OGH 7Nc76/03s

OGH7Nc76/03s11.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Eileen P*****, geboren am ***** Aufenthalt in Irland unbekannt, Eltern: Manuela und Wolfgang P*****, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Übertragung der Zuständigkeit in der Pflegschaftssache vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien an das Bezirksgericht Kitzbühel wird nicht genehmigt.

Text

Begründung

Das Bezirksgericht Kitzbühel nahm den Antrag der Eltern der Minderjährigen auf "Zurückführung der in Irland befindlichen Tochter in ihre Obsorge" am 16. 11. 2001 zu Protokoll. Mit Beschluss vom 16. 11. 2001 (ON 3) sprach das Bezirksgericht Kitzbühel aus, dass es zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Pflegschaftssache unzuständig sei und diese an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien überweise. Die Minderjährige sei unbekannten Aufenthalts in Irland. Die Eltern der Minderjährigen hätten vorübergehend Aufnahme bei der Schwester des Vaters in St. Johann in Tirol gefunden, sie hätten diesen Ort aber nicht zum Mittelpunkt ihres Lebens gemacht, sondern hielten sich nur vorübergehend hier zu Gast auf. Da auch die Eltern der Minderjährigen keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichtes Kitzbühel hätten, sei nach § 109 JN die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien gegeben.

Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Die Minderjährige ist nach wie vor unbekannten Aufenthalts in Irland.

Die Eltern halten sich zur Zeit in Jochberg auf.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien fasste am 11. September 2003 den Beschluss auf Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Kitzbühel gemäß § 111 JN (ON 49). Die Eltern des Kindes lebten im Sprengel des Bezirksgerichtes Kitzbühel, einen faktischen Anknüpfungspunkt zum Bezirksgericht Innere Stadt Wien gebe es nicht. Es sei zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht Kitzbühel die Pflegschaftssache führe, da ein örtliches Naheverhältnis zwischen den Eltern der Minderjährigen und diesem Gericht bestehe. Zudem sei die beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zuständige Richterin aufgrund eines Richterwechsels mit dem Pflegschaftsakt nicht vertraut. Das Bezirksgericht Kitzbühel lehnte die Übernahme der Pflegschaft ab und verwies auf seinen Beschluss ON 3. An der damals gegebenen Situation habe sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien legt nun den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Übertragung ist nicht zu genehmigen.

Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit von Amts wegen ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert werde (9 Nd 513/00, RIS-Justiz RS0049144, RS0046929). Es müssen besondere Gründe vorliegen, damit eine Zuständigkeitsübertragung im Interesse der Kinder und zur Beförderung der wirksamen Handhabung des pflegschaftsbehördlichen Schutzes gerechtfertigt erscheint (RIS-Justiz RS0046984).

Auszugehen ist davon, dass das Bezirksgericht Kitzbühel in dieser Rechtssache seine Unzuständigkeit rechtskräftig ausgesprochen hat und das Bezirksgericht Innere Stadt Wien für diese Pflegschaftssache zufolge der bereits am 12. 4. 2002 ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 7 Nd 503/02 zuständig (geworden) ist. Die (Rück-)Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 JN setzt nunmehr also voraus, dass diese im besonderen Interesse des Pflegebefohlenen liegt. Dieses Interesse ergibt sich aber weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien. Weder liegt im Sprengel des überwiesenen Gerichtes der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes (10 Nd 509/01) noch kann hiefür "mangelnde Vertrautheit" der nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richterin als ernsthaftes Argument ins Treffen geführt werden.

Da die besonderen Gründe, die für eine Übertragung nach § 111 JN notwendig sind, im vorliegenden Fall (jedenfalls zur Zeit) sohin nicht gegeben sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

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