OGH 7Ob239/04d

OGH7Ob239/04d16.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Brüggl & Dr. Harasser, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen die beklagten Parteien 1. Gerhard S*****, und 2. Johann N*****, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 5.450,46), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 12. Mai 2004, GZ 53 R 369/03a-85, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Mittersill vom 25. August 2003, GZ 2 C 900/96m-78, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit EUR 457,66 (darin enthalten EUR 76,27 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht änderte seinen Ausspruch dahingehend ab, dass die ordentliche Revision zulässig sei, da nicht völlig von der Hand zu weisen sei, dass das Berufungsverfahren unter Umständen deshalb mit einem Mangel behaftet sein könnte, da das Berufungsgericht, ohne dies mit den Parteien abzuklären oder dies offenzulegen, aus dem Plan Beilage ./2 unter Zuhilfenahme eines Lineals das Auseinanderklaffen von Mappengrenze und Steinwall in der Natur mit bis zu 350 m bei der Argumentation dafür herangezogen habe, dass im Bereich der Mappengrenze keine Naturgrenze aufzufinden sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung dieses Rechtsmittels kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Unterlassungsbegehren des Klägers ist darauf gerichtet, die Beklagten seien schuldig, dafür zu sorgen, dass ein Weiden des von ihnen auf der von ihnen bewirtschafteten Liegenschaft aufgetriebenen Viehs auf dem Teil des Grundstücks des Klägers zwischen Mappengrenze und (südlich gelegenen) Steinwall unterbleibt. Die Beilage ./2 wurde als integrierender Bestandteil des Urteils schon im Spruch erklärt (vgl RIS-Justiz RS0037420). Wird aber ein Plan als integrierender Bestandteil eines Urteils aufgenommen, so ist in dem Urteil alles festgestellt, was sich aus dem Plan ergibt und Gegenstand des Verfahrens war. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass es keinen Verfahrensmangel begründet, wenn nun aus diesem Plan eine Distanz zwischen Punkten, die Gegenstand des Verfahrens und auch sogar gesondert der Feststellungen waren, herausgemessen und der Beweiswürdigung zugrunde gelegt wird, ist daher nicht zu beanstanden. Abgesehen davon steht ausdrücklich die Größe des strittigen Teilgrundstückes (40,7797 ha) ebenso fest wie, dass im Bereich der Mappengrenzen in der Natur keine dem Steinhag oder einer Schlucht vergleichbare Formation vorhanden ist. Diese Feststellungen allein genügen bereits für die rechtliche Beurteilung.

Die Argumentation der Revisionswerber läuft offenbar darauf hinaus, dass ihre Rechtsvorgänger beim Erwerb der Liegenschaft EZ 87 mit Kaufvertrag vom 5. 11. 1932 die strittige Fläche als Bestandteil der „R*****alpe" gekauft haben, da die natürliche Grenze zwischen der EZ 103 (F*****alpe) und der EZ 87 (R*****alpe) die vorhandene Steinmauer (Steinhag) gewesen sei. Dabei gehen sie aber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Gerade im Kaufvertrag vom 5. 11. 1932 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die „alte Mauer die faktische Grenze" der Liegenschaften sein sollte, dass aber diesbezüglich erst von einem „Geometer eine Grenzberichtigung" vorzunehmen sein würde. Dies bedeutet, dass den Vertragsparteien bewusst war, dass die Grundstücksgrenzen anders verlaufen und dass eine Ab- und Zuschreibung von Grundstücksteilen vorzunehmen sein würde. Die Vermessung unterblieb, es erfolgte keine Zu- und Abschreibung von Grundstücksteilen.

Die Rechtsnachfolge wurde damals also nur so intabuliert, wie sie dem Grundbuchsstand entsprach. Der Rechtsübergang erfolgte im Hinblick auf den Eintragungsgrundsatz nur dem Grundbuchstand entsprechend, ohne Ab- und Zuschreibung. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass mangels Verbücherung Eigentum an einem darüber hinausgehenden Teil der Liegenschaft des Klägers nicht erworben wurde, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur.

Auch im Falle der Übertragung des Besitzes an den Erwerber gewährt der Vertrag, solange das Erwerbsgeschäft nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, lediglich einen auf Erwerb des dinglichen Rechtes gerichteten Titel, jedoch nicht das dingliche Recht (8 Ob 109/03t, 1 Ob 317/01a, 1 Ob 13/99i; RIS-Justiz RS0011111). Das Eigentum an der Liegenschaft verbleibt daher mangels Eintragung beim bisherigen Eigentümer (8 Ob 109/03t mwN). Die Rechtsvorgänger der Beklagten hatten damals laut Vertrag vom 5. 11. 1932 nur einen obligatorischen Anspruch auf Eigentumsverschaffung hinsichtlich dieses Teilgrundstückes gegen ihren damaligen Verkäufer (1 Ob 140/97p, 8 Ob 109/03t). Die Revisionswerber haben sich gegenüber dem Kläger aber zu Recht nicht auf die Eigentumsverschaffungspflicht berufen, da sich ein Rechtsübergang dieser Pflicht auf den Kläger schon nach den Verfahrensergebnissen und dem Vorbringen der Parteien nicht ergibt (vgl 1 Ob 140/97p).

Ausgehend davon kam es also beim Umfang des Eigentumserwerbs auf die auch schon vor dem Kaufvertrag vom 5. 11. 1932 bestandenen Grenzen zwischen den beiden Liegenschaften an. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass für den Umfang des Eigentumserwerbs an Grundstücken im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht die Grundbuchsmappe, sondern der Umfang, in dem das Grundstück nach dem Willen der Parteien übertragen werden sollte, entscheidend ist. Das Vertrauen auf die Darstellung der Grenzen in der Grundbuchsmappe ist nicht geschützt. Diese dient nur der Veranschaulichung der Lage des Grundstückes, maßgeblich ist der in der Natur festzustellende Verlauf der Grenze (7 Ob 271/01f, 9 Ob 26/00i, 6 Ob 230/98m, RIS-Justiz RS0049554, RS0049559). Fehlen aber - wie hier nach den Feststellungen - Naturgrenzen, dann erwirbt der Käufer (die Liegenschaft ist nicht im Grenzkataster eingetragen) Eigentum innerhalb jener Grenzen, die von der Grundbuchsmappe dargestellt werden (6 Ob 230/98m, 3 Ob 12/98f; RIS-Justiz RS0109156). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass hier mangels Vorhandenseins natürlicher Grenzen zwischen den Liegenschaften die Eigentumsübertragung entsprechend den Grenzen der Grundbuchsmappe erfolgte, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur. Der Steinhag stellt jedenfalls eine derartige Grenze schon deshalb nicht dar, da diese ja erst hätte geschaffen werden sollen. Die Ausführungen der Revisionswerber zur „natürlichen Grenze" gehen daher an den Feststellungen vorbei. Soweit die Beklagten sich darauf stützen, dass sie jedenfalls das Eigentum an der strittigen Teilfläche von rund 41 ha im Zeitraum von 1932 bis 1963 ersessen hätten, entfernen sie sich wiederum von den Feststellungen. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, dass infolge der festgestellten Nichtbeachtung von Grenzen zwischen den beiden Alpen und der ungezwungenen Benutzung des Grenzgebietes der Alleinbesitz der damaligen Liegenschaftseigentümer der EZ 87 nicht bestanden hat. Diese rechtliche Beurteilung ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Im übrigen ist auf die, auch zwischen den Parteien ergangene, Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 Ob 1585/91 zu verweisen.

Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Kläger wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.

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