Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 10.524,26 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 1.820 S und an Umsatzsteuer 644,76 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine Kreditgenossenschaft. Der Beklagte war am 12. November 1976 Mitglied ihres Vorstandes. Als solches war er gemeinsam mit einem zweiten Vorstandsmitglied für die Klägerin zeichnungsberechtigt. Einer anderen Kreditgenossenschaft wurde eine mit 12.November 1976 datierte, vom Beklagten und einem zweiten Vorstandsmitglied firmenmäßig gezeichnete Verpflichtungserklärung der Klägerin vorgelegt. Nach dem Inhalt dieser Urkunde verpflichtete sich die Klägerin, der begünstigten Kreditgenossenschaft bis 10. Dezember 1976 ein von der Klägerin ausgegebenes Sparbuch mit einem Einlagenstand von fünf Millionen Schilling zu übersenden, das der begünstigten Kreditgenossenschaft als Sicherheit für einen (von ihr gewährten) Wechselkredit dienen sollte; für den Fall, daß das erwähnte Sparbuch nicht innerhalb der genannten Frist bei der begünstigten Kreditgenossenschaft eingelangt sein sollte, verpflichtete sich die Klägerin, ihr sofort den Betrag von 5 Mill.S zu überweisen. Die begünstigte Kreditgenossenschaft nahm auf Grund der Verpflichtungserklärung vom 12.November 1976 die Haftung der nunmehrigen Klägerin in Anspruch, brachte am 15.November 1977 gegen sie eine Klage (deren Gleichschrift der nunmehrigen Klägerin am 21. November 1977 zugestellt wurde) auf Zahlung eines 3 Mill.S übersteigenden Betrages ein und erwirkte ein klagsstattgebendes Urteil erster Instanz vom 13.August 1981, das mit Berufungsentscheidung vom 20.November 1981 bestätigt wurde und mit Zustellung des bestätigenden Revisionsurteiles vom 16.März 1982, 5 Ob 539/82, im Mai 1982 in Rechtskraft erwuchs.
Mit der am 18.September 1981 eingebrachten Klage begehrte die nunmehrige Klägerin die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle Schäden, die die Klägerin aus der Erklärung vom 12. November 1976 erleide.
Dazu behauptete die Klägerin, der Beklagte habe die mehrfach erwähnte Verpflichtungserklärung ohne entsprechenden Vorstandsbeschluß gefertigt und damit - ebenso wie das zweite, in der Zwischenzeit gestorbene Vorstandsmitglied - die interne Beschränkung seiner Geschäftsführungsbefugnis überschritten; die Verpflichtungserklärung als solche sei ihr erst mit der im November 1977 zugestellten Klage der begünstigten Kreditgenossenschaft zur Kenntnis gebracht worden. Zu der vom Beklagten eingewendeten Verjährung machte die Klägerin zunächst geltend, es stehe noch nicht (mit Sicherheit) fest, daß ihr aus der Vorgangsweise des Beklagten ein Schaden erwachsen werde (ein solcher sei aber nicht auszuschließen). Nach eingetretener Rechtskraft des gegen sie ergangenen Urteiles und nach Erfüllung ihrer Judikatschuld vertrat die Klägerin den Standpunkt, ihr Schaden sei auch jetzt noch nicht bezifferbar, weil noch nicht abzusehen wäre, welche (schadensmindernden) Leistungen von anderen Ersatzpflichtigen einbringlich gemacht werden könnten. Im Zusammenhang mit der Verjährungseinwendung behauptete die Klägerin in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15.Dezember 1981, ihr stünde kein Anspruch gegen den Beklagten zu, falls die von der begünstigten Kreditgenossenschaft gegen sie erhobene Klage abgewiesen werden sollte.
Der Beklagte behauptete, die am 12.November 1976 unterfertigte Urkunde sei nach Leistung seiner Unterschrift um die strittige Haftungserklärung ergänzt worden. Nicht durch die Abgabe der Verpflichtungserklärung, sondern erst durch die Freigabe eines der Klägerin als Sicherheit zur Verfügung gestandenen Sparbuches sei ein etwa eingetretener Vermögensnachteil bewirkt worden. Der Beklagte haftete äußerstenfalls für die Beträge, die von den Vertragsschuldnern der Klägerin nicht einbringlich gemacht werden könnten. Ausdrücklich wendete der Beklagte die Verjährung der den Gegenstand des Feststellungsbegehrens bildenden Schadenersatzansprüche ein, weil der Klägerin spätestens seit der im November 1977 erfolgten Zustellung der gegen sie gerichteten Klage Schadenseintritt und Schädiger bekannt gewesen seien und daher die dreijährige Verjährungsfrist zur Zeit der im September 1981 erfolgten Klageerhebung gegen den Beklagten bereits abgelaufen gewesen sei.
Das Erstgericht wies, nachdem es seine Verhandlung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14.September 1982 geschlossen hatte, das Klagebegehren wegen Fehlens eines Feststellungsinteresses ab und merkte dabei an, daß es keine Verjährung des festzustellenden Schadenersatzanspruches angenommen hätte.
Das Berufungsgericht bestätigte - noch vor dem Inkrafttreten der Zivilverfahrens-Novelle 1983 - das abweisliche Urteil erster Instanz. Es ließ die Frage des aufrechten Feststellungsinteresses dahingestellt, weil es von der Verjährung des festzustellenden Ersatzanspruches ausging.
Die Klägerin ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Z 2 bis 4 ZPO mit einem Abänderungsantrag im Sinne des Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Schon nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Revisionswerberin war ein aufrechtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten zu verneinen. Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist die Haftung des Beklagten "für jeden Schaden, den die Klägerin aus der vom Beklagten am 12.11.1976.....unterzeichneten Erklärung....erleidet". Als Haftungsgrund machte die Revisionswerberin nach ihrem Vorbringen in erster Instanz ein Zuwiderhandeln des Beklagten gegen (genossenschaftsinterne) Beschränkungen seiner Vertretungsmacht (§ 19 GenG) sowie eine Vernachlässigung pflichtgemäßer Sorgfalt geltend, weil er nach seinen eigenen Behauptungen die Verpflichtungserklärung unterschrieben habe, ohne vorher von ihrem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, und weil er bei Abgabe der schriftlichen Erklärung die geschäftsordnungsgemäße Vorgangsweise hintangesetzt, insbesondere ohne Deckung durch einen in diesem Fall erforderlich gewesenen Beschluß des Vorstandes gehandelt habe. Die Revisionswerberin wertete das von ihr vorgetragene Verhalten des Beklagten wörtlich als "schuldhaft, zumindest grob fahrlässig". Nachteilige, ersatzfähige Folgen der Verhaltensweise des Beklagten erklärte die Revisionswerberin zunächst mit Rücksicht auf die gegen sie klageweise geltend gemachten Ansprüche als möglich und schränkte dann mit ihrem Vorbringen in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15.Dezember 1981 den Umfang des ihr drohenden (und ihr Feststellungsbegehren stützenden) Schadens mit der möglichen Sachfälligkeit in dem gegen sie damals noch anhängig gewesenen Rechtsstreit ein ("Die klagende Partei erklärt, daß ihr gegen den Beklagten dann kein Anspruch zustünde, falls die von der....(begünstigten Kreditgenossenschaft)....erhobene Klage rechtskräftig abgewiesen werden sollte."). In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24.Juni 1982 brachte die Revisionswerberin vor, inzwischen ihre Judikatschuld an die begünstigte Kreditgenossenschaft bezahlt zu haben. Sie behauptete aber, die Höhe ihres Schadens deshalb noch nicht beziffern zu können, weil noch nicht feststünde, welche Zahlungen mitverpflichtete Personen zur Verringerung der Verpflichtungen der Revisionswerberin gegenüber der begünstigten Kreditgenossenschaft noch leisten würden und welche Leistungen die Revisionswerberin noch vom Kreditnehmer als dem Hauptschuldner zu erwarten hätte. Zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz stand nach dem Vorbringen der Revisionswerberin zwar die Obergrenze des ihr aus dem zum Haftungsgrund erhobenen Verhalten des Beklagten erwachsenen Schadens fest, eine Verminderung dieses Schadens durch Leistungen dritter Personen sei aber noch möglich gewesen. Daß der Revisionswerberin über die von ihr damals bereits erfüllte Judikatsverpflichtung hinaus auf Grund der vom Beklagten mitgefertigten Verpflichtungserklärung ein Vermögensnachteil erwachsen könnte, sodaß ein Leistungsbegehren im Umfang der von der Revisionswerberin im Sinne ihrer Verurteilung bereits geleisteten Zahlungen die denkbaren Schadenersatzpflichten des Beklagten nicht ausschöpfte, wie das das Berufungsgericht für den Fall einer subjektiv-konkreten Interessenberechnung angenommen hat, konnte nach dem wiedergegebenen erstinstanzlichen Prozeßvorbringen der Revisionswerberin auch nicht andeutungsweise erkannt werden; solches hätte die Revisionswerberin nach ihrem bis dahin erstatteten Vorbringen anläßlich der ausdrücklichen Erörterung des Verhältnisses zwischen (erhobenem) Feststelllungs- und (möglichem) Leistungsbegehren (AS 50) ausdrücklich und konkret darzulegen gehabt. Entgegen dem Standpunkt der Revisionswerberin trifft die vom Berufungsgericht dargelegte Beurteilung zu, daß im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz, wenn man die Tatsachenbehauptungen der Revisionswerberin als richtig unterstellte, die Schadenersatzansprüche gegen ihr ehemaliges Vorstandsmitglied im Ausmaß der von ihr urteilsgemäß geleisteten Zahlungen ohne Rücksicht auf etwa noch einbringlich zu machende eigene oder auf sie übergegangene Vertragsansprüche gegen Dritte fällig gewesen seien. Der Beklagte als Schädiger hätte die Revisionswerberin als Geschädigte kraft Schadenersatzpflicht so zu stellen gehabt, wie diese ohne die haftungsauslösende Verpflichtungserklärung gestanden wäre. Ohne Verpflichtungserklärung hätte die Revisionswerberin keine Leistungspflicht gegenüber der begünstigten Kreditgenossenschaft getroffen. War sie der ihr in vollstreckbarer Form festgestellten Zahlungspflicht nachgekommen, hatte sie gegenüber dem Schädiger Anspruch auf sofortigen und vollständigen Vermögensausgleich, ohne den Eingang von Zahlungen Dritter abwarten zu müssen, gegen die sie erst durch die Verpflichtungserklärung oder deren Zuhaltung Ansprüche unmittelbar oder kraft Forderungsüberganges erworben hat. Derartige Leistungen bewirkten zwar eine dem Schädiger zugutekommende Schadensminderung, verpflichteten den Geschädigten aber nur zur Vorsorge, daß solche Ansprüche ungeschmälert auf einen Ersatz leistenden Schädiger übergehen können, nicht aber zu dessen Entlastung und Beschränkung seiner Ersatzpflicht auf den Ausfall zur Anspruchsverfolgung. Es wäre mit dem Ausgleichszweck des Schadenersatzes unvereinbar, dem Geschädigten das Risiko einer Anspruchsverfolgung aufzubürden, das ihn ohne schädigende Handlung nicht getroffen hätte, oder ihn bis zum Erfolg solcher Anspruchsverfolgung der Verfügung über Mittel zu berauben, die ohne schädigendes Verhalten zu seiner jederzeitigen Disposition gestanden wären.
Soweit nach den Klagsbehauptungen ein Ersatzanspruch der Revisionswerberin gegen den Beklagten ableitbar war, war er im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz auch fällig und klagbar. Das Erstgericht hat zutreffend das von amtswegen für diesen Zeitpunkt zu prüfende Feststellungsinteresse verneint. Die Revisionsausführungen zur Widerlegung der vom Berufungsgericht auf die Entscheidungen SZ 39/186 und SZ 44/154 gestützten Rechtsansicht sind aus den dargelegten Erwägungen nicht stichhältig.
Alle übrigen Ausführungen zur Rechtsrüge, die Rüge von Aktenwidrigkeiten und von Verfahrensmängeln sind für den Klagsabweisungsgrund des Mangels am Feststellungsinteresse unerheblich und könnten nur für den vom Berufungsgericht herangezogenen Abweisungsgrund der Verjährung von Belang sein. Diese Frage ist aber nicht weiter zu erörtern.
Der Revision war ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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