OGH 7Ob126/24s

OGH7Ob126/24s23.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H*, und 2. B*, beide vertreten durch Dr. Otmar Moser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Estermann & Partner OG, Rechtsanwälte in Mattighofen, wegen Feststellung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 27. Juni 2024, GZ 53 R 88/24h‑35, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00126.24S.0923.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Auslegung des Umfangs der Dienstbarkeit ist eine Frage des Einzelfalls (RS0011720 [T7]) und wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde.

[2] 2. Der Erwerbstitel einer Dienstbarkeit ist – neben den anderen in § 480 ABGB genannten Fällen – grundsätzlich ein Vertrag, der nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (§ 863 ABGB) geschlossen werden kann (vgl RS0114010; RS0111562). An schlüssige Servitutsbegründungen sind strenge Anforderungen zu stellen (RS0114010 [T6, T7]). So kommt ein schlüssiger Dienstbarkeitsvertrag nicht schon durch die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs des dienenden Guts, sondern erst dann zustande, wenn zusätzliche Sachverhaltselemente den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der (jeweils) Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen (RS0111562). Die Beurteilung des Vorliegens einer konkludenten Willenserklärung hat allerdings regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge eine Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RS0043253 [T8, T18, T21]).

[3] 3. Das Ausmaß der Dienstbarkeit und der Umfang der dem Inhaber zustehenden Rechte richtet sich nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist (RS0011720). Bei ungemessenen Servituten sind im Rahmen der ursprünglichen oder der vorhersehbaren Art der Ausübung die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten maßgebend (RS0097856).

[4] 4. Die Vorinstanzen sind auf Basis der Feststellungen, wonach anlässlich eines Notartermins für die Einräumung einer gemessenen Servitut in einem bis dahin nicht benutzten Bereich, für deren Ausübung durch die Berechtigten eine – davor bereits benutzte – Zufahrt unerlässlich war, für alle Beteiligten klar und gewollt war, dass diese Zufahrt weiterhin über den ohnehin dafür schon benutzten Bereich erfolgen soll, von einer dadurch erfolgten konkludenten Einräumung einer zusätzlichen ungemessenen Servitut in diesem Zufahrtsbereich ausgegangen. Das hält sich im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung und ist daher im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.

[5] 5. Entgegen der Ansicht des Beklagten in seiner Revision geht es dabei weder um eine Erweiterung einer Dienstbarkeit (sie wurde von Anfang konkludent so wie nunmehr zu verbüchern eingeräumt), noch wurde eine Mischung aus gemessener und ungemessener Servitut eingeräumt (sondern zwei verschiedene). Im Übrigen entfernt sich die Revision von den Feststellungen, weshalb sie insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

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