OGH 7Nc9/10y

OGH7Nc9/10y27.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Schaumüller und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** H*****, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Fuchsbauer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 12.520,87 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird gemäß § 31 Abs 2 JN anstelle des Landesgerichts St. Pölten das Landesgericht Innsbruck bestimmt.

Text

Begründung

Die Klägerin nimmt die Beklagte unter dem Titel Schadenersatz/Gewährleistung wegen mangelhafter Aufbringung eines Bodenbelags auf der Terrasse ihres Hauses in R*****/Tirol in Anspruch. Als Beweismittel nennt die Klägerin unter anderem Parteienvernehmung, Ortsaugenschein und Gutachten eines Sachverständigen. Sie legte auch eine Urkunde in Kopie vor, aus der die Annahme des (auf einem Kostenvoranschlag der Beklagten basierenden) Angebots der Klägerin durch die Beklagte ersehen werden kann. Die Klägerin verlangt die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck, weil ein Sachverständiger das Gewerk vor Ort besichtigen müsse, wo auch die Einvernahme der Klägerin durchgeführt werden solle; überdies sei auch ein Ortsaugenschein beantragt.

Die Beklagte wendet primär mangelnde Passivlegitimation ein. Über ausdrücklichen Wunsch der Klägerin sei die Werkleistung nicht durch die Beklagte, sondern durch deren Partnerfirma N***** durchgeführt worden. Diese habe Rechnung gelegt, die von der Klägerin bezahlt worden sei. Weiters wurde das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Zum Beweis berief sich die Beklagte bisher nur auf Urkunden. Dem Delegierungsantrag entgegnete sie, es trete ein völlig identer Verhandlungsaufwand in beiden Fällen ein.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts - ausnahmsweise (RIS-Justiz RS0046589; RS0046441) - ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (RIS-Justiz RS0053169 [T3]). Das ist der Fall, wenn das Beweisverfahren oder der maßgebliche Teil davon vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung (RIS-Justiz RS0046540 [T22]). Daher wird auch dem Ort eines Lokalaugenscheins immer wieder ausschlaggebende Bedeutung zugemessen (RIS-Justiz RS0046359). Der Oberste Gerichtshof hat bei seinen nach § 31 JN anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen vom Stand des Verfahrens zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Delegierungsantrag auszugehen (RIS-Justiz RS0046213). Auf den Wohnsitz noch gar nicht namhaft gemachter Zeugen kann nicht abgestellt werden (RIS-Justiz RS0046589 [T15]).

Im vorliegenden Verfahren wird zwar zunächst die Frage der Passivlegitimation zu klären sein; erst bei deren Bejahung steht ein Lokalaugenschein und/oder eine Befundaufnahme durch einen Sachverständigen in R***** an. Da aber von der Beklagten nur Urkunden als Beweismittel angeboten wurden, ist bei der hier vorzunehmenden Beurteilung davon auszugehen, dass seitens der Beklagten keine Personen einzuvernehmen sein werden und insofern keine Erschwerung des Gerichtszugangs droht, wenn vor dem Landesgericht Innsbruck verhandelt wird. Die begehrte Delegation führt zur Kostenersparnis für die Klägerin, da sich die Anreise(n) zum Landesgericht St. Pölten erübrigt. Da auch der beantragte Lokalaugenschein vor dem erkennenden Gericht stattfinden und unterstellt werden kann, dass einem Sachverständigen zumindest die Anreise zur Befundaufnahme oder zur Erörterung seines Gutachtens erspart bleibt, ist die Zweckmäßigkeit der Delegation an das Landesgericht Innsbruck (ausnahmsweise) zu bejahen.

Daher ist dem Antrag der Klägerin stattzugeben.

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