European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00063.22S.0217.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt, dem Beklagten zu untersagen, seinen Pkw auf dem im Wohnungseigentum des Klägers stehenden, im Grundbuch ob der strittigen Liegenschaft zu B‑LNr 36 eingetragenen Pkw‑Abstellplatz, dort als Pkw‑Abstellplatz 26 bezeichnet, abzustellen.
[2] Der Beklagte hält dem entgegen, diesen Abstellplatz, der in der Natur mit der Nummer 14 gekennzeichnet ist, vom Kläger, der zuvor Alleineigentümer der Liegenschaft gewesen sei und ein Bauträgerprojekt verwirklicht habe, gekauft und jahrelang verwendet zu haben.
[3] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte zusammengefasst folgenden Sachverhalt fest:
[4] Dem Grundbuchsstand liegt das Nutzwertgutachten vom 14. 12. 2012 zugrunde, in dem der hier gegenständliche Parkplatz unter B‑LNr 36 als Pkw‑Stellplatz Nummer 26 bezeichnet ist. Der Kläger ist als Eigentümer dieses Stellplatzes eingetragen. In der Natur trägt dieser Stellplatz jedoch die Nummer 14.
[5] Im Jahr 2014 führten der Beklagte und seine Frau Vertragsverhandlungen mit einer vom Kläger hinsichtlich des Verkaufs der Wohnungseigentumsobjekte umfassend bevollmächtigten GmbH. Dabei kam es mit Zustimmung des Geschäftsführers der GmbH vor Ort zu einer Einigung zwischen dem Beklagten und dessen Frau sowie der GmbH über den Kauf des verfahrensgegenständlichen Stellplatzes. Dem Vertragserrichter wurde von Verkäuferseite der Abstellplatz mit Nummer 14 bekannt gegeben. Er orientierte sich bei der Abfassung des Kaufvertrags am Grundbuchsstand und nicht an der Bezeichnung der Stellplätze in der Natur, weshalb im schriftlichen Kaufvertrag jene B‑LNr als Vertragsgegenstand angeführt ist, mit dem Wohnungseigentum am Pkw-Abstellplatz Nummer 14 (jetzt B‑LNr 36) verbunden ist. Der Kaufvertrag nahm Bezug auf das Nutzwertgutachten vom 14. 12. 2012 und den darauf aufbauenden Grundbuchsstand sowie einen Einreichplan. Der Kaufvertrag wurde am 23. 6. 2014 und 24. 6. 2014 vom Beklagten und dessen Frau sowie vom Geschäftsführer der GmbH sowohl im eigenen Namen als auch aufgrund einer Veräußerungs‑Spezialvollmacht im Namen des Klägers unterschrieben. Der Beklagte, seine Ehefrau und der Geschäftsführer der GmbH gingen bei Vertragsunterfertigung davon aus, dass es sich dabei um jenen Parkplatz handelte, der in der Natur mit der Nummer 14 versehen war.
[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Es ließ die Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Wohnungseigentümer die Eigentumsfreiheitsklage gegen eine Person erheben kann, der er zur Verschaffung des Eigentums verpflichtet sei.
[7] Rechtlich schloss es sich der Beurteilung des Erstgerichts an, wonach der Kaufvertrag entsprechend dem übereinstimmenden Parteiwillen über den in der Natur mit Nummer 14 bezeichneten Abstellplatz zustande gekommen sei. Der Beklagte sei Naturalbesitzer und habe einen Titel auf Verschaffung des Eigentums, weshalb er nicht unberechtigt in das Eigentum des Klägers eingegriffen habe.
[8] Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[9] 1. Die von den Parteien im Zuge einer Verhandlung über den Abschluss eines Vertrags gegenseitig abgegebenen Erklärungen sowie ihre diesen Erklärungen etwa nicht entsprechende, jedoch übereinstimmende Absicht sind Gegenstand einer Tatsachenfeststellung. Dagegen ist es eine Frage der rechtlichen Beurteilung der Sache, welche Rechtswirkungen hiedurch erzielt wurden (RS0017882 [T1, T2]).
[10] Das Revisionsvorbringen, die Vertragsparteien hätten keinen übereinstimmenden, von der schriftlichen Kaufvertragsurkunde abweichenden Willen zum Erwerb des verfahrensgegenständlichen Abstellplatzes durch den Beklagten und dessen Ehefrau gefasst, weicht vom festgestellten Sachverhalt ab, sodass die Rechtsrüge insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (vgl RS0043312). Die Vorinstanzen haben auch keine vom Grundbuchsstand abweichenden Feststellungen getroffen, sondern vielmehr den festgestellten Sachverhalt – zu dem auch der Inhalt des Grundbuchs gehört – im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch rechtlich beurteilt.
[11] 2. Der Auslegung einzelner Klagebehauptungen auf ihre Behauptungstauglichkeit in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042828 [T6]). Mit dem Vorbringen, der Beklagte hätte kein ausreichendes Sachvorbringen erstattet, wird hier somit keine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO dargetan.
[12] 3. Die Eigentumsfreiheitsklage ist ein Behelf gegen jeden unbefugten Eingriff in das Eigentum (RS0012113). Macht der Eigentümer gegen den Käufer einen auf sein Eigentumsrecht gestützten Unterlassungsanspruch geltend, kann der beklagte Sachinhaber ein eigenes, dem Eigentümer gegenüber wirksames Recht zur Innehabung einwenden (vgl 4 Ob 180/15x immolex 2016, 197 [Klein] zu einem Herausgabeanspruch). Dafür kommen sowohl dingliche als auch obligatorische Rechte in Frage (4 Ob 180/15x; RS0125784). Das Eigentumsrecht des Verkäufers ist insofern durch obligatorische Verpflichtungen gegenüber seinem Kaufvertragspartner beschränkt (vgl RS0011767).
[13] Im vorliegenden Fall kam der Kaufvertrag über den verfahrensgegenständlichen Abstellplatz (in der Natur als Nummer 14 bezeichnet) wirksam zustande. Hinsichtlich dieses Stellplatzes wurde das Eigentum des Beklagten und dessen Ehefrau nicht im Grundbuch eingetragen, sodass der Kläger nach wie vor Eigentümer dieses Stellplatzes ist (§ 431 ABGB; RS0011767). Dem Beklagten steht aber aus dem Kaufvertrag, der einen gültigen und tauglichen Rechtsgrund zum Erwerb des in der Natur mit Nummer 14 bezeichneten Parkplatzes bildet bereits ein Nutzungsrecht an diesem Parkplatz zu, weshalb kein rechtswidriger Eingriff in das Eigentum des Klägers vorliegt. Die Revision zeigt auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
[14] 4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0035979 [T16]).
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