OGH 6Ob733/89

OGH6Ob733/8921.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Peter H***, Vermessungsbeamter, 1030 Wien, Fasangasse 39/5/1, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Hermine H***, Hilfsarbeiterin, 2123 Schleinbach, Feldweg Nr. 79, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung eines Benützungsentgeltes, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 12.September 1989, GZ 5 R 238/89-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wolkersdorf vom 15.Juni 1989, GZ 1 Nc 16/89-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien sind in aufrechter Ehe verheiratet. Aus der Aktenlage ergibt sich nicht der geringste Hinweis auf ein etwa anhängiges Scheidungsverfahren. Der Ehe entstammen zwei noch minderjährige Kinder. Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1052 KG Schleinbach mit dem darauf errichteten Wohnhaus in 2126 Schleinbach, Feldweg 79. Die Liegenschaft samt Wohnhaus wurde vom Ehepaar und den Kindern als Ehewohnung benützt. Im April 1987 ist der Mann ohne Einverständnis der Frau ausgezogen. Die Frau verblieb mit den Kindern in der Ehewohnung. Der von der Frau gegen den Mann zu C 1086/88a des Bezirksgerichtes Wolkersdorf angestrengte Unterhaltsprozeß wurde am 27.2.1989 durch den Abschluß eines gerichtlichen Vergleiches beendet. Der Mann verpflichtete sich, seiner teilweise auch berufstätigen Frau ab 1.3.1989 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.200 S zu leisten. Die übrigen Ansprüche der Parteien gegeneinander wurden vorbehalten. Der Mann leistet auch für seine minderjährigen Kinder Geldunterhalt.

Der Mann beantragte mit dem Hinweis auf das Miteigentum der in aufrechter Ehe verbundenen Parteien an der Liegenschaft, auf die seit langem aufgelöste häusliche Gemeinschaft und auf den abgeschlossenen Unterhaltsvergleich, der Frau ab 1.5.1989 ihm gegenüber die Zahlung eines monatlichen Benützungsentgeltes von 4.000 S aufzuerlegen.

Die Frau hielt dem entgegen, daß die Liegenschaft die Ehewohnung sei, die der Mann vor zwei Jahren grundlos und böswillig verlassen habe. Es stehe ihm selbstverständlich jederzeit frei, in die eheliche Wohnung zurückzukehren.

Das Erstgericht wies den Antrag des Mannes zurück. Es stellte im wesentlichen den eingangs geschilderten - unstrittigen - Sachverhalt fest und folgerte daraus rechtlich, daß durch den freiwilligen und grundlosen Auszug des Mannes die Liegenschaft samt Wohnhaus nicht den Charakter der Ehewohnung verloren habe. Die Miteigentümer hätten daher eine Benützungsregelung getroffen, wodurch die Möglichkeit einer gerichtlichen Benützungsregelung ausgeschlossen sei. Die Frau habe im Hinblick auf die aufrechte Ehe das Recht auf Weiterbenützung der Ehewohnung im bisherigen Umfang. Es erscheine nicht nur unbillig, sondern auch unsinnig, wenn der auf die Wohnung angewiesene verlassene Ehepartner dem anderen Teil ein höheres Benützungsentgelt leisten müsse als er von diesem Geldunterhalt bekomme.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Es führte aus, die Widmung einer Wohnung als Ehewohnung sei zwar einer vertraglichen Benützungsregelung im Sinne der §§ 828 ff ABGB nicht gleichzusetzen, doch sei die Anrufung des Außerstreitrichters zur Festsetzung eines Benützungsentgeltes nur zulässig, wenn über die Benützung der gemeinschaftlichen Sache entweder bereits eine Einigung der Miteigentümer vorhanden sei oder sie zumindest gleichzeitig herbeigeführt werde. Eine solche Einigung der Parteien über die alleinige Benützung der Liegenschaft durch die Frau sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Ein Antrag auf gerichtliche Benützungsregelung liege aber nicht vor. Einer solchen wäre das als Ehewohnung dienende Haus mangels Verfügbarkeit auch gar nicht zugänglich, weshalb sich der Antrag des Mannes auf Festsetzung eines Benützungsentgeltes als unzulässig erweise.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Mann gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber übersieht, daß er gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG auf die Anfechtungsgründe einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität beschränkt ist. Demgegenüber macht er der Sache nach nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Vorinstanzen geltend. Nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung bildet aber eine offenbare Gesetzwidrigkeit. Eine solche liegt vielmehr nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103, SZ 44/180, SZ 46/98; NZ 1980, 46; NZ 1981, 8; EFSlg. 49.930, 52.757, 55.638; MietSlg. 38.818 uva), oder wenn sich eine Entscheidung mit den Grundprinzipien des Rechtes in Widerspruch setzt (SZ 23/289; EFSlg. 44.647, 52.758 uva).

Der Mann wendet sich nicht gegen die im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 90 und 91 ABGB nicht offenbar gesetzwidrige Auffassung der Vorinstanzen, daß die Widmung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft samt Wohnhaus zur Ehewohnung nur durch den übereinstimmenden Willen beider Ehegatten wieder aufgehoben werden könnte (so auch 6 Ob 597/88). Er meint jedoch, daß eine solche einverständliche Umwidmung mit gleichzeitiger vertraglicher Benützungsregelung der gemeinschaftlichen Liegenschaft im Sinne einer Alleinbenützung durch die Frau durch den Abschluß des Unterhaltsvergleiches vom 27.2.1989 (offenbar gemeint: stillschweigend) erfolgt sei.

Daß die Vorinstanzen diesem Gedanken nicht näher getreten sind, kann schon deshalb nicht offenbar gesetzwidrig sein, weil gemäß § 94 Abs. 2 zweiter Satz ABGB der den gemeinsamen Haushalt führende Ehegatte auch nach Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes weiterhin unterhaltsberechtigt bleibt. Zum Unterhalt gehört auch das Wohnen, wobei für diesen wichtigen Teilbereich die Sondervorschrift des § 97 ABGB gilt (Koziol-Welser, Grundriß8, II, 196). Hiezu haben sich aber die Ehegatten schon nach dem eigenen Vorbringen des Mannes und nach den Feststellungen bei Vergleichsabschluß ihre wechselseitigen Ansprüche insbesondere auch in Ansehung der gemeinschaftlichen Liegenschaft vorbehalten. Bei dieser Sachlage kann daher das vom Rekursgericht verneinte Vorliegen einer vertraglichen Einigung der Parteien über die alleinige Benützung der Liegenschaft durch die Frau nicht offenbar gesetzwidrig sein.

Dasselbe gilt für die von den Vorinstanzen vertretene Ansicht, daß eine Benützungsregelung der Ehewohnung bzw. die Zuerkennung eines Benützungsentgeltes während des aufrechten Bestandes der Ehe im außerstreitigen Verfahren nicht zulässig sei, weil sie mit § 90 ABGB unvereinbar wäre. Diese Auffassung steht im übrigen im Einklang mit der älteren Rechtsprechung (SZ 37/7), an der auch nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe (EheRwG) BGBl. Nr. 412/1975 festgehalten wurde (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 835; MietSlg. 35.002; EFSlg. 46.015; 6 Ob 597/88).

Somit kann sich der außerordentliche Revisionsrekurs insgesamt auf keinen zulässigen Rechtsmittelgrund stützen, weshalb er zurückzuweisen war.

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