Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.605,-- (darin S 1.267,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Arthur K***** und seine Ehegattin Inka sind je zur Hälfte Eigentümer des Hauses Gschwend 178 in L***** bei B*****, das bei der klagenden Partei feuerversichert ist. Arthur K***** ist zu 25 %, Inka K***** zu 75 % Gesellschafterin der beklagten GesmbH, deren Geschäftsführer Arthur K***** ist. Die beklagte Gesellschaft - ein Elektroinstallationsunternehmen - mietete von Arthur und Inka K***** im gegenständlichen Haus einige Räumlichkeiten im Erdgeschoß, worin eine Werkstätte betrieben wurde. Im ersten Obergeschoß wohnen Arthur und Inka K*****, die weiteren Wohnungen sind vermietet. Die Beklagte bezahlt als Mieterin der Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoß einen monatlichen Pauschalmietzins, der auch anteilige Betriebskosten, darunter auch die anteilige Feuerversicherungsprämie, umfaßt.
Am 24.11.1993 durchtrennte Arthur K***** in der Werkstätte mit einer Winkelschleifmaschine einige ca. 5 cm starke Eisenrohre. Dabei gelangten glühende Eisenteilchen in einen ca. 3 m hinter Arthur K***** stehenden 1 m3 umfassenden Karton, in dem Glühbirnenschachteln udgl. aufbewahrt wurden. Dadurch entstand ein Glimmbrand, der am Gebäude einen Schaden in Höhe von S 105.336,-- verursachte, der von der klagenden Versicherung ihren Versicherungsnehmern mit S 140.394,-- beglichen wurde.
Die Klägerin begehrt von der beklagten Gesellschaft unter Berufung auf § 67 VersVG die auf sie übergegangene Forderung im Regreßweg.
Die beklagte Gesellschaft beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß der Brandverursacher sowohl Geschäftsführer als auch Gesellschafter der beklagten Partei und ebenso Miteigentümer der versicherten Liegenschaft sei. Dies stehe einem Forderungsübergang gemäß § 67 Abs.1 VersVG entgegen. Im übrigen sei die beklagte Partei Mieterin des Objektes und trage teilweise die Prämien für das versicherte Gebäude. Sie sei aus diesem Grund nicht regreßpflichtig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die beklagte Partei habe anteilig die Feuerversicherungsprämie für das versicherte Haus bezahlt; damit seien die Voraussetzungen für den Regreßverzicht des Versicherers nach Art.10 Abs.1 AFB 1984 gegeben.
Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Es erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision für unzulässig. Der Regreßverzicht des Art.10 Abs.1 AFB 1984 habe nicht nur hinsichtlich des Wohnungs-, sondern auch hinsichtlich des Geschäftsraummieters zu gelten. Nach dem objektiv erkennbaren Zweck der Versicherungsbedingungen solle der Regreß gegen den Mieter eines Bestandobjektes im versicherten Gebäude ausgeschlossen sein, weil der Mieter praktisch keine Möglichkeit habe, sich gegen etwaige Haftpflichtansprüche wegen Beschädigung der Mietsache zu versichern und ihm auch der Abschluß einer eigenen Feuerversicherung über das gemietete Objekt verwehrt sei. Nach dem Vertragszweck sollten alle Gebäudeteile gegen Feuer versichert sein, so auch die Geschäftsräumlichkeiten. Der einheitliche Vertragszweck rechtfertige die rechtliche Gleichbehandlung des Mieters einer Wohnung mit dem Mieter eines Geschäftsraumes.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung von der klagenden Partei erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Art.10 Abs.1 AFB in der Fassung 1984 fehlt. Sie ist aber nicht berechtigt.
Nach Art.10 Abs.1 AFB 1984 geht der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers aus einem von einem Dritten verschuldeten Versicherungsfall nach Entschädigungsleistung auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt hat. Nach Satz 2 dieser Bestimmung verzichtet der Versicherer auf seinen Regreßanspruch, wenn sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Wohnungsmieter des versicherten Wohngebäudes ... richtet, soweit der Mieter die Prämie für das versicherte Wohngebäude ganz oder teilweise getragen und der Regreßpflichtige den Schaden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig im Sinne des § 61 VersVG herbeigeführt hat.
Diese Bestimmung war in den AFB 1969, zu denen die Entscheidungen 7 Ob 23/81 (VersR 1982, 786) und 7 Ob 21/83 (EvBl 1983/131) ergangen sind, nicht enthalten. Auch nach den AFB 1984 allerdings verzichtet der Versicherer nach ihrem Wortlaut auf seinen Regreßanspruch nur, wenn sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Wohnungsmieter des versicherten Wohngebäudes richtet (und der Regreßpflichtige den Schaden nur leicht fahrlässig herbeiführt, was hier jedoch unstrittig geblieben ist). Honsell ("Der Regreß des Sachversicherers nach § 67 VVG bei Gebrauchsüberlassung an Dritte im österreichischen Recht", VersR 1985, 301 ff) wendet sich entschieden gegen eine derartige Beschränkung, da die Feuerversicherung gemäß § 21 Abs 1 Z 4 MRG zu den Betriebskosten gehöre, sodaß der Regreßverzicht nicht auf den Wohnungsmieter beschränkt werden dürfe; zu berücksichtigen sei hier auch, daß der Mieter von Geschäftsräumen praktisch keine Möglichkeit habe, sich gegen etwaige Haftpflichtansprüche wegen Beschädigung der Mietsache zu versichern.
Im vorliegenden Fall braucht allerdings zu dem aufgezeigten Problem nicht abschließend Stellung genommen zu werden, weil sich schon aus der Rechtsstellung des Schadensverursachers ergibt, daß er zu keinem Regreß herangezogen werden darf. Nach § 67 Abs.1 zweiter Satz VersVG darf der Übergang nicht zum Nachteil des Versicherten geltend gemacht werden, er ist nach Abs.2 leg. cit. ausgeschlossen, wenn sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen richtet. Zweck dieser Bestimmung ist die Vermeidung von auch nur mittelbaren Belastungen des Versicherungsnehmers (vgl. Prölss-Martin VVG25, 526). Bereits Bruck-Möller-Sieg, VVG8 Anm.43 zu § 67, erachten einen Regreß gegen den Einmanngesellschafter einer Kapitalgesellschaft bzw. gegen deren Vorstandsmitglied für bedenklich. Nach der bisherigen überwiegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. SZ 52/112 mwN) sind in der Kaskoversicherung Gesellschafter und Organe lediglich bei Personengesellschaften, nicht hingegen bei Kapitalgesellschaften mitversichert. Dieser Auffassung, die allein mit dem Unterschied zwischen juristischer Person und Gesamthand begründet wird, widerspricht Honsell (vgl. Honsell aaO, 305), weil es nicht auf die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse, sondern lediglich auf die versicherungsrechtliche Frage ankomme, ob eine Risikoerhöhung vorliege. Es sei nicht einzusehen, daß zB der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GesmbH nur wegen der juristischen Konstruktion seiner Gesellschaft eine erhebliche Einschränkung seines Versicherungsschutzes hinnehmen müsse. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings in der Entscheidung 7 Ob 1/93 (VR 1993, 200 = VersR 1993, 1301), der Ansicht Honsells folgend, bereits auch die Ansicht vertreten, daß zwar in der Kaskoversicherung grundsätzlich die Versicherung das Eigentümerinteresse des Versicherungsnehmers decke, daß aber die Mitversicherung anderer Interessen auch in der Kaskoversicherung in Fällen möglich sei, in denen schon bei Abschluß der Kaskoversicherung vorgesehen werde, daß die versicherte Sache auch von Dritten (etwa Vereinsmitgliedern) benützt werde, ohne daß damit eine Risikoerhöhung verbunden sei.
Etwas anders gestaltet sich die Sachlage hier, wo der geschäftsführende Gesellschafter jener Gesellschaft, die das Geschäftslokal gemietet hat und die außer aus ihm nur noch aus seiner Frau als Mitgesellschafterin besteht, in seiner Eigenschaft als Miteigentümer des Hauses (neben seiner Frau als der weiteren Miteigentümerin) Versicherungsnehmer des (von ihm abgeschlossenen) Feuerversicherungsvertrages ist. Der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers würde sich daher in Wahrheit gegen ihn selbst und seine (mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende) Frau richten, mag auch die vom Versicherungsnehmer und seiner Frau gebildete Gesellschaft mbH als juristische Person als "Dritter" iS des § 67 Abs.1, 1.Satz, VersVG anzusehen sein. Es besteht volle wirtschaftliche Identität zwischen den Hauseigentümern als den Versicherungsnehmern und der beklagten Gesellschaft. Wäre die Gesellschaft in Form einer OHG oder einer KG gegründet worden, so hätte dies zu einem Regreßverbot des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer geführt. Durch den Regreß des Versicherers wurde aber auch im vorliegenden Fall nicht eine vom Versicherungsnehmer unabhängige juristische Person, sondern nur dieser selbst getroffen. Dies steht nicht im Einklang mit dem Sinn des Regreßverbotes nach § 67 Abs.2 VersVG.
Der Revision der klagenden Partei war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Revisionskosten gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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