OGH 6Ob664/95

OGH6Ob664/958.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martina Brigitte A*****, Schülerin, ***** vertreten durch Dr.Roswitha Ortner, Rechtsanwältin in Villach, wider die beklagte Partei Johann G*****, wegen Unterhalts, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 6. Juli 1995, GZ 2 R 252/95-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Bezirksgerichtes Villach vom 21.März 1995, GZ 2 C 75/94w-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die am 12.1.1975 geborene Klägerin begann nach der Matura ein Studium, steht aber jetzt in einer Ausbildung als Kindergärntnerin. Sie verdiente vom 4.7.1994 bis 2.9.1994 als Ferialpraktikantin 33.508,-- S netto. Ihr Vater (der Beklagte) war bisher zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von 1.700,-- S verpflichtet. Er ist noch für zwei weitere Kinder im Alter von 8 und 17 Jahren sorgepflichtig und verdiente 1994 17.000,-- S monatlich netto.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 31.5.1994 eingelangten Klage die Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung ihres Vaters auf 3.000,-- S monatlich ab 1.1.1993. Seit der letzten Unterhaltsfestsetzung im Jahre 1992 sei eine Sorgepflicht des Vaters weggefallen; sein Einkommen habe sich erhöht.

In der Tagsatzung vom 6.7.1994 anerkannte der Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Erhöhung der Unterhaltsbeiträge auf 2.200,-- S monatlich ab 1.1.1993. In diesem Umfang erließ das Erstgericht ein Teilanerkenntnisurteil (S.2 zu ON 2). Im übrigen beantragte der Beklagte die Abweisung des Mehrbegehrens. Er habe 1993 ein Jahreseinkommen von rund 155.000,-- S netto und 1994 ein solches von 163.000,-- S bezogen. Die Klägerin habe während der Sommerferien Eigeneinkünfte erzielt, und zwar 1993 30.000,-- S. 1994 werde sie bei einer Beschäftigungsdauer von drei Monaten 36.000,-- S erzielen.

In der Tagsatzung vom 15.3.1995 schränkte die Klägerin ihr Unterhaltsbegehren für das Jahr 1993 auf 2.700,-- S monatlich ein (S 1 zu ON 17).

Das Erstgericht gab dem Unterhaltserhöhungsbegehren für das Jahr 1993 sowie ab 1.1.1995 unbekämpft statt und wies das Begehren auf Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung um 800,-- S auf 3.000,-- S monatlich für die Zeit vom 1.1.1994 bis 31.12.1994 ab. Es beurteilte den im wesentlichen schon wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß die Leistungsfähigkeit des Vaters zum beantragten Unterhalt zu bejahen sei. Das Ferialeinkommen der Klägerin im Jahr 1993 sei auf den Unterhaltsanspruch nicht anzurechnen, weil es sich um einen relativ geringen monatlichen Betrag (von 1.355,-- S) handle, der zusammen mit dem Unterhalt von 2.700,-- S nicht einmal den Regelbedarf erreiche. Anders liege die Situation für das Jahr 1994. Das Ferialeinkommen habe hier rund 2.800,-- S monatlich betragen. Die Geldunterhaltsleistung des Vaters sei daher um die Hälfte der Einkünfte des Kindes zu verringern. Die von der Judikatur für die Lehrlingsentschädigung entwickelten Grundsätze und Berechnungsmethoden könnten auf ein Ferialeinkommen nicht angewendet werden. Für das Jahr 1995 sei es nicht abschätzbar, welche Einkünfte die Klägerin erzielen werde. Der begehrte Unterhalt von 3.000,-- S könne daher wegen der Leistungsfähigkeit des Beklagten zugesprochen werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin statt und erhöhte die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten schon ab 1.1.1994 auf monatlich 3.000,-- S. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß die Klägerin 1994 ein Einkommen aus einer Ferialarbeit erzielt habe, die mit ihrer Berufsausbildung nicht in Zusammenhang stehe. Nach der Judikatur der Gerichte zweiter Instanz sei ein kurzfristiges Ferialeinkommen auf den Unterhaltsanspruch des Kindes ohne Einfluß, nach einem anderen Teil der Judikatur sei ein Ferialeinkommen auf einen größeren Zeitraum umzulegen, als dies den Bezugsmonaten entspreche, weiters werde judiziert, daß die Anrechnung eines Ferialeinkommens schon dann ausscheide, wenn es zusammen mit dem Unterhalt den Durchschnittsbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes nicht übersteige. Bei Anwendung der Prozentberechnungsmethode stünde der Klägerin ein Unterhaltsanspruch von 19 % der Bemessungsgrundlage, hier also ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 3.230,-- S zu. Die Klägerin habe 1994 ein Ferialeinkommen von 33.508,-- S erzielt, das wegen seiner Höhe bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sei. Das Ferialeinkommen sei auf das Jahr, in dem es erzielt worden sei, umzulegen und ein Monatsbetrag zu errechnen (hier: 2.800,-- S monatlich). Der Regelbedarfssatz der im Jahr 1994 19 Jahre alten Klägerin sei bei 5.000,-- S gelegen. Das Eigeneinkommen der Klägerin und der zugesprochene Unterhaltsbetrag lägen nur unmaßgeblich über dem Durchschnittsbedarfssatz. Die Unterhaltsbemessung sei auch gerechtfertigt, wenn man bei der Berücksichtigung des Eigeneinkommens die für die Lehrlingsentschädigung entwickelten Grundsätze heranziehe. Die Mindestpensionshöhe habe 1994 8.750,-- S betragen. Nach Abzug des Eigeneinkommens der Klägerin von 2.800,-- S ergebe sich der von den Unterhaltspflichtigen zu deckende restliche Unterhaltsbedarf von 5.950,-- S. Dieser Betrag sei auf den betreuenden und den geldunterhaltspflichtigen Elternteil umzulegen, woraus sich ein Geldunterhaltsanspruch der Klägerin von rund 3.000,-- S ergebe.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, auf welche Weise das Ferialeinkommen eines Unterhaltsberechtigten bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sei, und ob die Grundsätze über die Anrechnung einer Lehrlingsentschädigung auf Ferialeinkommen anzuwenden seien.

Mit seiner Revision beantragt der Beklagte die Abänderung des Urteils des Berufungsgerichtes durch Wiederherstellung des erstgerichtlichen Endurteils.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Der Revisionswerber läßt die (für seinen Standpunkt günstige) Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die aus der dreimonatigen Ferialtätigkeit der Klägerin erzielten Einkünfte auf das ganze Jahr umzulegen und solcherart ein monatliches Durchschnittseinkommen zu errechnen sei, unbekämpft und wendet sich nur gegen die weitere Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß der zugesprochene um 800,-- S erhöhte Unterhaltsbeitrag nur unmaßgeblich über dem Durchschnittsbedarfssatz (also über dem sogenannten Regelbedarf) liege. 800,-- S (monatlich) seien keinesfalls unmaßgeblich. Mit dem Eigeneinkommen der Klägerin von 2.800,-- S monatlich und einem Unterhaltsbeitrag des Beklagten von 2.200,-- S monatlich werde der Durchschnittsbedarf gedeckt. Ein höherer Unterhaltsbeitrag führe zu einer "Schädigung" der Unterhaltsansprüche der anderen Kinder des Beklagten. Aufgrund dieses Revisionsvorbringens kommt es auf die vom Berufungsgericht bei seinem Zulässigkeitsausspruch für wesentlich erachtete Rechtsfrage über die Aufteilung der Ferialeinkünfte der unterhaltsberechtigten Klägerin auf das ganze Jahr (1994) nicht mehr an. Selbst wenn man von einem anrechenbaren Einkommen der Klägerin von 2.800,-- S monatlich ausgeht und ihren Einwand erhöhter Kosten für die Anreise zum Arbeitsplatz außer Betracht läßt, ist für den Standpunkt des Revisionswerbers aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen:

Mit der Frage der Anrechenbarkeit von Einkünften unterhaltsberechtigter Kinder und des aus diesem Grund geminderten Geldunterhaltsanspruchs hat sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung des verstärkten Senates vom 26.8.1992, 1 Ob 560/92 SZ 65/114 eingehend auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung war eine Lehrlingsentschädigung des unterhaltsberechtigten Kindes zu beurteilen, gleichwohl wurde aber klargestellt, daß gemäß § 140 Abs 3 ABGB bei der Unterhaltsbemessung alle Natural- oder Geldleistungen des Kindes, welcher Art auch immer, als den Unterhaltsanspruch mindernd zu berücksichtigen seien. Infolge eigenen Einkommens des Minderjährigen verringere sich dessen konkreter Bedarf. Sein Unterhaltsanspruch werde auf den Betrag gemindert, der bei Bedachtnahme auf seine eigenen Einkünfte zum Eintritt seiner Selbsterhaltungsfähigkeit fehle. Damit ist aber auch schon klargestellt, daß der Geldunterhaltsanspruch nicht schon bei Erreichen des sogenannten Regelbedarfssatzes erlischt. Zur Selbsterhaltungsfähigkeit führte der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung aus, daß für einfache Lebensverhältnisse - also in Fällen, in denen der geschuldete Unterhaltsbeitrag wegen des Einkommens des Unterhaltsschuldners oder dessen Sorgepflichten verhältnismäßig gering sei - der Richtsatz für die Gewährung einer Ausgleichszulage im Sinne des § 293 Abs 1 lit a sublit bb und lit b ASVG als Richtschnur für die Beurteilung heranzuziehen sei, ob Selbsterhaltungsfähigkeit angenommen werden könne.

Die in der Entscheidung des verstärkten Senates dargelegten Grundsätze werden vom Obersten Gerichtshof nunmehr in ständiger Rechtsprechung vertreten, so auch vom erkennenden Senat (6 Ob 505/95). Das Berufungsgericht ist bei der vorzunehmenden Anrechnung der Eigeneinkünfte des unterhaltsberechtigten Kindes von dieser Rechtsprechung, die - wie schon ausgeführt - nicht nur für Lehrlingsentschädigungen Gültigkeit hat, nicht abgewichen und ist bei der Unterhaltsbemessung für das Jahr 1994 zutreffend von einer "Mindestpensionshöhe" von 8.750,-- S (7.500,-- S x 14 : 12; BGBl 1994/20) und einem Regelbedarf von rund 5.000,-- S (ÖA 1995, 74) ausgegangen. Es kann keine Rede davon sein, daß die dargelegten Grundsätze bei konkurrierenden Sorgepflichten keine Gültigkeit hätten. Diesem Umstand wird schon bei der Unterhaltsbemessung nach der Prozentkomponente Rechnung getragen (4 Ob 512/92 uva; Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 10 mwN). Mit einer Unterhaltsfestsetzung von 3.000,-- S monatlich für die Klägerin, also mit einem Betrag, der weit unter dem sogenannten Regelbedarf liegt, kann von einer "Schädigung" der beiden anderen unterhaltsberechtigten Kinder des Beklagten keine Rede sein.

Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision zurückzuweisen.

Kosten für die Revisionsbeantwortung sind nicht zuzusprechen, weil die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (EvBl 1986/128 uva).

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