Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Versicherung (in der Folge: Beklagte) eine das Diebstahlrisiko einschließende Kasko-Motorboot-Versicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Kaskoversicherung von Wassersportfahrzeugen 1991 (in der Folge ABKW) zugrundeliegen. Gegenstand der Versicherung ist unter anderem Maschine oder Motor (§ 1 Abs 2 ABKW). Bei Verlust von Maschine oder Motor, leistet der Versicherer Ersatz unter anderem bei Diebstahl (§ 4 Abs 1 lit a ABKW). Die Versicherungssumme soll dem Versicherungswert entsprechen (§ 7 Abs 1 ABKW). Der Versicherungswert ist der Zeitwert. Der Zeitwert ist der Betrag, der allgemein erforderlich ist, um neue Sachen gleicher Art anzuschaffen, abzüglich eines dem Zustand der versicherten Sachen (Alter, Abnützung, Gebrauch etc) entsprechenden Betrages (§ 7 Abs 2 ABKW). Werden versicherte Sachen beschädigt, kann der Versicherungsnehmer Ersatz für die zum Zeitpunkt des Schadeneintrittes notwendigen Kosten für die Wiederherstellung der beschädigten Teile verlangen, jedoch nur bis zur Höhe der Versicherungssumme (§ 11 Abs 2 ABKW).
Der Kläger stellte im November 1997 sein Boot mit einer Kette abgesichert entgeltlich auf dem Gelände der I***** in M***** ab. Im November 1997 wurde der Innenbordmotor (Antriebstyp Volvo Penta 290 DP, erstmals zugelassen am 2. 8. 1995) des Motorboots gestohlen. Dieser Antriebstyp wird nicht mehr hergestellt. Da Motorboote dieses Bautyps nur in geringen Stückzahlen gebaut werden, sind Gebrauchtteile, wie der gestohlene Antrieb, im üblichen Fachhandel nicht erhältlich. Das vergleichbare Antriebsmodel DPA 2 hatte 1995 (preisgleich wie 1998) einen Neupreis von insgesamt S 139.167,-- netto. Der Wert des Innenbordmotors vermindert sich im ersten Jahr um 30 %, im weiteren Jahr um 10 %. Für Reparatur und Montage sind 20.900,-- netto zu bezahlen.
Der Kläger begehrt den Ersatz seines Schadens in der Höhe von S 187.080,-- (Neuwert und Reparatur- und Montagekosten abzüglich Selbstbehalt).
Die Beklagte bestreitet - soweit dies für das Rekursverfahren noch von Bedeutung ist - nur mehr den S 125.280,-- (d.s. 60 % des Neuwertes zuzüglich Reparatur- und Montagekosten) übersteigenden Klagsbetrag mit der Begründung, dass der Kläger Neupreise geltend mache, der gestohlene Motor aber bereits gebraucht gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass § 7 Abs 2 ABKW hier nicht zur Anwendung komme, da lediglich der Versicherungs- bzw Zeitwert geregelt sei, nicht aber, welcher Wert im Versicherungsfall zu ersetzen sei. Für die Ersatzpflicht regle § 11 Abs 2 ABKW, dass die notwendigen Kosten für die Wiederherstellung der beschädigten Teile geltend gemacht werden können. Mangels eines Marktes für die erforderlichen Gebrauchtteile zum Zwecke der Wiederherstellung sei der Kläger berechtigt, den Neuwert des Innenbordmotors zu begehren.
Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil im Umfang von S 61.800,-- sA auf und verwies es zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Ansicht, dass als Zeitwert in der Sachversicherung der Wert zu verstehen sei, der sich aus dem gegenwärtigen Zustand der versicherten Sache entsprechend ihrem Alter und ihrer Abnützung ergebe. Grundlage für die Wertbestimmung seien die Art der Versicherung und die Versicherungsbedingungen. Eine von der Zeitwertversicherung abweichende Vereinbarung habe der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet. Es gelte das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot. Nach den Feststellungen sei es keine Frage, dass der Kläger durch den Ersatz für den Einbau eines neuen Antriebes anlässlich einer solchen Schadensbehebung einen Vorteil erlangen würde. Ein durch den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bedingter Vorteil sei auszugleichen, wenn er eine Förderung des verletzten Rechtsgutes oder der verletzten Vertragspflicht bedeute. Der in § 11 Abs 2 ABKW angesprochene Ersatz bis zur Höhe der Versicherungssumme sei als Höchstersatz für den Fall einer vereinbarten Neuwertversicherung zu sehen. Das Erstgericht habe allerdings keine Feststellungen hinsichtlich des Verkehrswertes des gestohlenen Antriebs getroffen, was im zu ergänzenden Verfahren nachzuholen sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil vom Obersten Gerichtshof ein gleichgelagerter Fall bisher noch nicht entschieden worden sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben, in eventu den Beschluss aufzuheben und im klagsabweisenden Sinn zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Bezieht sich die Versicherung auf eine Sache, so gilt, soweit sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt, der Wert der Sache als Versicherungswert (§ 52 VersVG). Der Versicherer ist, auch wenn die Versicherungssumme höher ist als der Versicherungswert zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles, nicht verpflichtet, dem Versicherungsnehmer mehr als den Betrag des Schadens zu ersetzen (§ 55 VersVG).
Grundlage für die Wertbestimmung sind die Art der Versicherung und die Versicherungsbedingungen (7 Ob 11/88). In den zugrundeliegenden ABKW ist ausdrücklich geregelt, dass Versicherungswert der Zeitwert ist. Bei dem Begriff Zeitwert handelt es sich um einen versicherungsrechtlichen und keinen schadenersatzrechtlichen Begriff (7 Ob 11/88; 7 Ob 86/99v). Als Zeitwert ist in der Sachversicherung - im Gegensatz zum Neuwert - der Wert zu verstehen, der sich aus dem gegenwärtigen Zustand der versicherten Sache entsprechend ihrem Alter und ihrer Abnützung ergibt (7 Ob 11/88, Bruck-Möller8 II 299, Martin, Sachversicherungsrecht2, Q III 38). Mangels anders lautender Vereinbarungen kommt es im Regelfall auf den Wiederbeschaffungspreis vergleichbarer Sachen an (7 Ob 380/97a; Martin, aaO, Q I 1204).
§ 7 Abs 2 ABKW legt den Zeitwert als jenen Betrag fest, der allgemein erforderlich ist, um neue Sachen gleicher Art anzuschaffen, abzüglich eines dem Zustand der versicherten Sachen (Alter, Abnützung, Gebrauch etc) entsprechenden Betrages. Damit ist klargestellt, dass nur der nach den Allgemeinen Bedingungen zu ermittelnde Zeitwert, nicht jedoch der Neuwert versichert ist. § 11 Abs 2 ABKW bezieht sich auf Beschädigung (Reparaturkosten) und nicht auf Teilverlust. Aber auch diese Kosten werden im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Erstgerichtes durch die Versicherungssumme begrenzt, die sich gemäß § 7 Abs 1 und 2 ABKW wieder nach dem Zeitwert richtet. Aus der in den ABKW festgelegten und zwischen den Parteien vereinbarten Definition des Zeitwertes ergibt sich seine Berechnung. Schon die Definition geht nicht von einem Markt für gebrauchte Gegenstände aus, sondern von der Anschaffung neuer Sachen gleicher Art abzüglich des Betrages, um den sich der Wert der neuen Sache durch Alter und Gebrauch verringert hat (vgl auch Prölss/Martin26, VVG, § 52, Rz 14).
Nach der Vereinbarung zwischen den Parteien ist also schon von vornherein im Hinblick auf das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot (§ 55 VersVG) ein Abzug neu für alt vom Neuwert vorzunehmen. Der Anspruch des Versicherungsnehmers kann daher - soweit hier noch verfahrensgegenständlich - nur in der Höhe des Zeitwertes entstehen, wozu übrigens - entgegen den Ausführungen des Klägers - die Beklagte auch im erstinstanzlichen Verfahren Vorbringen erstattet hat.
Dem Kläger ist aber zuzustimmen, dass es im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes bei der Ausmittlung der Versicherungsleistung nicht auf den Wert des Motors isoliert vom Wert des Bootes ankommt. Der Zeitwertberechnung ist die Differenz zwischen dem Wert des Bootes vor dem Diebstahl, also mit altem Motor, zum Wert des Bootes mit neuem Motor zugrundezulegen. Der Versicherungsschutz erstreckt sich nämlich nach der Art der Versicherung auf das Boot insgesamt. Dem Wert des gestohlenen, abgrenzbaren Einzelteiles - die vom Berufungsgericht vermissten Feststellungen wurden vom Erstgericht ohnehin getroffen - kommt hingegen keine Bedeutung zu, weil der Motor zweifellos ein ausstattungsmäßig notwendiges Zubehör des Kasko versicherten Bootes ist (vgl 7 Ob 380/97a zur Sonderausstattung eines PKW). Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren festzustellen haben, ob der nunmehr eingebaute Motor zu einer Werterhöhung des Bootes und wenn ja in welcher Höhe geführt hat und wird erst bei Bejahung letzterer Frage den entsprechenden Differenzbetrag dem Kläger in Abzug bringen müssen.
Das Berufungsgericht hat daher im Ergebnis richtig erkannt, dass es der Ergänzung des Beweisverfahrens bedarf, bevor über die Rechtssache abschließend entschieden werden kann.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.
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