OGH 6Ob693/86

OGH6Ob693/8612.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Arjun A***, Angestellter, Am Bruckengarten 1, D-6000 Frankfurt am Main 50, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Norbert Schira, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Danalia Anna Ida F***, geboren am 17. Februar 1975, Schülerin, 4592 Leonstein 1, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, Jugendwohlfahrts-Außenstelle Grünburg, als Widerstreitsachwalterin, diese vertreten durch Dr. Otto Hauck, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, wegen Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Steyr als Berufungsgerichtes vom 10. September 1986, GZ R 324/85-23, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Grünburg vom 30. September 1985, GZ C 400/85 -14, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Rekurskosten sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die Beklagte wurde am 17.2.1975 von Monika S***, nunmehr verehelichte F***, als uneheliches Kind geboren. 1981 gab der Ehemann der Mutter der Beklagten seinen Familiennamen. Sowohl die Mutter als auch das beklagte Kind sind österreichische Staatsbürger und waren dies auch bei der Geburt der Beklagten. Am 6.3.1975 nahm die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, Jugend- und Gesundheitsfürsorge-Außenstelle Grünburg (im folgenden kurz Jugendamt) mit der Mutter eine Niederschrift auf, nach deren Inhalt diese Arjun A***, geboren am 6.9.1953 in Neu Delhi, ledig, indischer Staatsangehöriger, Kellner, ausdrücklich als Vater des beklagten Kindes bezeichnete. Am 15.7.1975 nahm das Jugendamt mit Arjun A***, geboren am 6.9.1954 in Delhi, ledig, indischer Staatsangehöriger, Student, wohnhaft in "Neunahr", Cafe-Restaurant Oskar, D-5483", ausgewiesen durch den indischen Reisepaß P 15029 vom 22.9.1973, Delhi, eine Niederschrift auf, nach deren Inhalt dieser zugestand, er habe mit der Mutter des beklagten Kindes in der gesetzlichen Empfängniszeit (21.4.1974 bis 21.8.1974) geschlechtlich verkehrt, die Vaterschaft zur Beklagten anerkannte und sich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.000,-- ab Geburt verpflichtete. Der Kläger wurde am 10.9.1953 in Neu Delhi (Indien) geboren, war bis 23.2.1982 indischer und ist seit 24.2.1982 Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland.

Mit seiner am 4.3.1985 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, er sei mit Arjun A***, der am 15.7.1975 vor dem Jugendamt in Grünburg die Vaterschaft zur Beklagten anerkannt habe, "nicht ident und nicht der Vater" des beklagten Kindes. Hiezu brachte er vor, er sei auf Grund der niederschriftlichen Erklärungen des Arjun A*** vom 15.7.1975 auf Unterhaltsleistungen für die Beklagte in Anspruch genommen worden. Er sei jedoch mit jenem Arjun A***, der die Vaterschaft anerkannt habe, nicht identisch. Er sei nicht am 6.9.1954, sondern am 10.9.1953 geboren. Sein Vater heiße nicht, wie in der Niederschrift festgehalten Chuni Cal A***, sondern Lachmann Das A***. Der Kläger habe sich in der gesetzlichen Empfängniszeit in Indien aufgehalten, habe mit der Mutter der Beklagten nie geschlechtlich verkehrt und habe auch die Vaterschaft nie anerkannt bzw. die Niederschrift vom 15.7.1975 nicht unterfertigt. Der Name Arjun A*** sei in Indien sehr häufig anzutreffen. Der Kläger werde mit dem Mann, der die Niederschrift vom 15.7.1975 unterfertigt habe, verwechselt. Er sei nicht der Vater und könne dies - zufolge der Verteilung der Blutgruppen - auch gar nicht sein.

Das beklagte Kind wendete vor allem ein, der Kläger sei mit jenem Mann, der die Vaterschaft am 15.7.1975 anerkannt habe, identisch. Die Mutter verfüge seit der Zeit, in die die Zeugung falle, über Lichtbilder, die unzweifelhaft den Kläger darstellten. Das Erstgericht wies das gesamt Klagebegehren ab. Es stellte fest:

Der Kläger hielt sich 1974 - damals noch indischer Staatsangehöriger - in Österreich auf. In seinem damaligen Reisepaß war ein Sichtvermerk für das gesamte österreichische Bundesgebiet, gültig bis 28.2.1974, eingetragen. Nachdem der Kläger zunächst in Salzburg gearbeitet hatte, strebte er eine Arbeitsbewilligung für das Hotel Post in Serfaus an. Er unterfertigte zu diesem Zweck am 10.5.1974 eine Aufenthaltsanzeige. Tatsächlich war der Kläger trotz abgelaufenen Sichtvermerkes bis 11.7.1974 in diesem Hotel beschäftigt. Die Mutter der Beklagten arbeitete damals in der Pension Westreicher in Serfaus, lernte bei dieser Gelegenheit den Kläger kennen und ließ sich in geschlechtliche Beziehungen mit ihm ein. Mangels gültigen Sichtvermerkes forderte die Bezirkshauptmannschaft Landeck den Kläger am 26.6.1974 zum Verlassen des Bundesgebietes auf und beauftragte das Gendarmeriepostenkommando Ried im Oberinntal mit der Überwachung der Abreise. Tatsächlich reiste der Kläger am 11.7.1974 aus dem Bundesgebiet aus. Danach stand die Mutter der Beklagten mit ihm noch im Briefverkehr; sie teilte ihm die Geburt des Kindes mit. Im Sommer 1975 reiste der Kläger in Österreich ein und hielt sich etwa eine Woche bei der Mutter des Kindes in Leonstein auf. Bei dieser Gelegenheit wurde vom Jugendamt in Grünburg mit ihm die Niederschrift vom 15.7.1975 aufgenommen und von ihm unterschrieben. Der Kläger ist also mit jenem Mann identisch, der diese Niederschrift unterfertigt hat. Seit Jahren wird der Kläger auf Unterhaltsleistung für die Beklagte in Anspruch genommen; er hat allerdings bisher keinerlei Leistung erbracht.

Rechtlich meinte das Erstgericht, dem Kläger sei der Beweis, daß er mit jenem Mann, der die erwähnte Niederschrift unterfertigt habe, nicht identisch sei, nicht gelungen. Soweit der Kläger auch die Feststellung, daß er nicht der Vater des beklagten Kindes sei, begehre, habe er keines der im § 164a Abs 1 ABGB geforderten Tatbestandsmerkmale behauptet und überdies sei die Klagefrist des Abs 2 dieser Gesetzesstelle längst abgelaufen.

Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es ordnete einen Rechtskraftvorbehalt an und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige. Es führte aus, aus Zweckmäßigkeitserwägungen sei vor der Mängel- und der Beweisrüge auf die Rechtsrüge einzugehen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes liege keine nach § 164a ABGB zu beurteilende Klage vor, weil nicht die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Vaterschaftanerkenntnisses begehrt werde. Das nach § 228 ZPO zu beurteilende Feststellungsbegehren des Klägers umfasse zwei Komponenten. Die Feststellung der Nichtidentität des Klägers mit dem Anerkennenden und die Feststellung der Nichtvaterschaft des Klägers. In bezug auf ersteres Begehren stelle sich die Frage, ob damit die Feststellung der Unechtheit einer Urkunde verlangt werde. Da durch das Vaterschaftsanerkenntnis ein familienrechtliches Rechtsverhältnis zwischen Vater und Kind begründet werde, müsse dieser Teil des Klagebegehrens als Begehren nach Feststellung des Nichtbestehens des vorher genannten Rechtsverhältnisses aufgefaßt werden. Darüberhinaus bejahe das Berufungsgericht das Recht der Person auf Achtung ihrer Identität und des Umstandes, daß eine Person mit einer anderen nicht im Rechtssinn identisch sei.

§ 16 ABGB sei als Zentralnorm der Rechtsordnung anzusehen und anerkenne die Persönlichkeit als Grundwert. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sei der Richter legitimiert, einzelne Verhaltensnormen zum Schutz der Persönlichkeit abzuleiten. Nach seinen Behauptungen werde der Kläger von der Beklagten mit jener Person, die die Vaterschaft anerkannt habe, identifiziert. Der Kläger gehe in seiner Klage von einem wirksam erklärten Anerkenntnis aus, bestreite indessen seine Identität mit dem Erklärenden. Die Achtung der wahren Identität entspreche aber einer der Grundforderungen des § 16 ABGB, so daß selbst gegen die konkrete Formulierung des ersten Teiles des Begehrens keine Bedenken obwalteten. Der zweite Teil sei keine überflüssige Floskel, weil die Frage der mangelnden Identität nicht nur aus familienrechtlicher Warte, sondern auch vom Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechtes aus zu beurteilen sei, wogegen die Frage der Nichtvaterschaft lediglich einen familienrechtlichen Aspekt zeige. Würde allerdings die erste Frage verneint, so würde sich der Kläger nicht mehr auf die Nichtidentität berufen können. Er würde dann als Anerkennender und damit als unehelicher Vater der Beklagten gelten. Dann würde das zweite Begehren deshalb abzuweisen sein, weil es der Kläger nicht auf § 164a Abs 1 ABGB, sondern auf mangelnde Identität mit dem Anerkennenden gestützt habe. Obsiege der Kläger hingegen mit dem ersten Begehren, so könnte er nicht als Anerkennender und damit als Vater in Anspruch genommen werden. Ein darüber hinausgehendes Interesse könnte dann zu verneinen sein. Bei Feststellung der Nichtidentität stünde es der Beklagten frei, auf Feststellung der Vaterschaft des Klägers zu klagen. Nur dann werde sich der Kläger mit dieser Frage prozessual auseinanderzusetzen haben. Die Beklagte habe bisher nicht behauptet, daß sie den Kläger auch bei Feststellung seiner Nichtidentität in Anspruch nehmen werde. Es könnte demnach - ohne Eingehen auf die übrigen

Berufungsgründe - gesagt werden, daß das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung der Nichtvaterschaft fehle, müßte dieses nicht aus international-privatrechtlichen Gründen bejaht werden. Als Gegenstand des Berufungsverfahrens stelle sich nur das Begehren des Klägers nach Feststellung der Nichtidentität mit dem Anerkennenden.

Ein Sachverhalt mit Auslandsberührung wie der vorliegende sei gemäß § 1 Abs 1 IPR-Gesetz nach jener Rechtsordnung zu beurteilen, zu welcher die stärkste Beziehung bestehe. § 25 Abs 1 IPR-Gesetz berufe das Personalstatut des unehelichen Kindes im Zeitpunkt der Geburt zur Beurteilung der Voraussetzungen der Feststellung, der Anerkennung und der Bestreitung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind. Hier gehe es indessen um das Begehren nach Feststellung der Nichtidentität mit dem Anerkennenden. Diese Frage sei derart anders gelagert, daß Analogie zu § 25 Abs 1 IPR-Gesetz zu verneinen sei. Es gehe - wie schon erwähnt - um Fragen des Persönlichkeitsrechtes. Mangels besonderer Regelung sei an jene Rechtsordnung anzuknüpfen, zu der die stärkste Beziehung bestehe. Hiezu sei eine zweckorientierte kollisionsrechtliche Analyse der maßgeblichen Interessen geboten. Im Vorgrund einer praxis-orientierten Betrachtungsweise könnte eine Anknüpfung entsprechend § 25 Abs 1 und 2 IPR-Gesetz in Betracht gezogen werden, weil es vor allem um die unterhaltsrechtlichen Belange gehe. Andererseits gehe es um die Ausformung eines Persönlichkeitsrechtes, sodaß das Gewicht dieser beiden Aspekte gegeneinander abzuwiegen sei. Da Persönlichkeitsrechten für die Gesamtrechtsordnung grundlegende Bedeutung zuzumessen sei, müßten die familienrechtlichen Gesichtspunkte zurückstehen. Bei der Beurteilung von Persönlichkeitsrechten sei angesichts der §§ 12 ff IPR-Gesetz an das Personalstatut der betroffenen Person anzuknüpfen. Damit sei das Recht der Bundesrepublik Deutschland - auch für die anstehenden Beweislastfragen - maßgebend. In diesem Sinne sei auf § 4 Abs 1 IPR-Gesetz zu verweisen. Daher könne auf die Mängel- und Beweisrüge nocht nicht eingegangen werden. Das beantragte serologische Gutachten wäre jedenfalls als wesentliches Indiz für die vom Kläger bestrittene Identität einzuholen gewesen. Käme das Erstgericht zum Ergebnis, daß der Kläger mit dem Anerkennenden identisch sei, bliebe das Anerkenntnis jedoch wirksam. Gleiches gelte für das vom Kläger beantragte Schriftsachverständigengutachten. Sollte nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland die Feststellung der Nichtidentität ausgeschlossen sein, so daß dieser Teil des Klagebegehrens abzuweisen wäre, müßte dann aber das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung seiner Nichtvaterschaft bejaht und insoweit gemäß § 25 Abs 1 IPR-Gestz österreichisches Recht angewendet werden. In diesem Fall müßte die Frage der Identität als Vorfrage gelöst werden. Für die Lösung dieser Vorfrage müßte deshalb gleichfalls österreichisches Recht angewendet werden, weil sich die Beurteilung nach dem für die Hauptfrage maßgeblichen Sachrecht zu richten habe.

Der von der Beklagten gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs ist zulässig. Vorauszuschicken ist, daß der Rechtsstreit - wie noch zu zeigen sein wird - als Streitigkeit im Sinne des § 502 Abs 5 ZPO zu beurteilen ist. Mangels Erwähnung dieser Bestimmung im § 519 Abs 2 ZPO sind Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes in solchen Streitigkeiten nur unter den Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO anfechtbar (§ 519 Abs 2 erster Satz ZPO; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1881; 6 Ob 697/85). Da zu Begehren auf Feststellung der Nichtidentität mit jener Person, die ein Vaterschaftsanerkenntnis erklärt hat, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt, sind diese Voraussetzungen jedoch zu bejahen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis auch berechtigt.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er mit jenem (namensgleichen) Arjun A***, der die Vaterschaft zum beklagten Kind anerkannt habe, nicht identisch und nicht dessen Vater sei. Wollte man den ersten Teil dieses Begehrens bloß wörtlich verstehen, müßte dieser Teil schon deshalb abgewiesen werden, weil der Kläger nicht etwa die Feststellung der Unechtheit des Vaterschaftsanerkenntnisses anstrebt, die Nichtidentität mit einer bestimmt bezeichneten Person als bloße Tatsache hingegen nicht zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemäß § 228 ZPO gemacht werden kann (Fasching aaO Rz 1094). Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ist aber als verfahrensrechtliche Frage stets nach österreichischem Recht zu beurteilen, selbst wenn sonst nach internationalem Privatrecht ausländisches Sachrecht anzuwenden wäre (SZ 20/128; Fasching aaO Rz 2400). Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß der Kläger, durch die Inanspruchnahme auf Unterhaltsleistungen veranlaßt, in Wahrheit die Feststellung begehrt, daß das von ihm in seiner grundsätzlichen Wirksamkeit nicht bekämpfte Vaterschaftsanerkenntnis vom 15.7.1975 gegen ihn keine Wirksamkeit äußere. Da durch das mit rechtsgestaltender Wirkung (vgl. JBl 1982, 99; Pichler in Rummel, ABGB Rdz 1 zu § 163d) ausgestattete Anerkenntnis ein familienrechtliches Rechtsverhältnis zwischen dem Anerkennenden und dem Kind (die uneheliche Vaterschaft) hergestellt wird, ist das Verfahrensziel des Klägers als das im materiellen Recht nicht vorgezeichnete Begehren auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses dem Kläger gegenüber zu verstehen. Dabei handelt es sich um eine der Feststellungsklage gemäß § 164a Abs 1 ABGB nachgebildete (Feststellungs-)Klage, deren Begehren aber keineswegs mit dem jener Klage identisch ist. Immerhin ist sie jedoch den Streitigkeiten über die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind (§ 49 Abs 2 Z 1 JN) zu unterstellen. Das rechtliche Interesse des Klägers an einer solchen Feststellung ist zu bejahen, weil er schon bisher auf Grund des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 15.7.1975 wiederholt auf Unterhaltsleistungen in Anspruch genommen wurde und zu gewärtigen hat, daß die Beklagte auch in Hinkunft solche Ansprüche gegen ihn geltend machen wird. Dagegen ist die Klage, wie sich schon aus dem Vorbringen eindeutig ergibt, entgegen der Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz nicht auf die Abwehr von Eingriffen in ein konkretes Persönlichkeitsrecht (vgl. § 16 ABGB) gegründet. Die Beklagte kann sich schließlich auf ein vom Kläger in seiner Gültigkeit gar nicht bekämpftes Anerkenntnis berufen. Der Kläger bestreitet lediglich seine Passivlegitimation für daraus abgeleitete familienrechtliche Ansprüche der Beklagten. Sowie die Klage nach § 164a Abs 1 ABGB auf die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses schlechthin abzielt, so ist das erste Begehren in der vorliegenden Klage auf die Feststellung gerichtet, daß das Anerkenntnis dem Kläger gegenüber keine Wirkungen entfalte.

Der zweite Teil seines Begehrens, er sei nicht der Vater des beklagten Kindes, kann - soll dieser Teil nicht als überflüssige, weil selbstverständliche Erläuterung des ersten Teiles abgetan werden - trotz der mißglückten Fassung nur als Eventualbegehren im Sinne einer Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses gemäß § 164a Abs 1 ABGB aufgefaßt werden. Daß der Kläger diesem Teil des Klagebegehrens selbständige Bedeutung beimißt, geht schon aus seinem hiezu gestellten Antrag auf Einholung eines "Blutgutachtens" hervor, das - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - für das Thema der Nichtidentität ohne jeden Beweiswert wäre. Selbst ein nachgewiesener Vaterschaftsausschluß ließe keinen Schluß darauf zu, daß der Kläger mit dem Anerkennenden nicht identisch sei. Da das zweite Begehren - stünde es zum ersten nicht im Verhältnis der Eventualität - für den Fall der Stattgebung des ersten Begehrens überflüsssig wäre, weil der Kläger bei Feststellung der Nichtidentität nicht als Vater der Beklagten anzusehen wäre und jedwede weitere Initiative dann von der Beklagten ausgehen müßte, wohl aber dann selbständige Bedeutung erlangte, sollte das erste Begehren abgewiesen werden, kann es im Zusammenhalt mit dem ersten Klagebegehren nur als Eventualbegehren im Sinne des § 164a Abs 1 ABGB verstanden werden. Demnach ist dem Rechtsstreit das Begehren des Klägers auf Feststellung, daß sich die Rechtswirkungen des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 15.7.1975 nicht gegen den Kläger richten, hilfsweise jenes, daß das Anerkenntnis rechtsunwirksam sei, zugrunde zu legen.

Das Erstgericht hat die Feststellung getroffen, daß der Kläger mit jener Person, die das Anerkenntnis erklärt hat, identisch ist und - nach ähnlichen Überlegungen wie die voranstehenden Ausführungen - im Rahmen der rechtlichen Beurteilung dargelegt, daß der Kläger weder einen der im § 164a Abs 1 ABGB genannten Klagegründe behauptet noch die im Abs 2 bestimmte Frist eingehalten habe, und ist deshalb zur Abweisung des gesamten Klagebegehrens gelangt. Das Berufungsgericht vertrat dementgegen die Auffassung, daß angesichts des Personalstatuts des Klägers und des auf dessen Persönlichkeitsrechte gestützten Klagebegehrens deutsches Recht anzuwenden und voraussichtlich auch für die Frage der Beweislastverteilung bestimmmend sei (ON 23, S. 17 = AS 113). Mit diesen Ausführungen verkennt das Berufungsgericht, daß die Beweislastregeln erst eingreifen, wenn der streitentscheidende Sachverhalt im Verfahren auch mit Hilfe der richterlichen Beweiswürdigung nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden kann (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 888). Unaufklärbare Tatsachen gehen dann zu Lasten der mit der Beweislast beschwerten Prozeßpartei. Trifft das Gericht hingegen eine eindeutige (positive oder negative) Feststellung, so ist für die Anwendung von Beweislastregeln kein Platz. Das Erstgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, daß der Kläger mit jener Person, die das Anerkenntnis erklärt hat, identisch ist. Das Berufungsgericht wird demnach die Beweis- und die Mängelrüge des Klägers, mit welchen er diese Feststellung des Erstgerichtes massiv bekämpft, im fortgesetzten Verfahren zu erledigen haben. Sollte die Behauptung des Klägers, er sei mit dem Anerkennenden nicht identisch, auch nach den Ergebnissen des Berufungsverfahrens widerlegt bleiben, so wären Erhebungen darüber, welches Recht (auf das Hauptbegehren) anzuwenden sei, entbehrlich (vgl. ZfRV 1979, 205). Im übrigen ist auf den vorliegenden Rechtsstreit österreichisches Recht anzuwenden. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daß das beklagte Kind schon vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Internationale Privatrecht (§ 50) geboren und das Anerkenntnis schon vor diesem Zeitpunkt erklärt worden ist. Auf solche Sachverhalte sind die früher in Geltung gestandenen Kollisionsnormen anzuwenden (Schwimann in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 50 IPR-Gesetz). Nach § 12 der 4.DVzEheG wird die Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind nach den Gesetzen jenes Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehörte. Die Mutter der Beklagten war zum maßgeblichen Zeitpunkt österreichische Staatsbürgerin. Diese Kollisionsnorm ist trotz des Klammerzitates (§ 163 ABGB [aF]) nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes (BGBl. Nr. 342/1970) auch auf das Vaterschaftsanerkenntnis auszudehnen (ZfRV 1962, 242; Edlbacher in ÖJZ 1972, 589 f, ÖStA 1973, 17 und ZfRV 1974, 161; Kapfer in MGA ABGB 29 , 1736; aA Schwind im Handbuch des Österreichischen internationalen Privatrechts, 210 ff). Wenngleich der Kläger - jedenfalls mit dem Hauptbegehren - nicht die Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses schlechthin, sondern nur dessen rechtlichen Wirkungen ihm gegenüber bestreitet, so ist doch diese Kollisionsnorm sinngemäß anzuwenden, weil nach der vor Inkrafttreten des Gesetzes über das internationale Privatrecht maßgeblich gewesenen Rechtslage - in Ermangelung einer dem § 1 Abs 1 IPR-Gesetz entsprechenden Norm - in solchen Fällen, in denen eine gesetzliche Kollisionsnorm fehlte, wie auch sonst im Privatrecht die Grundsätze der Analogie zur Geltung kamen (SZ 12/142; Schwind aaO 61 f).

Im fortgesetzten Verfahren wird - sofern überhaupt über das Eventualbegehren abzusprechen sein wird - zu beachten sein, daß der Kläger in erster Instanz weder Umstände, auf die die Klage nach § 164a Abs 1 ABGB (Z. 1 bzw. 2) gestützt werden kann, noch solche, von welchen auf die Einhaltung der im Abs 2 bestimmten Fallfrist geschlossen werden kann, behauptet hat.

Es war deshalb dem Berufungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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