OGH 6Ob72/06s

OGH6Ob72/06s9.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Karl F. E*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin S*****gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Engelhart & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 508.709,84 EUR sA (Streitwert im Revisionsverfahren 506.372,38 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2005, GZ 3 R 77/05y-22, mit dem das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 7. Februar 2005, GZ 27 Cg 50/04i-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung als Teil-Zwischenurteil wie folgt zu lauten hat:

„Das Klagebegehren besteht dem Grunde nach zu Recht. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 10. 4. 2003 zu GZ 5 S 194/03v das Konkursverfahren eröffnet. Zum Masseverwalter wurde der Kläger bestellt. Die Gemeinschuldnerin betrieb ein Bauunternehmen. Sie war seit spätestens 10. 10. 2002 materiell insolvent.

Die Beklagte war die Hausbank der Gemeinschuldnerin. Deren materielle Insolvenz war der Beklagten bekannt. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung gewährte die Beklagte der Gemeinschuldnerin folgende Kredite:

a) Konto 672074515: Kreditvereinbarung vom 26. 1. 2000 über 628.622,90 S (45.683,80 EUR), rückzahlbar in monatlichen Raten á 10.000 S beginnend mit 29. 2. 2000 und einer am 31.3.2003 fälligen Restrate in Höhe von 258.622,90 S. Diese Raten bezahlte die Gemeinschuldnerin bis einschließlich November 2001.

b) Konto 0160-32526/02: Kreditvereinbarung vom 27. 4. 2000 über 1,5 Mio S (109.009,25 EUR), rückzahlbar in monatlichen Raten á 30.443,13

S beginnend mit 5. 6. 2000. Diese Raten bezahlte die Gemeinschuldnerin bis einschließlich Juli 2001.

c) Konto Nr. 0160-32526/00 (ursprüngliches Kontokorrentkreditkonto):

Kontokorrentkredit, dessen Rahmen ab 4. 8. 2000 mit 7 Mio S (508.709,84 EUR = Klagsbetrag) festgesetzt war. Diesen Rahmen überzog die Gemeinschuldnerin allerdings, wobei der Debetstand am 1. 1. 2001 9,462.052,56 S (687.634,17 EUR) und am 6. 12. 2001 13,592.425,63 S (987.800,04 EUR) betrug.

Mit Schreiben vom 10. 12. 2001 kündigte die Beklagte - unter Setzung einer Zahlungsfrist bis 28. 12. 2001 - sämtliche Kredite mit sofortiger Wirkung auf. Den aus dem ursprünglichen Kontokorrentkreditverhältnis per 7. 12. 2001 aushaftenden Saldo in Höhe von 13,827.712,27 S (1,004.899,04 EUR) buchte sie mit diesem Stichtag „aus verrechnungstechnischen Gründen" auf das Konto 0160-32526/03 (neues Kontokorrentkreditkonto) um, was sie der Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 10. 12. 2001 mitteilte. Gerichtliche Betreibungsmaßnahmen zum Hereinbringen der offenen Kreditforderungen setzte die Beklagte nicht. Auf Grundlage einer mündlichen Vereinbarung gestattete sie vielmehr der Gemeinschuldnerin, ihren Zahlungsverkehr auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto - nunmehr auf Guthabensbasis - abzuwickeln. Ein Kreditrahmen war aber nicht mehr eingeräumt.

Der in der Abteilung der Beklagten für Restrukturierung zuständige Mitarbeiter teilte dazu der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin und deren im Unternehmen tätigen (geschiedenen) Ehegatten mit, die offenen Salden seien eingefroren, die Gemeinschuldnerin könne aber auf Guthabensbasis weiterhin tätig sein; für den Fall einer Konkurseröffnung sei es nämlich für die Beklagte besser, wenn der Kredit bereits fällig gestellt sei. Im Übrigen möge ein Unternehmensberater eingeschaltet werden, der das Unternehmen überprüfe, wobei er auch einen bestimmten Berater nannte. Diesen beauftragte die Gemeinschuldnerin daher auch in weiterer Folge mit der Prüfung, ob Möglichkeiten für eine Sanierung des Unternehmens ohne Insolvenz gegeben seien. Die Familie wollte eine Insolvenz auf jeden Fall vermeiden.

Der Unternehmensberater erstattete am 26. 3. 2002 einen schriftlichen Bericht, den die Gemeinschuldnerin auch an die Beklagte weiterleitete. An einer mündlichen Berichterstattung nahm neben der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin auch der erwähnte Mitarbeiter der Beklagten teil.

Im schriftlichen Prüfbericht wurde festgehalten, dass durch die Überschuldung und die sehr angespannte Liquiditätssituation grundsätzlich alle Voraussetzungen für eine Insolvenz gegeben seien; nur durch die Verlustfinanzierung der Beklagten habe eine Insolvenz vermieden werden können. Es bestehe somit eine enorme Abhängigkeit von der weiteren Vorgangsweise der Beklagten, die wiederum ihre weitere Vorgangsweise von diesem Bericht abhängig gemacht habe. Es sei gelungen, mit einigen Hauptlieferanten Ratenvereinbarungen zu treffen, die von der Gemeinschuldnerin größtenteils auch ordnungsgemäß erfüllt würden. Es sei aber festzuhalten, dass die Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin aufgrund der erfolgten Fälligstellung der Kredite durch die Beklagte und der von Sozialversicherungsträgern geführten Exekutionen an sich verpflichtet wäre, einen Insolvenzantrag zu stellen. Ein Fortbetrieb sei eher unwahrscheinlich, weil die erforderlichen Mittel nicht vorhanden seien und auch bei den Außenständen mit erheblichen Abzügen zu rechnen sei. Das im Jahr 2001 erzielte vorläufige positive Betriebsergebnis (vor Zinsen) und der in diesem Jahr erfolgte Abbau von Lieferantenverbindlichkeiten sowie die Reduktion der Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern biete der Gemeinschuldnerin aber bei Zustimmung der Beklagten und positiver wirtschaftlicher Entwicklung eine geringe Chance zur vorläufigen Insolvenzvermeidung, auch wenn die Reduktion der Verbindlichkeiten größtenteils nur durch weitere Kredite der Beklagten möglich gewesen sei. Bei einem Weiterbestand des Unternehmens seien jedenfalls Maßnahmen zu setzen, die einerseits die Kosten der Gemeinschuldnerin senken und die Erlöse erhöhen, andererseits aber auch gewährleisten, dass eine verlässliche Aussage zur Ertragskraft von einzelnen Bauprojekten gegeben werden könne. In weiterer Folge hielt der Prüfbericht Maßnahmen fest, die aus der Sicht des Unternehmensberaters unumgänglich waren, nämlich ein Rückzahlungspaket für die Verbindlichkeiten gegenüber den Sozialversicherungsträgern, die Einrichtung einer adäquaten Kostenrechnung im Unternehmen der Gemeinschuldnerin, eine genaue Analyse der Personalsituation, eine kritische Durchleuchtung der sonstigen Aufwendungen, einen Investitionsstop für 2002, die genaue Beachtung der Zahlungsbedingungen bei Aufträgen, eine Hilfestellung der Beklagten durch vorübergehende Zinsenfreistellung, eine Rückführung der Kredite durch die offenen Haftrücklässe sowie den Cash-flow, eine Bereinigung der Buchhaltung um Altlasten sowie eine laufende, wenn möglich monatliche Kontrolle der wirtschaftlichen Entwicklung.

Der Unternehmensberater betonte, dass eine positive Entwicklung notwendig sei und es zu keiner Ausweitung von Verbindlichkeiten kommen dürfe. Er erstellte auch eine Liquiditätsplanung und führte dazu aus, dass nur bei Hilfestellung der Beklagten (Zinsenfreistellung) bis Juni 2002 die Liquidität sicher gestellt sei; der Kreditbedarf im April 2002 sei auf die gesamte Tilgung der Altverbindlichkeiten bei den Sozialversicherungsträgern zurückzuführen; erfolge in diesem Monat keine Gesamttilgung, so sei auch mit einer Ratenzahlung bis Ende Juni 2002 eine Abdeckung möglich. Eine laufende monatliche Projektkontrolle sei unumgänglich. Sollte es der Gemeinschuldnerin gelingen, vor allem die Ertragssituation nachhaltig zu verbessern und die derzeit angespannte finanzielle Situation zu meistern, könnte langfristig eine Sanierung des Unternehmens möglich sein. Wenn auch im Jahr 2002 ein ähnliches Betriebsergebnis wie 2001 erzielt werden könnte und die Beklagte auf eine Zinsenanlastung verzichte, würde das einen Cash-Flow von rund 1,5 Mio S ergeben. Damit könnten die Verbindlichkeiten gegenüber Finanzamt und Sozialversicherungsträgern getilgt werden. Sollte es aufgrund der Sanierungsmaßnahmen zu einer weiteren Ergebnissteigerung kommen, wäre auch eine Teilrückzahlung der Bankverbindlichkeiten möglich. Aufgrund der schwierigen Situation der Baubranche werde der Erfolg aber jedenfalls auch vom Umfeldeinfluss abhängen. Im Anhang des schriftlichen Prüfberichts wurde ein Betriebserfolg 2001 von 1,109.921,02 S ausgewiesen; unter Abzug des negativen Finanzerfolgs (1,420.953,02 S) ergab sich ein negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 311.032 S (bei einem Verlustvortrag von 11,144.327,84 S). Laut Liquiditätsplan ergab sich für April 2002 ein zusätzlicher Liquiditätsbedarf von 483.000 S; für Mai 2002 ergab sich aber bereits ein Liquiditätsüberschuss von (kumuliert) 198.000 S, und zwar unter Annahme einer Rückzahlung der Gesamtverbindlichkeiten gegenüber den Sozialversicherungsträgern per April 2002.

Anlässlich der mündlichen Berichterstattung teilte der Unternehmensberater mit, es bestehe eine kleine Chance, dass die Gemeinschuldnerin positiv fortgeführt werden könne. Sollte es zu irgendeiner Verschlechterung, etwa einem Umsatzeinbruch oder einem Ausfall wesentlicher Kundenzahlungen kommen, wäre die Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin aber verpflichtet, Konkursantrag zu stellen. Er wies auch darauf hin, dass bei der Gemeinschuldnerin Einsparungsmöglichkeiten bestünden. Es wurde als möglich und realistisch angesehen, dass ihre Liquiditätssituation bei einjähriger Nichttilgung sowie Nichtanlastung von Zinsen ausreichen würde, die Geschäfte weiter zu führen. Der Unternehmensberater hielt es für möglich und realistisch, dass der laufende Betrieb operativ positiv geführt werden könnte, wenn die verlangten Maßnahmen umgesetzt werden würden.

Die Beklagte war mit den von ihr verlangten Sanierungsbeiträgen (Zinsverzicht für ein Jahr; keine Tilgungen innerhalb eines Jahres) einverstanden. Nach Ablauf eines Jahres, mit Beginn der neuen Bausaison im März 2003, sollte dann neuerlich gesprochen werden. Daher teilte sie am 6. 6. 2002 der Gemeinschuldnerin schriftlich mit, sie sei bereit, von der gerichtlichen Geltendmachung der fälligen Forderung zuzüglich Verzugszinsen, Kosten und Spesen dann und so lange Abstand zu nehmen, als die Gemeinschuldnerin einen Generalzessionsvertrag unterfertigt retourniere, jeweils 50 % der in der Aufstellung des schriftlichen Prüfberichts genannten bis 31. 3. 2003 frei werdenden Haftrücklässe auf das neue Kontokorrentkreditkonto zur Einzahlung bringe und die Gemeinschuldnerin sowie bestimmte Realschuldner hinsichtlich einer Liegenschaft bis 5. 7. 2002 ein notarielles Schuldanerkenntnis über sämtliche bei der Beklagten geführten Konten unterfertigten. Unter der Voraussetzung der Erfüllung dieser Bedingungen werde rückwirkend ab Fälligstellung vorerst befristet bis 31. 12. 2003 auf eine Verrechnung von Verzugszinsen verzichtet. Im März 2003 werde Kontakt aufgenommen werden, um die weiteren Bedingungen für ein weiteres Stillhalten, insbesondere die Aufnahme einer monatlichen Rückzahlungsvereinbarung, zu vereinbaren.

Der Unternehmensberater überprüfte in der Folge nicht, ob die von ihm empfohlenen Maßnahmen eingehalten würden. Der bereits erwähnte Mitarbeiter der Abteilung der Beklagten für Restrukturierung war etwa einmal monatlich in telefonischem Kontakt mit der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin. Dabei wurde ihm mitgeteilt, dass es Vereinbarungen mit der Gebietskrankenkasse und dem Finanzamt gebe. Weiters erhielt er sporadisch Saldenlisten. Ob Personal bei der Gemeinschuldnerin abgebaut wurde, war ihm nicht bekannt. Aus den übersendeten Saldenlisten leitete er keine Verschärfung der Situation ab. Über Zahlungen der Gemeinschuldnerin an das bosnische Unternehmen O***** AD wurde er nicht verständigt. Gelegentlich erhielt er auch Kontoauszüge von Sozialversicherungsträgern, woraus er keine bedenklichen Rückstände ableitete. Er führte keine Detailanalyse der Saldenliste durch und holte auch keine Auskünfte darüber ein, ob Exekutionen gegen die Gemeinschuldnerin geführt wurden. Er vertraute hiebei vielmehr auf Verständigungen der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin.

Die Gemeinschuldnerin wechselte den Lagerplatz. Sie stellte weniger Personal ein und spezialisierte sich schließlich auf einen Teilbereich ihrer bisherigen Tätigkeiten (Fassadenarbeiten). Schriftliche Vereinbarungen mit dem Finanzamt und der Gebietskrankenkasse wurden nicht getroffen; die Gemeinschuldnerin bezahlte vielmehr je nach Möglichkeit Teilbeträge. Diese Zahlungen erfolgten im Zuge von Exekutionsverfahren.

Am 31. 7. 2002 erließ das Finanzamt einen Vollstreckungsauftrag wegen Rückständen in Höhe von 77.234,56 EUR. Am 11. 10. 2002 erließ es ein Verfügungsverbot an die Gemeinschuldnerin betreffend eine Forderung gegenüber einem anderen Bauunternehmen. Grundlage war eine Forderung des Finanzamts über 117.677,56 EUR. Am 25. 10. 2002 betrug der Rückstand der Gemeinschuldnerin beim Finanzamt 129.058,25 EUR und per 31. 12. 2002 101.734,01 EUR. Der Rückstand der Gemeinschuldnerin bei der Gebietskrankenkasse betrug am 1. 1. 2002 44.000,95 EUR, am 3. 5. 2002 7.469,26 EUR, am 2. 10. 2002 45.979,47 EUR, per 31. 10. 2002 (laut Saldenliste) 56.694,14 EUR und per 31. 12. 2002 (laut Saldenliste) 55.623,38 EUR. Ihr Rückstand bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse betrug am 1. 1. 2002 20.746,16 EUR, am 31. 10. 2002 (laut Saldenliste) 33.050,33 EUR und am 31. 12. 2002 (laut Saldenliste) 36.170,62 EUR.

Das ursprüngliche Kontokorrentkreditkonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten wies im Zeitraum 31. 5. 2002 bis zur Konkurseröffnung fast durchgängig Guthaben aus. Lediglich tageweise kam es zu Überziehungen bis zu höchstens 6.132,91 EUR (am 13. 6. 2002). Innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung betrug die höchste Überziehung 2.337,46 EUR (16. 12. bis 19. 12. 2002). Auf dem neuen Kontokorrentkreditkonto kam es durch die Einbuchung von Gutschriften zu einer Reduktion der aushaftenden Forderung per 31. 1. 2004 auf 916.449,20 EUR.

Der geschiedene Ehegatte der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin befasste sich mit dem bosnischen Unternehmen O***** AD, das in Bosnien ein Sägewerk betrieb. Er wollte über dieses Unternehmen Parkette und Elemente für Fertigteilhäuser produzieren lassen und damit ein weiteres Standbein für die Gemeinschuldnerin schaffen. Das Sägewerk bestand schon seit 150 Jahren, war durch den Krieg jedoch stark zerstört. Der geschiedene Ehegatte der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin vereinbarte daher mit verschiedenen Personen, dass er das Sägewerk wieder in Gang setzen würde; nach zwei Jahren sollte ihm die Aktienmehrheit am bosnischen Unternehmen übertragen werden. Er entnahm dazu aus der Kasse der Gemeinschuldnerin Bargeldbeträge, brachte sie nach Bosnien und zahlte sie dort bar beim erwähnten Unternehmen ein, und zwar am 21. 12. 2001 175.000 S, am 28. 10. 2002 14.073,94 EUR, am 2. 12. 2002 10.757,58 EUR, am 6. 12. 2002 20.923,33 EUR, am 27. 12. 2002 32.800 EUR und am 31. 1. 2003 27.900 EUR. Nach Durchführung einiger Reparaturarbeiten wurde im bosnischen Unternehmen Holz geschnitten und nach Holland exportiert; von dort wurde es jedoch mit der Begründung wieder zurückgestellt, die Qualität entspreche nicht. In der Folge kamen im bosnischen Unternehmen Maschinen abhanden; letztlich wurde auch über das Vermögen dieses Unternehmens der Konkurs eröffnet.

Hätte die Beklagte der Gemeinschuldnerin nach Fälligstellung der Kredite nicht die Möglichkeit eingeräumt, auf Guthabensbasis weiterhin tätig zu sein, hätte sich die Gemeinschuldnerin bemüht, eine andere Bank zu finden. Vertreter der Beklagten legten der Gemeinschuldnerin weder nahe, einen Konkursantrag zu stellen, noch legten sie der Gemeinschuldnerin nahe, dies nicht zu tun. Es wurde auch nicht besprochen, ob die Beklagte allenfalls einen Antrag auf Konkurseröffnung stellen werde. Die Beklagte wollte der Gemeinschuldnerin die - laut Bericht des Unternehmensberaters - geringe Chance auf eine Sanierung wahren; im Konkursfall erwartete sie jedenfalls geringere Rückzahlungen.

Im Februar 2003 stellte die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin fest, dass eine erwartete Einzahlung über 150.000 EUR von einem Auftraggeber wegen Abrechnungsdifferenzen nicht geleistet werden würde. Sie meldete daraufhin die Mitarbeiter ab, verständigte die Beklagte davon, dass die Gemeinschuldnerin nicht mehr weiter machen würde, und beantragte die Eröffnung des Konkursverfahrens. Der Kläger ficht die faktische Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin durch Stundung der bereits seit Dezember 2001 fällig gestellten Kreditsumme sowie die damit verbundene Wiederausnützung der auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung eingegangenen Zahlungen in der Gesamthöhe von 545.485,41 EUR an; er begehrt Zahlung in Höhe des eingeräumten bzw ausgenützten Kontokorrentkreditrahmens. Es handle sich um nachteilige Rechtsgeschäfte im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO. Durch diese faktische Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses habe die Beklagte nämlich ein Hinausschieben des Insolvenzverfahrens durch die Gemeinschuldnerin ermöglicht, was zu einer Erhöhung des Ausfalls bzw zu einer Quotenverschlechterung geführt habe. Dass auf dem neuen Kontokorrentkreditkonto keine Bewegungen erfolgt seien, sei unmaßgeblich, weil es auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ankomme; die Gemeinschuldnerin habe nur nach Maßgabe vorheriger Zahlungseingänge auf dem neuen Kontokorrentkreditkonto disponieren können. Es sei für die Beklagte die Nachteiligkeit des der Gemeinschuldnerin ermöglichten Weiterwurstelns zu Lasten der übrigen Gläubiger objektiv vorhersehbar gewesen; sie habe mit dem Versickern der Geldmittel rechnen müssen. Allein an die O***** AD seien innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung rund 119.000 EUR geflossen. Daher sei es auch unmaßgeblich, dass die Beklagte der Gemeinschuldnerin auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto nur eigenes Geld zur Verfügung gestellt habe; das Ermöglichen des Weiterwurstelns der Gemeinschuldnerin sei dennoch kausal für die Benachteiligung der übrigen Gläubiger im Ausmaß der Quotenverschlechterung gewesen. Der Vermögensabgang in den letzten 6 Monaten vor Konkurseröffnung habe den Klagsbetrag überschritten und jedenfalls rund 880.000 EUR betragen. Das Klagebegehren werde außerdem auf den Titel des Schadenersatzes gestützt. Die Beklagte habe unter Verletzung des § 69 KO zu einer Verringerung der Konkursquote beigetragen, ihre Schutz-, Sorgfalts- und Informationspflichten den übrigen Gläubigern gegenüber verletzt und in sittenwidriger Weise der insolventen Gemeinschuldnerin gerade so viel Kredit eingeräumt, dass deren wirtschaftlicher Zusammenbruch hinausgeschoben worden sei; die Beklagte habe bezweckt, sich in der gewonnenen Zeit ungehindert oder besser befriedigen oder andere nicht schützenswerte Interessen verfolgen zu können, insbesondere auch die Vereitelung von Anfechtungsansprüchen infolge Zeitablaufs. Die Beklagte habe gewusst, dass eine Sanierung der Gemeinschuldnerin ausgeschlossen sei. Geltend gemacht werde der Quotenschaden, der jedenfalls in Höhe des Klagsbetrags eingetreten sei. Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Der Anfechtungsanspruch bestehe nicht. Es sei nämlich kein Masseentgang eingetreten, weil die Gemeinschuldnerin während der kritischen Zeit auf den Saldo des neuen Kontokorrentkreditkontos keine Zahlungen geleistet hat; auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto habe die Beklagte der Gemeinschuldnerin aber lediglich eigenes Geld wieder zur Verfügung gestellt. Es sei auch nicht zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger gekommen; ein Vermögensabgang habe nicht stattgefunden. Im Übrigen habe der Oberste Gerichtshof anerkannt, dass eine Bank die Geschäftsbeziehung mit einem Kreditnehmer durch getrennte Kontenführung anfechtungsfest gestalten könne. Auch Schadenersatzansprüche stünden dem Kläger nicht zu, weil sich die Beklagte weder ausdrücklich noch konkludent gegen die „Ausübung von Geschäftsführerpflichten" auf Seiten der Gemeinschuldnerin ausgesprochen habe; sie habe der Gemeinschuldnerin auch keinen Kredit gewährt, sondern ihr lediglich eine Kontogestion ermöglicht, die einer „Cash-Gestionierung" gleichgestanden sei.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein und wies mit Teilurteil das Klagebegehren im Umfang von 506.372,38 EUR sA ab; die Entscheidung über das restliche Klagebegehren von 2.337,46 EUR sA behielt es ebenso wie die Kostenentscheidung dem Endurteil vor. Aufgrund des Prüfberichts des Unternehmensberaters habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass die Gemeinschuldnerin ein negatives Ergebnis erzielen werde; damit sei die Nachteiligkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts, nämlich die Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses nach Fälligstellung der Kredite durch die Beklagte, für diese objektiv erkennbar gewesen. Die Parteien hätten aber ein Stillhalteabkommen abgeschlossen; mit Ausnahme freiwerdender Haftrücklässe sollten keine Rückzahlungen durch die Gemeinschuldnerin für den Zeitraum eines Jahres erfolgen. Damit sei für diesen Zeitraum ein konkludentes Aufrechnungsverbot zu Lasten der Beklagten anzunehmen und von einer getrennten Beurteilung des ursprünglichen und des neuen Kontokorrentkreditkontos auszugehen. Auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto habe im kritischen Zeitraum eine Ausdehnung der Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten nicht stattgefunden; auf dem neuen Kontokorrentkreditkonto habe es lediglich kurzfristige Überziehungen (bis höchstens 2.337,46 EUR) gegeben, sodass die Beklagte der Gemeinschuldnerin lediglich in diesem Umfang finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt habe, die versickern konnten. In einem weiteren Umfang komme eine Anfechtung daher nicht in Betracht. Schadenersatzansprüche gegen die Bank wiederum setzten schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzungen voraus; solche wären aber nur anzunehmen, wenn die Beklagte bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin gehabt hätte. Allerdings könnten derartige Ansprüche - ebenso wie Ansprüche wegen Verletzung des § 69 KO - nicht vom Masseverwalter, sondern lediglich von den einzelnen Gläubigern geltend gemacht werden. § 69 Abs 5 KO idF des GIRÄG 2003 sei hier noch nicht anzuwenden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei; es bestehe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Umbuchung des Saldos vom ursprünglichen auf das neue Kontokorrentkreditkonto in Verbindung mit der Gestattung der Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf reiner Guthabensbasis auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto eine faktische Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses und damit ein nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2

2. Fall KO darstellt. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, die Beklagte habe ihre Kreditforderungen vorläufig nicht gerichtlich geltend gemacht, was (bloß) eine reine Stundung darstelle, weil die Gemeinschuldnerin die Bedingungen laut Schreiben der Beklagten vom 6. 6. 2002 (Unterfertigung eines Generalzessionsvertrags) nicht erfüllt habe. Stelle aber nach der Rechtsprechung die Unterlassung der Kündigung eines Kontokorrentkreditverhältnisses, ohne dass es zu Kontoeingängen und Wiederausnützungen kommt, kein anfechtbares nachteiliges Rechtsgeschäft dar, müsse dies umso mehr für eine reine Stundung gelten. Auch die bloße Abwicklung des Zahlungsverkehrs sei kein nachteiliges Rechtsgeschäft; die Beklagte habe das ursprüngliche Kontokorrentkreditkonto der Gemeinschuldnerin lediglich nach Maßgabe von Eingängen zur Verfügung gestellt. Damit sei tatsächlich ein reines Girokonto vorgelegen, die Beklagte habe - auch bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise - das Kontokorrentkreditverhältnis nicht aufrecht erhalten. Anfechtungsansprüche schieden somit aus. Dies gelte aber auch für Schadenersatzansprüche, weil den externen Kreditgeber, der durch seine Kreditgewährung eine Konkursverschleppung lediglich faktisch ermöglichte, grundsätzlich keine Haftung treffe. Eine faktische Beherrschung der Gemeinschuldnerin oder eine massive faktische Einflussnahme auf deren Geschäftsführung durch die Beklagte habe der Kläger nicht behauptet. Auch aus dem Vertragsverhältnis ergäben sich keine Schutzwirkungen zu Gunsten der Gläubiger; hätte die Beklagte der Gemeinschuldnerin kein Konto zur Verfügung gestellt, hätte sich die Gemeinschuldnerin bei einer anderen Bank darum bemüht. Außerdem könne der Kläger als Masseverwalter nicht den Quotenschaden geltend machen, § 69 KO sei eine reine Gläubigerschutzbestimmung.

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger stützt sein Begehren im Revisionsverfahren (unter anderem) auf den Titel des Schadenersatzes. Er meint, die Beklagte habe aktive Kenntnis der bereits eingetretenen Insolvenz der Gemeinschuldnerin gehabt. Sie sei kausal für die Weiterführung deren Unternehmens gewesen. Die Schädigung der übrigen Gläubiger durch die Unternehmensfortführung sei für die Beklagte vorhersehbar gewesen. Die Beklagte habe das Weiterwursteln der Gemeinschuldnerin ebenso wie die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen durch ihr Innehalten ermöglicht. Durch diese rechtswidrige Vorgangsweise habe die Beklagte das Befriedigungsrecht der übrigen Gläubiger verletzt, welches vor allem in der Krise des Schuldners Schutz gegenüber Dritten genieße.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind auf Delikt beruhende Schadenersatzansprüche von Gesellschaftsgläubigern gegen Personen, die der Gesellschaft Schaden zufügten, kein Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft und können daher nicht vom Masseverwalter der Gesellschaft geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0049450). Der 6. Senat hat erst jüngst (6 Ob 196/05z = JBl 2006,

463) die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen des Anfechtungsrechts und des Schadenersatzrechts hervorgehoben: Der Masseverwalter strebt mit seinem Anfechtungsanspruch im Interesse der Gesamtgläubigerschaft den Wegfall des angefochtenen Rechtsgeschäfts an. Bei entsprechendem Erfolg wird die Masse aufgefüllt und der Erlös an die Gläubiger ausgekehrt. Mit seinem Schadenersatzanspruch verfolgt der Einzelgläubiger ein auf Deliktsrecht gestütztes Individualrecht. Das für ihn nachteilige Rechtsgeschäft bleibt unangefochten. Der Nachteil wird aber über den Schadenersatz ausgeglichen. Schon die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen und Rechtsschutzziele sprechen für die Richtigkeit der ständigen Rechtsprechung, welche die Klagebefugnis des Gesellschaftsgläubigers, wenn er sich auf Schadenersatzrecht beruft, bejaht und diejenige des Masseverwalters verneint.

Schon die Entscheidung 7 Ob 65/01m (= ÖBA 2002/1070), mit der außerordentliche Revisionen zurückgewiesen wurden, betrifft den Fall der Geltendmachung eines deliktischen Schadens durch den Masseverwalter gegenüber der Hausbank des Gemeinschuldners. Zur Begründung, dass der Masseverwalter zur Geltendmachung dieser Schadenersatzansprüche nicht aktiv legitimiert ist, führe schon die Überlegung, dass er zwar im Interesse aller Gläubiger, aber immer nur als Vertreter und Organ der Konkursmasse tätig werde. Deshalb könne er auch nur Ansprüche der Masse geltend machen. Diese erleide einen Nachteil durch die (bei Konkursverschleppung eintretende) Verschlechterung der Quote, der durch erfolgreiche Anfechtung verringert oder ausgeglichen werden könne. Der darüber hinausgehende Ausfall sei hingegen ein Individualschaden der Gläubiger, zu dessen Geltendmachung der Masseverwalter nicht legitimiert sei. Außerdem könnten den Gläubigern - mangels einer den weitergehenden Vermögensschutz rechtfertigenden Sonderbeziehung zur Bank - nur deliktische Ersatzansprüche zustehen. Soweit der Schadenersatzanspruch mit der deliktischen Schädigung der Gläubiger der Gemeinschuldnerin begründet werde, fehle dem Masseverwalter schon deshalb die Aktivlegitimation, weil auf Delikt beruhende Schadenersatzansprüche von Gesellschaftsgläubigern gegen Personen, die der Gesellschaft Schaden zufügten, kein Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft seien und daher ebenfalls nicht vom Masseverwalter der Gesellschaft geltend gemacht werden könnten.

1.2. Der Kläger verweist dazu in der Revision lediglich auf die Entscheidung 6 Ob 110/00w (= SZ 73/182) und den darin enthaltenen Hinweis auf die Ausführungen Karsten Schmidts (Insolvenzverschleppungshaftung - Haftungsrechtsprechung zwischen Gesellschafts-, Insolvenz- und Zivilrecht, JBl 2000, 477); danach soll der Masseverwalter hinsichtlich des Quotenschadens für alle durch die Konkursverschleppung in einheitlicher Weise geschädigten Gläubiger legitimiert sein.

Der 6. Senat hat aber im unmittelbaren Anschluss an diesen Hinweis auf Karsten Schmidt - ebenso wie später der 7. Senat (7 Ob 65/01m) - ausdrücklich ausgeführt: „Die Konkursmasse erleidet einen Nachteil durch die Verschlechterung der Quote, der durch erfolgreiche Anfechtung verringert oder ausgeglichen werden kann. Der darüber hinausgehende Ausfall ist ein Individualschaden der Gläubiger, zu dessen Geltendmachung der Masseverwalter nicht legitimiert ist". Die Bejahung der Klagslegitimation des Masseverwalters hinsichtlich des Quotenschadens bezog sich somit nicht auf Schadenersatz-, sondern auf Anfechtungsansprüche (vgl zur mangelnden Aktivlegitimation des Masseverwalters für Ansprüche auf Ersatz des Quotenschadens aus dem Titel des Schadenersatzes auch die Nachweise in MGA KO10 [2006] § 69 E 96 bis 101).

1.3. Soweit § 69 Abs 5 KO nunmehr anordnet, die Konkursgläubiger könnten Schadenersatzansprüche wegen einer Verschlechterung der Konkursquote infolge Konkursverschleppung erst nach Rechtskraft der Aufhebung des Konkurses geltend machen, und der Kläger daraus Argumente für seinen Standpunkt gewinnen will, ist er darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung auf Konkurse anzuwenden ist, die nach dem 31. 12. 2003 eröffnet worden sind. Im vorliegenden Verfahren ist sie demnach noch nicht zu berücksichtigen (Art II Z 7 GIRÄG 2003). Auf diese Argumente ist somit nicht näher einzugehen.

1.4. Ebenfalls aus der Entscheidung 6 Ob 110/00w will der Kläger vertragliche Schadenersatzansprüche ableiten. Die Beklagte habe gegen Pflichten verstoßen, die sich daraus ergeben, dass der Kreditvertrag mit der Gemeinschuldnerin schon alleine aufgrund des Informationsvorsprungs, den die Beklagte als Bank infolge ihres umfassenden Bucheinsichtsrechts genieße, Schutzwirkungen zu Gunsten der übrigen Gläubiger entfalte.

Abgesehen davon, dass der Oberste Gerichtshof in der erwähnten Entscheidung diese Frage offen gelassen und einen Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten der übrigen Gläubiger lediglich für „denkbar" gehalten hat, wäre daraus für den Kläger nichts gewonnen. Auch in diesem Fall stünden die Ansprüche nicht der Konkursmasse, sondern den Gläubigern zu und mangelte es daher dem Kläger als Masseverwalter an der Aktivlegitimation.

Die rechtlichen Ausführungen zu 1. lassen sich somit dahin zusammenfassen, dass der Kläger als Masseverwalter nicht legitimiert ist, die von ihm behaupteten Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

2. Der Kläger stützt seine Ansprüche allerdings ohnehin primär (Punkt II. der Revision) auf das Anfechtungsrecht. Im Revisionsverfahren beruft er sich dabei (nur mehr) auf § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO. Danach sind alle vom Gemeinschuldner nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mit anderen Personen eingegangenen, für die Gläubiger nachteiligen Rechtsgeschäfte anfechtbar, wenn dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit bekannt war oder bekannt sein musste (nachteiliges Rechtsgeschäft). Der Kläger ficht die faktische Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin durch Stundung der bereits seit Dezember 2001 fällig gestellten Kreditsumme hinsichtlich der auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto verbuchten Zahlungseingänge (begrenzt mit dem [ursprünglich vereinbarten] Kontokorrentkreditrahmen) an und begehrt von der Beklagten die Bezahlung des Quotenschadens, der jedenfalls höher als der erwähnte Kontokorrentkreditrahmen sei.

2.1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs

(4 Ob 306/98y = SZ 71/210; 1 Ob 308/98w = ÖBA 2000/856; 6 Ob 110/00w

= SZ 73/182; 9 Ob 24/04a) stellt im Wege der erforderlichen

wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung die Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses in der Krise des Gemeinschuldners das nach § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO anfechtbare Rechtsgeschäft dar. Die Wiederausnützung des Kreditrahmens kann nicht vom Krediteröffnungsvertrag und dem Charakter des Kreditverhältnisses als Dauerschuldverhältnis gelöst werden. § 31 Abs 1 Z 2 1. Fall KO erfasst hingegen die Befriedigung des Gläubigers (Zahlung), also das Erfüllungsgeschäft. Von dieser Deckungsanfechtung (Gläubigertatbestand) ist die Anfechtung des Grundgeschäfts wegen Nachteiligkeit zu unterscheiden (6 Ob 110/00w).

2.1.1. Begründet wird diese Rechtsprechung damit, dass § 31 Abs 1 Z 2

2. Fall KO nicht nur die Anfechtung für die Gläubiger unmittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte ermöglichen soll; anfechtbar sollen nach dem Willen des (historischen) Gesetzgebers vielmehr auch mittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte sein. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 110/00w darlegte, liegt unmittelbare Nachteiligkeit vor, wenn die Leistung des Gemeinschuldners und die Gegenleistung des Gläubigers (Anfechtungsgegners) nicht äquivalent sind (etwa bei Unangemessenheit des Kaufpreises einer vom Gemeinschuldner verkauften Sache oder des Mietzinses eines vom Gemeinschuldner vermieteten Objekts). Bei der mittelbaren Nachteiligkeit liegt zwar die Äquivalenz bei Eingehen des angefochtenen Rechtsgeschäfts vor, ein danach eintretendes weiteres Ereignis bewirkt aber, dass die dem Gemeinschuldner erbrachte Leistung für die Masse nicht wirksam wird, die Gläubiger also dadurch einen Nachteil erleiden. Im Hinblick auf einen in der Lehre bestehenden Meinungsstreit zur Frage der Anfechtbarkeit lediglich mittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte beschreitet der Oberste Gerichtshof einen Mittelweg. Danach reicht zwar bloß mittelbare Benachteiligung als Anfechtungsvoraussetzung aus, diese muss aber für den Anfechtungsgegner zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses objektiv vorhersehbar gewesen sein. Es soll nicht jedes Rechtsgeschäft mit dem in der Krise befindlichen späteren Gemeinschuldner als mittelbar nachteilig anfechtbar sein, weil gegen eine generelle Kontrahierungssperre die im § 69 Abs 2 KO normierte Befristung des Konkursantrags des Gemeinschuldners und die ihm eingeräumte Möglichkeit, ein Ausgleichsverfahren zu betreiben, sprechen. Diese Rechtsprechung hat die im wirtschaftlichen Alltag immer wieder vorkommenden Insolvenzfälle im Auge, dass schon zahlungsunfähige Unternehmen durch die kreditgebenden Banken in der Hoffnung auf eine Sanierung über so lange Zeit am Leben erhalten würden, dass Ausfallsschäden in „astronomischer" Höhe entstehen, wie die Großinsolvenzen der letzten Jahre deutlich machten. Eine Bank, die sehenden Auges (Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und die Voraussehbarkeit der Unmöglichkeit einer Sanierung vorausgesetzt) die Kündigung eines Kontokorrentkredits unterlässt, verursacht jedenfalls dann den Schaden anderer Gläubiger, wenn der Schuldner immer wieder den Kredit (auch den kurzfristig bis zum Einlangen avisierter Eingänge) abrufen kann, um die zu einem Konkursantrag entschlossenen, drängenden Gläubiger befriedigen zu können (Weiterwursteln des Gemeinschuldners).

2.1.2. Diese Rechtsprechung stieß mehrfach auf Widerspruch in der Lehre (vgl dazu etwa die Nachweise in 4 Ob 559/83 = SZ 57/87), ohne dass diese den Obersten Gerichtshof hätte dazu bewegen können, von seiner Rechtsprechung wieder abzugehen. Auch der erkennende Senat sieht dazu im vorliegenden Fall keine Veranlassung. Die Grundsätze dieser Rechtsprechung werden auch von der Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung gar nicht in Frage gestellt.

Die Kritik Schummers (Ein Dauerbrenner: Die Anfechtung revolvierender Kontokorrentkredite, ÖBA 2002, 173), der darzulegen versuchte, dass es den vom Obersten Gerichtshof vermuteten Willen des historischen Gesetzgebers gar nicht gebe, hat bereits der 9. Senat des Obersten Gerichtshofs zurückgewiesen und die dargestellte Rechtsprechung fortgeschrieben (9 Ob 24/04a).

2.1.3. Widhalm (Die Anfechtung des Kontokorrentkredites nach der Entscheidung 6 Ob 110/00w, ecolex 2001, 369) hat zur besprochenen Entscheidung des 6. Senats Überlegungen dahin angestellt, ob es nicht überhaupt unerheblich sein könnte, ob innerhalb der kritischen Frist vor Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Gemeinschuldners eine Wiederausnützung des Kontokorrentverhältnisses durch diesen stattgefunden hat. Der anfechtungsrelevante Tatbestand bestehe nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs ja in der Gestattung von Mehrfachüberziehungen und dem Verzicht auf Kündigung in der Krise des Gemeinschuldners, Gegenstand der Anfechtung sei somit die durch die Bank weiterhin zur Verfügung gestellte Liquidität. Bachmann (Zur Anfechtung des Kontokorrentkredites als nachteiliges Rechtsgeschäft [§ 31 Abs 1 Fall 2 KO], ZIK 2002, 146) meint überhaupt, es komme auf die Wiederausnützung des Kredits nicht an, vielmehr erfülle die Nichtkündigung des Kontokorrentkreditverhältnisses bzw das Nichteinfordern des aushaftenden Debets diesen Tatbestand. Er begründet dies mit einem Vergleich mit dem Eigenkapitalersatz.

Im vorliegenden Verfahren ist es allerdings nicht notwendig, diese Überlegungen weiter zu erörtern. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen gestattete die Beklagte nämlich der Gemeinschuldnerin auf Grundlage einer mündlichen Vereinbarung und nach Umbuchung des per 7. 12. 2001 aushaftenden Saldos vom ursprünglichen auf das neue Kontokorrentkreditkonto, ihren Zahlungsverkehr auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto nunmehr auf Guthabensbasis abzuwickeln. Dabei kam es - nach der insofern unbestritten gebliebenen - Aufstellung in der Klage innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung zu Eingängen in Höhe von 545.485,41 EUR auf dem und zu Abgängen in Höhe von 540.915,35 EUR vom ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto, das heißt es erfolgte ohnehin eine Wiederausnützung des Kontokorrentkreditverhältnisses.

2.1.4. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kündigte die Beklagte am 10. 12. 2001 - unter Setzung einer Zahlungsfrist bis 28. 12. 2001 - sämtliche Kredite der Gemeinschuldnerin mit sofortiger Wirkung auf. Nach Umbuchung des Saldos vom ursprünglichen auf das neue Kontokorrentkreditverhältnis und Gestattung der Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf Guthabensbasis war der Gemeinschuldnerin ein Kreditrahmen nicht mehr eingeräumt. Eintreibungsmaßnahmen nahm die Beklagte nicht vor.

An sich bestand damit ab Dezember 2001 zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin kein (ausdrücklich vereinbartes) Kontokorrentverhältnis mehr; die Forderungen der Beklagten waren fällig. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings auf einen insofern durchaus vergleichbaren Sachverhalt die dargestellte Rechtsprechung zur Anfechtung der Aufrechterhaltung eines Kontokorrentkreditverhältnisses angewendet (9 Ob 24/04a). Bei wirtschaftlicher Betrachtung kann auch nach Auffassung des erkennenden Senats kein Unterschied darin bestehen, ob die Bank eine Fälligstellung des Kontokorrentkreditverhältnisses unterlässt und den Gemeinschuldner im dargestellten Sinn weiterwursteln lässt oder ob sie zwar eine Fälligstellung vornimmt, damit das Kontokorrentkreditverhältnis beendet und sodann nicht nur Eintreibungsmaßnahmen unterlässt, sondern den Gemeinschuldner im Rahmen des bisherigen Kontokorrentverhältnisses faktisch weiterwursteln lässt. Die Entscheidung der Bank, Kredite fällig zu stellen, liegt in ihrem eigenen Entscheidungsbereich. Entschließt sie sich dazu, hat sie auch die Konsequenzen zu tragen, das heißt grundsätzlich, die fällig gestellten Forderungen auch tatsächlich zu betreiben. Zeigt sich jedoch, dass es sich bei der Fälligstellung lediglich um eine Maßnahme der Bank gehandelt hat, um sich in einem Konkursverfahren eine bessere Position zu verschaffen - was die Beklagte ja sogar ausdrücklich eingeräumt hat -, ist die Vorgehensweise der Bank insbesondere dann rechtlich unbeachtlich, wenn sie nicht nur die Eintreibung der fällig gestellten Forderungen ebenso unterlässt wie einen Konkursantrag gegen den Gemeinschuldner, sondern diesem sogar die Basis dafür verschafft, weiter zu wursteln und - im Sinne der Ausführungen des erkennenden Senats zu 6 Ob 110/00w - die zu einem Konkursantrag entschlossenen, drängenden Gläubiger zu befriedigen.

2.1.5. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, durch die von der Beklagten vorgenommene Kontensplittung sei das Rechtsverhältnis zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten in ein Kontokorrentkreditverhältnis mit einem Stehsaldo und in ein Giroverhältnis zerfallen; beides sei unanfechtbar.

Der 4. Senat (4 Ob 306/98y) hat zunächst unter Hinweis auf Hoyer (Zu den Anfechtungstatbeständen des § 31 Abs 1 Z 2 KO, ÖJZ 1982, 376) und P. Doralt (ÖBA 1993, 659 [Entscheidungsanmerkung]) ausgeführt, die Bank könne die Geschäftsbeziehung mit ihrem Kreditnehmer durch getrennte Kontenführung anfechtungsfest gestalten.

Der 6. Senat (6 Ob 110/00w) vertrat hingegen unter Berufung auf Widhalm (Kontokorrentkredit und Anfechtung nach den Gläubigertatbeständen [§§ 30, 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO], ZIK 1999,

39) und unter ausdrücklicher Ablehnung der Entscheidung des 4. Senats die Auffassung, die Führung getrennter Konten ändere an der durch die Einzahlung entstehenden Aufrechnungslage nichts; die Bank dürfe aufrechnen, tue sie dies nicht, könne das für die anderen Gläubiger mittelbar nachteilig sein.

Schließlich sprach der 4. Senat (4 Ob 100/04s = EvBl 2005/40) ebenfalls unter Berufung auf Widhalm (Kontokorrent und Konkursanfechtung [2001] 138, 140) aus, würden für verschiedene Kredite verschiedene Konten geführt, seien alle Konten als wirtschaftliche Einheit zu beurteilen und die Saldenberechnung anhand einer Gesamtschau sämtlicher Konten durchzuführen; dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn die Anfechtbarkeit der Zahlungsvorgänge auf allen Konten unter dem Aspekt eines einzigen Anfechtungsgrunds, etwa jenes nach § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO, zu beurteilen ist und wenn weder behauptet noch hervorgekommen ist, dass die Parteien mit der Kontentrennung bestimmte Rechtsfolgen, etwa ein Kompensationsverbot, herbeiführen wollten.

Nach Widhalm (ZIK 1999, 39) lässt sich eine entsprechende Gläubigerstellung der Bank auch dann nicht verhindern, wenn sie die Kreditvaluta auf einem als Habenkonto gestionierten Konto auszahlt. Der Gemeinschuldner hätte in diesem Fall bei der Bank zwei Konten, eines mit einem negativen Saldo und ein weiteres mit positivem Saldo. Das negative Konto beschreibe die Forderung der Bank gegenüber dem Kunden aufgrund des gewährten Kredits. Bei dem Habenkonto sei hingegen die Bank Schuldnerin, und es stehe dem Kontoinhaber eine dem Guthabensstand entsprechende Geldforderung gegenüber der Bank zu. Es bestünden daher Forderung und Gegenforderung und damit eine Aufrechnungslage. Begründet werde diese Aufrechnungslage durch die Einzahlung auf dem Habenkonto. Die dadurch bewirkte Herstellung einer Aufrechnungslage sei aber als Sicherstellung anfechtbar. Eine solchermaßen anfechtbare Aufrechnungslage werde nun durch jeden am Habenkonto eingehenden Eingang begründet, und es bestehe für jede dieser Zahlungen aufgrund der am anderen Konto weiterhin aushaftenden Kreditforderung auch eine Gläubigerstellung der Bank. Allein durch eine Kontensplittung könne daher nicht verhindert werden, dass die Bank bezüglich jedes Zahlungseingangs anfechtungsrechtlich als Gläubigerin anzusehen ist. Für dieses Ergebnis spreche auch die „Zweikontenmethode". Darunter verstehe man die Abwicklung des Kontokorrentkredits über zwei Konten. Die vereinbarte Kreditvaluta werde einem eigenen Konto gutgeschrieben, welches fortan als Habenkonto geführt wird. Daneben weise das Kreditkonto einen negativen Saldo in Höhe des Kreditrahmens aus. Trotz dieser Kontensplittung werde die Auszahlung der Kreditvaluta erst im Zeitpunkt der Disposition zu Lasten des Habenkontos angenommen, und es könne durch Gutschrift auf diesem Konto eine Kredittilgung erreicht werden. Zinsen seien dabei immer nur für die „tatsächliche Ausnutzung" des Kredits, also für das bei Saldierung beider Konten aushaftende Debet, zu bezahlen. Selbst bei Anwendung der „Zweikontenmethode" erhalte die Bank durch die Forderungseingänge am Habenkonto Befriedigung iSd §§ 30, 31 KO. Das Argument der Kontensplittung allein könnte zwar für die Anfechtungsfestigkeit von solchen Eingängen angeführt werden, die Befriedigungen von Wiederausnutzungskrediten darstellen. Habe der Gemeinschuldner den ihm gewährten Rahmen hingegen überzogen, so wäre bei einer Kontensplittung auch das „Habenkonto" überzogen worden. Da es sich um einen vom Krediteröffnungsvertrag nicht umfassten Überziehungskredit handle, sei die Bank auch nicht zur Bereithaltung dieser Summe verpflichtet gewesen. Der Überziehungskredit sei weiters sofort fällig. Ein nachfolgender Eingang könne damit nicht als bloß „zur Verwahrung" übergeben angesehen werden. Der Zahlungseingang begründe kein „anfechtungsfestes Guthaben", sondern diene allein der Befriedigung des Überziehungskredits. Ein einem solchen Eingang nachfolgender Ausgang wäre auch keine bloße Zur-Verfügung-Stellung einer vereinbarten Kreditvaluta, es sei denn die Gestattung der Überziehung wäre einer (stillschweigenden) Erhöhung des Kreditrahmens gleichzusetzen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erfolgte die Umbuchung aus verrechnungstechnischen Gründen. Dass die Beklagte und die Gemeinschuldnerin mit der Kontentrennung bestimmte Rechtsfolgen, etwa ein Kompensationsverbot, herbeiführen wollten, steht nicht fest und wurde von der Beklagten im Verfahren erster Instanz auch nicht behauptet. Das neue Kontokorrentkreditkonto war lediglich ein Subkonto des ursprünglichen Kontokorrentkreditkontos. Nach der Fälligstellung der Kredite durch die Beklagte wurde ein Kreditrahmen nicht mehr eingeräumt, der umgebuchte Saldo lag bei rund 1 Mio EUR, der ursprüngliche Rahmen hatte lediglich 508.709,84 EUR betragen; der ursprüngliche Rahmen war bei weitem überzogen.

Damit kommt aber der von der Beklagten vorgenommenen Umbuchung des Saldos vom ursprünglichen auf das neue Kontokorrentkreditkonto keine Bedeutung zu. Gerade bei der Beurteilung von „verrechnungstechnischen" Maßnahmen, welche die Bank völlig einseitig - oder jedenfalls aus einer enormen Machtposition gegenüber dem praktisch insolventen Kreditnehmer heraus - im internen Bereich vornehmen kann, hat eine wirtschaftliche Betrachtung zu erfolgen. Es muss dabei hintan gehalten werden, dass die Bank durch ihre „verrechnungstechnischen" Maßnahmen Rechtsfolgen herbeiführt, die andere Gläubiger benachteiligen. Ein Missbrauch ihrer diesbezüglichen Gestaltungsmöglichkeiten ist zu unterbinden.

Das Berufungsgericht meint, die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 110/00w und von Widhalm (ZIK 1999, 39) kämen hier nicht zum Tragen, weil einerseits eine Umbuchung des Saldos auf ein Subkonto und nicht eine Zweikontengestion von Anfang an erfolgt sei und andererseits die Beklagte die Kredite gekündigt habe, während in dem der Entscheidung 6 Ob 110/00w zu Grunde liegenden Sachverhalt das Kontokorrentkreditverhältnis ungekündigt weiter bestanden habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen erscheint ja eine Umbuchung des Saldos auf ein neu eröffnetes Subkonto in der Krise des Gemeinschuldners noch auffälliger als eine Zweikontengestion von Anfang an; zum anderen wurde schon dargelegt (2.1.4.), dass - jedenfalls im vorliegenden Fall - auch die Fälligstellung der Kredite durch die Beklagte unbeachtlich ist.

Die Beklagte weist im Revisionsverfahren darauf hin, dass die Gemeinschuldnerin einen Anspruch auf Wiederauszahlung der auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto eingegangenen Zahlungen gehabt habe; nach Z 39 Abs 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei das Kreditinstitut zur Durchführung von Überweisungsaufträgen verpflichtet, wenn dafür auf dem angegebenen Konto des Kunden vollständige Deckung vorhanden ist. Es wurde allerdings schon dargelegt, dass der erkennende Senat nicht von einem gesplitteten Kreditverhältnis zwischen Gemeinschuldnerin und Beklagter ausgeht; damit bestand aber auch nicht „vollständige Deckung" auf dem Konto der Gemeinschuldnerin, sondern hatte diese den ursprünglich eingeräumten Kreditrahmen weit überschritten. Schließlich will die Beklagte in diesem Zusammenhang noch etwas daraus für sich gewinnen, dass sie mit der Gemeinschuldnerin ein Stillhalteabkommen getroffen habe; hinsichtlich der auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto eingegangenen Beträge habe daher ein Aufrechnungsverbot bestanden, sie habe der Gemeinschuldnerin die eingegangenen Beträge wieder auszahlen müssen. Dazu hat allerdings bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die im Schreiben der Beklagten vom 6. 6. 2002 angeführten Bedingungen - jedenfalls nach den Feststellungen der Vorinstanzen - von der Gemeinschuldnerin nicht zur Gänze erfüllt worden sind. Eine ausdrückliche Stillhaltevereinbarung samt Tilgungsverzicht und Aufrechnungsverbot bestand daher im maßgeblichen Zeitraum gar nicht.

Als Zwischenergebnis zu 2.1. ist damit festzuhalten, dass der Kläger gemäß § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO zutreffend die Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin als (nachteiliges [siehe dazu 2.2.]) Rechtsgeschäft angefochten hat und dass die von der Beklagten vorgenommene Kontensplittung unbeachtlich ist.

2.2. Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2

2. Fall KO liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (7 Ob 11/01w = ZIK 2001/166 mwN; RIS-Justiz RS0110410) vor, wenn das Rechtsgeschäft zu einer Verringerung der Masse geführt und sich damit für die Gläubiger tatsächlich nachteilig ausgewirkt hat, es also zu einer tatsächlichen Minderung der Befriedigungschancen der Konkursgläubiger gekommen ist. Dabei sind im Rahmen einer anzustellenden Differenzrechnung auch die Vorteile zu veranschlagen, die aus Gewinnen aus der Fortführung der Geschäfte entstanden und der Masse zugute gekommen sind. Maßgebend für die Beurteilung ist grundsätzlich, ob die im Konkurs zu erwartende Quote niedriger ist als jene, die bei „rechtzeitiger" Konkurseröffnung erzielbar gewesen wäre. Ob tatsächlich Nachteiligkeit gegeben war, ist nach der Sachlage im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz im Anfechtungsprozess zu entscheiden (1 Ob 308/98w). Erst wenn sich aufgrund dieser ex post anzustellenden Prüfung ergibt, dass sich das angefochtene Rechtsgeschäft tatsächlich nachteilig für die Gläubiger ausgewirkt hat, ist auch noch zu prüfen, ob die Nachteiligkeit für den Anfechtungsgegner bei Eingehen des Rechtsgeschäfts objektiv vorhersehbar war. Das angefochtene Rechtsgeschäft muss schließlich auch kausal für die Verringerung der Masse gewesen sein; dabei reicht aber Mitursächlichkeit (6 Ob 110/00w; 9 Ob 24/04a).

2.2.1. Die Beweislast für die Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts trifft nach ständiger Rechtsprechung den Masseverwalter (RIS-Justiz RS0065092; vgl auch König, Die [objektive] Nachteiligkeit als allgemeine Anfechtungsvoraussetzung, RdW 1999, 317), dem es dabei aber grundsätzlich frei steht, wie er diese beweist. Er muss nicht eine Differenzrechnung (Vergleich der im Konkurs zu erwartenden Quote im Vergleich zur Quote, die bei „rechtzeitiger" Konkurseröffnung zu erwarten gewesen wäre; vgl Weissel, Die mittelbare Nachteiligkeit von Kreditgeschäften nach § 31 KO, ÖBA 1992, 630; 2 Ob 2147/96s = ÖBA 1999/792) vornehmen, sondern kann auch Umstände behaupten und beweisen, aus denen sich zwingend eine Quotenverschlechterung ergibt (4 Ob 306/98y). Hat etwa der Gemeinschuldner Sachen, die schon vor Abschluss des angefochtenen Geschäfts zu seinem Vermögen gehörten, unter ihrem Wert verkauft, dann führt dies zu einer Verminderung der Aktiven, was stets eine Quotenverschlechterung bedeutet (Bollenberger, Anfechtung von Finanzierungsgeschäften gemäß § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO, ÖBA 1999, 409). An einem Nachteil fehlt es aber immer dann, wenn trotz des Rechtsgeschäfts (mögen auch die Passiven erheblich steigen) die Quote gehalten wird (Bollenberger, aaO).

Das Erstgericht hat im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung die Benachteiligung der übrigen Gläubiger durch Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses und des damit ermöglichten Weiterwurstelns der Gemeinschuldnerin bejaht. Die Beklagte führt in der Revisionsbeantwortung dazu aus, eine Gläubigerbenachteiligung liege gar nicht vor. Ein Masseentgang sei nicht eingetreten, weil der Gemeinschuldnerin ein Anspruch auf Wiederauszahlung der auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto eingegangenen Zahlungen eingeräumt worden sei und die Gemeinschuldnerin diese Auszahlungen auch wieder in Anspruch genommen habe; auf dem neuen Kontokorrentkreditkonto sei es zu überhaupt keinen Einzahlungen durch die Gemeinschuldnerin gekommen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen entnahm der geschiedene Ehegatte der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin nach dem 6. 6. 2002 der Kasse der Gemeinschuldnerin insgesamt 106.454,85 EUR, die er nach Bosnien brachte und dort bei einem bosnischen Unternehmen „einzahlte". Dieses Unternehmen ging letztlich ebenfalls in Konkurs. Da dieser Betrag der Kasse entnommen wurde, ist er nicht in den Eingängen und Ausgängen auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto enthalten gewesen. Die Behauptung des Klägers, dass das gesamte Geld für die Konkursmasse verloren sei, hat die Beklagte nicht bestritten. Damit wurde es aber - ohne entsprechende Gegenleistung - der Konkursmasse entzogen, was zu einer Verminderung der Aktiven und zu einer Quotenverschlechterung führte. Hätte die Beklagte der Gemeinschuldnerin das Weiterwursteln nach der Fälligstellung der Kredite nicht ermöglicht, wäre es auch nicht zur dargestellten Verminderung der Aktiven gekommen.

Im Übrigen ist den Ausführungen der Beklagten in der Revisionsbeantwortung entgegen zu halten, dass die Nachteiligkeit der Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses in der damit verbundenen Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs eines insolventen und auch nicht mehr sanierbaren Unternehmens bestand. Bereits dadurch wurde die Konkursverschleppung durch die Beklagte (mit-)verursacht. Ob sich der Kreditsaldo in der kritischen Zeit bis zur Konkurseröffnung gesenkt (Kreditrückführung) oder erhöht (Kreditausweitung) hat, worauf aber die Beklagte abstellen will, ist unerheblich (vgl 6 Ob 110/00w).

2.2.2. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0065092) trifft den Masseverwalter bei in der Krise gewährten Bankkrediten die Beweislast für die objektive Vorhersehbarkeit, dass eine Sanierung nicht erreicht werden kann. Der erkennende Senat hat allerdings in der Entscheidung 6 Ob 110/00w - ergänzend - ausgeführt: „Bei der objektiven Vorhersehbarkeit der mittelbaren Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäfts kommt es auf die Art und die Größenordnung des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts an. Die frühere Rechtsprechung erachtete den in der Krise gegebenen Kredit als typisch nachteilig und überließ dem Anfechtungsgegner den Gegenbeweis. Davon ist die Rechtsprechung zwar wieder abgerückt und hat die Beweislast wieder dem Masseverwalter zugewiesen. Die von Kreditgeschäften in der Krise ausgehende Gefahr des „Versickerns" der Geldmittel muss prima facie aber nach wie vor angenommen werden, sodass der Masseverwalter etwa schon dadurch den Beweis erbringen kann, dass aus den Geschäftsbüchern, den Bilanzen, dem Lagebericht und ähnlichen Unterlagen des Unternehmens Umstände hervorgehen, die eine Sanierung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als unmöglich erscheinen lassen."

Widhalm (ecolex 2001, 369) hat diese Überlegungen begrüßt. Schummer (ÖBA 2002, 173) hat unter Bezugnahme darauf zutreffend hervorgehoben, die mittelbare Nachteiligkeit einer Kreditgewährung sei für die Bank bereits dann objektiv vorhersehbar, wenn die fehlende Sanierbarkeit mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu Tage tritt; es sei eine Zukunftsprognose anzustellen, sei diese negativ, stünde auch die Erkennbarkeit der Sanierungsunfähigkeit fest; entscheidend sei dabei, ob ein vergleichbarer Dritter mit den dem Anfechtungsgegner zur Verfügung stehenden Mitteln diese Situation erkannt hätte; es handle sich um einen objektivierten Sorgfaltsmaßstab.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wollte die Beklagte der Gemeinschuldnerin die - laut Bericht des Unternehmensberaters - geringe Chance auf eine Sanierung wahren. Allerdings machte der Unternehmensberater in seinem Bericht mehr als deutlich klar, dass eine „geringe Chance zur vorläufigen Insolvenzvermeidung" nur bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung bestehe; dabei komme es maßgeblich auf den „Umfeldeinfluss" an, die Situation in der Baubranche sei aber schwierig. Der Unternehmensberater forderte nachdrücklich Maßnahmen, die einerseits die Kosten der Gemeinschuldnerin senken und die Erlöse erhöhen, andererseits aber auch gewährleisten würden, dass eine verlässliche Aussage zur Ertragskraft von einzelnen Bauprojekten gegeben werden könne; eine laufende, wenn möglich monatliche Kontrolle der wirtschaftlichen Entwicklung sei ebenso „unumgänglich" wie eine laufende monatliche Projektkontrolle. Ausdrücklich verwies der Unternehmensberater darauf, dass die Gemeinschuldnerin grundsätzlich insolvent, ein Fortbetrieb eher unwahrscheinlich sei. Er betonte dabei die praktisch totale Abhängigkeit der Gemeinschuldnerin von der weiteren Vorgangsweise der Beklagten.

Nach Vorliegen des Prüfberichts und dem „Stillhalteabkommen" mit der Gemeinschuldnerin überprüften allerdings weder der Unternehmensberater noch die Beklagte, ob die empfohlenen Maßnahmen auch tatsächlich eingehalten wurden; die Beklagte begnügte sich vielmehr mit den Auskünften der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin. Wenn sie - sporadisch - Saldenlisten erhielt, führte sie nicht einmal Detailanalysen derselben durch; sie kümmerte sich auch nicht darum, ob Exekutionen gegen die Gemeinschuldnerin geführt wurden. Die letztlich doch erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gemeinschuldnerin ging ebenfalls nicht von der Beklagten aus; vielmehr stellte die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin den Konkursantrag aus eigenem Antrieb. Wenn aber für die Gemeinschuldnerin ohnehin nur eine geringe und von zahlreichen Eventualitäten und Maßnahmen abhängige Chance auf Sanierung bestand und die Beklagte nicht einmal die Durchführung dieser Maßnahmen überwachte und sich auch sonst praktisch nicht um den Fortgang des Unternehmens der Gemeinschuldnerin kümmerte, muss im Sinne der dargestellten Rechtsprechung von einer für die Beklagte gegebenen Vorhersehbarkeit der Nichtsanierbarkeit der Gemeinschuldnerin ausgegangen werden. Bei Banken ist ein strenger Maßstab anzulegen, stehen diesen doch die notwendigen Mittel für eine eingehende Prüfung zur Verfügung. Die kreditgebende Bank kann sich im Anfechtungsprozess auf eine positive Zukunftsprognose nur dann berufen, wenn eine solche erstellt und ausreichend begründet wurde (6 Ob 110/00w). Dazu gehört aber auch die Überwachung der Begründetheit der Zukunftsprognose durch Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung des Gemeinschuldners.

Im Revisionsverfahren bestreitet die Beklagte im Übrigen die (objektiv gegebene) Vorhersehbarkeit der Nachteiligkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts folgerichtig auch gar nicht.

2.2.3. So wie die Nachteiligkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts hat der Masseverwalter auch seine Kausalität für die Verringerung der Befriedigungschancen zu beweisen. Die Beklagte meint im Revisionsverfahren dazu, die Aufrechterhaltung des (ihrer Meinung nach) „Giroverhältnisses" auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto sei nicht einmal mitkausal für die vom Kläger behauptete Gläubigerbenachteiligung gewesen; die Gemeinschuldnerin hätte sich zur Abwicklung ihres Zahlungsverkehrs einer anderen Bank oder sogar einer „eigenständigen Barabwicklung" bedienen können; sie hätte sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen auch bemüht, eine andere Bank zu finden.

Mit dieser Argumentation bestreitet die Beklagte aber gerade nicht die Kausalität (im Sinn einer conditio sine qua non) der Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses für die Verringerung der Befriedigungschancen. Tatsächlich hat sie ja der Gemeinschuldnerin das Weiterwursteln ermöglicht; diese hat sich auch nicht bemüht, eine andere Bank zu finden. Damit hat aber gerade die angefochtene Rechtshandlung der Beklagten den Nachteil herbeigeführt; sie hat sich tatsächlich nachteilig ausgewirkt (Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 [2000] § 27 KO Rz 45). Der Einwand der Beklagten bezieht sich auf einen theoretischen Geschehensablauf, der aber gerade nicht vorlegen ist. Setzt jemand eine schadenstiftendes Verhalten, kann er sich nicht darauf berufen, dass ein anderer (möglicherweise) später dasselbe gesetzt hätte. Selbst wenn man dies als einen Fall der überholenden Kausalität ansehen würden, wäre daraus für die Beklagte nichts gewonnen: nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geht nämlich die reale Kausalität der hypothetischen vor (1 Ob 642/92 = JBl 1993, 663 [Kleewein]; RIS-Justiz RS0022629).

Als Zwischenergebnis zu 2.2. ist damit festzuhalten, dass das vom Kläger angefochtene Rechtsgeschäft für die übrigen Gläubiger nachteilig und diese Nachteiligkeit für die Beklagte auch vorhersehbar war.

2.3. Die Parteien haben bereits im Verfahren erster Instanz außer Streit gestellt, dass die Gemeinschuldnerin jedenfalls ab 10. 10. 2002 materiell insolvent und dieser Umstand auch der Beklagten bekannt war. Da schließlich auch nicht strittig ist, dass die vom Kläger vorgenommene Anfechtung befriedigungstauglich ist, war die Abweisung des Klagebegehrens (im revisionsgegenständlichen Umfang) verfehlt.

2.4. Die Höhe des Anfechtungsanspruchs bestimmt sich zunächst grundsätzlich nach der Differenzrechnung, bei welcher es allein darauf ankommt, in welchem Ausmaß der Befriedigungsfonds der Gläubiger durch das Hinausschieben der Konkurseröffnung verringert worden ist. Dies ist der Nachteil des Rechtsgeschäfts für die übrigen Gläubiger, also der Quotenschaden. Nach jüngerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird der Anfechtungsanspruch allerdings mit der Summe der Eingänge während der kritischen Zeit und dem Kreditrahmen bzw der allenfalls höheren Kreditausnutzung begrenzt, wenn diese Beträge niedriger sind als der Quotenschaden (4 Ob 306/98y; 6 Ob 110/00w mwN). Bemisst der Masseverwalter seine Forderung von Vorneherein nach dem Kreditrahmen, ist es Sache des Anfechtungsgegners zu beweisen, dass der tatsächliche Nachteil der Masse unter diesem Betrag liegt (4 Ob 306/98y).

2.4.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen betrugen die Eingänge im kritischen Zeitraum 545.485,41 EUR, der ursprüngliche Rahmen 508.709,84 EUR. Auf diesen hat sich der Kläger von Vorneherein beschränkt. Damit bedarf es aber keiner weitergehenden Überlegungen, ob die Begrenzung mit dem (ursprünglichen) Rahmen auch dann zu berücksichtigen ist, wenn tatsächlich nach Fälligstellung des Kontokorrentkreditverhältnisses ein Rahmen nicht mehr vereinbart wurde (vgl dazu 2 Ob 2147/96s, bei deren zu Grunde liegendem Sachverhalt ebenfalls kein Rahmen vereinbart gewesen war). Die Beklagte meint im Revisionsverfahren unter Hinweis auf Lehrmeinungen (Bollenberger, König, Koziol, Widhalm, Schummer), es sei eine „Beschränkung der Anfechtung auf die Kreditausweitung" vorzunehmen; tatsächlich habe sich auf dem ursprünglichen Kontokorrentkreditkonto aber eine „Guthabenserhöhung" in Höhe von 4.123,26 EUR) ergeben. Diesen Lehrmeinungen hat der Oberste Gerichtshofs bereits mehrmals entgegen gehalten (6 Ob 110/00w; 9 Ob 24/04a), eine solche Beschränkung komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - die Summe der in der Krise retournierten Beträge den Kreditrahmen erreichte oder sogar überstieg.

Zuletzt hat sich Bollenberger (Der erforderliche Zusammenhang zwischen Haftungsgrund und Haftungsumfang beim revolvierenden Kredit als nachteiliges Rechtsgeschäft [§ 31 Abs 1 Z 2 Fall 2 KO], ÖBA 2005,

683) mit dieser Rechtsprechung auseinandergesetzt. Er meint, sie verletze das „Prinzip der zweiseitigen Rechtfertigung". Der Sockelbetrag des Kontokorrentkredits, der vor der Krise des Unternehmens (des Gemeinschuldners) bereits ausgenützt gewesen war, stelle einen Stehsaldo dar; hinsichtlich der darüber hinausgehenden Beträge nutze das Unternehmen das Kontokorrentkreditkonto nicht zu Kreditzwecken, sondern lediglich zur Durchführung des Zahlungsverkehrs; auf die Unternehmensfortführung oder das „Weiterwursteln" habe die Aufrechterhaltung des Kontokorrentkreditverhältnisses daher keinen Einfluss, das Unternehmen hätte mit seinem Geld die Zahlungen auch in bar oder über ein auf Habenbasis geführtes Girokonto bei einer anderen Bank leisten können. Bollenberger anerkennt zwar, dass auf Seiten der Masse die Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO den Quotenschaden ausgleichen soll, fragt aber, „warum für diesen Schaden, bis zur Höhe des Kreditrahmens, gerade der Anfechtungsgegner aufkommen soll", und zwar auch bei lediglich kleinen, über das Kontokorrentkreditkonto ein- und ausgegangenen Beträgen.

Mit dieser Argumentation wird zunächst übersehen, dass die von Bollenberger kritisierte Rechtsprechung neben dem Quotenschaden und dem Kreditrahmen die Summe der Zahlungseingänge als Haftungsobergrenze vorsieht; werden daher tatsächlich lediglich kleine Beträge über das Kontokorrentkreditverhältnis geführt, ist auch die Haftung eine beschränkte. Dazu kommt, dass Bollenberger es offensichtlich als selbstverständlich ansieht, dass die Zahlungseingänge auf dem Kontokorrentkreditkonto „als Durchlauferposten" dem späteren Gemeinschuldner auch wieder zur Verfügung gestellt werden mussten. Dazu wurde aber bereits unter

2.1.5. unter Berufung auf Widhalm klargestellt, dass bei einem überzogenen Rahmen des Kontokorrentkreditverhältnisses - wie auch im vorliegenden Fall - Zahlungseingänge nicht lediglich als bloß „zur Verwahrung" übergeben angesehen werden können; der Zahlungseingang begründet kein „anfechtungsfestes Guthaben", sondern dient allein der Befriedigung des Überziehungskredits. Stellt die Bank die Zahlungseingänge aber nicht wieder zur Verfügung, wird dem späteren Gemeinschuldner auch nicht das Weiterwursteln ermöglicht; es ist vielmehr zu erwarten, das ein andrängender Gläubiger, der nunmehr eben keine Befriedigung mehr erhält, einen Konkursantrag stellt. Dies ist auch der Grund, weshalb der Anfechtungsgegner (die Bank) für den Quotenschaden aufzukommen hat. Es geht also - entgegen Bollenberger - nicht darum, dass die Bank ihre Forderungen nicht betreibt bzw selbst keinen Konkursantrag stellt, sondern darum, dass sie dem späteren Gemeinschuldner in der Krise (weiterhin) Geld zur Verfügung stellt. Im Übrigen sieht Bollenberger ja selbst bei revolvierenden Krediten Leistungsansprüche gegen die Bank in jenem Betrag für gerechtfertigt, um welchen der Kreditsaldo (also der in Anspruch genommene Kredit) in der kritischen Zeit ausgeweitet wurde. War aber das Kontokorrentkreditverhältnis bereits fällig gestellt und bestand keine Verpflichtung der Bank zur Wiederauszahlung eingegangener Beträge, erfolgte insoweit eine Ausweitung des Kreditsaldos. Dass sich die Bank grundsätzlich nicht darauf berufen kann, der Gemeinschuldner hätte sich ja auch einer anderen Bank oder des Bargeldverkehrs bedienen können, wurde bereits klargestellt (2.2.3.).

2.4.2. Die Beklagte hat sich im Verfahren erster Instanz darauf berufen, ein Quotenschaden sei bei näherer Betrachtung des Umlauf- und des Anlagevermögens sowie der Verbindlichkeiten zu den für die Differenzrechnung maßgeblichen Zeitpunkten nicht eingetreten (ON 2, 12). Die Vorinstanzen haben dazu keine Feststellungen getroffen; das Erstgericht hat allerdings unmittelbar vor Schluss der Verhandlung erster Instanz „das Verfahren zur Höhe der Klagsforderung unterbrochen", das Verfahren also auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt.

2.5. Die Vorinstanzen haben insgesamt zu Unrecht die vom Kläger geltend gemachten Anfechtungsansprüche verneint. In Abänderung ihrer Entscheidungen war daher mit Zwischenurteil auszusprechen, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht. Über die Höhe des Klagsanspruchs und die Kosten des Verfahrens erster Instanz wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu entscheiden haben. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet auf § 52 ZPO.

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