European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00194.01G.0926.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Der Vater des mj. Marcel wurde mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 18. 7. 1997 gemäß § 382a EO zu einem vorläufigen Unterhalt von monatlich S 1.100,‑- verpflichtet. Am 30. 9. 1997 wurden dem Minderjährigen Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 5 UVG in gleicher Höhe für die Zeit vom 1. 9. 1997 bis 31. 8. 2000 bewilligt.
Mit Beschluss vom 7. 11. 1997 sprach das Erstgericht 1.) aus, dass die einstweilige Verfügung vom 18. 7. 1997 mit Rechtskraft dieses Beschlusses aufgehoben werde und verpflichtete 2.) den Vater (endgültig) zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.100,‑ ‑. Mit Beschluss vom 23. 12. 1997 sprach das Erstgericht sodann (neuerlich) aus, dass die einstweilige Verfügung mit Rechtskraft des Beschlusses vom 7. 11. 1997, die am 23. 12. 1997 eingetreten sei, aufgehoben werde (§ 399a Abs 2 Z 2 EO). Im Hinblick auf die gleichgebliebene Höhe der Unterhaltsverpflichtung unterließ das Erstgericht nach Rücksprache mit dem Unterhaltssachwalter aber zunächst (offenbar bewusst - siehe AV vom 27. 1. 1998, ON 69) eine Einstellung der gemäß § 4 Z 5 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse; eine Antragstellung, nunmehr Unterhaltsvorschüsse nach §§ 3, 4 Z 1 UVG in Titelhöhe zu gewähren, unterblieb daher.
In der Folge bewilligte das Erstgericht über Antrag des Unterhaltssachwalters mit Beschluss vom 28. 8. 2000 (vor Ablauf der Dauer der "unechten Titelvorschüsse" gemäß § 4 Z 5 UVG) die "Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen nach §§ 3, 4 Z 1, § 18 UVG" vom 1. 9. 2000 bis 31. 8. 2003.
Darauf hingewiesen (AV vom 21. 9. 2000, ON 95), dass dies nicht möglich sei, da ja noch keine Bewilligung nach §§ 3, 4 Z 1 UVG vorliege, stellte das Erstgericht mit Beschluss vom 27. 4. 2001 (ON 96) den Unterhaltsvorschuss (gemäß § 4 Z 5 UVG) mit Ablauf des Monates Februar 1998 ein. Da die einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 23. 12. 1997 aufgehoben worden sei, der am 26. 2. 1998 in Rechtskraft erwachsen sei, seien die Voraussetzungen der Vorschussgewährung mit Ende Februar 1998 weggefallen.
Mit ebenfalls am 27. 4. 2001 gefassten Beschluss berichtigte das Erstgericht seinen Beschluss vom 28. 8. 2000 dahin, dass es statt "Weitergewährung" von Unterhaltsvorschüssen "Gewährung" (Erstgewährung) von Unterhaltsvorschüssen nach §§ 3, 4 Z 1 UVG zu heißen habe.
Das vom Unterhaltssachwalter angerufene Rekursgericht bestätigte den Einstellungsbeschluss des Erstgerichtes und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zugelassen werde. Mit Rechtskraft des die einstweilige Verfügung aufhebenden Beschlusses vom 23. 12. 1997 sei die Voraussetzung zur Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 5 UVG weggefallen. Ein Unterhaltsvorschuss nach § 4 Z 5 UVG unterscheide sich in mehrfacher Hinsicht von einem Titelvorschuss, wie er nach Festsetzung des endgültigen Unterhaltes beantragt werden könne. Nach § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG seien Unterhaltsvorschüsse einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen der Gewährung der Vorschüsse (ausgenommen die des § 3 Z 2 UVG) wegfalle. Gemäß Abs 2 leg cit sei die Einstellung gegebenenfalls rückwirkend mit Ablauf des Monates anzuordnen, in dem der Einstellungsgrund eingetreten sei. Die auf Grund der einstweiligen Verfügung bewilligten Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 5 UVG wären somit mit Rechtskraft des Beschlusses, der die Aufhebung der einstweiligen Verfügung aussprach, einzustellen gewesen. Die rückwirkende Einstellung dieser Unterhaltsvorschüsse könne analog § 20 UVG auch dann noch erfolgen, wenn die Zeit, für die die Vorschüsse bewilligt wurden, bereits abgelaufen sei. Die (ursprüngliche) Erwägung (des Erstgerichtes), die Vorschüsse nach § 4 Z 5 UVG weiter laufen zu lassen, da die endgültige Unterhaltsverpflichtung des Vaters in derselben Höhe festgesetzt wurde, sei rechtlich nicht vertretbar. Das Erstgericht habe somit im Ergebnis zu Recht die auf Grund der einstweiligen Verfügung bewilligten Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 5 UVG rückwirkend per Ende Februar 1998 eingestellt.
Da eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes bekannt sei, die im Ergebnis eine unterschiedliche Behandlung von Vorschüssen nach § 4 Z 3, 4 (soll wohl heißen §§ 3, 4 Z 1) UVG und § 4 Z 5 UVG ablehne, nämlich 3 Ob 147/00i, und somit eine unterschiedliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei der Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zuzulassen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters ist zwar, da eine klärende Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes erforderlich erscheint, zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber hält an seiner schon im Rekurs vertretenen Rechtsmeinung fest, dass - da keine Einstellung der Vorschüsse nach § 4 Z 5 UVG erfolgt sei und die Voraussetzungen nach §§ 3, 4 Z 1 UVG offensichtlich vorgelegen seien - davon auszugehen sei, dass ab 1. 3. 1998 Unterhaltsvorschüsse nach §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährt worden seien. Demnach sei kein Einstellungsgrund nach § 20 UVG gegeben. Im Übrigen sei auch keine laufende Vorschussperiode betroffen; Vorschüsse einer abgelaufenen Periode könnten aber nicht herabgesetzt bzw zur Gänze eingestellt werden.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
In dem mit dem Bundesgesetz über den vorläufigen Unterhalt für Minderjährige (BGBl 1987/645) eingeführten § 382a EO wird der in einem vereinfachten Verfahren einem mj. Kind unter bestimmten Voraussetzungen zu bewilligende Unterhalt als "vorläufig" bezeichnet. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle kann ein solcher höchstens bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz bewilligt werden. Damit unterscheidet sich ein derartiger Unterhalt vom einstweiligen Unterhalt nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO, der eine solche Obergrenze nicht kennt. Eine zeitliche Begrenzung des vorläufigen Unterhaltes nach § 382a EO wird im Gesetz nicht angeordnet. Vielmehr ist eine einstweilige Verfügung nach § 399a Abs 2 Z 2 EO aufzuheben, wenn das Unterhaltsverfahren beendet ist, und zwar ab Verwirklichung des Aufhebungsgrundes, der im Beschluss festzustellen ist (Abs 3). Ob mit der endgültigen Unterhaltsfestsetzung der Titel für die Vorschussgewährung gemäß § 4 Z 5 UVG beseitigt wird (wie Neumayr in Schwimann, ABGB2 I Rz 21 zu § 19 UVG meint; abl 3 Ob 147/00i) kann hier dahingestellt bleiben, da im vorliegenden Fall ohnehin mit der mit Beschluss vom 7. 11. 1997 erfolgten endgültigen Unterhaltsfestsetzung auch die einstweilige Verfügung nach § 382a Abs 1 EO aufgehoben wurde (auf den Umstand, dass diese Aufhebung offenbar irrtümlich zweimal ausgesprochen wurde, muss hier ebenfalls nicht näher eingegangen werden). Durch diese Aufhebung ist der Titel für die Unterhaltsvorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG weggefallen. Im Hinblick auf den neuen Titel wäre daher ein endgültiger Titelvorschuss nach §§ 3, 4 Z 1 UVG zu beantragen gewesen.
Wie der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 137/99x, ÖA 1999, 263/UV 133 ausgeführt hat, wird ein Titelvorschuss gewährt, wenn eine Exekution nicht zur vollen Deckung geführt hat (§ 3 Z 2 UVG) oder wenn eine Exekution aussichtslos ist (§ 4 Z 1 UVG). Ein Vorschuss nach § 4 Z 5 UVG setzt dem gegenüber voraus, dass ein bestimmter vorläufiger Unterhaltsbeitrag durch einstweilige Verfügung nach § 382a EO festgesetzt wurde und dass dieser vorläufige Unterhalt innerhalb Monatsfrist ab Zustellung nicht voll gezahlt wird. Nicht erforderlich ist, dass die Entscheidung rechtskräftig ist, dass Exekution geführt oder ein Bedarf nachgewiesen wird. Eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO ergeht in einem vereinfachten Verfahren mit - zunächst - beschränktem rechtlichen Gehör des Gegners. Wie bereits erwähnt wurde, ist der damit zuerkannte Unterhalt mit dem Grundbetrag der Familienbeihilfe beschränkt. Ein Unterhaltsvorschuss nach § 4 Z 5 UVG unterscheidet sich demnach in mehrfacher Hinsicht von einem Titelvorschuss, wie er nach Festsetzung des endgültigen Unterhaltes beantragt werden kann. Die zugrundeliegende einstweilige Verfügung kann leichter und schneller erlangt werden, als sonst ein Unterhaltstitel; der Vorschuss wird schon bei bloßem Verzug des Unterhaltsschuldners gewährt. Zweck des vereinfachten Verfahrens ist es, den Unterhalt eines Kindes zu sichern, das mangels Bestehens eines vollstreckbaren Titels gezwungen ist, seinen Geldunterhaltsanspruch - erstmals - gerichtlich geltend zu machen und während des Unterhaltsverfahrens weder Unterhaltsbeiträge hereinbringen kann, noch (auf anderer Grundlage) Vorschüsse erlangen könnte (Neumayr aaO Rz 84 zu § 4 UVG mwN). Wie der Oberste Gerichtshof in der erwähnten Entscheidung weiter ausführt, hängt die damit erreichte Grundsicherung mit dem in der Folge festgesetzten (endgültigen) Unterhalt nur insoweit zusammen, als ein Unterhaltsfestsetzungsverfahren anhängig sein muss, damit eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO ergehen kann. Der vorläufige Unterhalt ist aber kein "Vorgriff auf den erst festzusetzenden Unterhalt", der eine nachträgliche "Anpassung" des Vorschusses nach § 4 Z 5 UVG an den (endgültigen) Unterhalt rechtfertigen könnte. Vielmehr kann, wenn der Unterhalt festgesetzt ist, erstmals ein Titelvorschuss beantragt werden, dessen Beginn und Dauer sich nach § 8 UVG richten. Danach sind die Vorschüsse vom Beginn des Monates, in dem das Kind dies beantragt, für die Dauer des voraussichtlichen Vorliegens der Voraussetzungen, jedoch jeweils längstens für drei Jahre zu gewähren. Eine rückwirkende Gewährung ist ausgeschlossen (Neumayr aaO Rz 1 zu § 8 UVG mwN).
Da also zwischen den Vorschussgründen des § 4 Z 1 und des § 4 Z 5 UVG zu unterscheiden ist, kann nach Aufhebung der einer Vorschussgewährung nach der letzteren Gesetzesstelle zugrundeliegenden einstweiligen Verfügung nach § 382a EO entgegen der Meinung der Revisionsrekurswerber nicht davon ausgegangen werden, dass eine endgültige Unterhaltsfestsetzung in Höhe der vorläufigen einen "unechten Titelvorschuss" nach § 4 Z 5 UVG in einen Titelvorschuss nach § 4 Z 1 UVG verwandeln würde. Dass durch den Aktenvermerk vom 27. 1. 1998 (ON 69) dokumentierte Vorgehen des Erstgerichtes, sich im Hinblick darauf, dass der endgültige Unterhalt in derselben Höhe wie der vorläufige festgesetzt wurde, zunächst bewusst über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung hinwegzusetzen und ungeachtet des § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG weiterhin Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 5 UVG zu gewähren, muss daher als gesetzwidrig bezeichnet werden.
Gemäß § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG sind Unterhaltsvorschüsse auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen der Gewährung der Vorschüsse, ausgenommen die des § 3 Z 2 UVG, wegfällt. Die Einstellung ist gemäß § 20 Abs 2 UVG gegebenenfalls rückwirkend mit Ablauf des Monates anzuordnen, in dem der Einstellungsgrund eingetreten ist. Die sich im Hinblick auf den üblichen allgemeinen Wortsinn des Begriffs der "Einstellung" stellende Frage, ob eine Einstellung der Vorschüsse auch dann noch in Betracht kommt, wenn die Zeit, für die die Vorschüsse gewährt wurde, bereits abgelaufen ist, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits wiederholt dahin beantwortet, dass § 20 UVG in einem solchen Fall analog anzuwenden sei (7 Ob 601/90, SZ 63/122 = NZ 1992, 13 = ÖA 1991, 116; RIS‑Justiz RS0076769). Dies wird damit begründet, dass das Gesetz ausdrücklich eine rückwirkende Einstellung anordne und den Begriff der Vorschussperioden nicht verwende. Dem § 20 UVG liege die Erwägung zugrunde, dass dem Gericht, auch wenn die Unterhaltsvorschüsse jeweils nur auf bestimmte Zeit bewilligt würden, noch die Möglichkeit gegeben werden müsse, die Vorschüsse auch vor Ablauf dieser Zeit aus bestimmten Gründen einzustellen. Diese Einstellung solle nicht erst mit der Beschlussfassung, sondern mit dem Eintritt des Einstellungsgrundes wirksam werden. Vorschüsse, die nach diesem Zeitpunkt geleistet werden, würden als zu Unrecht gewährt gelten; für ihren Ersatz gelte § 22 UVG (5 BlgNR 14. GP 18 f). Aus dieser Absicht des Gesetzgebers und der immanenten Teleologie des Gesetzes folge, dass eine - durch Analogie zu schließende - Gesetzeslücke für den Fall vorliege, dass erst nach Ablauf der Zeit, für die die Vorschüsse gewährt wurden, ein während dieses Zeitraumes eingetretener Einstellungsgrund offenkundig werde.
Daran ist festzuhalten, zumal die Revisionsrekurswerberin zur Begründung ihrer Gegenmeinung nichts vorbringt, was diese Überlegungen widerlegen könnte.
Die angefochtene Entscheidung des Rekursgerichtes war daher zu bestätigen. Sie steht mit der von ihr zitierten Entscheidung 3 Ob 147/00i nicht im Widerspruch, weil sie insoweit nicht vergleichbar ist, als dort - worauf dort mehrmals hingewiesen wurde - Identität des Vorschussgrundes (nämlich des § 4 Z 1 UVG) zum Unterschied vom vorliegenden Fall gegeben war bzw ausdrücklich angenommen wurde.
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