Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Kommerzialrat Adolf M***, der Vater der beiden Beklagten, war Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 546 KG Kitzbühel-Land. Im Frühjahr 1981 wollte er in seinem auf der Liegenschaft errichteten Haus erhaltende und verbessernde Investitionen, insbesondere Heizungs- und Elektroinstallationen, vornehmen lassen. Kommerzialrat Adolf M*** holte zu diesem Zweck bei zwei Firmen Kostenvoranschläge ein und gab dann auch auf deren Basis die entsprechenden Arbeiten in Auftrag. Da er von der Möglichkeit einer Kreditgewährung zur Finanzierung energiesparender Maßnahmen im Rahmen des Wohnungsverbesserungsgesetzes 1969 erfahren hatte, richtete er ein entsprechendes Ansuchen an das Amt der Tiroler Landesregierung, welches ihm mit Schreiben vom 8.4.1981 Annuitätenzuschüsse für ein Darlehen der Klägerin zusicherte.
In der Folge nahm Kommerzialrat Adolf M*** bei der Klägerin einen Kredit von 85.000 S auf. Die der Kreditaufnahme vorangehenden Besprechungen hatte zum Teil der Erstbeklagte stellvertretend für seinen Vater geführt. Bei der Klägerin wurden für Kommerzialrat Adolf M*** ein Kreditkonto und ein Girokonto eröffnet, dem auch die Kreditvaluta zugeschrieben wurde. Von dem durch die Pensionszahlungen gespeisten Girokonto sollten vereinbarungsgemäß per Dauerauftrag die halbjährigen Kreditrückzahlungsraten auf das Kreditkonto überwiesen werden. Von einer Besicherung des Kredites wurde mit Rücksicht darauf abgesehen, daß es sich bei Kommerzialrat Adolf M*** um einen langjährigen Kunden der Klägerin handelte. Mit Schreiben vom 27.5.1982 widerrief das Amt der Tiroler Landesregierung seine Zusicherung vom 8.4.1981 über die Gewährung von Annuitätenzuschüssen, weil das Haus in Kitzbühel, Zephirau Nr.23, im Widerspruch zum Wohnungsverbesserungsgesetz nicht dauernd bewohnt sei. In der Folge befand sich das Girokonto des Kommerzialrates Adolf M*** ständig im Debet, weshalb die Klägerin schließlich den Dauerauftrag stornierte.
Mit "Kaufvertrag" vom 3.9.1984 veräußerte Kommerzialrat Adolf M*** die Liegenschaft EZ 546 KG Kitzbühel-Land mit dem darauf errichteten Landhaus "Kaps" je zur Hälfte an die beiden Beklagten gegen deren Solidarverpflichtung zur Zahlung einer monatlichen Leibrente von 10.000 S.
Am 2.6.1985 verstarb Kommerzialrat Adolf M***. Sein - im Verhältnis zu den Aktiven um etwa das Fünffache
überschuldete - Nachlaß wurde den beiden Beklagten mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Döbling vom 14.4.1986, GZ 1 A 387/85-25, aufgrund ihrer bedingten Erbserklärung je zur Hälfte eingeantwortet. Im Hinblick darauf bezahlten die beiden Beklagten auf die Kreditforderung der Klägerin am 10.10.1988 lediglich 9.296,20 S.
Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 15. (richtig gemäß Beilage B: 7.) 1.1986 übertrug der Erstbeklagte seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft dem Zweitbeklagten.
Die Klägerin begehrte zuletzt von den beiden Beklagten die Zahlung eines noch aushaftenden Darlehensrestes von je 64.056,90 S sA. Sie behauptete, der Vater der Beklagten sei nur als Darlehensnehmer vorgeschoben worden, tatsächliche "wirtschaftliche Darlehensnehmer" seien aber die beiden Beklagten selbst gewesen, "ganz abgesehen davon, daß sie mit der gegenständlichen Liegenschaft das im wesentlichen einzige und gesamte Vermögen ihres Vaters übernommen" hätten.
Die Beklagten hielten dem entgegen, es könne keine Rede davon sein, daß ihr Vater als Darlehensnehmer nur vorgeschoben worden sei. Die Klägerin habe nicht den Beklagten, sondern dem Kommerzialrat Adolf M*** ein reines Pesonaldarlehen gewährt, dessen Rückzahlung ausschließlich dessen Sache gewesen sei. Die Beklagten hätten von Anfang an den Standpunkt bezogen, mit der Sache nur nach Maßgabe der im Hinblick auf ihre bedingten Erbserklärungen gegebenen Haftungsbeschränkung befaßt zu sein. Sie hätten die Liegenschaft drei Jahre nach der Aufnahme des Personaldarlehens durch ihren Vater von diesem gekauft. Der Kaufvertrag vom 3.9.1984 sei erst im Jahre 1985 verbüchert worden (AS 48).
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und folgerte daraus noch im Rahmen der Tatsachenfeststellungen, daß die beiden Beklagten mit Abschluß des Kaufvertrages vom 3.9.1984 Hälfteeigentümer der Liegenschaft geworden seien. Vertragspartner der Klägerin sei aber lediglich der Vater der Beklagten gewesen. Die Beklagten könne mit Rücksicht auf die Überschuldung des Nachlasses ihres Vaters und ihre bedingten Erbserklärungen auch keine (weitere) Haftung als Erben treffen. Daß Kommerzialrat Adolf M*** die Liegenschaft später an seine Söhne veräußert habe, falle in den Risikobereich der Klägerin, die ein unbesichertes Darlehen gewährt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es führte aus, entgegen der Meinung der Klägerin habe sich das Erstgericht mit einem allfälligen Haftungsgrund der Beklagten nach § 1409 ABGB nicht befassen müssen, so daß in dieser Richtung auch keine Feststellungsmängel vorlägen. Hiezu habe die Klägerin in erster Instanz nämlich nur "beiläufig" in einem Nebensatz der Klagserzählung vorgebracht, daß die Beklagten mit Kaufvertrag vom 3.9.1984 die Liegenschaft als im wesentlichen einziges und gesamtes Vermögen ihres Vaters gegen eine monatliche Leibrente von 10.000 S übernommen hätten. Zwar könne auch der rechtsgeschäftliche Erwerb eines Hauses die Haftung des Erwerbers nach § 1409 ABGB auslösen, wenn es sich dabei im wesentlichen um das gesamte Vermögen des Übergebers handle, doch gelte dies nur dann, wenn sich dadurch der Haftungsfonds der Gläubiger verringere. Daß sei aber dann nicht der Fall, wenn durch die Veräußerung wohl die Zusammensetzung des Vermögens des Überträgers verändert werde, nicht aber die Höhe seines Vermögens, weil anstelle des veräußerten Vermögensgegenstandes ein Äquivalent in Form des vereinbarten Entgeltes trete. Die Klägerin hätte daher in erster Instanz auch noch behaupten und beweisen müssen, daß die von den Beklagten anläßlich des Erwerbes der Liegenschaft übernommene Verpflichtung zur Zahlung einer monatlichen Leibrente von 10.000 S keine äquivalente Gegenleistung gewesen sei. Zum Anspruchsgrund nach § 1409 ABGB liege somit kein ausreichendes Sachvorbringen der Klägerin vor.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung oder auf Urteilsaufhebung. Die Beklagten stellen den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Das Berufungsgericht stützte seine Meinung über die Unvollständigkeit des Sachvorbringens der Klägerin zum Anspruchsgrund nach § 1409 ABGB ausschließlich auf die Entscheidung SZ 52/12 (= EvBl 1979/93 = JBl 1980, 95). Diese hat im Anschluß an Ertl (in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1409) tatsächlich die Ansicht vertreten, daß durch die Veräußerung eine Liegenschaft, die im wesentlichen das ganze Vermögen des Veräußerers darstellte, zwar die Zusammensetzung des Vermögens verändert werde, nicht aber unbedingt und jedenfalls auch dessen Höhe, da anstelle des Vermögensgegenstandes Liegenschaft der Vermögensgegenstand Forderung auf Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises beziehungsweise der Verkaufserlös trete, und daß eine dem Verkehrswert entsprechende Kaufpreisforderung beziehungsweise ein diesem Wert entsprechender Verkaufserlös ein echtes wirtschaftliches Äquivalent - auch für den Gläubiger! - darstelle, so daß der Haftungsfonds keine Verringerung erfahren hätte. Der genannte Rechtssatz der Entscheidung SZ 52/12 ist aber in der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausdrücklich abgelehnt worden (JBl 1988, 381). Danach ist die Gegenleistung des Erwerbers nur dann zu berücksichtigen, wenn sie den Gläubigern des Übergebers die gleiche Sicherheit und die gleiche Möglichkeit der Befriedigung gewährt wie dessen bisheriges Vermögen, wie etwa im Falle des Eintausches einer Liegenschaft, die den wesentlichen Teil des Vermögens des Veräußerers bildet, gegen eine gleichwertige andere Liegenschaft. Eine nicht äquivalente Gegenleistung aber liegt nicht nur dann vor, wenn sie dem Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens nicht enspricht, sondern auch dann, wenn sie nicht die gleiche Sicherheit und Befriedigungsmöglichkeit bietet, wie etwa dann, wenn sie in Geld besteht. Für diesen Fall vertritt die neuere Rechtsprechung im Anschluß an die Entscheidung SZ 24/88 nunmehr die Auffassung, daß eine Haftung des Erwerbers nur dann entfällt, wenn der mit dem Übergeber vereinbarte Kaufpreis oder das sonstige Entgelt dem Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens entspricht und zur Gänze zur Befriedigung von Gläubigern des Übergebers (sei es durch diesen selbst, sei es durch den Erwerber für ihn) verwendet wurde (Koziol-Welser, Grundriß8, I, 286; Schwimann/Honsell, ABGB, V, § 1409 Rz 1 vorletzter und letzter Absatz; SZ 56/6 = JBl 1984, 436; JBl 1988, 381). Die Revision weist hier auch zutreffend darauf hin, daß entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes für diese anspruchsvernichtenden Tatsachen aber nicht der Gläubiger, sondern der Erwerber eines Vermögens oder Unternehmens behauptungs- und beweispflichtig wäre.
Im übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine Einzelsache (Haus, Liegenschaft) nur dann ein Vermögen im Sinne des § 1409 ABGB, wenn der übernommene Gegenstand - wie hier von der Klägerin auch behauptet - das im wesentlichen gesamte Vermögen des Übergebers darstellte. Die analoge Anwendung des § 1409 ABGB auf solche Übertragungsfälle, die nur einzelne geldwerte Güter des Überträgers von nicht unbedeutendem wirtschaftlichen Wert zum Gegenstand haben, ist aber nach dem Regelungszweck der Norm nur dann statthaft, wenn dem Erwerber im Zeitpunkt der Übernahme bekannt war oder bekannt sein mußte, daß der von ihm übernommene Gegenstand das im wesentlichen einzige und gesamte Vermögen des Überträgers darstellt (Ertl, aaO, Rz 4 zu § 1409; Schwimann/Honsell, aaO, Rz 7; SZ 52/12; EvBl 1980/141; BankArch 1987, 657 uva). Diese subjektive Voraussetzung ist nur dann vom Gläubiger zu behaupten und zu beweisen, wenn die Übernehmer nicht, wie hier, zum Personenkreis des § 1409 Abs 2 ABGB gehören (Ertl; aaO, Rz 8; Schwimann/Honsell, aaO Rz 14; SZ 52/12; EvBl 1980/141; BankArch 1987, 657).
Legt man diese rechtlichen Erwägungen hier zugrunde, so reichte das Sachvorbringen der Klägerin zur schlüssigen Dartuung des Anspruchsgrundes nach § 1409 ABGB aus. Die Rechtssache erweist sich somit noch nicht als entscheidungsreif, denn es fehlt an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen, um die Frage nach der hier in Betracht kommenden und von der Klägerin (auch) geltend gemachten unbeschränkten Haftung der Beklagten gemäß § 1409 ABGB beantworten zu können.
In Stattgebung der Revision waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Die Rechtssache war zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dieses wird im forgesetzten Verfahren auch zu beachten haben, daß weder der Abschluß des Titelgeschäftes noch der Zeitpunkt des rechtsgeschäftlichen festgelegten Überganges von Gefahr und Nutzen oder die Besitzeinräumung bereits den gesetzlichen Schuldbeitritt bewirken. Ein Vermögen ist vielmehr erst dann übernommen, wenn es dem exekutiven Zugriff der Gläubiger entzogen ist, ihnen also der Haftungsfonds des Schuldners genommen wird. Das ist bei Liegenschaften im Bereich der Herrschaft des Eintragungsgrundsatzes (§ 431 ABGB), dessen Ausnahmen hier nicht vorliegen, die grundbücherliche Einverleibung (Schwimann/Honsell, aaO, Rz 2; SZ 52/12; SZ 54/67). Es wird daher auch der maßgebliche Zeitpunkt der aufgrund des Kaufvertrages vom 3.9.1984 erfolgten Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten festzustellen sein. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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