Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Landesgerichtes Wels wird in seinem Punkt 1. als nichtig aufgehoben und dem Landesgericht Wels eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das (szt.) Kreisgericht Wels als Berufungsgericht - in der Senatszusammensetzung Richter des Kreisgerichtes Dr. T***** als Vorsitzender sowie die Richter des Kreisgerichtes Dr. A***** und Dr. S***** als weitere Richter - gab mit Urteil vom 11.September 1991, AZ R 85/90, in teilweiser Abänderung des Urteiles des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 15.September 1989, GZ 1 C 38/88-23, dem Klagebegehren der beiden nunmehrigen Wiederaufnahmsbeklagten gegen den nunmehrigen Wiederaufnahmskläger teilweise kostenpflichtig statt. Der Wiederaufnahmskläger begehrt die Wiederaufnahme dieses (Haupt)Verfahrens aus dem Grunde des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO und lehnte weiters vor allem die Rechtsmittelrichter des Landesgerichtes Wels zur Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage, über seine Ablehnungsanträge gegen diese und andere Richter und über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als befangen ab.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Landesgericht Wels als nach § 532 Abs 2 ZPO zuständiges Gericht durch den Richter des Landesgerichtes Dr.S***** als Vorsitzenden sowie die Richter des Landesgerichtes Dr.T***** und Dr.K***** als weitere Richter die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 ZPO a limine zurück und nahm zur Frage der Senatszusammensetzung wie folgt Stellung: Wenn auch der Wiederaufnahmskläger die Mitglieder des Rechtsmittelsenates beschuldige, sich zu seinem Nachteil einer nach dem Strafgesetzbuch zu ahnenden Verletzung ihrer Amtspflichten schuldig gemacht zu haben, was nach § 537 ZPO einen Ausschluß von der Verhandlung und der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage bedeuten würde, sehe sich der zuständige Senat doch in der Lage, über die Wiederaufnahmsklage (und die damit verbundenen Anträge) aus folgenden Erwägungen zu entscheiden: Der Wiederaufnahmskläger habe in den letzten Jahren immer wieder aus den verschiedensten Gründen die Richter des Bezirksgerichtes Frankenmarkt und des Landesgerichtes Wels, vor allem die des Rechtsmittelsenates, wegen angeblicher Befangenheit, allerdings erfolglos, abgelehnt und versucht, eine Delegation an einen anderen Gerichtshof zu erreichen. So habe er ab 1990 rund 50 im einzelnen näher bezeichnete Ablehnungsanträge wegen Befangenheit eingebracht. Deshalb habe das Oberlandesgericht Linz bereits in einem Amtsvermerk vom 18.Juni 1993 festgehalten, daß im Hinblick auf die in der höchstgerichtlichen Entscheidung EvBl 1989/18 genannten Voraussetzungen eine beschlußmäßige Entscheidung über die Ablehnungsanträge des Wiederaufnahmsklägers zu entfallen habe. Dennoch habe der Wiederaufnahmskläger wegen angeblicher Säumnis der zweiten Instanz einen Fristsetzungsantrag eingebracht, dem der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 28.Juli 1993, "Fs 505/93", nicht Folge gegeben habe. Die Wiederholung von unzureichend begründeten, aus Worthülsen und unqualifizierten Vorwürfen bestehenden Ablehnungsanträgen sei rechtsmißbräuchlich. Es gehe nicht an, mit derartigen Schriftsätzen die zuständigen Behörden quasi zu überhäufen und in ihrer Tätigkeit zu blockieren. Nach den bisherigen Erfahrungen könne oder wolle sich der Wiederaufnahmskläger nicht mit ihm nicht genehmen Entscheidungen abfinden und versuche deshalb mit allen Mitteln, nicht nur deren Abänderung im Rechtsmittelweg zu erreichen, sondern auch den damit befaßten Richtern unlauteres, nunmehr gerichtlich strafbares Verhalten zu unterstellen, um die Delegierung an ein anderes Gericht zu erreichen. Diese Vorwürfe erschöpften sich in stets wiederkehrenden Äußerungen, daß die zuständigen Richter im Verdacht der wiederholten Schädigungsabsicht ihm persönlich nicht akzeptable Entscheidungen gefällt hätten. Letztlich könne aus diesen weitschweifigen und nicht immer leicht verständlichen Ausführungen nur der Schluß gezogen werden, daß die Richter gegen das StGB und andere Gesetze verstoßen hätten, weil der Wiederaufnahmskläger nicht sein "Recht" bekommen habe. Diese Unterstellungen und Beschuldigungen gewännen aber dadurch, daß sie dauernd wiederholt würden, nicht an Überzeugungskraft. Auch Argumente würden durch bloße Wiederholung nicht glaubwürdiger. Wenn bei dieser Sachlage das Oberlandesgericht Linz dem Delegierungsantrag des Wiederaufnahmsklägers mit der Begründung nicht Folge gegeben habe, daß ein Delegierungsantrag nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden könne, und in einem Amtsvermerk festgehalten habe, über Ablehnungsanträge (des Wiederaufnahmsklägers) nicht mehr zu entscheiden, erachte auch der zuständige Rechtsmittelsenat des Landesgerichtes Wels, wie bereits im Amtsvermerk vom 9.März 1993 dargetan worden sei, daß es nicht mehr erforderlich sei, eine beschlußmäßige Entscheidung über die Ablehnungsanträge des Wiederaufnahmsklägers herbeizuführen, und zwar auch dann nicht, wenn dieser unter Heranziehung des Wiederaufnahmsgrundes nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO offensichtlich nach § 535 ZPO die nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter des Landesgerichtes Wels "auszuschalten" versuche. Es könne grundsätzlich nicht im Belieben einer Partei stehen, durch ganz bestimmte, aber duch nichts bewiesene Vorwürfe gegen Richter diese an der Erfüllung ihrer Amtspflichten zu hindern.
Rechtliche Beurteilung
Der anwaltlich gefertigte Rekurs des Klägers ist zulässig und rechtzeitig.
Wird eine Wiederaufnahmsklage nicht bei dem Gericht erhoben, welches in dem früheren Verfahren in erster Instanz erkannt hat, sondern bei einem höheren Gerichte - hier beim Berufungsgericht des Vorprozesses - , so sind in Ansehung ... der Anfechtbarkeit der Entscheidung diejenigen Bestimmungen maßgebend, welche für das höhere Gericht als Rechtsmittelgericht maßgebend wären (§ 535 ZPO). Diese Vorschrift ist zwar ihrem Wortlaut nach auf die Anfechtung von Urteilen beschränkt; der hier normierte Grundsatz wird nach herrschender Auffassung aber auch für Rechtsmittel gegen Beschlüsse des "höheren" Gerichtes angewendet (EvBl 1985/30; SZ 19/177; 6 Ob 604/94 ua; Fasching IV 536). Es gelten daher die Rekursbeschränkungen der §§ 519 und 528 ZPO (RZ 1994/59; RZ 1990/39 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 2087). Die Anfechtung ist nach den gleichen Grundsätzen wie im Hauptverfahren zu beurteilen (RZ 1994/59). Wendet sich demnach die Wiederaufnahmsklage gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes des Hauptprozesses, dann richtet sich die Anfechtung der Zurückweisung dieser Wiederaufnahmsklage nach § 538 ZPO durch das nach § 532 Abs 2 ZPO angerufene Berufungsgericht nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO, somit unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO und einem 50.000 S übersteigenden Streitwert, und nicht nach § 528 ZPO. Daher ist es bedeutungslos, daß der Streitgegenstand des Hauptverfahrens, der denknotwendigerweise derselbe wie des Wiederaufnahmsverfahrens ist, hier 30.000 S nicht übersteigt. Die Rekursfrist wurde unter Berücksichtigung der Bestimmungen der § 464 Abs 3 letzter Satz, § 521 Abs 3 ZPO gewahrt.
Der Nichtigkeitsvorwurf des Rechtsmittels ist gerechtfertigt. Gemäß § 537 ZPO ist der Richter, wegen dessen Beteiligung an der Entscheidung die Nichtigkeitsklage (§ 529 Z 1 ZPO) oder wegen dessen Verhalten die Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO angebracht wird, von der Leitung der Verhandlung sowie von der Entscheidung über die Nichtigkeits-und Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen. Die Außerachtlassung dieser Bestimmung bewirkt Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 1, § 503 Abs 1 Z 1 ZPO (Fasching IV 539; Kodek in Rechberger, Rz 1 zu § 537 ZPO). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz geht es hier nicht um Fragen des Mißbrauches des Rechtes auf Ablehnung von Richtern durch Prozeßparteien, sondern um eine durch Gesetz bestimmte Ausgeschlossenheit bestimmter Richter in den Fällen einer auf § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützten Wiederaufnahmsklage. Diese Bestimmung ist notwendig im Hinblick auf die enge Fassung des § 20 Z 5 JN (Kodek aaO) und gilt auch für völlig sinnlose Klagen (3 N 514/84) oder solche Klagen, in Ansehung derer die Anzeige gegen den Richter von der Anklagebehörde bereits nach § 90 StPO zurückgelegt wurde. Die sachliche Grundlage für das Vorliegen dieses Ausschließungsgrundes ist in einem behaupteten rechtswidrigen Verhalten des Richters zu suchen, dem daher die Überprüfung im Wiederaufnahmsverfahren nicht überlassen werden kann (5 Ob 565/79). Auf die Richtigkeit der Vorwürfe kommt es nicht an.
Demgemäß muß die Entscheidung des Landesgerichtes Wels aufgehoben werden und diesem eine neuerliche Entscheidung, an der im Sinne des § 537 ZPO ausgeschlossene Richter nicht mehr mitstimmen dürfen, aufgetragen werden.
Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50, 52 ZPO.
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