European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00068.13P.0508.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Dass ein Pflichtteilsanspruch als Forderungsrecht grundsätzlich verzichtbar ist (vgl RIS‑Justiz RS0012880), zieht auch die Revisionswerberin nicht in Zweifel. Der Verzicht ist nach herrschender Rechtsprechung ein Vertrag, der deshalb der Annahme bedarf, die allerdings auch konkludent erfolgen kann (5 Ob 84/12g; vgl RIS‑Justiz RS0014090, RS0034122). Nach der Rechtsprechung ist der schenkungsweise Schulderlass an keine Form gebunden, weil er nicht schenkungsversprechend ist. Der Verzicht als Verfügungsgeschäft erfordert daher keinen Notariatsakt (5 Ob 84/12g, 1 Ob 142/10d; RIS‑Justiz RS0034030).
Die Frage, ob es durch die festgestellte Äußerung der Noterbin, „den Pflichtteil nicht geltend zu machen“, zum (schlüssigen) Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrags mit dem Erben kam, wurde in der Entscheidung 3 Ob 119/11p ausdrücklich nicht geprüft.
Ob nach den Umständen des Einzelfalls ein Verzicht anzunehmen ist oder nicht, stellt im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0107199). Für die Annahme eines Verzichts durch konkludentes Verhalten genügt nach der Rechtsprechung bereits die widerspruchslose Annahme der Erklärung des Gläubigers durch den Schuldner (RIS‑Justiz RS0034122 [T2]). Wenn die Vorinstanzen das Schweigen des Beklagten als unbedingt erbserklärter Erbe und damit gemäß § 810 ABGB ex lege Vertreter des Nachlasses auf die Äußerung der klagenden Partei als Zustimmung interpretierten, so liegt darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
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