OGH 7Ob189/10k

OGH7Ob189/10k24.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** E*****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei U*****AG, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 150.823 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. August 2010, GZ 2 R 35/10w-62, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 159 Abs 2 VersVG ist in dem Fall, dass die Versicherung für den Tod eines anderen (nicht des Versicherungsnehmers) genommen wird und die vereinbarte Leistung den Betrag der gewöhnlichen Beerdigungskosten - wie hier - übersteigt, zur Gültigkeit des Vertrags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich. Der Zweck dieser Bestimmung ist, den Versicherten vor Spekulationen auf seinen Tod zu schützen und gilt daher immer, wenn der Versicherungsnehmer ein vermögenswertes Interesse am Tod des Versicherten hat (RIS-Justiz RS0080812). Die Formvorschrift des § 159 Abs 2 VersVG bezweckt den Nachweis der gründlichen Überlegung durch die Gefahrenperson. Auch wenn eindeutig feststeht, dass die Gefahrenperson dem Abschluss des Vertrags zustimmen wollte, eine schriftliche Zustimmungserklärung jedoch nicht vorliegt, ist der Vertrag unwirksam, weil gegenteiliges dem eindeutigen Wortlaut des § 159 Abs 2 VersVG widerspräche. Die Zustimmungserklärung muss in Kenntnis der tatsächlichen Gefährdung abgegeben werden, die sich aus dem Umstand ergibt, dass für einen Dritten durch die Art des Vertragsabschlusses ein Anreiz für die Herbeiführung des Versicherungsfalls geschaffen wird. Die Gefahrenperson muss also in der Lage sein, das Risiko, das sie mit der Einwilligung auf sich nimmt, abzuwägen. Dies setzt die Kenntnis der Art der Versicherung, der Person des Versicherungsnehmers und der Höhe der Versicherungssumme voraus (7 Ob 39/84 = SZ 57/201 = RIS-Justiz RS0019354).

An dieser Judikatur des Obersten Gerichtshofs ist festzuhalten. Diese Ansicht wird im Schrifttum sowohl in Österreich als auch (bei vergleichbarer Rechtslage) in Deutschland und vom BGH geteilt (vgl Schauer, Österreichisches Versicherungsvertragsrecht3, 465; Heiss in Heiss/Lorenz, Versicherungsvertragsgesetz, § 159 Rz 5; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG27, § 159 Rn 9; Schwintowski in BK, § 159 VVG Rn 6 f, Römer in Römer/Langheid, VVG2, § 159 Rn 15 je mwN).

Die Frage, ob ein zunächst nichtiger Versicherungsvertrag für den Fall des Todes eines anderen, der ohne dessen schriftliche Zustimmungserklärung abgeschlossen wurde, durch nachträgliche Erklärung der „Gefahrenperson“ saniert werden kann, stellt sich hier nicht, weil eine entsprechende Erklärung ohnehin nicht vorliegt. Aus der Bezahlung der Prämie durch den Sohn des Klägers könnte allenfalls eine konkludente Zustimmung, aber keinesfalls eine schriftliche Zustimmungserklärung zum Versicherungsvertrag abgeleitet werden. Der Auftrag zur Überweisung der Prämie richtet sich ausschließlich an die Bank. Ein über den Überweisungsauftrag hinausgehender Erklärungswert ist nicht erkennbar. Auch aus der (teilweisen) Vinkulierung zugunsten einer Bank ergibt sich keine an den Versicherer oder den Versicherungsnehmer gerichtete schriftliche Zustimmungserklärung des Sohnes des Klägers. Charakteristikum und unumgänglicher Mindestinhalt einer Vinkulierung ist eine Zahlungssperre zugunsten des Vinkulargläubigers mit der Wirkung, dass Leistungen des Versicherers an den Versicherungsnehmer nur mit Zustimmung des Vinkulargläubigers möglich sind (7 Ob 228/07s; RIS-Justiz RS0106148, RS0086331). Der Sohn des Klägers war aber weder Versicherungsnehmer noch Bezugsberechtigter, eine Unterschrift des Sohnes im Zusammenhang mit der Vinkulierung steht nicht fest.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass mangels schriftlicher Zustimmungserklärung des Sohnes des Klägers der Versicherungsvertrag nichtig ist, hält sich im Rahmen der Judikatur. Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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