OGH 6Ob606/81

OGH6Ob606/8121.10.1981

SZ 54/149

Normen

EheG §81
EheG §81

 

Spruch:

Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zum Aufteilungsvermögen ist, daß sie zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehörte

OGH 21. Oktober 1981, 6 Ob 606/81 (LGZ Wien 43 R 2112/80; BG Hietzing F 16/79)

Text

Die am 9. Dezember 1950 zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. März 1979 gemäß § 55 Abs. 3 EheG unter Ausspruch des alleinigen Verschuldens des Antragsgegners geschieden.

Die Antragstellerin beantragte mit dem am 20. August 1979 beim Erstgericht eingelangten Antrag, die im Eigentum des Antragsgegners stehende Liegenschaften EZ 1074 und EZ 29 KG S in ihr Eigentum zu übertragen und den Antragsgegner überdies zu einer Ausgleichszahlung in Höhe von 1 000 000 S zu verpflichten. Die Liegenschaft EZ 2314 KG M, solle im Eigentum des Antragsgegners verbleiben. Der Ankauf aller drei Liegenschaften sowie die Errichtung der hierauf befindlichen Baulichkeiten sei während der Dauer der aufrechten Lebensgemeinschaft und ausschließlich aus Mitteln gemeinsam angesammelter ehelicher Ersparnisse finanziert worden. Der Antragsgegner verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von zumindest 25 000 S, während die Antragstellerin lediglich 3000 S wertgesichert an Unterhaltsleistungen des Antragsgegners bekomme, wozu noch Aufwendungen des Antragsgegners von monatlich maximal 300 S für die Liegenschaft K-Gasse 10 kämen.

Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Begehrens im wesentlichen mit der Begründung, das Vermögen, dessen Aufteilung verlangt werde, sei ausschließlich durch den Antragsgegner aus dessen Mitteln geschaffen worden.

Das Erstgericht wies mit Punkt 1 seines Beschlusses die Liegenschaft EZ 1074 KG S, mit den darin befindlichen Einrichtungsgegenständen und Fahrnissen der Antragstellerin zu, verpflichtete im Punkt 2 seines Beschlusses den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 60 000 S und zu einem Kostenersatz in der Höhe von 40 000 S an die Antragstellerin und wies in seinem Punkt 3 das Mehrbegehren der Antragstellerin ab. Es traf zur Liegenschaft EZ 29 KG S die Feststellung, der Antragsgegner hat bereits seit 1938 einen Handel mit Brennstoffen betrieben; als der von ihm gepachtete Lagerplatz von der Gemeinde Wien aufgekundigt wurde, habe er am 28. Juli 1952 um 20 000 S den Lagerplatz gekauft und dort bis zum Jahre 1972 den Brennstoffhandel betrieben.

Die Antragstellerin habe durch die Haushaltsführung und Betreuung des Kindes sowie die Mitarbeit im Unternehmen zur Schaffung des Liegenschaftsvermögens, welches aus den Erträgnissen des Unternehmens und mit Krediten angeschafft worden sei, wobei die Rückzahlung der Kredite wieder durch die Betriebseinnahmen erfolgt sei, beigetragen. Das Liegenschaftsvermögen sei daher als eheliches Gebrauchsvermögen bzw. eheliche Ersparnisse im Sinne der §§ 81 f. EheG zu werten, worauf die Antragstellerin einen angemessenen Anspruch habe. Die Liegenschaften EZ 1074 und EZ 29 je KG S seien mit dem Verkehrswert zu bewerten.

Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen.

Dem Antragsgegner, welcher sich gegen die Einbeziehung des Lagerplatzes EZ 29 KG S, in das zu verteilende Vermögen wandte, hielt das Rekursgericht entgegen, daß das Unternehmen, in welchem der Lagerplatz genützt worden sei, vom Antragsgegner nicht mehr betrieben werde, sondern verpachtet sei, vom Antragsgegner daher als Wertanlage und zum Ertrag benützt werde, weshalb § 82 EheG der Einbeziehung dieses Grundstückes nicht entgegenstehe. Abgesehen davon wäre im Sinne des § 91 Abs. 2 EheG eine entsprechende Berücksichtigung der Liegenschaft auch im Falle des § 82 EheG nicht ausgeschlossen. Daß die Antragstellerin einen Anspruch nach § 98 ABGB nicht geltend gemacht habe, hindere nicht, daß im Rahmen der vorliegenden Entscheidung auf die Mitwirkung der Antragstellerin im Betrieb entsprechend Bedacht zu nehmen sei. Die Entscheidung habe sich, auch wenn der Aufteilungsantrag nur einen Teil der einer vermögensrechtlichen Regelung nach Auflösung der Ehe unterliegenden Ansprüche erfasse, materiell in die der Billigkeit entsprechende Gesamtaufteilung einzufügen. Es seien daher grundsätzlich das gesamte der Aufteilung unterliegende Vermögen wie auch Ansprüche nach § 98 ABGB zu erfassen und alle der im konkreten Fall für die Billigkeitsabwägung maßgebenden Umstände zu berücksichtigen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse des Antragsgegners nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Antragsgegner wendet sich gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, der Lagerplatz EZ 29 KG S sei in die Aufteilung einzubeziehen, und wirft dem Rekursgericht vor, es habe weder die nach Absicht des Gesetzgebers die Herausnahme des Unternehmensbestandteiles aus der Verteilungsmasse rechtfertigenden Umstände berücksichtigt noch bedacht, daß die Antragstellerin bei Berücksichtigung dieser Liegenschaft einen doppelten Nutzen ziehe, weil diese Liegenschaft auch Grundlage für den seit 1972 an sie bezahlten Unterhalt gewesen sei.

Bei der Entscheidung der Frage, ob die Liegenschaft EZ 29 KG S zur Verteilungsmasse gehört, ist davon auszugehen, daß nach dem Gesetz (§ 81 Abs. 1 und 2 EheG) nur solche Vermögenswerte der Aufteilung unterliegen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch der Ehegatten dienten (Gebrauchsvermögen) bzw. als Ersparnisse angesammelt wurden. Demnach ist erste Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zum Aufteilungsvermögen, daß sie zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehörte (vgl. Gschnitzer - Faistenberger, Familienrecht[2], 53; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[5] II, 198; vgl. auch Bydlinski in FS Schwind, 38). Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Jahre 1962 die Liegenschaft EZ 29 KG S eine zum Unternehmen des Antragsgegners gehörende Sache. Sie bildete daher gemäß § 82 Abs. 1 Z. 3 EheG keinen Bestandteil der Verteilungsmasse. Daß diese Liegenschaft nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft von einer zu einem Unternehmen gehörenden Sache zu einer Wertanlage umgewidmet wurde, kann nichts daran ändern, daß sie im maßgebenden Zeitpunkt nicht zur Verteilungsmasse gehört hat. Diese Liegenschaft muß daher im Aufteilungsverfahren unberücksichtigt bleiben. Dies hat zur Folge, daß sich das zu verteilende Vermögen wertmäßig um den Betrag von 660 000 S vermindert. Dies führt aber im Ergebnis zu keinem Rechtsmittelerfolg des Antragsgegners, weil bei der gemäß § 83 EheG nach Billigkeit vorzunehmenden Aufteilung der Beitrag der Antragstellerin zur Anschaffung gleich hoch eingeschätzt werden muß wie jener des Antragsgegners.

Die Antragstellerin führt aus, bei der Bewertung der Liegenschaft EZ 1074 KG S hätte als wesentlicher Minderungsfaktor berücksichtigt werden müssen, daß das auf dieser Liegenschaft befindliche Einfamilienhaus die eheliche Wohnung gebildet habe und von ihr bewohnt werde, weil ihr in diesem Haus nach der Scheidung "jedenfalls zumindest ein unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht" zustehe. Bei der rechtsgestaltenden Aufteilung des vorhandenen ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse einerseits sowie bei der Regelung der künftigen Rechtsverhältnisse an der früheren Ehewohnung andererseits handle es sich "rechtssystematisch grundsätzlich um zwei parallele, an sich unabhängige Parameter, die bei der Wertermittlung im Schätzungsverfahren nicht ohne weiteres verquickt werden" dürften.

Soweit diese Ausführungen als Bekämpfung der eine Tatfrage darstellenden Schätzwertermittlung zu verstehen sind, ist darauf nicht weiter einzugehen, weil eine Bekämpfung der tatsächlichen Grundlage nach § 232 Abs. 2 AußStrG nicht mehr möglich ist. Aber auch als Rechtsausführung kann ihnen nicht zugestimmt werden. Die Ehewohnung bildet, wie sich aus den §§ 81 Abs. 2, 82 Abs. 2 und 87 ff. EheG ergibt, einen Teil des aufzuteilenden Vermögens. Die die Ehewohnung betreffenden Anordnungen des Gerichtes sind daher solche der Aufteilung des Vermögens und stellen keine dazu parallel laufenden und von der Vermögensaufteilung unabhängigen Maßnahmen dar. Da die Antragstellerin die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft EZ 1074 KG S beantragt hat und ihrem Antrag stattgegeben wurde, kann sie Eigentümerin einer Liegenschaft werden, die den von den Vorinstanzen festgestellten Verkehrswert aufweist. Eine Minderung dieses Wertes durch den Umstand, daß die Antragstellerin auf dieser Liegenschaft wohnt, kommt, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, nicht in Frage, weil sich selbst bei einer Veräußerung der Liegenschaft unter Einräumung eines Wohnrechtes an die Antragstellerin der zu erzielende Erlös nur um den Wert dieses Wohnrechtes, den sich die Antragstellerin aber anrechnen lassen müßte, mindern könnte. Der von der Antragstellerin eingenommene Standpunkt liefe darauf hinaus, daß sie zusätzlich zur Liegenschaft bzw. zu dem Verkehrswert derselben ein Wohnrecht bzw. den Wert eines solchen Wohnrechtes erhielte. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht diese Liegenschaft mit einem Wert von 1 401 000 S in die Verteilungsmasse einbezogen.

Es bleibt daher nur noch der Vorwurf der Antragstellerin zu prüfen, das Rekursgericht habe zwar richtigerweise den vollen Grundwert der Liegenschaft EZ 2314 KG M als maßgebend erklärt, nachdem das Erstgericht nur den halben Grundwert berücksichtigt gehabt hatte, das Rekursgericht habe aber daraus keinerlei Konsequenzen gezogen.

Das Rekursgericht hat zwar begrundet, warum es trotz der Änderung des Wertes des zu verteilenden Vermögens zu keiner Erhöhung der Ausgleichszahlung gelangte, es kann ihm aber in der Auffassung nicht gefolgt werden, daß die vorgenommene Aufteilung der Billigkeit entspreche. Es hat nämlich nicht berücksichtigt, daß die Antragstellerin nicht nur durch ihre Mitarbeit im Betrieb zur Anschaffung der Liegenschaft beigetragen hat, sondern auch die Führung des gemeinsamen Haushaltes und die Pflege und Erziehung der Tochter, welche nach den Feststellungen der Antragstellerin oblegen sind, gemäß § 83 Abs. 2 EheG als Beitrag zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse anzusehen sind. Nimmt man auch auf diese Umstände Bedacht, so erscheint im vorliegenden Fall auch bei Berücksichtigung des Umstandes, daß der Antragsgegner der Unternehmensinhaber war, eine Aufteilung des in die Verteilung einzubeziehenden Vermögens im Verhältnis von etwa 50 : 50 gerechtfertigt. Da im vorliegenden Fall - wie schon oben ausgeführt - die Aufteilung des Vermögens durch Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen nicht mehr bekämpft ist, muß gemäß § 94 EheG der Ausgleich durch Auferlegung einer Zahlung geschaffen werden. Ausgehend von der nach den obigen Ausführungen zugrunde zu legenden Verteilungsmasse im Wert von 2 886 600 S - 1 401 000 S für die Liegenschaft EZ 1074 KG S und 1 485 600 S für die Liegenschaft EZ 2314 KG M - bedeutet die von den Vorinstanzen auferlegte Ausgleichszahlung in der Höhe von 60 000 S, daß die Antragstellerin etwa 50.6% des aufzuteilenden Vermögenswertes erhält. Dies entspricht dem oben als gerechtfertigt dargelegten Aufteilungsverhältnis von etwa 50: 50. Soweit die Antragstellerin auch Ausführungen zur Kostenentscheidung macht, steht einer Behandlung derselben entgegen, daß durch § 232 Abs. 2 AußStrG kein Weg zur Anfechtung der Kostenentscheidung eröffnet wurde.

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