Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Urteil vom 20.9.1993 2 C 441/93-23 hat das Bezirksgericht Gmünd das Klagebegehren des nunmehr Wiederaufnahmsbeklagten auf Scheidung der am 28.2.1985 geschlossenen Ehe mit der Wiederaufnahmsklägerin abgewiesen.
Das Landesgericht Krems als Berufungsgericht hat nach Durchführung einer Beweiswiederholung mit Urteil vom 16.6.1994 die Ehe der Streitteile (nach § 55(1) EheG) geschieden. Eine dagegen erhobene außerordentliche Revision der Wiederaufnahmsklägerin wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 22.9.1994 zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde dem Klagevertreter am 19.10.1994 zugestellt.
Mit der am 27.10.1994 beim Landesgericht Krems eingelangten Wiederaufnahmsklage beantragt die Klägerin die Wiederaufnahme des Verfahrens, die Aufhebung des Urteiles des Landesgerichtes Krems und dessen Abänderung im Sinne einer Abweisung des Scheidungsbegehrens mit dem Vorbringen, das Berufungsgericht habe Feststellungen getroffen, die zu dem rechtlichen Ergebnis geführt haben, daß zwischen den Eheleuten keine Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft bestanden habe, somit keine Umstände vorgelegen seien, die eine Scheidung der Ehe nach § 55 Abs 1 EheG hindern könnten. Es handle sich dabei insbesondere um die Feststellungen, daß es zwischen den Streitteilen im Dezember 1989 zum letzten Geschlechtsverkehr gekommen sei, der Kläger seit Jänner 1990 nur mehr getrennte Räumlichkeiten im Haus in Weitra zum Wohnen und Schlafen benützt und bewußt darauf geachtet habe, daß Berührungspunkte mit seiner Frau ausschließlich über den gemeinsamen Sohn gegeben gewesen seien.
Der Wiederaufnahmsbeklagte habe "nun" sein vom Berufungsgericht festgestelltes Verhalten gegenüber der Klägerin drastisch verändert:
Er benütze bei seinen Aufenthalten in Weitra ausschließlich die Räumlichkeiten der Klägerin, suche mit dieser Kontakt und verbringe die Abende gemeinsam mit ihr. Am 25.9.1994 und mehrfach danach sei es zum Geschlechtsverkehr gekommen, der Beklagte verhalte sich besonders liebevoll. Dies habe zur Folge, daß die eheliche Gemeinschaft (wieder) bestehe und der Beklagte nun eine Trennung nicht mehr wolle. Diese neuen Tatsachen hätte die Klägerin in dem anhängig gewesenen Scheidungsverfahren zur Herbeiführung einer ihr günstigeren Entscheidung benützen können. Da diese erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung zutage getreten seien, sei sie ohne ihr Verschulden nicht in der Lage gewesen, diesen Aspekt im Scheidungsverfahren geltend zu machen.
Das Landesgericht Krems wies die Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurück (§ 538 Abs 1 ZPO).
Es führte aus, die Klägerin mache erkennbar den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend. Bei der Frage, ob neue Tatsachen oder Beweise im Sinne dieser Bestimmung vorlägen, sei auf den Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses abzustellen. Für eine Wiederaufnahmsklage kämen nur Tatsachen, die vor diesem Zeitpunkt entstanden seien in Betracht, neue Beweismittel, soferne sie vor Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses entstandene Tatsachen beweisen könnten, mögen sie auch erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sein. Maßgeblich sei daher der Zeitpunkt, in welchem die neuen Tatsachen entstanden seien. Der Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Scheidungsverfahren sei am 20.9.1993 erfolgt. Nach dem Vorbringen in der Wiederaufnahmsklage habe sich aber das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten "nun" geändert, insbesondere sei ein Geschlechtsverkehr erstmals am 11.9.1994 wieder aufgenommen worden. Die geltend gemachten Tatsachen lägen alle nach Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz und im übrigen auch nach Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung am 14.4.1994. Sie stellten daher keinen Wiederaufnahmsgrund dar.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Ausführungen der Klägerin, das geschilderte Verhalten des Beklagten stelle ein Beweismittel dafür dar, daß dieser entgegen seinem Vorbringen immer den Willen gehabt habe, die eheliche Gemeinschaft aufrecht zu erhalten, beziehe sich also auf früher schon vorhandene Tatsachen, für Beweismittel sei aber nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 630/88) der Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht maßgeblich, sind hier nicht zutreffend.
Der Oberste Gerichtshof hat in der zitierten Entscheidung (SZ 61/184 u. a. Veröffentlichungen) klargestellt, daß es im Sinne der Wiederaufnahme wegen neuer Tatsachen und Beweismittel gelegen ist, der materiellen Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen und daraus, daß die Beweise nur die Kenntnis vom Tatbestand zu vermitteln haben, demnach ausschließlich die Tatsachen selbst als Entscheidungsgrundlage dienen, die Vorrangstellung der Tatsachen gegenüber den Beweismitteln zu ersehen ist. Können daher Tatsachen erwiesen werden, die bereits vor Schluß der Verhandlung vorhanden waren, so können als Wiederaufnahmsgrund auch Beweise herangezogen werden, die zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung noch nicht zur Verfügung standen.
Das Vorbringen der Wiederaufnahmsklägerin enthält aber nur nach Schluß der Verhandlung im Ehescheidungsverfahren eingetretene nachträgliche Tatbestandsänderungen. Ein nach Ausspruch der Ehescheidung geändertes Verhalten des Beklagten, nach dem Vorbringen seit September 1994, vermöchte an den festgestellten Tatsachen - keine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft seit Jänner 1981 bis zum Schluß der Verhandlung - auch bei Erweislichkeit nichts zu ändern und stellt daher keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO dar.
Der Kostenausspruch beruht auf § 40 ZPO.
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