OGH 6Ob631/89

OGH6Ob631/8913.7.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Angst und Dr. Redl als weitere Richter in der Erlagssache der Antragstellerin A*** Betriebsgesellschaft mbH & Co. Kommanditgesellschaft, 8793 Trofaiach, Montanstraße 41, vertreten durch Dr. Franz und Dr. Gertrud Wiesner, Rechtsanwälte in Graz, wider die Antragsgegnerin G*** G***, wegen gerichtlicher Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 18. Mai 1989, GZ 3 R 129/89-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 4. April 1989, GZ 18 Nc 309/88-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin betreibt im Bundesland Steiermark an verschiedenen Orten Spielautomaten und ist damit als Unternehmerin im Sinne des Lustbarkeitsabgabengesetzes (Stmk LGBl Nr. 37/1950 idF der Novelle 1986, LGBl Nr. 34) abgabepflichtig. Die Abgabepflicht unterliegt den Regelungen der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (LGBl Nr. 158/1963 idF der Gesetze LGBl Nr. 63/1965, Nr. 112/1967, Nr. 34/1983, Nr. 11/1986 und Nr. 41/1988). Nach den Antragsbehauptungen habe die als Erlagsgegnerin bezeichnete Gemeinde die von der Antragstellerin geschuldeten Abgaben in einem überhöhten Betrag festgesetzt. Die Antragstellerin habe gegen die bescheidmäßig vorgeschriebenen Lustbarkeitsabgaben alle erdenklichen Rechtsmittel ergriffen sowie Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof und beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht. Die Antragsgegnerin habe als Abgabebehörde das Anbot der Antragstellerin abgelehnt, auf die noch aushaftenden Abgabebeträge Sparbücher zu erlegen, "wobei die Erlagsgegnerin die Verfügungsmacht über diese Sparbücher erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges, und zwar einschließlich Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof, erhält". Die Antragstellerin begehrte die Annahme eines nicht gesperrten Sparbuches einer inländischen Kreditunternehmung zum gerichtlichen Erlag, "um weitere Exekutionsführungen gegen uns, als auch gegen die Gastwirte, die die Aufstellplätze zur Verfügung stellen, vermeiden zu können und zum anderen, um vermeiden zu können, daß für uns Säumnisfolgen verschiedenster Art Platz greifen können". Dazu vertrat die Antragstellerin die Ansicht, daß sie "mit schuldbefreiender Wirkung lediglich die vorerwähnten Beträge nur bei Gericht hinterlegen" könne. Sie beantragte daher, den Erlag des Sparbuches auf ihre Abgabenverpflichtung zu Gunsten der abgabenberechtigten Gemeinde unter folgenden Bedingungen der Ausfolgung anzunehmen:

"Die Erlagsgegner sind berechtigt, über diese Erlagssumme ohne Zinsen nach Entscheidung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerden an diese Höchstgerichte, und zwar nach Maßgabe des Ausganges dieser Verfahren, zu verfügen. Falls durch ein Höchstgericht unsere Meinung geteilt wird, wonach nämlich unter allen Umständen das einzelne Spiel unter Berücksichtigung des Standortes zu prüfen ist, um einen angemessenen Betrag vorschreiben zu können, so ist vor Ausfolgung des Erlagsbetrages ohne Zinsen an die Erlagsgegner die Rechtskraft der von der zuständigen Behörde nach Vornahme der vorgeschriebenen Bewertungsmaßnahmen zu erlassenden Bescheide abzuwarten.". Das Erstgericht wies den Erlagsantrag unter Berufung auf die vom erkennenden Senat in seiner Entscheidung vom 12. Jänner 1989, 6 Ob 744/88, geäußerte Rechtsansicht ab.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß unter Billigung der Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit der Bezeichnung des Anfechtungsgrundes als "Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO" mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Antragsstattgebung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Das Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB ist ein außerstreitiges Verfahren (Koziol-Welser, Grundriß8, I, 262; Ehrenzweig-Mayerhofer, Schuldrecht3, I, 585; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 1425). Hat daher die zweite Instanz den Beschluß des Erstgerichtes - wie hier - bestätigt, so kann nur mehr ein auf die Anfechtungsgründe der offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität beschränkter außerordentlicher Revisionsrekurs gemäß § 16 Abs 1 AußStrG erhoben werden.

Keinen dieser Anfechtungsgründe zeigt die Rechtsmittelwerberin auf. Soweit sie ihr vom Rekursgericht wiedergegebenes Antragsvorbringen als aktenwidrig rügt, weil sie den Erlagsantrag keineswegs "ohne Zitierung des § 1425 ABGB" gestellt habe, kommt diesem Versehen des Gerichtes zweiter Instanz keinerlei rechtliche Relevanz zu, weil es für die Sachgrundlage der angefochtenen Entscheidung nicht die geringste Auswirkung gehabt hat. Die Vorinstanzen haben nämlich übereinstimmend den Antrag der Rechtsmittelwerberin jedenfalls als Erlagsantrag nach § 1425 ABGB behandelt. Im übrigen bekämpft die Antragstellerin lediglich die übereinstimmende Rechtsauffassung der Gerichte erster und zweiter Instanz über die Unzulässigkeit einer gerichtlichen Hinterlegung, wenn ihr Zweck - die Schuldtilgung - nach der Art des gewählten Vorganges kraft Gesetzes nicht eintreten könne. Auf Abgabenforderungen, die nur durch ihre Entrichtung im Sinne der abgabengesetzlichen Vorschriften getilgt werden könnten (und nicht auch durch gerichtliche Hinterlegung eines der Abgabenschuld entsprechenden Geldbetrages), seien keine Erläge zu Gericht anzunehmen.

Die Rechtsmittelwerberin übersieht dabei, daß eine bloße unrichtige rechtliche Beurteilung nicht identisch ist mit offenbarer Gesetzwidrigkeit (EFSlg. 44.641, 55.634 uva.). Letztere liegt nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103; SZ 44/180; SZ 46/98; NZ 1980, 46; NZ 1981, 8; EFSlg. 49.930, 52.757; 55.638; MietSlg. 38.818; 6 Ob 597/88; 6 Ob 610/89 uva.) oder wenn bei Fehlen einer konkreten Norm eine Entscheidung mit den Grundprinzipien des Rechtes im Widerspruch stünde (SZ 23/289; EFSlg. 44.647, 52.758; 6 Ob 597/88; 6 Ob 610/89 ua.). Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht gegeben, weil sich die übereinstimmende Rechtsansicht der Vorinstanzen auf eine solche stützen kann, die der Oberste Gerichtshof bereits in einem gleichgelagerten Fall ausgesprochen hat (6 Ob 744/88). Auch die vom Rekursgericht vertretene Auffassung, die im § 160 Abs 1 lit i) Stmk LAO erwähnte Entrichtungsform von Abgaben "durch Hingabe von Wertpapieren nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften" betreffe nicht die Frage der Zulässigkeit des Gerichtserlages nach § 1425 ABGB, kann daher nach den dargestellten Grundsätzen nicht offenbar gesetzwidrig sein.

Mangels Vorliegens eines gesetzlichen Anfechtungsgrundes war demnach der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

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