setzen, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalles zu treffen (ZVR 1984/190; VersR 1973, 1179; 7 Ob 29/86 ua; Stiefel-Hofmann, AKB 13 Rdz 41 zu § 7). In der Kaskoversicherung sind im Rahmen der Aufklärungspflicht auch die für die Feststellung des Entschädigungsbetrages wichtigen Angaben zu machen (Stiefel-Hofmann aaO Rdz 44). Diese Aufklärungspflicht soll den Versicherer in die Lage versetzen, die Möglichkeiten zur Überprüfung der Angaben des Versicherungsnehmers auszuschöpfen, und ihn besonders vor betrügerischen Machenschaften schützen (7 Ob 55/83). Unrichtige Angaben über den Kaufpreis des gestohlenen Fahrzeuges stellen daher nach ständiger Rechtsprechung eine Verletzung der Aufklärungspflicht dar (ZVR 1985/34; VersR 1982, 385;
VersR 1976, 849; 7 Ob 29/86; vgl. auch Stiefel-Hofmann aaO Rdz 44;
Pienitz-Flöter, Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung 4 , 80, § 7, 19). Dies gilt entgegen der Meinung der Klägerin gerade für die Neuwertversicherung, da nach Art. 12 B Abs. 1 lit. a AKIB in der Neuwertversicherung der Entschädigungsbetrag mit dem Preis begrenzt ist, zu dem das Fahrzeug erworben wurde (7 Ob 29/86). Den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung hat der Versicherer zu beweisen (Prölss-Martin VVG 23 98 mwN). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß die Obliegenheitsverletzung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde, trifft den Versicherungsnehmer (SZ 47/44 mwN). Der objektive Tatbestand der der Klägerin von der beklagten Partei angelasteten Verletzung der Aufklärungspflicht kann nicht zweifelhaft sein, steht doch fest, daß die KLägerin auf die Frage nach dem Kaufpreis des Fahrzeuges auf den im Kaufvertrag genannten Preis von 678.000 S verwies und verschwieg, daß sie nur den geringeren Betrag von 490.000 S bezahlen mußte. Sache der Klägerin wäre es daher gewesen, jene Umstände zu behaupten und nachzuweisen, aus denen sich ergibt, daß sie hiebei weder vorsätzlich noch grob fahrlässig handelte. Die Klägerin hat jedoch in dieser Richtung in erster Instanz nicht einmal ein Sachvorbringen erstattet und sich darauf beschränkt, die ihr angelastete Obliegenheitsverletzung zu bestreiten (AS 33). Bei fehlendem Sachvorbringen kann sich die Klägerin aber nicht auf rechtliche Feststellungsmängel berufen (Fasching IV 211 mwN). Es braucht daher auch im einzelnen nicht erörtert zu werden, ob die erstmals in der Revision geltend gemachten Umstände überhaupt und hier mit Rücksicht auf die weitere Feststellung, daß die Klägerin den tatsächlich von ihr bezahlten Kaufpreis bewußt verschwieg, zur Entlastung der Klägerin geeignet gewesen wären. Auch der Einwand der Sittenwidrigkeit - des Verstoßes gegen Treu und Glauben - einer Vereinbarung ist nur über Einrede wahrzunehmen (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 248 zu § 879 mwN). Ein solcher Einwand wurde in erster Instanz nicht erhoben und auch in dieser Beziehung kein Sachvorbringen erstattet. Der Inhalt von Urkunden kann fehlendes Parteivorbringen nicht ersetzen. Es ist daher auch die weitere Schlußfolgerung der Revision unbeachtlich, daß wegen des Verstoßes der vereinbarten Leistungsbegrenzung nach Art. 12 B Abs. 1 lit. a AKIB gegen Treu und Glauben die begehrte Auskunft für die Feststellung des Leistungsumfanges des Versicherers nicht erforderlich gewesen sei. Im übrigen befreit im Sinne des § 6 Abs. 3 VersVG die vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Versicherten den Kaskoversicherer von der vereinbarten Leistung selbst dann, wenn die Obliegenheitsverletzung im Einzelfall keinen Einfluß auf die Feststellung oder den Umfang der von ihm zu erbringenden Leistung gehabt hat (ZVR 1985/34 ua).
Es besteht auch kein Grund, die Anregung einer Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof aufzugreifen. Voraussetzung einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof ist, daß die Norm, deren Aufhebung begehrt wird, Verordnungscharakter besitzt und vom antragstellenden Gericht in einem bei ihm anhängigen Verfahren unmittelbar anzuwenden ist. Anzuwenden sind hier die vereinbarten Versicherungsbedingungen, die durch die aufsichtsbehördliche Genehmigung weder Gesetzes- noch Verordnungsrang erhalten und deren privatrechtliche Wirksamkeit von der aufsichtsbehördlichen Genehmigung unabhängig ist (Bruck-Möller, VVB 8 I 55; Ertl, Der Versicherer als Gesetzgeber in RZ 1973, 114; Kraus, Versicherungsaufsichtsrecht 123; JBl. 1957, 508).
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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