Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass auch das restliche Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen S 162.750,-- samt 13,73 % Zinsen seit 22. 8. 1997 zu bezahlen, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 116.530,80 (hierin enthalten S 15.269,30 USt und S 24.910,-- Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Von folgenden, durch das Berufungsgericht im Rahmen einer Beweiswiederholung ergänzten Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanzen ist auszugehen:
Zwischen den Streitteilen bestand seit 1994 - unter Zugrundelegung der Allgemeinen Einbruchdiebstahlversicherungs-Bedingungen (AEB) und der Besonderen Bedingung E 65 bezüglich Vandalismusschäden - ein Versicherungsvertrag über eine Gewerbe-Standard-Versicherung, beinhaltend ua eine Einbruchsdiebstahlversicherung für technische und kaufmännische Betriebseinrichtung sowie Waren und Vorräte (im folgenden kurz: Gewerbeversicherung), sowie eine Haushalt-Vorteils-Versicherung (auf der Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen [ABH] und der "Besonderen Bedingungen zur Erweiterung des Versicherungsumfanges der Haushaltsversicherung [W 82] unter Einschluss von Vandalismusschäden). Gegenstand des Revisionsverfahrens bilden nur mehr die letzteren Bedingungen (ABH/W 82), weil die auf den ersteren (AEB/E 65) beruhenden Ersatzansprüche zwischenzeitlich von den Vorinstanzen unangefochten und damit rechtskräftig abgewiesen wurden.
Nach Art 2.3 ABH sind "Schäden durch versuchten oder vollbrachten Einbruchdiebstahl, einfachen Diebstahl und Beraubung", nicht aber Schäden durch Vandalismus gedeckt. Einbruch liegt nach Art 2.3.2 vor, "wenn der Täter in die Versicherungsräumlichkeiten a) durch Eindrücken oder Aufbrechen von Türen, Fenstern oder anderen Gebäudeteilen einbricht; b) durch Öffnungen, die nicht zum Eintritt bestimmt sind und ein erschwerendes Hindernis darstellen, einsteigt;
c) heimlich einschleicht und aus den abgeschlossenen Räumlichkeiten Sachen entwendet; d) mit Werkzeugen oder falschen Schlüsseln eindringt; e) mit richtigen Schlüsseln eindringt, die er sich durch Einbruch in andere als die versicherten Räume eines Gebäudes oder durch Raub angeeignet hat." Nach Punkt 5. der W 82 ("Vandalismusschäden") gilt "abweichend von Art 2, Pkt 3.1 der ABH die vorsätzliche Zerstörung oder Beschädigung versicherter Sachen als mitversichert, vorausgesetzt, dass der Täter unter Verwirklichung eines der Tatbestände gemäß Art 2, Pkt 3.2 der ABH in die Versicherungsräumlichkeiten eingedrungen ist."
Der Kläger hatte am 8. 8. 1995 dem Sohn des Alexander T***** im Kinderverkehrsgarten in Innsbruck eine Luftdruckpistole abgenommen, mit der dieser gemeinsam mit einem Bekannten auf andere Kinder und einen Behinderten geschossen hatte. Nachdem dies Sigmund T***** sen. und jun. sowie Alexander T***** zu Ohren gekommen war, beschlossen diese, beim Kläger unter Einsatz von Gewalt Rache zu üben. Sie begaben sich daher am 14. 8. 1995 zur Wohnung des Klägers in Innsbruck, um diesem Gewalt anzutun. Im Stiegenaufgang zur Wohnung kam den drei Tätern zunächst der dort zufällig anwesende Romed U***** entgegen. Da die drei diesen zunächst für den Kläger hielten, gingen sie auf ihn los, worauf dieser in die Wohnung des Klägers flüchtete und die Wohnungstür von innen verschließen wollte. Er kam jedoch nicht mehr dazu, da zwischenzeitig Sigmund T***** sen. einen Fuß in den Türspalt gesetzt hatte. Sodann drückten die drei Täter die Tür gewaltsam auf. Sigmund T***** sen. nahm den in einem Block neben der Eingangstür steckenden Narwalzahn (Länge ca 1,30 m) und schlug damit gegen den Kopf des Romed U*****, wodurch der Zahn in mehrere Teile zerbrach. Darauf erkannten die drei Täter den Kläger. Sigmund T***** jun. richtete seine Gaspistole auf ihn, während Sigmund T***** sen. rief: "Derschiaß ihn, derschiaß ihn!". Alexander T***** zertrümmerte die Scheibe des im Raum befindlichen Waffenschrankes, entnahm daraus ein Schrotgewehr und richtete dieses gegen den Kläger. Die Täter wollten den Kläger durch diese Todesdrohung in Furcht und Unruhe versetzen. Alle drei schlugen auf den Kläger ein, dieser konnte sich aber letztendlich befreien und zur Wohnungstüre flüchten. Dort erhielt er von einem der Täter einen Schlag gegen den Kopf, wodurch er über die Stiege stürzte. Danach ging Sigmund T***** sen. nochmals auf den am Boden liegenden Romed U***** los. Die Täter wurden vor dem Haus von der Polizei verhaftet. Alle drei wurden wegen der Vergehen des Hausfriedensbruches (§ 109 Abs 3 Z 1, 2 und 3 StGB), der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs 1 und 2 StGB), der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 2 StGB) und der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) rechtskräftig schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Dem Kläger wurde ua auch ein Teilschadenersatzbetrag von S 100.000,-- zugesprochen.
Bei diesem Vorfall wurden folgende Gegenstände beschädigt, deren Höhe im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist:
a) Waffenschrank
(einschließlichl Verglasung) S 58.000,--
b) Nilpferdpräparat S 24.000,--
c) Narwalzahn S 45.000,--
d) Eingangstüre S 24.500,--
e) Fußboden rechts S 2.000,--
f) zwei Gewehre S 9.250,--
g) ein Gemälde S 15.000,--
zusammen S 177.500,--.
Die drei Täter haben bei ihren Tathandlungen den Eintritt der von ihnen möglich angesehenen Schäden auch gebilligt.
Mit der am 18. 8. 1997 überreichten Klage stellte der Kläger das in der Folge mehrfach ausgedehnte Begehren, die beklagte Partei zum Ersatz seines Schadens in Höhe von insgesamt S 304.750,-- samt 13,73 % Zinsen seit Klagseinbringung zu verpflichten. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren mit der wesentlichen Einwendung, dass kein Einbruchsdiebstahl vorgelegen habe und daher die in Anspruch genommenen Vandalismusklauseln der Versicherungsbedingungen nicht zur Anwendung kämen.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, den eingangs näher aufgeschlüsselten Betrag von S 177.500,-- samt 13,73 % Zinsen seit 22. 8. 1997 zu bezahlen; das Mehrbegehren von S 127.000,-- wurde (unangefochten und damit rechtskräftig) abgewiesen. Das Erstgericht beurteilte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass die beklagte Partei sowohl nach den AEB (iVm der Besonderen Bedingung E 65) als auch nach ABH (iVm der Besonderen Bedingung W 82) leistungspflichtig sei, weil die Täter in die Versicherungsräumlichkeiten (durch gewaltsames Aufdrücken der Wohnungstür) eingedrungen und dort sodann im Lichte ihres aggressiven Verhaltens Sachen vorsätzlich zerstört oder beschädigt hätten. Diebstahlvorsatz verlangten die vereinbarten Vandalismusklauseln hingegen nicht.
Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei erhobenen Berufung teilweise Folge. Es änderte (nach teilweiser Beweiswiederholung) das Ersturteil dahin ab, dass es einen weiteren Betrag von S 15.000,-- abwies und die beklagte Partei sohin lediglich zum Ersatz der Schäden laut Aufstellung a) bis f) (zusammen sohin S 162.750,-- sA), nicht hingegen auch des Bildes laut (g) der Aufstellung verpflichtete und das Mehrbegehren von S 142.000,-- sA (wiederum unangefochten und damit rechtskräftig) abwies. Nach den maßgeblichen Bedingungen (AEB; E 65) wäre Deckung nur dann gegeben, wenn das Bild anlässlich eines vollbrachten oder versuchten Einbruchsdiebstahles beschädigt worden wäre. Im Sinne der Entscheidung 7 Ob 179/97t mangle es hier an einem tatsächlichen Zusammenhang zwischen der Beschädigung und einem davor, danach oder dabei ausgeführten Einbruchsdiebstahl. Anders verhalte es sich hingegen bei den von der Haushaltsversicherung (ABH; W 82) zu deckenden Schäden. Dort finde sich in den Bedingungen an keiner Stelle ein Hinweis, dass die Mitversicherung vorsätzlicher Zerstörung oder Beschädigung versicherter Sachen einen Einbruchsdiebstahl voraussetze. Das in der Vandalismusklausel der Haushaltsversicherung normierte Tatbestandselement des Eindringens in die versicherten Räumlichkeiten sei erfüllt worden.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zu, weil bisher nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu vergleichbaren Vandalismusschäden (eben jene zu 7 Ob 179/97t) vorliege und der gegenständliche Fall von diesem entschiedenen teilweise abweiche.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig und auch berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hatte sich in den letzten Jahren wiederholt mit der Frage des Ersatzes (der Deckung) von Vandalismusschäden zu befassen (RIS-Justiz RS0107958). Der vom Berufungsgericht zitierten Vorentscheidung 7 Ob 179/97t (veröffentlicht in VR 1998, 1179 = VersE 1753) lagen als Vertragsgrundlage Versicherungsbedingungen zugrunde, nach denen Vandalismusschäden nur dann unter die Einbruchsdiebstahlversicherung fallen sollten und damit zu ersetzen waren, wenn sie "anlässlich" eines Einbruchsdiebstahles verursacht worden sind. Der Oberste Gerichtshof kam hierin - auch unter ausführlicher Darstellung der insoweit vergleichbaren deutschen Versicherungsrechtslage - zum Ergebnis, dass die Mitversicherung von Vandalismusschäden nach Art 2 AEB, ein im Sinne einer einheitlichen Tatbegehung gleichzeitig unmittelbar davor oder danach begangener Einbruchsdiebstahl sei (arg: "anlässlich"), erfordere; versichert sind demnach auch Beschädigungen, die das Hauptziel des Einbrechers sind, während der Diebstahl nur gleichsam nebenbei erfolgt (dem Anlassfall lag ein Attentat auf ein Nachtlokal mittels Buttersäure samt Diebstahl einiger Stangen Zigaretten zugrunde). In einer weiteren, zeitlich nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes hier gelegenen Entscheidung (7 Ob 192/99g vom 14. 7. 1999) hatte der Oberste Gerichtshof eine Deckungszusage der beklagten Versicherung zu beurteilen, welche Entschädigung auch für den Schadensfall versprach, wenn der Täter versicherte Sachen "ohne Diebstahlsabsicht" vorsätzlich zerstört oder beschädigt, allerdings nachdem er in die versicherten Räumlichkeiten "eingedrungen" ist. Der Senat erachtete dabei auch einen zerstörerischen Gewaltakt, wie es der Einwurf eines Pflastersteines durch ein geschlossenes Fenster darstellt, einem Eindringen des Täters durch das Fenster zum gleichen Zweck, nämlich ebenfalls Buttersäure im Inneren zu verbreiten, als gleichwertig. Es würde einen nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch nach sich ziehen, das "Eindringen" des Vandalismustäters mittels eines Steinwurfes, um den Vandalismusschaden hervorzurufen, vom Versicherungsschutz gegenüber dem gedeckten körperlichen Eindringen des Vandalismustäters in die versicherten Räumlichkeiten auszunehmen.
Im hier vorliegenden Fall fehlen in den zur Beurteilung stehenden Versicherungsbedingungen zwar die in der letztgenannten Vorentscheidung enthaltenen Worte "ohne Diebstahlsabsicht"; der vom Berufungsgericht gezogenen Schlussfolgerung, dass auch hier Vandalismusschäden unter der bloßen Bedingung gedeckt seien, dass der Täter unter Verwirklichung eines der Tatbestände gemäß Art 2.3.2 der ABH (bloß) in die versicherten Räumlichkeiten ohne Zusammenhang mit einem Einbruchsdiebstahl eingedrungen sein müsse, vermag der Senat indes nicht zu folgen. Zwar kann es keinem (vernünftigen) Zweifel unterliegen, dass auch das nach den Feststellungen erwiesene (und auch zum Gegenstand rechtskräftiger strafgerichtlicher Verurteilungen, welche freilich im Sinne der Entscheidung des verstärkten Senates SZ 68/195 nicht auch für den beklagten Versicherer Bindungswirkung entfalten, führende) Verhalten der drei Mittäter, nämlich Aufdrücken der Wohnungstür durch Anwendung körperlicher Gewalt, ein "Eindringen" in die Versicherungsräumlichkeit darstellte; es ist jedoch zu beachten, dass der entsprechende Pkt 5. der W 82 nicht allein Vertragsgrundlage zwischen den Streitteilen ist, sondern nur eine besondere (nämlich zusätzliche) Bedingung zur Erweiterung (arg "abweichend von Art 2, Pkt 3.1") des Versicherungsumfanges der Haushaltsversicherung (ABH) darstellt. Nach deren Art 2.3 (Einleitungssatz) ist - und bleibt - jedoch eindeutig nur das Versicherungsrisiko "durch versuchten oder vollbrachten Einbruchdiebstahl, einfachen Diebstahl und Beraubung" gedeckt. Aus dem Gesamtzusammenhang des Bedingungswerkes ist es daher nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes nicht statthaft, die Erstattung reiner Vandalismusschäden eines zwar in die versicherte Räumlichkeit eingedrungenen, jedoch dort weder versuchten oder vollbrachten Diebstahl bzw einfachen Diebstahl noch Beraubung zu verantwortenden Täters ebenfalls in die Deckungspflicht des Versicherers einzubeziehen. Wäre solches zwischen den Parteien beabsichtigt gewesen, dann wäre es an der klagenden Partei als Versicherungsnehmer gelegen, so wie im Falle der Entscheidung 7 Ob 192/99g eine Klausel des Inhalts, dass auch dann Entschädigung zu leisten ist, wenn der Täter versicherte Sachen "ohne Diebstahlsabsicht" vorsätzlich zerstört oder beschädigt, nachdem er in die Versicherungsräumlichkeiten eingedrungen ist, bei seinem Versicherer durchzusetzen, was hier jedoch nicht geschehen ist.
Dieser unabdingbare Zusammenhang zwischen der Deckungspflicht für
Vandalismusschäden (nach der Zusatzklausel) und dem Vorliegen eines
(ua) Einbruchsdiebstahls (nach den Allgemeinen Bedingungen) muss
dabei auch als für einen verständigen durchschnittlichen
Versicherungsnehmer evident erachtet werden, sodass insoweit auch
kein Raum für eine Anwendung des § 915 zweiter Halbsatz ABGB
verbleibt. Die Ergänzung durch die Klausel Pkt 5. der W 82 hat damit
zwar den Deckungsumfang der ABH erweitert, jedoch den
Sachzusammenhang zum Grundtatbestand des "versuchten oder
vollbrachten Einbruchdiebstahls, einfachen Diebstahls oder Beraubung"
nicht gelöst, sondern vielmehr unverändert gelassen. Nach den
Feststellungen der Vorinstanzen sind die Täter im vorliegenden Fall
jedoch "aus ganz anderen Motiven", nämlich um am Kläger persönlich
"unter Einsatz von Gewalt Rache zu üben" und um ihn "durch
Todesdrohung in Furcht und Unruhe zu versetzen", eingedrungen, sodass
die dabei (mit-)unterlaufenen Sachschäden - das Vorliegen eines
Geldkuvertdiebstahls wurde vom Berufungsgericht als nicht erwiesen
angenommen, an welche Tatsachenfeststellung der Oberste Gerichtshof
gebunden ist - nicht als gedeckt im Sinne der maßgeblichen Versicherungsbedingungen angesehen werden können.
Aus all diesen Erwägungen waren daher die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern.
Auf Grund dieses Ergebnisses hat die klagende Partei der beklagten Partei gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen. Dabei waren allerdings mehrfach Abstriche in den Kostennoten vorzunehmen. Die Schriftsätze ON 12 und 17 betrafen bloße Adressenbekanntgaben und sind daher nicht nach TP 2, sondern bloß TP 1 zu honorieren. Barauslagen (jeweils S 140,--) wurden bloß für vier Meldeauskünfte bescheinigt. Die Sachverständigenkosten in Höhe von S 12.828,-- und S 2.424,-- wurden nach der Aktenlage (ON 32 und AS 99) von der klagenden und nicht von der beklagten Partei getragen. Im Berufungsverfahren betrug der Einheitssatz (so wie übrigens im gesamten sonstigen Verfahren) nur 50 und nicht wie verzeichnet 60 %. Lediglich die Kosten für den Revisionsschriftsatz wurden den tarifmäßigen Ansätzen entsprechend richtig verzeichnet.
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