Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird aufgetragen, über die Rechtsmittel unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
Die Kosten des Rekurses sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte von der Beklagten eine Versicherungsleistung von 7.280 EUR. Das das Klagebegehren abweisende Urteil des Erstgerichts wurde ihm am 27. 6. 2011 zugestellt. Am 29. 8. 2011 erhob er gegen das Urteil Berufung und verband damit einen Rekurs gegen den die Ablehnung des Sachverständigen Dr. U***** B***** verwerfenden Beschlusses.
Das Berufungsgericht wies Berufung und Rekurs als verspätet zurück. Die Berufungsfrist und somit auch die Frist für den mit der Berufung verbundenen Rekurs sei bereits am 26. 8. 2011 abgelaufen. Nach der seit 1. 5. 2011 geltenden neuen Fassung des § 222 ZPO ergebe sich eine Hemmung der Rechtsmittelfristen zwischen dem 15. Juli und dem 17. August (sowie dem 24. Dezember und dem 6. Jänner). Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung seien der 15. Juli und der 17. August (sowie der 24. Dezember und der 6. Jänner) nicht mehr Teile jenes Zeitraums, in dem eine Hemmung der Fristen eintrete. Der Gesetzgeber habe in den Erläuternden Bemerkungen (zur Regierungsvorlage) geäußert, dass er den Zeitraum verkürzen wolle und es ihm insgesamt um eine raschere Abwicklung der Gerichtsverfahren gehe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhobene Rekurs des Klägers ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO) und berechtigt.
Zutreffend wendet der Rekurswerber ein, dass sowohl der Tag des Beginns als auch der Tag des Endes der Fristenhemmung von dieser umfasst sind. Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 6 Ob 216/11z und 6 Ob 208/11a (unter Ablehnung der Ansicht Hingers, Vorsicht am 15. Juli! - zur Neufassung des § 222 ZPO durch das Budgetbegleitgesetz 2011, ÖJZ 2011, 427 ff) ausgesprochen hat, schließt die Verwendung der Präposition „zwischen“ in § 222 Abs 1 ZPO (idF Budgetbegleitgesetz 2011) ein Verständnis dahin, dass von dieser Formulierung auch der Anfangs- und Endtermin umfasst ist, keineswegs aus. Der 15. Juli und der 17. August sind daher jeweils mitzuzählen (RIS-Justiz RS0127140; vgl Kolmasch, Fristenhemmung im Sommer, Zak 2011/426, 230 f; noch zweifelnd; Nowotny, ecolex 2011, 622 [624 f]). Das Gegenargument des Berufungsgerichts, in den Gesetzesmaterialien (RV 981 BlgNR 24. GP 85) werde darauf verwiesen, dass der Zeitraum der Hemmung verkürzt werde, ist nicht stichhältig. Die erwähnte Verkürzung ist dadurch gegeben, dass die verhandlungsfreie Zeit nach § 222 ZPO (alt) vom 15. Juli bis 25. August reichte. Wäre mit der Neuformulierung der Definition des Hemmungszeitraums („zwischen“ statt „vom … bis“) eine weitere Verkürzung um zwei Tage (und damit im Sommer um zehn statt acht Tage) beabsichtigt gewesen, wäre dies in den Gesetzesmaterialien wohl zum Ausdruck gebracht worden. Mangels eines solchen Hinweises kann nicht angenommen werden, dass durch die Neuformulierung eine weitere Verkürzung der Frist bewirkt werden sollte.
War die Frist nach § 222 Abs 1 ZPO demnach auch am 15. Juli und 17. August 2011 gehemmt, hat der Kläger rechtzeitig Berufung (und Rekurs) erhoben. Da der 28. 8. 2011 ein Sonntag war, endete die Berufungsfrist am 29. 8. 2011; an diesem Tag hat der Kläger Berufung und Rekurs eingebracht. Dem Berufungsgericht ist daher eine Sachentscheidung über die sohin rechtzeitigen Rechtsmittel des Klägers aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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