OGH 7Ob28/99i

OGH7Ob28/99i23.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Huberta K*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Bernhard K*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 17. November 1998, GZ 2 R 571/98i-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 30. Juni 1998, GZ 19 C 25/97h-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 (darin enthalten S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit ihrer am 8. 4. 1997 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Scheidung der zwischen ihr und dem Beklagten am 1. 2. 1965 geschlossenen Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Sie machte als Scheidungsgründe geltend, daß der Beklagte bereits vor Jahren ehewidrige und ehebrecherische Beziehungen zu Maria L***** aufgenommen und die eheliche Gemeinschaft eigenmächtig aufgegeben habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihm den ehelichen Fehltritt verziehen. Er habe die Ehewohnung lediglich auf Drängen der Klägerin verlassen. Er behielt sich zunächst vor, „zu einem späteren Zeitpunkt“ auch ein allfälliges Mitverschulden der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe einzuwenden. In der Folge brachte er zusammengefaßt vor: Maria L***** sei im Jahr 1988 als landwirtschaftliche Hilfskraft im Betrieb der Streitteile eingestellt worden, weil die Klägerin ab diesem Zeitpunkt vermehrt politisch tätig geworden sei und sich in ihrer Freizeit kaum mehr zu Hause aufgehalten habe. Ab dieser Zeit sei auch der Beklagte vernachlässigt worden. Er habe im Sommer 1990 zweimal mit Maria L***** geschlechtlich verkehrt. Aus dieser kurzen Verbindung sei ein Kind hervorgegangen. Unmittelbar vor seinem Auszug aus der Ehewohnung am 27. 10. 1996 sei er von der Klägerin mißhandelt worden, weshalb er in Sorge um seine körperliche Integrität noch in der Nacht von zu Hause weg sei. Als er tags darauf zurückgekehrt sei, um ein Nebengebäude zu beziehen, habe er feststellen müssen, daß dort die Schlösser ausgetauscht worden seien. Er habe mit Maria L***** kein intimes Verhältnis mehr und sei auch nicht tagsüber zu dieser zurückgekehrt. Die Klägerin vernachlässige nun den Haushalt. Sie habe dem Beklagten in den letzten Wochen nicht regelmäßig Mahlzeiten zubereitet und sei an Samstagen bis spät in die Nacht nicht in die Ehewohnung zurückgekehrt. Anfang Mai 1997 habe er zufällig ein Telefonat der Klägerin mitangehört, bei dem sie gesagt habe: „Schatzerl, was mach ma jetzt. Jetzt kommt der Trottel zurück. Samma froh gewesen, daß man los geworden sind. Ich gib ihm eh ka Bettgwand und nix“. Daraus ergebe sich, daß die Klägerin eine ehewidrige Beziehung unterhalte und den Beklagten respektlos gegenübertrete. Am 15. 6. 1997 sei der Beklagte von seinen Söhnen mißhandelt worden. Die Klägerin habe sich trotz der Verletzungen des Beklagten nicht um ihn gekümmert, als er am Boden gelegen sei und geblutet habe. Sie bringe ihm gegenüber in den letzten Monaten keinerlei Respekt mehr auf. Im Juni 1997 sei es noch zu Intimverkehr zwischen den Streitteilen gekommen, sodaß allfällige Eheverfehlungen des Beklagten seitens der Klägerin verziehen worden seien.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten.

Es traf folgende Feststellungen:

Der Ehe der Streitteile entstammen drei nunmehr volljährige Söhne.

Obwohl der Beklagte Anfang der 70iger Jahre kurze Zeit ein Verhältnis mit einer anderen Frau hatte, verlief die Ehe der Streitteile lange Zeit gut. Bis Oktober 1996 war „nach außen hin“ nichts von einer Ehekrise zu bemerken.

Die Streitteile betreiben in N***** eine Landwirtschaft sowie eine Frächterei. Im Jahr 1988 haben sie Maria L*****, die leicht behindert ist, als landwirtschaftliche Helferin eingestellt. Etwa ab dieser Zeit betätigte sich die Klägerin mit Einverständnis des Beklagten politisch. Seit 1990 ist sie auch Gemeinderätin in N*****.

Am 11. 7. 1991 gebar Maria L***** eine Tochter namens Sabrina. Im Dezember 1996 anerkannte der Beklagte vor der Bezirkshauptmannschaft L***** die Vaterschaft zu diesem Kind. Sabrina führt nunmehr auch den Familiennamen K*****.

Nach Sabrinas Geburt teilte Maria L***** zwar dem Beklagten mit, daß er der Vater ihrer Tochter sei. Sie gestand dies jedoch gegenüber niemanden sonst, insbesondere nicht gegenüber der Klägerin, ein. Sie wollte einerseits die Ehe der Streitteile nicht zerstören. Andererseits hoffte sie, daß sie einen Partner finden werde, der ihre Tochter als seine Ziehtochter akzeptieren werde.

Aufgrund des Aussehens der minderjährigen Sabrina verdächtigte die Klägerin zeitweise sowohl den Beklagten als auch ihre Söhne der Vaterschaft zu diesem Kind. Sie war auch der Meinung, daß der Bruder des Beklagten der Vater der mj. Sabrina sein könnte, weil dieser mehrmals mit Maria L***** ausgegangen ist. Gegenüber der Klägerin bestritt der Beklagte aber immer wieder, Sabrinas Vater zu sein. Er behauptete schließlich sogar, daß er von Maria L***** diesbezüglich verleumdet würde.

Am 26. 10. 1996 wurde in N***** der Geburtstag der Maria L***** gefeiert. Der Beklagte, der bereits tagsüber alkoholisiert war, nahm nur kurze Zeit an der Geburtsfeier teil. In der folgenden Nacht suchte er den Wirtschaftstrakt des Anwesens der Streitteile auf, in dem Maria L***** untergebracht war. Die Klägerin ging dem Beklagten nach, weil sie dessen Verhalten eigenartig empfunden hatte. Sie bemerkte, daß der Beklagte vor dem Bett kniete, in dem Maria L***** und Sabrina lagen. Daraufhin kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, weil die Klägerin eifersüchtig war. Sie entwendete dem Beklagten den Schlüssel und lief in den Hof hinunter. Der Beklagte folgte ihr. Wegen der lautstarken Auseinandersetzung im Hof kamen auch die Söhne Bernhard und Hubert hinzu. Die Klägerin und der Beklagte liefen wieder in das Gebäude. Weil der Beklagte einen „Tobsuchtsanfall“ hatte, wurde er schließlich von seinen beiden Söhnen niedergehalten. Währenddessen hat die Klägerin den Beklagten mit ihren Händen attackiert und ihm mehrere Schläge in das Gesicht versetzt. Der Beklagte äußerte neben mehreren Drohungen auch Selbstmordabsichten, sodaß schließlich ein Arzt gerufen wurde, der dem Beklagten eine Beruhigungsspritze verabreichte. Die Klägerin wurde von der gegen sie wegen ihrer Tätlichkeiten gemäß § 83 Abs 1 StGB erhobenen Strafantrag gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach diesen Auseinandersetzungen und dem Eingeständnis der Maria L***** Anfang November 1996 über die Vaterschaft des Beklagten zu ihrer Tochter wollte die Klägerin mit dem Beklagten nicht mehr im gemeinsamen Zimmer nächtigen. Sie stellte ihm frei, in einem anderen Zimmer zu schlafen. Der Beklagte zog es jedoch vor, zu Maria L***** in das Haus M*****gasse ***** in N***** zu ziehen.

Am 15. 6. 1997 kam es zwischen dem Beklagten und seinen Söhnen Hubert und Bernhard zu einer Auseinandersetzung, bei der der Beklagte leicht verletzt wurde. Die Anzeige gegen die beiden Söhne wurde von der Staatsanwaltschaft L***** gemäß § 90 StPO zurückgelegt. In diese Auseinandersetzung war die Klägerin nicht involviert.

Es kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin für den Beklagten nicht mehr kocht und daß sie ihn aus der Ehewohnung verwiesen hat.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß der Beklagte die Ehe gebrochen und damit den Scheidungsgrund des § 47 EheG gesetzt habe. Da die Klägerin hievon erst im November 1996 erfahren habe, sei die Klage innerhalb der 6monatigen Frist des § 57 EheG eingebracht worden. Durch das Verlassen der Ehewohnung habe der Beklagte eine weitere Eheverfehlung begangen. Hingegen könnten die wechselweisen Beschimpfungen der Streitteile in der Nacht zum 27. 10. 1996 und die Tätlichkeiten der Klägerin nicht als Eheverfehlungen gewertet werden, weil die Eifersuchtsszene durchaus verständlich gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Kläger akzeptiere nach dem Inhalt der Berufung den Ausspruch der Scheidung und gestehe ein zumindest geringfügiges Mitverschulden an der Ehezerrüttung zu. Der in der Berufung begehrte Mitschuldausspruch sei jedoch mangels eines in erster Instanz gestellten Mitschuldantrages im Rechtsmittelverfahren nicht möglich. Nach einem Teil der Rechtsprechung könne zwar schon im Vorbringen von Eheverfehlungen des Klägers ein Mitschuldantrag erblickt werden, doch sei das Vorbringen des auch in erster Instanz stets anwaltlich vertreten gewesenen Beklagten hier nicht ausreichend. Soweit sich daher die Berufungsausführungen auf die Eheverfehlungen der Klägerin bezögen, brauche darauf nicht eingegangen zu werden, wenngleich die Rechtssache für den Fall der Beachtlichkeit des Mitschuldantrages des Beklagten infolge sekundärer Feststellungsmängel noch nicht spruchreif sei. Es fehlten nämlich Feststellungen darüber, ob die Ehe bereits seit etwa Anfang der 90iger Jahre nicht mehr harmonisch gewesen sei, weil die Klägerin den Beklagten aufgrund ihrer politischen Tätigkeit vernachläßigt habe. Das Erstgericht habe lediglich festgestellt, daß bis Oktober 1996 nach außen hin nichts von einer Krise in der Ehe zu bemerken gewesen sei. Ebensowenig habe sich das Erstgericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob es dem Beklagten nach dem Vorfall vom 27. 10. 1996 zumutbar gewesen wäre, in der Ehewohnung zu bleiben. Schließlich müsse das Erstgericht noch auf das Verhalten der Klägerin bei der Auseinandersetzung am 15. 6. 1997 näher eingehen. Daß sie mit der Verletzung des Beklagten nichts zu tun habe, reiche nämlich nicht aus, diesen Punkt zu übergehen, da der Beklagte behauptet habe, die Klägerin habe es unterlassen, ihm danach Hilfe anzubieten. All diese Fragen wären in einem zweiten Rechtsgang vom Prozeßgericht zu klären, wollte man einen gültigen Mitschuldantrag des Beklagten annehmen.

Der Scheidungsgrund des Ehebruches sei im Zeitpunkt der Einbringung der Klage nicht verfristet gewesen, weil die Klägerin erst Ende Oktober oder Anfang November davon zweifelsfrei in Kenntnis erlangt habe und den Beklagten diese Eheverfehlung selbst bei Zutreffen der Behauptung über den zweimaligen Geschlechtsverkehr im Juli 1997 nicht verziehen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob ein wirksamer Mitschuldantrag vorliege, eine abweichende Rechtsmeinung vertreten werden könne.

Die Revision ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Der Ausspruch einer Mitschuld des klagenden Ehegatten setzt einen entsprechenden Antrag des beklagten Ehegatten in erster Instanz voraus (§ 60 Abs 3 EheG). Ein bloßer Antrag auf Abweisung des Klagebegehrens reicht nicht aus (EFSlg 34.055). Unter Umständen kann aber auch im Vortragen von Eheverfehlungen des klagenden Ehegatten durch den beklagten Ehegatten ein Mitschuldantrag erblickt werden (EFSlg 78.672). Der Antrag muß sich aber, wenn er nicht ausdrücklich gestellt wird, dem Vorbringen zweifelsfrei entnehmen lassen (EFSlg 57.205; 9 Ob 41/98i).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte zwar keinen ausdrücklichen Mitschuldantrag gestellt, obwohl er sich in der Klagebeantwortung die Stellung eines solchen Antrages vorbehalten hat. Allerdings enthielt die Klage lediglich den allgemein gehaltenen Schuldvorwurf gegen den Beklagten, daß dieser eigenmächtig die eheliche Gemeinschaft aufgehoben habe, aus der ehelichen Wohnung ausgezogen sei und keinerlei Interesse mehr an der Aufrechterhaltung der Ehe zeige. Das Vorbringen über den nunmehr erwiesenen Ehebruch und das damit zusammenhängende Verhalten des Beklagten wurde seitens der Klägerin erst in weiterer Folge erstattet. Das Vorbringen des Beklagten in der Klagebeantwortung zielt bloß auf die Abwehr des Scheidungsbegehrens und beinhaltet keine Vorwürfe dahin, daß (auch) die Beklagte Eheverfehlungen begangen habe. Erst als er mit detaillierten Ausführungen der Klägerin über sein intimes Verhältnis mit Maria L***** konfrontiert wurde, verteidigte er sich unter anderem mit den eingangs dargestellten Vorwürfen gegen die Beklagte. Sein Vorbringen, die Beklagte habe ihn mißhandelt, ihm nichts mehr gekocht, sie habe ehewidrige Beziehungen usw zielt nicht nur dahin, das ihm seitens der Klägerin vorgeworfene Fehlverhalten zu bestreiten oder zu rechtfertigen, sondern geht darüber hinaus und enthält zweifelsohne die Behauptung des Mitverschuldens der Klägerin am Scheitern der Ehe. Da für den Beklagten (bzw dessen Vertreter) auch aus der Protokollführung des Erstgerichtes zu entnehmen war, daß das Erstgericht von einem hiedurch wirksam gestellten Mitschuldantrag des Beklagten ausging - wurde doch der Beweisbeschluß vom 11. 6. 1997 „zum Beweis für das Verschulden des Beklagten bzw das Verschulden der Klägerin“ gefaßt und auch in der Folge ein umfangreiches Beweisverfahren unter anderem zu den Behauptungen des Beklagten über die seinerseits der Klägerin vorgeworfenen Eheverfehlungen geführt -, konnte der Beklagte annehmen, daß das Erstgericht ohnehin von der wirksamen Erhebung eines Mitschuldantrages ausging, auch wenn er einen solchen nicht ausdrücklich formuliert hatte. Es liegt daher im vorliegenden Fall auf der Hand, daß der Beklagte durch den Vortrag von Eheverfehlungen der Klägerin deren Mitverschulden darlegen wollte und auch annehmen durfte, daß das Gericht sein Vorbringen als hinreichend ansehen werde, um ein allfälliges Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist die Rechtssache aber auch bei der Annahme eines rechtswirksamen Mitschuldantrages des Beklagten bereits spruchreif. Die Klägerin hat nämlich die ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen - selbst bei Unterstellung der Richtigkeit dieser Vorwürfe - von ihrem geringen Unrechtsgehalt abgesehen - im wesentlichen erst nach der eingetretenen Ehezerrüttung gesetzt.

Im übrigen ist die Behauptung des Beklagten, die Ehe sei seit 1990 nicht mehr harmonisch gewesen, nicht geeignet, ein Mitverschulden der Klägerin an diesem Zustand darzutun. Soweit er damit auf seinen Vorwurf Bezug nimmt, die Beklagte habe ihn vernachlässigt, weil sie ab diesem Zeitpunkt verstärkt politisch tätig gewesen sei, ist ihm die Feststellung des Erstgerichtes entgegenzuhalten, daß sie im Einverständnis des Beklagten politisch tätig war und daß dieser daher sehr wohl in Kauf genommen hatte, daß die Beklagte entsprechend weniger Freizeit mit ihm verbringen werde. Die Frage, ob es dem Beklagten zumutbar gewesen wäre, nach dem Vorfall vom 27. 10. 1996 in der Ehewohnung zu verbleiben, ist nicht von entscheidender Bedeutung, hat doch der Beklagte jedenfalls den Scheidungsgrund nach § 47 EheG gesetzt und ist und von der Ehewohnung direkt in die Wohnung seiner Geliebten gezogen, in der er - wie sich schon aus seiner Adressenbezeichnung ergibt - auch derzeit lebt. Selbst wenn es die Klägerin unterlassen hätte, den Beklagten nach dessen Mißhandlung durch die gemeinsamen Söhne Hilfe anzubieten, wäre im Ergebnis für den Beklagten ebenfalls nichts gewonnen. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Erstgerichtes war der Beklagte lediglich leicht verletzt, und es wurde das Strafverfahren gegen die Söhne der Streitteile eingestellt. Damit steht aber nicht einmal fest, daß der Beklagte überhaupt einer fremden Hilfe bedurft hätte. Selbst wenn sich die am Vorfall gar nicht beteiligte Klägerin nicht um den leicht verletzten Beklagten gekümmert hätte, könnte ihr dies daher insbesondere auch im Hinblick auf das bereits äußerst angespannte Verhältnis mit dem Beklagten und das laufende Scheidungsverfahren nicht als ins Gewicht fallende Eheverfehlung angelastet werden.

Auch die darüber hinaus in der Berufung des Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel und Beweisrügen, soweit sie weitere Behauptungen über Eheverfehlungen der Klägerin betreffen, sind nicht relevant. Da feststeht, daß der Beklagte mit einer Dienstnehmerin der Streitteile die Ehe gebrochen hat, daß die Klägerin jahrelang über diese Beziehung und über seine Vaterschaft zum Kind seiner Geliebten belogen wurde und daß der Beklagte, als die Klägerin schließlich dahinter kam, nicht etwa einzulenken versuchte, sondern zu seiner Geliebten zog und weiterhin bei dieser aus und ein geht, läßt sämtliche seitens des Beklagten der Klägerin vorgeworfenen anderen Verhaltensweisen in den Hintergrund treten. Es kann der Klägerin nicht zugemutet werden, nach der - zumindest vom Beklagten provozierten - Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft weiterhin für diesen zu kochen und den Haushalt zu führen. Es ist auch nicht verständlich, warum die Klägerin samstags nicht ihre eigenen Wege gehen sollte, liegt dem Beklagten doch offensichtlich ohnehin nichts mehr daran, seine Freizeit mit ihr zu verbringen.

Eine ehewidrige Beziehung der Klägerin sucht der Beklagte ausschließlich aus den von ihr gewählten Formulierungen anläßlich eines Telefonates mit einem - trotz Beischaffung der Rufdatenerfassung für den fraglichen Zeitraum von der Telekom - Rechnungsstelle - unbekannten Telefonpartner abzuleiten. Abgesehen davon, daß die eheliche Gemeinschaft zu diesem Zeitpunkt längst aufgehoben war, wäre selbst aus einer entsprechenden Feststellung des Erstgerichtes über den Inhalt des behaupteten Telefonates für sich allein kein ausreichendes Indiz für eine ehewidrige Beziehung der Klägerin zu gewinnen. Auch die von der Klägerin angeblich verwendeten Worte wären nicht dazu geeignet, ein ins Gewicht fallendes Mitverschulden durch diese wohl herabsetzenden Äußerungen zu begründen, war doch ihr Ärger über den Beklagten aufgrund all der festgestellten Vorfälle verständlich.

Da der Kläger selbst in seinem Berufungsvorbringen einräumte, in das Haus M*****gasse ***** in N***** gezogen zu sein, ist die Bekämpfung der betreffenden Feststellung des Erstgerichtes nicht zielführend. Daß dort auch Maria L***** wohnt, ist aktenkundig. Dafür, daß die Ehe bereits vor dem Vorfall im Oktober 1996 unheilbar zerrüttet gewesen sei, liegen selbst nach den Behauptungen des Beklagten im Verfahren erster Instanz keine Indizien vor.

Auch der schwerwiegendste und erwiesene Vorwurf, nämlich daß die Klägerin den Beklagten ins Gesicht geschlagen und leicht verletzt hat, vermag bei Abwägung der beiderseitigen Verhaltensweisen der Streitteile noch keine zu einem Mitverschuldensausspruch Anlaß gebende Eheverfehlung der Klägerin zu begründen. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß der jahrelang ahnungslosen Klägerin unmittelbar davor vor Augen geführt worden war, daß der Beklagte entgegen allen Beteuerungen offensichtlich ein Verhältnis mit seiner jungen Dienstnehmerin hatte, deren Geburtstag die Klägerin soeben mitgefeiert hatte. Daß die daraus resultierende heftige Auseinandersetzung der Streitteile zu Tätlichkeiten seitens der Klägerin führte, tritt gegenüber dem vom Beklagten begangenen Ehebruch und seinem schweren Vertrauensbruch in den Hintergrund.

Aus den angeführten Gründen waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen insbesondere auch hinsichtlich des Ausspruches des Alleinverschuldens des Beklagten zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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