OGH 6Ob84/10m

OGH6Ob84/10m24.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am 8. November 2003 verstorbenen J***** F***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Noterbin S***** B*****, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in Eisenstadt, wegen Feststellung der Erbhofeigenschaft, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 23. März 2010, GZ 21 R 466/09i-71, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Feststellung der Erbhofeigenschaft gemäß § 1 AnerbenG kommt es auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers an; sie richtet sich nach den Verhältnissen zu diesem Zeitpunkt (Eccher in Schwimann, ABGB³ [2006] § 1 AnerbenG Rz 18; 6 Ob 144/00w). Darüber hinaus sind objektive Kriterien maßgebend (6 Ob 144/00w mwN; 6 Ob 102/01w; RIS-Justiz RS0113948).

Dass gewisse Gebäude nach dem Tod des Erblassers abgerissen wurden, ist daher ebenso unbeachtlich wie der Umstand, dass tatsächlich ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb derzeit nicht geführt wird.

2. Nach § 2 Abs 3 AnerbenG gehören zum Erbhof auch die darauf betriebenen Unternehmen des Eigentümers, sofern diese nicht die Hauptsache bilden und vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht getrennt werden können oder ihre Trennung unwirtschaftlich wäre. Bei der Ertragsberechnung iSd § 1 AnerbenG sind auch die Erträge derartiger Unternehmen miteinzubeziehen (6 Ob 62/00m).

Zu diesen Unternehmen gehört zwar nicht eine Fremdenpension, wenn es sich um einen selbstständigen Betrieb handelt, wohl aber eine solche, die neben der Landwirtschaft geführt werden kann (Eccher in Schwimann, ABGB³ [2006] § 2 AnerbenG Rz 5 mwN; vgl auch 6 Ob 62/00m zu einer Pferdeeinstellungspension). Dies muss aber dann erst recht für die Erträgnisse aus der Vermietung einzelner Zimmer unter dem Gesichtspunkt „Ferien auf dem Bauernhof“ gelten; jedenfalls ist diese von den Vorinstanzen vertretene Auffassung nicht korrekturbedürftig iSd § 63 Abs 1 AußStrG.

Dass - wie der außerordentliche Revisionsrekurs ausführt - im konkreten Fall eine derartige Bewirtschaftung nicht in Betracht kommt, weil der Familie das Bauernhaus als „privater Rückzugsbereich, um sich von dem Trubel des bereits sowieso geführten Hotel- und Skihüttenbetriebs zu erholen“, dient, ist unbeachtlich; es kommt lediglich darauf an, ob eine derartige Bewirtschaftung möglich wäre (hypothetische Qualifikation; 6 Ob 154/06z mwN).

3. Liegt nach den Kriterien der §§ 1 ff AnerbenG ein Erbhof vor, kann einem Erben, der sich darauf beruft, entgegen der im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretenen Auffassung nicht eine gegen die guten Sitten verstoßende oder rechtsmissbräuchliche Vorgangsweise vorgeworfen werden. Ob tatsächlich durch die Qualifikation des H*****guts als Erbhof eine maßgebliche Reduzierung dessen Werts für das Verlassenschaftsverfahren (aus der Sicht der Noterbin) zu befürchten ist, wird erst die Festsetzung des Übernahmspreises nach § 11 AnerbenG zeigen. Dabei wird aber zu beachten sein, dass nach der Rechtsprechung bei einem auffallenden Missverhältnis zwischen Verkehrswert und Ertragswert einer Landwirtschaft nach den Umständen des Einzelfalls auch ein Mittel dieser Werte angemessen sein kann, es also nicht zwingend auf den Ertragswert der Liegenschaft ankommen muss (vgl etwa 6 Ob 171/08b mwN).

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