Spruch:
Dem Rekurs wird stattgegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Rekurskosten sind Kosten des weiteren Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Ein Kaufmann leitete durch seine Fakturenklage den Rechtsstreit ein. Die Klagsgleichschrift wurde der beklagten Partei am 13.Februar 1985 zugestellt. Am 8.Oktober 1985 erklärte der anwaltliche Vertreter des Klägers vor einem Rechtshilfegericht - in Abwesenheit der beklagten Partei -, er habe mit 1.Oktober 1985
seinen Betrieb an seinen Sohn übergeben, er stelle den Namen der klagenden Partei auf den seines Sohnes um. Der Klagevertreter schritt fortan namens des Sohnes als Prozeßvertreter ein. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29.Januar 1986 wurden nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolles "die Ergebnisse der Rechtshilfevernehmungen" "verlesen und erörtert". Der Parteiwechsel war nach dem Inhalt des Protokolles kein Gegenstand weiterer Erklärungen vor dem Prozeßgericht.
Das Erstgericht bezeichnete in seinem, das Klagebegehren abweisenden Urteil den Sohn des in der Klagsschrift als klagende Partei bezeichneten Kaufmannes als klagende Partei (die auch zum Ersatz der Prozeßkosten an die beklagte Partei verpflichtet wurde). Dieser Sohn erhob Berufung.
Die beklagte Partei erstattete eine Berufungsbeantwortung. In dieser bezeichnete sie - in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil und der Berufungsschrift - den Berufungswerber als klagende Partei. Die Frage des Parteiwechsels war weder ein Gegenstand der Urteilsbegründung noch der Ausführung in den Rechtsmittelschriften. Das Berufungsgericht wies die Berufung zurück und sprach aus, daß das angefochtene Urteil als nicht gefällt anzusehen sei. Es ging davon aus, daß mangels gehöriger Eintrittserklärung des Rechtsmittelwerbers nach wie vor dessen Vater Kläger sei, ein dem Sohn zurechenbares Urteilsbegehren nicht vorliege und der erstinstanzliche Abspruch über ein derartiges Begehren ein Nichturteil darstelle, das keinen tauglichen Anfechtungsgegenstand bilde.
Der Berufungswerber erhebt gegen diesen berufungsgerichtlichen Beschluß Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Ein Kaufmann hatte eine zu seinem Unternehmen gehörende Forderung eingeklagt und während des in erster Instanz anhängigen Rechtsstreites vor einem Rechtshilfegericht vorgebracht, das Unternehmen seinem Sohn übergeben zu haben. Er gab durch seinen Prozeßvertreter, der in der Folge als Prozeßvertreter des Übernehmers einschritt, zu Protokoll, daß im Hinblick auf die Betriebsübergabe nunmehr der Übernehmer als klagende Partei aufscheine. Mit dieser Erklärung verband der Klagevertreter den Antrag, den als Partei vorgeladenen Vater als Zeugen, den als Zeugen vorgeladenen Sohn aber als Partei zu vernehmen. Das Rechtshilfegericht ging in diesem Sinne vor. Das Ergebnis der Rechtshilfevernehmungen wurde vor dem Prozeßgericht verlesen und erörtert. Das Prozeßgericht unterließ es, eine Erklärung der beklagten Partei über ihre Zustimmung zum Eintritt des Übernehmers anstelle des Übergebers als Kläger einzuholen, unterstellte offensichtlich die Wirksamkeit des vor dem Rechtshilfegericht zu Protokoll erklärten Parteiwechsels und führte in seinem (klagsabweisenden) Urteil den Übernehmer als klagende Partei an. Dem folgte die beklagte Partei in ihrer Berufungsbeantwortung. Das Vorbringen des Prozeßvertreters der klagenden Partei vor dem Rechtshilfegericht ist sowohl dem Übergeber als auch dem Übernehmer zuzurechnen. Das Vorbringen ist nicht anders aufzufassen, als daß eine Abtretung der eingeklagten Forderung durch den bisherigen Kläger an seinen Sohn im Zusammenhang mit der Unternehmensübertragung und damit eine Veräußerung der eingeklagten Forderung behauptet wurde. Darauf stützte der Forderungsübernehmer seinen Eintritt als klagende Partei im Sinne des § 234 Satz 2 ZPO. Eine solche Erklärung ist dem Prozeßgericht gegenüber abzugeben und in ihrer Wirkung von der Zustimmung der beklagten Partei abhängig. Mit dem Einlangen des Protokolles über die Beweistagsatzung beim Prozeßgericht gelangte die vor dem Rechtshilfegericht zu Protokoll genommene Erklärung, so als wäre sie in einem Schriftsatz an das Prozeßgericht enthalten gewesen, an dieses. Die Erklärung blieb aber mangels erklärter Zustimmung der beklagten Partei in ihrer Wirksamkeit in Schwebe. Das Prozeßgericht behandelte die Eintrittserklärung als voll wirksam. Die beklagte Partei bezeichnete in ihrer Berufungsbeantwortung den Forderungsübernehmer als klagende Partei und nahm im übrigen zum Parteiwechsel nicht Stellung. Die Bezeichnung des angeblichen Forderungsübernehmers in der Berufungsbeantwortung der beklagten Partei als klagende Partei ist als prozessuale Anerkennung des Forderungsübernehmers als neuen Prozeßgegner zu werten. Damit lag bereits vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses eine Zustimmung der beklagten Partei zum Parteieintritt des Forderungsübernehmers vor.
Die Lehrmeinung von Fasching (Zivilprozeßrecht Rz 1206), der Eintritt des Rechtsnachfolgers sei nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zulässig, entbehrt einer Begründung und ist aus dem Gesetz nicht ableitbar.
Entgegen der berufungsgerichtlichen Beurteilung ist aber ein erstinstanzliches Urteil, das trotz fehlender Zustimmung des Prozeßgegners ohne weitere Erörterung von der Wirksamkeit des vom Forderungsübernehmer erklärten Eintrittes in die Prozeßstellung des Klägers ausgeht, kein Nichturteil und kein als solches untaugliches Anfechtungsobjekt. Denn unzweifelhaft liegt ein mit der Klage gestellter Sachentscheidungsantrag vor. Strittig kann nur die Zurechnung dieses Begehrens an den ursprünglichen Kläger oder an dessen Rechtsnachfolger sein. In der unrichtigen Lösung dieser Frage bei der Urteilsfällung mag ein Fehler der Entscheidung liegen, der aber keinesfalls den sich als Erledigung des Urteilsantrages darstellenden Vorgang der Eigenschaft eines Gerichtsaktes beraubt. Unterstellte das Prozeßgericht vielmehr die Wirksamkeit eines auf § 234 Satz 2 ZPO stützbaren Parteiwechsels und behandelte es den Forderungsübernehmer anstatt des Zedenten als Prozeßpartei, obwohl eine formwirksame Zustimmungserklärung des Prozeßgegners fehlte, ging das Gericht von einem tatsächlich nicht vorhandenen Prozeßrechtsverhältnis aus. Ein solcher Fehler begründete Nichtigkeit, wäre aber einer Heilung zugänglich. Das Erfordernis der Zustimmung des Prozeßgegners zu einem auf § 234 Satz 2 ZPO gestützten Parteiwechsel ist offenkundig ausschließlich im Interesse des Prozeßgegners normiert. Es wäre nicht einzusehen, warum dieser den Mangel seiner Zustimmung zum Parteiwechsel, so lange über dessen Wirksamkeit noch nicht entschieden wurde, nicht durch nachträgliche Zustimmung beheben könnte. Einer nachträglichen Zustimmung kann aber in Analogie zu § 477 Abs 2 ZPO gleichgehalten werden, daß sich die zustimmungsberechtigte Prozeßpartei durch Einbringung eines Schriftsatzes am Rechtsmittelverfahren beteiligt, ohne den Mangel ihrer Zustimmung zum Parteiwechsel geltend zu machen. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das angefochtene Urteil als ein Nichturteil und damit als untauglichen Anfechtungsgegenstand gewertet. Es war ihm aus den dargelegten Erwägungen auch verwehrt, den Umstand aufzugreifen, daß die beklagte Partei der Eintrittserklärung des Forderungsübernehmers in erster Instanz nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Es hat dem Vorbringen des Klagevertreters in der Beweistagsatzung vor dem Rechtshilfegericht zu Unrecht den Erklärungswert eines Prozeßeintrittes durch den Sohn und die Einwilligung dazu durch den Vater abgesprochen und ebenso zu Unrecht eine Formunwirksamkeit der vor dem Rechtshilfegericht zu Protokoll gegebenen Erklärung angenommen.
In Stattgebung des Rekurses war der angefochtene Beschluß ersatzlos aufzuheben. Das Berufungsgericht wird infolge dessen über die Berufung des Forderungsübernehmers unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)