OGH 7Ob266/98p

OGH7Ob266/98p13.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Erlagssache der Antragstellerin Margareta M*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger ua Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegner 1. V***** AG, ***** vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, und 2. Hans-Jörg M*****, wegen gerichtliche Erläge gemäß § 1425 ABGB, infolge Revisionsrekurses der Erstantragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 9. Juni 1998, GZ 11 R 218/98z und 11 R 219/98x-38, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Linz vom 21. April 1998, GZ 1 Nc 20/97y-29 und 30, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

Der Antrag der Antragstellerin, die am 5. 3. 1998 und 9. 4. 1998 erlegten je S 13.205,-- als gerichtliche Erläge nach § 1425 ABGB anzunehmen, wird abgewiesen.

Der Antrag auf Kostenzuspruch wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Erstantragsgegnerin wurde zu ***** des Erstgerichtes die Forderungsexekution durch Pfändung und Überweisung der dem Zweitantragsgegner gegen die Antragstellerin monatlich zustehenden Forderung auf 25 % des Ertrages aus dem Haus L***** Straße ***** in L*****, d.s. monatlich S 15.000,-- uneingeschränkt bewilligt. Die Antragstellerin, die Mutter des Zweitantragsgegners, ist Eigentümerin der genannten Liegenschaft. Sie hinterlegte von den gepfändeten S 15.000,-- seit Juli 1997 monatlich S 13.205,-- gemäß § 1425 ABGB beim Erstgericht mit der Begründung, dass der Zweitantragsgegner und Verpflichtete diesen Anteil mit der Begründung für sich beanspruche, er wäre gemäß § 290a EO der Exekution entzogen. Sämtliche Erläge wurden bisher laufend gemäß § 1425 ABGB vom Erstgericht angenommen. Der von der Erstantragsgegnerin nach dem vierten Erlag gestellte Antrag, die Erläge nach § 307 EO zu behandeln und ihr die gesamte Hinterlegungssumme zu überweisen (ON 15), wurde von den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen (ON 27).

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Rekursgericht den Rekursen der Erstantragsgegnerin gegen die Annahme der im März und April 1998 erlegten je S 13.205 keine Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. § 307 EO berechtige nur "andere Gläubiger", nicht aber den Verpflichteten, Anspruch auf die gepfändete Forderung zu erheben. Die Antragstellerin könne sich daher nicht auf eine unklare Rechtslage im Sinne dieser zitierten Norm berufen, weil sie nach der einzig maßgebenden rechtskräftigen Exekutionsbewilligung verpflichtet sei, die gepfändete Forderung allein dem betreibenen Gläubiger zu überweisen. Dementsprechend sei eine Behandlung der Erläge der Antragstellerin nach § 307 Abs 1 EO unzulässig. Gegen einen wie hier vorgenommenen Erlag nach § 1425 ABGB fehle es aber der Erstantragsgegnerin an der entsprechenden Berechtigung, ihr mangle es daher in diesem Verfahren an Beschwer.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin ist zulässig, weil ein vermögensrechtlicher Anspruch vorliegt und bei Zulässigkeitsausspruch durch das Rekursgericht keine untere Wertgrenze im Außerstreitverfahren besteht; er ist auch berechtigt.

Nach § 307 EO ist der Drittschuldner befugt bzw auf Antrag des betreibenden Gläubigers verpflichtet, die bei ihm gepfändete Forderung, falls diese nicht nur vom betreibenden Gläubiger sondern auch von anderen Personen in Anspruch genommen wird, beim Exekutionsgericht zu hinterlegen. Ein wie zuvor angeführter Hinterlegungsantrag der Erstantragsgegnerin liegt aber nicht (mehr) vor. Richtig ist, daß nach der älteren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dem Erlagsgegner im Verfahren nach § 1425 ABGB eine Parteistellung abgesprochen worden ist (vgl Reischauer in Rummel, ABGB2 § 1425 Rz 16; MGA ABGB35 § 1425/76 f). Dies wurde jedoch von der jüngeren Rechtsprechung nicht mehr aufrecht erhalten. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 218/98g (= ecolex 1999, 168 = EvBl 1999/42 = JBl 1999, 315 = ÖBl 1999, 495 = ZfRV 1999, 61) ausgeführt hat, hängt die Rechtsmittellegitimation des Antragsgegners davon ab, ob der Annahmebeschluß seine materielle Rechtsstellung berührt. Das ist nicht der Fall, wenn der Erlag nur zugunsten eines Erlagsgegners erfolgt, weil dann, wenn kein Erlagsgrund vorliegt, der Erleger dem Erlagsgegner in gleicher Weise haftet, wie er ohne Erlag haftete. Bei einer Mehrheit von Forderungsprätendenten muß ein Erlagsgegner in der Regel allerdings das Einverständnis der übrigen Erlagsgegner beibringen. Es bedeutet für ihn naturgemäß einen Unterschied, ob er einem oder mehreren Erlagsgegnern gegenübersteht. Zwar wirkt auch in diesem Fall der Erlag nur schuldbefreiend, wenn ein Erlagsgrund besteht; es reicht aber aus, daß die Erlagsvoraussetzungen gegenüber einem der Erlagsgegner gegeben sind. Bei einer Mehrheit von Erlagsgegnern trifft es daher nicht zu, daß der Erlag die Rechtstellung des oder der Erlagsgegner unberührt ließe. Ist auch nur gegenüber einem der Erlagsgegner ein Erlagsgrund gegeben, so ist der Erleger von seiner Schuld befreit; der Berechtigte muß daher die Voraussetzungen für die Freigabe des Erlages erfüllen, um das ihm Zustehende zu erhalten. Dazu kann es notwendig sein, das Einverständnis mehrerer Erlagsgegner zu erwirken.

Aus diesen Ausführungen, denen sich auch der erkennende Senat anschließt, ergibt sich also, dass - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - bei einer Mehrheit von Erlagsgegnern der Annahmebeschluß die materielle Rechtsstellung den Erlagsgegner berührt.

Das Rekursgericht hat daher dem Rekurs zu Unrecht keine Folge gegeben (richtig: zurückgewiesen); in einem solchen Fall kann der Oberste Gerichtshof im Außerstreitverfahren selbst in der Sache entscheiden (4 Ob 218/98g).

Im Erlagsgesuch ist der Erlagsgrund anzugeben, das Erlagsgericht hat zu prüfen, ob ein Grund wie der angegebene zur Hinterlegung im Sinne des § 1425 an sich taugt; nicht ist hingegen zu prüfen, ob der angeführte Hinterlegungsgrund tatsächlich gegeben ist. Dem Erlagsgericht obliegt (nur) eine Schlüssigkeitsprüfung; sie verhindert, daß die Gerichte aus beliebigen Gründen mit Verwahreraufgaben belastet werden. Insoweit kann der Annahmebeschluß im Rechtsmittelverfahren überprüft werden (4 Ob 218/98g mwN).

Gemäß § 1425 ABGB steht es "dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bei dem Gericht zu hinterlegen", wenn eine Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist, oder aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt werden kann. Im vorliegenden Fall kommt nur ein anderer wichtiger Erlagsgrund im Sinne des § 1425 ABGB in Frage. Ein solcher liegt bei mehreren Forderungsprätendenten dann vor, wenn der Schuldner bei zumutbarer Prüfung nicht ermitteln kann, wer Gläubiger ist (4 Ob 218/98g mwN). Jedenfalls aber darf der wichtige Grund, dessentwegen der Erlag begehrt wird, nicht in der Person des Erlegers liegen (Reischauer in Rummel2, Rz 4 zu § 1425 mwN).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller im Erlagsgesuch keinen tauglichen Erlagsgrund angegeben. Überprüft man die Schlüssigkeit des Erlagsgesuches der Antragstellerin, ist auf den ersten in dieser Art gestellten Antrag zurückzugreifen, weil sich die folgenden Anträge stets auf diesen beziehen. Die dort für den Erlag angeführte Begründung ist nicht schlüssig, weil von einer unklaren Rechtslage, wie das Rekursgericht zutreffend erwähnte, keine Rede sein kann, da die Antragstellerin an die rechtskräftige Exekutionsbewilligung gebunden ist. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Sachverhalt reicht daher schon in abstracto beurteilt nicht als Hinterlegungsgrund aus. Vielmehr wäre ihr nur ein Erlag nach § 307 EO zugestanden, den sie aber ausdrücklich nicht anstrebte. Da die Antragstellerin ihren Erlagsantrag ausdrücklich auf § 1425 ABGB und nicht auf § 307 EO stützte, war auch keine Überweisung nach § 44 JN vorzunehmen.

Im außerstreitigen Verfahren ist abgesehen vom hier nicht vorliegenden Ausnahmen, kein Kostenersatz vorgesehen.

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