OGH 6Ob64/12y

OGH6Ob64/12y24.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** KG, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung, Widerrufs, Veröffentlichung und Feststellung (Streitwert 52.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2012, GZ 5 R 272/11y-40, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der beklagte Sozialversicherungsträger bzw dessen Rechtsvorgänger im Zuge eines mit dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei geführten arbeitsgerichtlichen Verfahrens von sich aus als Alternative zu einem Kassenvertrag vorgeschlagen, dass eine Direktverrechnung jener Kosten erfolgen könne, die der Patient im Wege der Rückvergütung von der beklagten Partei erstattet bekomme. Damit war der Rechtsvorgänger der klagenden Partei einverstanden. In einem im Jahr 2001 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich räumte daraufhin der Rechtsvorgänger der beklagten Partei dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei ausdrücklich das Recht ein, sich von Patienten deren Ansprüche auf Kostenzuschüsse gegen den Sozialversicherungsträger abtreten zu lassen. Ausdrücklich war auch festgehalten, dass diese Vereinbarung auf Rechtsnachfolger übergeht.

2.1. Im Hinblick auf diese Besonderheit des Sachverhalts bedarf es aber keines Eingehens auf die von der beklagten Partei relevierte Frage, ob es sich beim Anspruch auf Kostenerstattung um eine Sachleistung iSd § 38 Abs 3 B-KUVG handelt. Nichtigkeit infolge Gesetzwidrigkeit ist nach herrschender Auffassung nämlich nur dann anzunehmen, wenn diese ausdrücklich normiert ist oder insoweit der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäfts notwendig verlangt (Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 179; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 § 879 Rz 3; Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 247; SZ 74/77; JBl 2004, 107 uva).

2.2. Dem Abtretungsverbot des § 38 Abs 2 und 3 B-KUVG liegt offensichtlich die Überlegung zugrunde, dass die Krankenbehandlung des Versicherten durch dessen Dispositionen gefährdet wird. Diese ratio des Gesetzes greift aber evidentermaßen dann nicht Platz, wenn die Abtretung an einen Vertragspartner des Sozialversicherungsträgers erfolgt und der Sozialversicherungsträger - im vorliegenden Fall noch dazu in einem gerichtlichen Vergleich - hiezu ausdrücklich die Zustimmung erteilt. Im Hinblick auf die von der beklagten Partei selbst angebotene Konstruktion, die das Vertragsverhältnis mit dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei bewusst in die Nähe zu einem - von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei damals abgelehnten - Kassenvertrag rückte, bedarf es im vorliegenden Fall auch keines Eingehens auf die Rechtsprechung, wonach der Versicherte gegenüber dem Sozialversicherungsträger im Regelfall erst dann Anspruch auf Kostenerstattung hat, wenn er die Arztleistung bezahlt hat (vgl 10 ObS 361/99g; 4 Ob 196/06m).

3. Abgesehen davon erweisen sich die Urteile der Vorinstanzen aber auch aus einer weiteren Erwägung als zutreffend: Wie schon das Berufungsgericht hervorgehoben hat, erweckt die Textierung des inkriminierten Schreibens den Anschein, dass die Behauptungen der klagenden Partei betreffend die Direktverrechnungsvereinbarung unrichtig seien, sodass die klagende Partei bei ihren Patienten - wie schon das Erstgericht hervorgehoben hat - als unseriös erscheinen musste. Das inkriminierte Schreiben lässt nicht ansatzweise erkennen, dass damit nicht etwa die tatsächliche Richtigkeit der Angaben der Klägerin bestritten werde, sondern es sich dabei lediglich um einen nunmehr von der beklagten Partei eingenommenen Rechtsstandpunkt handelt und dass die beklagte Partei bzw ihre Rechtsvorgängerin selbst den betreffenden Vergleich angeboten hat und dass diese Vereinbarung zwischen den Streitteilen zur beiderseitigen Zufriedenheit auch jahrelang praktiziert wurde. Damit ist aber auch unabhängig von der Frage der Gültigkeit des seinerzeitigen Vergleichs der Tatbestand des § 1330 Abs 2 ABGB erfüllt.

4. Die beklagte Partei bringt daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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