OGH 6Ob673/79

OGH6Ob673/7914.11.1979

SZ 52/170

Normen

ABGB §§1090 ff
AußStrG §18
Mietengesetz §3 Z3
Mietengesetz §§24 ff
ZPO §411
ABGB §§1090 ff
AußStrG §18
Mietengesetz §3 Z3
Mietengesetz §§24 ff
ZPO §411

 

Spruch:

Im Mietzinsüberprüfungsverfahren nach den §§ 24 ff. MietG wird die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses in dem dort festgestellten Ausmaß und damit die Unzulässigkeit der freien Mietzinsvereinbarung bindend festgestellt

Zur Rückforderung jener Beträge, welche entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den zulässigen Mietzins hinzugerechnet und von den Mietern infolge eines Rechtsirrtums bezahlt wurden

OGH 14. November 1979, 6 Ob 673/79 (OLG Graz 3 R 13/79; LG f, ZRS Graz 6 Cg 132/78)

Text

Die beiden Kläger schlossen am 18. November 1970 mit dem Rechtsvorgänger der beiden Beklagten, Dipl.-Ing. St., einen Mietvertrag über eine im ersten Stock des Hauses Graz, K-Straße 49, gelegene Wohnung. Es wurde ein wertgesicherter monatlicher Mietzins von 2200 S vereinbart. Das Mietverhältnis begann am 1. Dezember 1970. Der Nachlaß des am 28. Jänner 1972 verstorbenen Dipl.-Ing. St. wurde vom Bezirksgericht für ZRS Graz der Mutter der Beklagten zu einem Viertel und den beiden Beklagten zu je drei Achtel auf Grund unbedingter Erbserklärungen eingeantwortet. Kurz vor seinem Tode hatte Dipl.-Ing. St. u. a. seine Liegenschaft mit dem Hause Graz, K-Straße 49, seinen beiden Töchtern, den Beklagten, geschenkt. Die Beklagten haben den beim Wohnhauswiederaufbaufonds noch offen gewesenen Darlehensrestbetrag am 7. März 1975 zurückbezahlt. Die Kläger beendeten das Mietverhältnis hinsichtlich der oben genannten Wohnung zum 30. April 1976 durch Aufkündigung.

Die Kläger behaupteten in ihrer am 17. Juli 1975 eingebrachten Klage, ihnen sei bei Vertragsabschluß verschwiegen worden, daß das Mietobjekt aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds instand gesetzt worden sei. Die Beklagten hätten von den Klägern einen über dem gesetzlich zulässigen Hauptmietzins liegenden Betrag kassiert. Nach einer während des Verfahrens vorgenommenen Klagsausdehnung und einer zufolge Bezahlung eines Betrages von 38 822 S seitens der Beklagten vorgenommenen Klagseinschränkung begehrten sie schließlich 127 277.54 S samt 4% Zinsen aus 136 180 S vom 1. Mai 1975 bis 3. Juli 1978, aus 166 099.54 S vom 4. Juli bis 19. September 1978 und aus 127 277.54 S seit 20. September 1978.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens mit der Behauptung, der vorgeschriebene Mietzins sei zulässigerweise vereinbart und bezahlt worden. Das Mietobjekt der Kläger sei von der Hausinstandsetzung aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds nicht betroffen gewesen. Die Kläger hätten durch jahrelange vorbehaltlose Bezahlung des vereinbarten Mietzinses dieser Vereinbarung konkludent zugestimmt. Sollte hingegen die Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses tatsächlich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen haben, werde gemäß § 879 ABGB Nichtigkeit des gesamten Vertrages eingewendet. Der Anspruch der Kläger sei gemäß § 17 MietG verjährt.

Der von den Beklagten während des Verfahrens bezahlte Betrag von 38 822 S betrifft Hauptmietzinsüberschreitungsbeträge für den Zeitraum vom April 1975 bis April 1976.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es traf zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch folgende Feststellungen:

Bei Abschluß des Mietvertrages wurde den Klägern nicht mitgeteilt, daß das Bestandobjekt oder Teile des Hauses Graz, K-Straße 49, nach Kriegseinwirkung aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds wieder instand gesetzt worden seien. Die Kläger waren und blieben bis zu einer Verhandlung vor dem Schlichtungsamt des Magistrates Graz, in deren Verlauf von einem Parteienvertreter erwähnt wurde, daß freie Mietzinsvereinbarungen im Hause unzulässig seien, der Meinung, es hätte gesetzlich zulässig ein Mietzins von 2200 S wertgesichert vereinbart werden können. Sie achteten während des Mietverhältnisses nicht darauf, ob am Haus Tafeln mit einem Hinweis auf die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Wohnhauswiederaufbaufonds zur Instandsetzung angebracht waren. Die Beklagten brachten am 4. Mai 1973 beim Schlichtungsamt des Magistrates Graz einen Antrag auf Erhöhung der Hauptmietzinse gemäß § 7 MietG ein. Es kam zu mehreren Verhandlungen. Grundsatzentscheidungen auf Bewilligung von Reparaturarbeiten ergingen am 19. Feber und 15. Oktober 1974 sowie am 28. Jänner 1975. Die ziffernmäßige Erhöhung der Hauptmietzinse wurde mit Bescheid vom 22. April 1976, beginnend ab dem Monat Mai 1976, rechtskräftig verfügt. Als die Kläger von der Unzulässigkeit der freien Mietzinsvereinbarung erfahren hatten, beantragten sie beim Schlichtungsamt des Magistrates Graz am 25. Juni 1975 die Feststellung des für ihr Bestandobjekt gesetzlich zulässigen Mietzinses. Der diesbezügliche Bescheid erging am 23. Oktober 1975. Die Beklagten stellten rechtzeitig einen Antrag auf neuerliche Entscheidung an das Bezirksgericht für ZRS Graz. Dieses stellte mit Beschluß vom 30. Dezember 1977, 6 Msch 15/77-36, für den Zeitraum vom Dezember 1970 bis April 1976 die Überschreitung des zulässigen gesetzlichen Mietzinses um den über 74 S (richtig: über 74 S zuzüglich des Wohnhauswiederaufbaufondsbeitrages von 9.62 S, zusammen somit 83.62 S) monatlich hinaus geforderten und bezahlten Mietzinsbetrages fest. Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über Rekurs der Beklagten teilweise dahin gehend ab, daß der Antrag auf Feststellung einer Überschreitung des zulässigen Mietzinses für den Zeitraum vom Oktober 1975 bis April 1976 zurückgewiesen wurde. Im übrigen wurde der Beschluß bestätigt und sohin rechtskräftig. Demnach wurde das gesetzlich zulässige Zinsausmaß wie folgt überschritten:

Dezember 1970 bis Feber 1971 je ........................... 2125.98

S März 1971 .................................................

2194.20 S April und Mai 1971 je

..................................... 2126,-- S Juni und Juli 1971

je ..................................... 2189.80 S August 1971

............................................... 2231.60 S September

1971 ............................................ 2251.40 S Oktober

1971 .............................................. 2273.40 S

November 1971 ............................................. 2286.60

S Dezember 1971 .............................................

2299.80 S Jänner bis Juli 1972 je

................................... 2302,-- S August bis Dezember

1972 je ............................... 2340,-- S Jänner bis März

1973 je ................................... 2417,-- S April bis

Juni 1973 je .................................... 2472,-- S Juli

bis September 1973 je ................................ 2498,-- S

Oktober bis Dezember 1973 je .............................. 2539,--

S Jänner bis März 1974 je ...................................

2617,-- S April bis Juni 1974 je

.................................... 2685,-- S Juli bis September

1974 je ................................ 2744,-- S Oktober bis

Dezember 1974 je .............................. 2797,-- S Jänner

bis Juni 1975 je ................................... 2870,-- S Juli

bis September 1975 je ................................ 2986,-- S

Im Zeitraum Oktober bis Dezember 1975 bezahlten die Kläger monatlich 3069.62 S und im Zeitraum Jänner bis April 1976 monatlich 3157.62 S an ihnen vorgeschriebenem Mietzins. Sie bezahlten den Mietzins in der ihnen jeweils von den Beklagten vorgeschriebenen Höhe auch dann weiter, nachdem sie erfahren hatten, daß der Mietzins unzulässigerweise wesentlich über dem gesetzlich zulässigen Ausmaß vereinbart worden sei, weil sie befürchteten, ansonsten gekundigt zu werden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:

Gemäß § 17 Abs. 2 MietG könne, was entgegen den Bestimmungen der §§ 2 bis 16 a dieses Gesetzes u. a. an Hauptmietzinsen geleistet worden sei, samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Die Höhe der entgegen den gesetzlichen Bestimmungen erbrachten Leistung ergebe sich aus den Feststellungen und der bindenden Entscheidung des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 30. Dezember 1977. Deren Bindungswirkung schließe eine weitere Verhandlung und Beweisaufnahme darüber aus, "in welchen Zeiträumen der Hauptmietzins in welchem Ausmaß gesetzlich zulässig oder unzulässig gewesen" sei. Der Einwand, es wäre doch ein höherer als der im Verfahren 6 Msch 15/77 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz festgestellte Hauptmietzins zulässig gewesen, sei daher unbeachtlich. Gleiches gelte für die Behauptungen der Beklagten über die Derogierung einzelner Bestimmungen des Wohnhauswiederaufbaugesetzes durch Novellierung des Mietengesetzes, über die vorzeitige Rückerstattung des Wohnhauswiederaufbaufondsdarlehens, über die "Unbetroffenheit des Bestandobjektes von Wohnhauswiederaufbauinstandsetzungsarbeiten" und über die Belastung des Hauptmietzinses des Bestandobjektes durch Erhöhungen im Rahmen des § 7 MietG. Der zuletzt angeführte Einwand sei übrigens schon deshalb unbeachtlich, weil derartige Belastungen erst ab dem 1. Mai 1976 wirksam geworden seien. Zu diesem Zeitpunkt seien die Kläger nicht mehr Bestandnehmer gewesen. Unrichtig sei die Meinung der Beklagten, solche Aufwendungen rechtfertigten Mietzinserhöhungen schon für den Zeitraum, in welchem sie erbracht oder grundsätzlich bewilligt worden seien. Für die Zeit vor der Rückerstattung des Darlehens fehlten die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer auch nur stillschweigenden freien Vereinbarung eines Mietzinses von monatlich 2200 S. Was nach Gesetzesvorschrift ausdrücklich nicht als zulässiger Bestandteil eines schriftlichen Mietvertrages habe vereinbart werden können, habe "auch nicht konkludent durch längere Übung zu einem solchen werden" können. Der Umstand, daß die Kläger vom April bis Juni 1975 in Kenntnis der Unzulässigkeit den überhöhten Mietzins bezahlt und erst dann einen Antrag auf Überprüfung beim Schlichtungsamt gestellt hätten, reiche für die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung einer derartigen Mietzinsbelastung nicht aus. Gemäß § 863 ABGB müsse die Zahlung unter Ausschluß eines jeden Zweifels im Bewußtsein der Unzulässigkeit geleistet worden sein. Dafür genüge ein Zeitraum von drei Monaten noch nicht, wenn danach sogleich der gegenteilige Standpunkt eingenommen worden sei. Mit ihrer Antragstellung hätten die Kläger zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, daß sie den überhöhten Mietzins nicht zu bezahlen oder jedenfalls rückzufordern beabsichtigten. Die Weiterzahlung aus Furcht vor einer Kündigung könne den Klägern im Hinblick auf die Ungewißheit des Ausganges des Verfahrens beim Schlichtungsamt und beim Bezirksgericht nicht zum Nachteil gereichen. Die Beklagten hätten nicht dartun können, daß die Kläger vom Anbeginn an den Mietzins in Bewußtsein der Unzulässigkeit bezahlt hätten. Aus ihrem Vorbringen gehe vielmehr hervor, daß sie selbst als Vermieter auf die diesbezügliche Unzulässigkeit erst im Zuge des Verfahrens wegen Mietzinserhöhung vor dem Schlichtungsamt gestoßen seien. Die Kläger seien daher entweder bei Abschluß des Mietvertrages durch das Verschweigen der Hausinstandsetzung mit Wohnhauswiederaufbaufondsmitteln durch den Vermieter über die Möglichkeit der Vereinbarung eines freien Mietzinses in Irrtum geführt worden, oder sie hätten mangels Rechtskenntnis die rechtlichen Auswirkungen eines solchen Tatbestandes gar nicht erkennen können und sich damit in einem Rechtsirrtum befunden, welcher erst durch die zufolge des Überprüfungsantrages der Kläger ergangene Entscheidung des Schlichtungsamtes und schließlich des Bezirksgerichtes für ZRS Graz beseitigt worden sei. Dieser Irrtum, von welcher Art er auch immer gewesen sein möge, sei stets ein beachtlicher Irrtum im Sinne des § 1431 ABGB. Für die Verjährung des Rückforderungsanspruches der Kläger gelte daher nicht die Frist des § 17 Abs. 2 MietG, sondern eine solche von 30 Jahren. Dem Einwand der Beklagten, sie hafteten für die Rückerstattung der an ihren Rechtsvorgänger geleisteten Mietzinszahlungen nicht, stehe der Umstand entgegen, daß sie zusammen mit ihrer Mutter auf Grund unbedingter Erbserklärungen Erben des Vermieters geworden seien. Erben setzten auf Grund abgeleiteten Rechtserwerbes "Rechts- und Pflichtverhältnisse des Erblassers fort, wie sie im Augenblick des Erbfalles vorhanden" gewesen seien. Für den im Erbwege auf die Beklagten und deren Mutter übergegangenen Rückforderungsanspruch der Kläger hafteten gemäß § 820 ABGB die Erben solidarisch.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagtenteilweise Folge. Es bestätigte das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Kapitalsbetrages und änderte es im Zinsenausspruch dahin gehend ab, daß es den Anspruch der Kläger auf 4% aus 136 180 S für die Zeit vom 1. Mai bis 16. Juli 1975 abwies. Es änderte die Entscheidung auch im Kostenpunkte, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Folge eines mängelfreien Verfahrens sowie unbedenklicher Beweiswürdigung und meinte, es sei rechtlich unerheblich, ob die Kläger durch das neben dem Hauseingang angebrachte großflächige Schild in Kenntnis des Umstandes gewesen seien, daß das Haus durch Kriegseinwirkung zerstört, unter Inanspruchnahme von Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds wieder instand gesetzt worden und die Zahlung des Mietzinses vom 1. Dezember 1970 bis zum Auszug der Kläger vorbehaltlos erfolgt sei. Das Berufungsgericht folgte der Rechtsansicht des Erstgerichtes über die Bindungswirkung des im Verfahren 6 Msch 15/77 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz ergangenen Beschlusses, über die Nichtberücksichtigung der erst ab 1. Mai 1976 wirksam gewordenen Erhöhung der Hauptmietzinse sowie über die Haftung der Beklagten als Erben nach Dipl.-Ing. St. und führte in rechtlicher Hinsicht noch aus:

Sofern die Beklagten die Ansicht verträten, der Mietvertrag vom 18. November 1970 müsse als nichtig betrachtet werden, weshalb die Kläger, welche für die von ihnen benützte Wohnung gemäß § 1041 ABGB ein Benützungsentgelt zu bezahlen gehabt hätten, keinen Rückforderungsanspruch besäßen, werde nicht bedacht, daß mit einem Benützungsentgelt in der Höhe des unzulässig vereinbarten Mietzinses die zwingenden Zinsbildungsvorschriften der §§ 15 Abs. 11 bis 13 WWG, 2 Abs. 1 lit. a MietG umgangen werden würden. Dies könne gewiß nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein. Es könne kein Zweifel darüber bestehen, daß nach den Feststellungen ein Irrtum im Sinne des § 1431 ABGB vorliege, bei welchem weder Unentschuldbarkeit noch auch Rechtsirrtum die Rückforderung ausschlössen. Die Kläger seien daher berechtigt, die das gesetzlich zulässige Zinsausmaß übersteigenden Beträge auch nach Ablauf der Frist des § 17 Abs. 2 MietG zurückzufordern.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagten beschäftigen sich in der Rechtsrüge zunächst mit der Bindungswirkung der im Verfahren 6 Msch 15/77 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz ergangenen Entscheidung und führen dazu aus, "diese im allgemeinen zugegebene Bindungswirkung gemäß § 190 ZPO" sei im Sinne der herrschenden Judikatur dort nicht gegeben, wo es sich um Fragen handle, welche nicht in einem Mietzinsüberprüfungsverfahren nach den §§ 24 ff. MietG, sondern im streitigen Rückforderungsprozeß zu prüfen seien, wie z. B. die Frage der Verjährung, der Person des für die Rückzahlung Haftenden oder "wo ein rechtlich relevanter Sachverhalt der Rechtsbeurteilung nicht unterzogen" worden sei oder nicht unterzogen werden können, sei es z. B. wegen eines zufolge mangelnder Kenntnis unterlassenen Sachvorbringens oder einer Änderung des, Sachverhaltes. Insoweit könne eine Bindungswirkung nicht bestehen, und dies gelte für die von den Beklagten erhobenen Einreden.

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen daß zufolge der Bindungswirkung der im Verfahren 6 Msch 15/77 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz getroffenen Entscheidung die Frage der Verwendung von Eigenmitteln bzw. des Anteiles derartiger Mittel für die Wiederinstandsetzung des klagsgegenständlichen Mietobjektes im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr aufgerollt werden kann. Durch die vorgenannte Entscheidung ist vielmehr die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses in dem dort festgestellten Ausmaß und damit die Unzulässigkeit der freien Mietzinsvereinbarung bindend festgestellt.

Die Beklagten vertreten ferner die Auffassung, es wäre nach § 863 ABGB "durch Stillschweigen" eine freie Mietzinsvereinbarung zustande gekommen. Sie gehen dabei aber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie behaupten, die Kläger hätten trotz Kenntnis von der Unzulässigkeit der Mietzinsvereinbarung "durch 14 Monate hindurch, zumindest aber durch ein halbes Jahr bis zu ihrem Antrag vor dem Magistrat Graz im Verfahren 6 Msch 15/77, den vereinbarten aufgewerteten Hauptmietzins" bezahlt. Nachdem die Beklagten laut Feststellung am 7. März 1975 den beim Wohnhauswiederaufbaufonds noch offenen Darlehensrest zurückbezahlten, fehlten, wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, vorher die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer freien Mietzinsvereinbarung, eine derartige konnte daher auch nicht konkludent zustande kommen. Gegen die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, daß aus den von ihnen dargelegten Gründen die Bezahlung des überhöhten Mietzinses durch die Kläger vom April bis Juni 1975 für die Annahme einer stillschweigend zustande gekommenen Vereinbarung nicht ausreiche, wird in der Revision nichts Stichhältiges vorgebracht.

Ferner führen die Beklagten aus, bejahe man die Unzulässigkeit der Mietzinsvereinbarung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages vom 18. November 1970, hätten sich sowohl die Kläger als auch der Rechtsvorgänger der Beklagten in einem Rechtsirrtum befunden. Damit sei "ein gemeinsamer Irrtum beider Vertragschließenden über den Mietzins" vorgelegen, welcher ein essentieller Bestandteil eines Mietvertrages gemäß §§ 1090 ff. ABGB sei. Mangels Willensübereinstimmung zufolge dieses gemeinsamen Irrtums hätte daher ein Mietvertrag gar nicht zustande kommen können. Darüber hinaus wäre der Mietvertrag nichtig, da die Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und dies mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge gehabt hätte. Die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit des Vertrages hätten die Beklagten ausdrücklich geltend gemacht. Die Rechtsfolge sei, daß die Kläger keinen rückforderbaren ungesetzlichen Mietzins entrichtet, sondern gemäß §§ 1041 f. ABGB eine angemessene Entschädigung als Benützungsentgelt zu bezahlen gehabt hätten. Für die Höhe dieses Benützungsentgeltes gäbe es keine gesetzlichen Beschränkungen außer den Bestimmungen des Wuchergesetzes.

Dafür, daß sich auch der Rechtsvorgänger der Beklagten im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages in einem entschuldbaren Rechtsirrtum über die Zulässigkeit der freien Mietzinsvereinbarung befunden hätte, bieten die Feststellungen keinen Anhaltspunkt, weshalb davon nicht ausgegangen werden kann. Damit fehlt die Grundlage für die Annahme eines gemeinsamen Irrtums über einen wesentlichen Bestandteil des Vertrages.

Die Vereinbarung eines unzulässigen Mietzinses bei den Bestimmungen des Mietengesetzes unterliegenden Bestandobjekten hat nach nunmehr herrschender Rechtsprechung nicht die Nichtigkeit des Mietvertrages, sondern nur die Unwirksamkeit der Zinsvereinbarung zur Folge (vgl.

dazu die eingehende Begründung mit Stellungnahme zur divergierenden

Judikatur in der Entscheidung EvBl. 1962 S. 127, Nr. 111 = ImmZ

1962, S. 139). An der in dieser Entscheidung dargelegten

Rechtsauffassung hat der OGH in der Folge festgehalten (SZ 39/190 =

EvBl. 1967, S. 209, Nr. 174 = JBl. 1967, S. 432 = MietSlg. 18

618/30, 19 062/16; JBl. 1973, S. 617 = MietSlg. 25 093/17; vgl.

hinsichtlich der Ablöse MietSlg. 20 353), und er sieht sich auch

durch die Revisionsausführungen nicht veranlaßt, davon abzugehen.

Der Schutzzweck der in Rede stehenden Normen verlangt die Gültigkeit

des Restvertrages (Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen

Rechts[5] I, S. 125 f.). Auch Mayer - Maly kam schon in seiner

Abhandlung "Über die Teilnichtigkeit" in der Gschnitzer -

Festschrift auf S. 283 zu dem Ergebnis, der von der österreichischen

Gesetzgebung gelassene Spielraum sollte im Sinne einer Entscheidung

"für grundsätzliche Restgültigkeit genutzt werden". Da somit von

einer Nichtigkeit des Mietvertrages nicht ausgegangen werden kann,

erübrigt sich eine Stellungnahme zu den Ausführungen über die

Angemessenheit des Benützungsentgeltes.

Die Beklagten behaupten ferner, die im Verfahren A 3 Sch 425/73 nach

§ 7 MietG vorgenommene Erhöhung des Mietzinses sei den Klägern

gegenüber nicht erst mit dem Zeitpunkt der Festsetzung durch den

Beschluß vom 22. April 1976 wirksam geworden, sondern ab dem

Zeitpunkt, zu welchem die Kläger vereinbarungsgemäß dazu

verpflichtet gewesen seien. Sie beziehen sich dabei auf § 3 Z. 3 des

Mietvertrages vom 18. November 1970, Beilage B, welcher lautet:

"Wird der Hauptmietzins durch gesetzliche Vorschrift erhöht oder

findet im Hause eine Erhöhung zwecks Bestreitung der Kosten

ordnungsgemäßer oder unbedingt notwendiger Erhaltungsauslagen statt, die den vereinbarten Mietzins übersteigt, so verpflichtet sich der Mieter, die diesen Erhöhungen entsprechenden Mehrbeträge zu entrichten." Diese Vereinbarung kann nicht in dem in der Revision dargestellten Sinn verstanden werden, denn die Erhöhung des Mietzinses "findet im Hause eine Erhöhung ..... statt") konnten nicht die Beklagten selbst vornehmen, sie war vielmehr von der Schlichtungsstelle bzw. vom Bezirksgericht festzusetzen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, die Kläger hätten sich unabhängig von der Festsetzung der Mietzinserhöhung durch die zuständige Behörde zu deren Bezahlung verpflichtet. Von einer nach § 16 MietG zu beurteilenden Vereinbarung könnte hier im übrigen schon deshalb keine Rede sein, weil eine ziffernmäßige Festsetzung des erhöhten Mietzinses nicht erfolgte. Die in der Revision in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung, welche nicht vom OGH stammt, betrifft außerdem eine Vereinbarung nach dem 1. August 1974.

Weiters meinen die Beklagten, das Berufungsgericht habe bei seiner Ansicht über die dreißigjährige Verjährungsfrist nicht bedacht, daß am Haus schon vor Abschluß des Mietvertrages "ein großes Schild" mit dem Hinweis auf die Wiederinstandsetzung des kriegsbeschädigten Hauses aus Mitteln des Wiederaufbaufonds angebracht gewesen sei. Es sei unerheblich, ob die Kläger dieses beachtet hätten oder nicht. Sie hätten die subjektive Unkenntnis zu vertreten und müßten "das Vorhandensein" der Tafel gegen sich gelten lassen. Werde die Anwendbarkeit der zinsbeschränkenden Bestimmungen des Wohnhauswiederaufbaugesetzes bejaht, könnten die Kläger sich gemäß § 2 ABGB auf die Unkenntnis der Gesetzeslage und auf einen Rechtsirrtum nicht berufen, weshalb die Verjährungsbestimmungen des § 17 Abs. 2 MietG anzuwenden seien.

Dazu genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des OGH, wonach sich der Irrtum im Sinne des § 1431 ABGB wesentlich von dem nach § 871 ABGB erforderlichen Irrtum unterscheidet, in dem weder Unentschuldbarkeit noch auch Rechtsirrtum die Rückforderung ausschließen (MietSlg. 19 173/16, 22 201, 28 194 und 29 212). Die Revisionsausführungen geben keinen Anlaß, von der mit der Lehre übereinstimmenden Rechtsansicht abzugehen, daß nach § 1431 ABGB zu beurteilende Rückforderungsansprüche in 30 Jahren verjähren. Der in der Revision angestellte Vergleich mit § 1486 Z. 4 ABGB geht schon deshalb fehl, weil es sich bei dem von den Klägern geltend gemachten Rückforderungsanspruch nicht um eine "Mietzinsrückforderung" im Sinne dieser Gesetzesstelle handelt, sondern um die Rückforderung jener Beträge, welche entgegen den gesetzlichen Bestimmungen dem zulässigen Mietzins hinzugerechnet und von den Klägern infolge eines Rechtsirrtumes bezahlt worden waren.

Die Beklagten führen schließlich aus, schon im Verfahren 6 Msch 15/77 hätte zufolge dessen Amtswegigkeit vom Gericht die Frage aufgeworfen werden müssen, ob die Beklagten Empfänger des überhöhten Mietzinses "für die ganze bekämpfte Mietzinsperiode" gewesen seien. Wäre dies der Fall gewesen, hätte der Mietzinsüberprüfungsantrag der Kläger in Ansehung der für den Zeitraum vor dem Erwerb des Hauses durch die Beklagten auf Grund des Schenkungsvertrages vom 21. Jänner 1972, das ist für die Zeit vom Dezember 1970 bis einschließlich Jänner 1972, bezahlten Mietzinsbeträge zurückgewiesen werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, könne dies den Beklagten im vorliegenden Verfahren nicht zum Nachteil gereichen. Der auf diesen Zeitraum entfallende Teil des Klagebegehrens hätte schon aus diesem Gründe zurückgewiesen werden müssen.

Die Beklagten bestreiten nicht, daß ihnen auf Grund unbedingter Erbserklärungen der Nachlaß nach ihrem Vater Dipl.-Ing. St. eingeantwortet wurde. Ab dem Zeitpunkt der Einantwortung haften die Erben, welche eine unbedingte Erbserklärung abgegeben haben, auch persönlich für die vom Erblasser auf den Nachlaß übergegangenen Verbindlichkeiten (SZ 33/100; 6 Ob 458/61). Unbedenklich ist auch die Ansicht der Vorinstanzen, daß mehrere unbedingt erbserklärte Erben nach der Einantwortung solidarisch für solche Verbindlichkeiten haften (vgl. Weiß im Klang - Komm. III, 1054 unten, 1055 oben). Da die Höhe der Forderung im Verfahren 6 Msch 15/77 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz auch für den Zeitraum vom Dezember 1970 bis Jänner 1972 festgestellt worden ist, wurde dem Klagebegehren auch für diesen Zeitraum mit Recht stattgegeben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte