European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00008.16V.0223.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 626,16 EUR (darin 104,36 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Entgegen der Rechtsansicht der klagenden Partei ist das Berufungsgericht bei seinem Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands nicht an die Bewertung des Klägers gebunden (RIS‑Justiz RS0042617). Die Bewertung durch das Berufungsgericht ist für den Obersten Gerichtshof bindend, es sei denn, das Berufungsgericht hätte zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verletzt oder den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten (RIS‑Justiz RS0042617 [T19]). Die Revision ist daher nicht jedenfalls unzulässig iSd § 502 Abs 2 ZPO.
2. Der Beklagte vermag jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
2.1. Das Berufungsgericht ließ nachträglich die Revision mit der Begründung zu, die Überprüfung der vom Beklagten behaupteten unrichtigen Auslegung der Urkunden Blg ./D und ./E diene der Wahrung der Rechtssicherheit. Diese Begründung genügt jedoch den Anforderungen des § 508 Abs 3 ZPO nicht. Die Begründung muss vielmehr konkret aufzeigen, worin die nunmehr ‑ entgegen dem vorherigen Unzulässigkeitsausspruch abweichend angenommene ‑ erhebliche Rechtsfrage liegen soll (RIS‑Justiz RS0111729 [T2a]). Die nach dem Gesetz erforderliche Prüfung der Stichhaltigkeit eines Abänderungsantrags gemäß § 508 Abs 1 ZPO darf sich nicht in einer Scheinbegründung erschöpfen; das Gericht zweiter Instanz hat sich bei seiner Prüfung mit den Antragsargumenten wenngleich kurz, so doch inhaltlich auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0111729 [T4]).
2.2. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn in Folge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936). Steht die Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung im Einklang, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, kommt doch der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0042776).
2.3. Auch die Frage, ob ein Vertrag aufgrund der behaupteten Verletzung von Aufklärungspflichten wegen Irrtums angefochten werden kann, kann in der Regel nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden, sodass die Bedeutung dieser Frage in der Regel nicht über den Einzelfall hinausreicht.
2.4. Im Übrigen kann, abgesehen davon, dass sich der Beklagte im Verfahren erster Instanz primär auf die Urkunde Blg ./C gestützt hat, in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass Blg ./D nur das Grundstück 1146/4 erfassen soll, keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden. Andernfalls hätte es für den Beklagten keinen Sinn gemacht, eine Vereinbarung über den auf vier Wochen beschränkten Abtransport von Holz auch von den Grundstücken 1146/1 und 1146/3 abzuschließen, wenn diese Grundstücke von der Blg ./D ohnehin bereits miterfasst gewesen wären. Versteht man Blg ./D dahin, dass sie von vornherein nur das Grundstück 1146/4 erfasst, liegt in der Vereinbarung aus dem Jahr 2009 (Blg ./E) auch kein (stillschweigender) Verzicht des Beklagten auf weitergehende Rechte, weil er bezüglich der Grundstücke 1149/9, 1146/1 und 1146/3 gar kein Holzbringungsrecht hatte.
2.5. Das weitere Revisionsvorbringen, wonach die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, den Beklagten anlässlich des Vertragsabschlusses im Jahr 2009 über die Existenz der Blg ./C aufzuklären, geht schon deshalb ins Leere, weil sich diese Urkunde nach den ‑ für den Obersten Gerichtshof bindenden ‑ Feststellungen des Erstgerichts gar nicht auf den streitgegenständlichen Weg bezieht. Im Übrigen ist in der Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin als bloße Rechtsnachfolgerin der österreichischen Bundesforste sei hier nicht verpflichtet gewesen, den Beklagten über den im Jahr 1967 zwischen den Bundesforsten und dem Großvater des Beklagten abgeschlossenen Vertrag aufzuklären, keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
3. Damit vermag die Revision aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung aufzugreifen, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen war.
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