Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Beklagte war Eigentümer der Liegenschaft mit der Adresse ***** H*****. Im Sommer 1994 führte er Verkaufsgespräche hinsichtlich dieser Liegenschaft mit Andreas M*****, die jedoch scheiterten. Am 24.2.1995 erteilte er der klagenden Partei einen bis 24.8.1995 befristeten Alleinvermittlungsauftrag. Die klagende Partei inserierte den beabsichtigten Verkauf der Liegenschaft in einer Zeitung und in mehreren Fachzeitschriften. Aufgrund der Inserate meldeten sich sechs Interessenten, darunter Stefan H*****. Währenddessen führte der Beklagte bereits wieder intensive Verkaufsgespräche mit Andreas M*****. Als dieser eines der Inserate las, rief er bei der klagenden Partei an, um sich nach der Identität des Verkäufers zu erkundigen, wobei er versehentlich seinen Namen nannte. Die gewünschte Auskunft wurde ihm jedoch nicht erteilt.
Am 30.3.1995 erstattete die klagende Partei dem Beklagten einen Zwischenbericht, in dem sechs Kaufinteressenten mit Namen und Wohnort aufgelistet waren. In diesem Schreiben wies die klagende Partei auch auf einen Anrufer hin, der sich mit "M*****" vorgestellt habe, jedoch nicht bereit gewesen sei, weitere Angaben über seine Identität zu machen.
In der Folge vereinbarte Erich A*****, ein Mitarbeiter der klagenden Partei, mit Stefan H***** einen Termin zur Besichtigung der Liegenschaft und der darauf errichteten Werkstätte. Bei diesem Besichtigungstermin war der Beklagte nicht anwesend. Stefan H***** konnte daher erst bei einem weiteren Besichtigungstermin mit dem Beklagten über einen eventuellen Kauf der Liegenschaft verhandeln. Anläßlich dieses Treffens teilte der Beklagte dem Stefan H***** mit, daß er bereits Vertragsverhandlungen mit Andreas M***** führe und Stefan H***** erst dann zum Zug komme, wenn Andreas M***** (oder "die M*****") nicht kaufen sollte.
In der Folge fanden noch mehrere Gespräche zwischen dem Beklagten und Stefan H***** statt, bei denen die Vertragsbedingungen geklärt wurden, ohne daß jedoch näher ins Detail gegangen oder in Endverhandlungen eingetreten wurde, weil Stefan H***** das Ergebnis der Verkaufsverhandlungen des Beklagten mit Andreas M***** abwarten wollte.
Am 20.4.1995 teilte die damalige Lebensgefährtin des Beklagten Erich A***** telefonisch mit, daß "die M*****" mit einem Kaufpreis von S 3,7 Mill. einverstanden wären. In der Folge verkaufte der Beklagte die Liegenschaft um S 3,4 Mill. an Andreas M*****, wovon Erich A***** ebenfalls von der damaligen Lebensgefährtin des Beklagten unterrichtet wurde.
Am 9.8.1995 legte die klagende Partei dem Beklagten Rechnung über ihre Provisionsforderung in der vereinbarten Höhe von 3 % des Kaufpreises von S 3,4 Mill. samt 20 % USt, somit in Höhe von insgesamt S 122.400. Sie wies darauf hin, daß der Kaufvertrag mit dem in ihrem Schreiben vom 30.3.1995 genannten Andreas M***** zustandegekommen sei. Es folgten mehrere vergebliche Mahnschreiben.
Mit vorliegender Klage begehrte die klagende Partei den Zuspruch des Provisionsbetrages von S 122.400. Sie habe mit dem Beklagten einen bis 24.8.1995 befristeten Alleinvermittlungsauftrag abgeschlossen und ihn über den Anrufer namens M***** informiert. Der Beklagte habe in der Folge nicht an den Kaufinteressenten Stefan H*****, sondern offenbar deshalb an Andreas M***** verkauft, um seiner Provisionspflicht zu entgehen. Er habe den Vertrag mit dem von der klagenden Partei bezeichneten Interessenten, der die Vertragsbedingungen akzeptiert habe, wider Treu und Glauben vereitelt.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Er schulde keine Provision für den Verkauf seines Betriebes. Die klagende Partei sei in keiner Weise verdienstlich geworden.
Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von S 122.400 samt 4 % Zinsen seit 17.8.1995 und wies das Zinsenmehrbegehren von 9,25 % aus S 122.400 seit 17.8.1995 ab. Der Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und Andreas M***** sei zwar nicht aufgrund der Vermittlungstätigkeit der klagenden Partei zustandegekommen. Der Abschluß des Kaufvertrages mit Andreas M***** anstatt mit dem von der klagenden Partei namhaft gemachten Interessenten Stefan H*****, der mit den Bedingungen und dem Preis einverstanden gewesen wäre, stelle jedoch eine Umgehung des Alleinvermittlungsauftrages dar und begründe gemäß § 9 Abs 1 Z 1 b ImmMV die Pflicht, die vereinbarte Provision zu zahlen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Beklagten in der Hauptsache nicht Folge. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die klagende Partei habe ihren Provisionsanspruch zwar nicht ausdrücklich auf § 9 Abs 1 Z 1 lit b ImmMV gestützt, doch sei unter Berücksichtigung des gesamten Klagsvorbringens hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden, daß der Beklagte den Kaufvertrag innerhalb der aufrechten Frist des Alleinvermittlungsauftrages abgeschlossen und damit die Provisionspflicht ausgelöst habe. Die klagende Partei sei zwar nicht verdienstlich geworden, weil mit dem Käufer schon vor Erteilung des Alleinvermittlungsauftrages Verkaufsgespräche geführt worden seien. Es sei jedoch lediglich eine Provisionspflicht für den Fall vereinbart worden, daß das Rechtsgeschäft innerhalb der Befristung des Alleinvermittlungsauftrages abgeschlossen werde, sodaß der Provisionsanspruch nach § 9 Abs 1 Z 1 lit b ImmMV zu bejahen sei. Überdies habe der Beklagte das Zustandekommen eines Vertrages mit dem von der klagenden Partei namhaft gemachten Kaufinteressenten im Sinn des § 9 Abs 1 Z 2 ImmMV vereitelt und gegen Treu und Glauben verstoßen, sodaß der Klagsanspruch auch aus diesem Grund berechtigt sei. Der Beklagte wäre dafür behauptungs- und beweispflichtig gewesen, daß ein wichtiger Grund gegen den Kaufabschluß mit dem von der klagenden Partei genannten Kaufinteressenten vorgelegen wäre. Es seien zwar die Berufungsausführungen zutreffend, daß die Vereinbarung einer Provision, die für den Fall des Unterbleibens des Vertragsabschlusses oder des Abschlusses ohne Mitwirkung des betrauten Alleinvermittlers zu zahlen sei, als unechte Vertragsstrafe dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegen könne. Die Mäßigung einer Vertragsstrafe erfolge jedoch nicht von Amts wegen. Das Mäßigungsrecht müsse im Verfahren erster Instanz geltend gemacht werden. Der Kläger habe aber in erster Instanz kein Vorbringen hinsichtlich jener Kriterien erstattet, die bei einer Mäßigung in Betracht kommen könnten, sodaß im Berufungsverfahren aufgrund des Neuerungsverbotes nicht mehr auf das Mäßigungsrecht Bedacht genommen werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zulässig und im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.
Die Ansicht der Vorinstanzen, der Beklagte habe (allein schon) dadurch, daß er das von der klagenden Partei vermittelte Rechtsgeschäft nicht abschloß, gegen Treu und Glauben verstoßen, widerspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Danach ist der Geschäftsherr auch im Fall eines Alleinvermittlungsauftrages grundsätzlich berechtigt, das auftragsgemäß vermittelte Geschäft nicht abzuschließen. Er kann vollkommen frei entscheiden und vom Makler mangels einer besonderen Vereinbarung weder zum Vertragsabschluß noch zur Provisionszahlung gezwungen werden. Es widerspricht nicht schon jede "grundlose" Verweigerung des Vertragsabschlusses den Pflichten des Geschäftsherrn aus dem Maklervertrag, wenn der Vermittler nicht darauf vertrauen darf, daß der Geschäftsherr es sich nicht anders überlegt, etwa weil ihm der Abschluß des Geschäftes sogar in der ursprünglich gewünschten Form nicht mehr optimal erscheint oder auch nur, weil er einfach als Verkäufer auf den augenblicklichen Gewinn verzichten will. All das muß der Vermittler hinnehmen, wenn nicht der Grundsatz der freien Entscheidung zum Abschluß eines vermittelten Vertrages ins Gegenteil verkehrt werden soll. Grundsätzlich muß es dabei bleiben, daß der Geschäftsherr auch ohne nachweisbaren Grund nach seinem freien Willen, also in diesem Sinn sogar "willkürlich" den Abschluß vermittelter Geschäfte ablehnen darf, ohne wegen der Ausübung dieses Rechtes ersatzpflichtig zu werden (EvBl 1982/116 mwN; ImmZ 1976, 195; 7 Ob 733/87; 7 Ob 651/92). Diese Erwägungen gelten ebenso für den Fall, daß der Auftraggeber, sei es auch nur aus persönlichen oder emotionalen Gründen, an eine andere Person als die vom Makler vermittelte verkauft. Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz hätte demnach die klagende Partei ein sittenwidriges Vorgehen des Beklagten, wie etwa die Schädigungsabsicht, beweisen müssen.
Der Provisionsanspruch des Immobilienmaklers setzt grundsätzlich dessen Verdienstlichkeit voraus. Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 ImmMV darf der Immobilienmakler eine Provision oder sonstige Vergütung unter anderem aber auch für den Fall "vorsehen", wenn der Auftraggeber des Alleinvermittlungsauftrages das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft innerhalb der vereinbarten Frist des Alleinvermittlungsauftrages alleine abschließt, wobei der Begriff des "Vorsehens" im Sinn einer ausdrücklichen Vereinbarung zu verstehen ist (Jabornegg, HVG, 307). Es ist zwar richtig, daß sich die klagende Partei nicht ausdrücklich auf diese Bestimmung berufen hat, doch indiziert allein schon ihr Vorbringen, mit dem Kläger einen Alleinvermittlungsauftrag geschlossen zu haben, den Abschluß einer dem § 9 Abs 1 Z 1 ImmMV entsprechenden Vereinbarung. Es unterscheidet sich ja der Alleinvermittlungsauftrag gerade dadurch vom gewöhnlichen Maklervertrag, daß der Auftraggeber für eine bestimmte Zeit auf sein Widerrufsrecht verzichtet, wobei die Bindung des Auftraggebers vor allem dadurch abgesichert ist, daß er die vereinbarte Vermittlungsprovision auch dann zu zahlen hat, wenn er den Abschluß ohne Hilfe des betrauten Maklers tätigt (Jabornegg, aaO, 305; EvBl 1982/116). Die klagende Partei hat sich auch ausdrücklich auf den die betreffende Passage enthaltenden schriftlichen "Alleinvermittlungsauftrag" (Beilage A) berufen und diesen als Beweismittel vorgelegt, dessen Inhalt nicht bestritten wurde und dessen Abschluß das Erstgericht als erwiesen annahm. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes über die vereinbarte Provisionspflicht auch für den Fall, daß das Rechtsgeschäft innerhalb der Befristung des Alleinvermittlungsauftrages vom Auftraggeber allein oder mit Hilfe eines Dritten abgeschlossen wird, halten sich daher noch im Rahmen des Parteivorbringens und der erstgerichtlichen Feststellungen. Die Provisionspflicht des Beklagten ist daher aus diesem Grund zu bejahen.
Es bleibt somit zu prüfen, ob das richterliche Mäßigungsrecht zur Anwendung kommt.
Nach ständiger Rechtsprechung stellt die im Alleinvermittlungsauftrag enthaltene Zusicherung einer Provision für den Fall, daß während seiner Dauer ein Vertragsabschluß ohne Mitwirkung des Maklers erfolgte, wenn der Auftraggeber den Abschluß nicht gerade verschuldetermaßen vereitelte, eine der Vertragsstrafe angenäherte Vereinbarung dar, auf die gemäß § 1336 Abs 2 ABGB das richterliche Mäßigungsrecht angewendet werden kann. In einigen, allerdings älteren Entscheidungen wurde zwar die Meinung vertreten, daß die Vertragsstrafe nicht von Amts wegen herabgesetzt werden dürfe (SZ 13/40, SZ 40/37; HS XVI, XVII/1), doch wurde überwiegend auch ausgesprochen, daß schon in der Bestreitung zur Verpflichtung ihrer Bezahlung das Begehren auf Mäßigung enthalten sei (SZ 53/117 mwN; weiters JBl 1992, 663; 3 Ob 558/94 ua). Das Gericht ist dann im Sinn des § 182 ZPO verpflichtet, mit den Parteien die Gründe für die Anwendung des Mäßigungsrechtes zu erörtern (1 Ob 40/81; MietSlg 30.624; 8 Ob 506/82 ua). Die Belegstelle bei Schwimann, ABGB, Rz 33 und 34 zu § 1336 ABGB, auf die sich das Gericht zweiter Instanz beruft, zitiert die Entscheidung JBl 1986, 246. Diese Entscheidung steht jedoch der neueren Rechtsprechung nicht entgegen. Sie führt zwar aus, daß es für die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes eines entsprechenden Tatsachenvorbringens der sich darauf berufenden Partei bedurft hätte. Da diese Partei aber in ihrer Berufung keinen diesbezüglichen Verfahrensmangel, nämlich jenen der Nichterörterung der Gründe für die Anwendung des Mäßigungsrechtes geltend gemacht habe, habe es bei der Verpflichtung zur Leistung der vollen vereinbarten Vertragsstrafe zu bleiben. Im vorliegenden Fall hat aber im Gegensatz zur zitierten Entscheidung der Beklagte in seiner Berufung den Umstand gerügt, daß das Erstgericht nicht schon aufgrund der Bestreitung des Klagsanspruches auf das Mäßigungsrecht Bedacht genommen und die Gründe für dessen Anwendung mit den Parteien erörtert hat. Dafür, daß dem Beklagten im Zeitpunkt des Abschlusses des Alleinvermittlungsauftrages Vollkaufmannseigenschaft zugekommen wäre und der Maklervertrag allenfalls als Handelsgeschäft (vgl Kramer in Straube, HGB2 1, Rz 15, 17 zu §§ 343, 344 HGB) zu beurteilen wäre und deshalb das richterliche Mäßigungsrecht nicht in Betracht käme (§§ 348, 351 HGB), finden sich weder Parteibehauptungen noch sonstige Anhaltspunkte.
Das Gericht zweiter Instanz hat daher aufgrund einer nicht mit der nunmehr herrschenden Rechtsprechung im Einklang stehenden Rechtsansicht das Vorliegen sekundärer Feststellungsmängel und im Zusammenhang damit das Vorliegen eines Verfahrensmangels erster Instanz zu Unrecht verneint. Zur Behebung dieses Mangels waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren dem Beklagten Gelegenheit zu geben haben, die Gründe für die Anwendung des Mäßigungsrechtes und dessen Ausmaß darzulegen und der klagenden Partei die Möglichkeit einzuräumen haben, hiezu Stellung zu nehmen. Es wird sodann die behaupteten, für die Mäßigung sprechenden Kriterien einer Prüfung zu unterziehen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 letzter Satz ZPO.
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