OGH 6Ob587/94

OGH6Ob587/949.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Abhandlung des Nachlasses nach der am 29.März 1988 gestorbenen Maria Josefina G*****, wegen des Antrages der Vorausvermächtnisnehmerin Heide B*****, vertreten durch Dr.Peter Konradt, öffentlicher Notar in Friedberg, auf Anordnung der grundbücherlichen Löschung einer Beschränkung durch fideikommissarische Substitution, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Tochter und Erbin des Nachvermächtnisnehmers Martina G*****, vertreten durch Dr.Werner Hubmer, öffentlicher Notar in Graz, gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 4. März 1994, GZ 18 A 145/88-48, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 12.April 1994, AZ 2 R 113/94(ON 51), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß des außerordentlichen Revisionsrekurses werden die vorinstanzlichen Entscheidungen über das Begehren auf Löschung der grundbücherlichen Beschränkung des Eigentumsrechtes der Vorvermächtnisnehmerin aufgehoben, das über dieses Begehren abgeführte Verfahren für nichtig erklärt und der Antrag wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 29.März 1988 im 84.Lebensjahr gestorbene Erblasserin hatte in ihrem am 18.April 1984 errichteten Testament unter Erwähnung einer vollen Erbsentfertigung ihres ältesten Sohnes ihre weiteren drei Kinder zu Erben eingesetzt und dabei unter anderem ausdrücklich angeordnet, daß ihre städtische (Betriebsgrund-)Liegenschaft, ihren Hälfteanteil an einer ländlichen Ferienhausliegenschaft sowie ihren Eigentumswohnungsanteil an einer städtischen Liegenschaft ihre einzige Tochter erhalten solle und dazu folgendes Substitutionsanordnung getroffen:

"Sollte meine Tochter ohne leibliche Nachkommenschaft versterben, so bestimmte ich für diesen Fall folgende Personen zu ihren Nacherben:

a) Bezüglich der Liegenschaft...." (mit dem Betriebsgrundstück) "...meinen..." (zweitältesten) "...Sohn... und seine Kinder zu gleichen Teilen

b) bezüglich ihrer Liegenschaftshälfte EZ..." (mit dem Ferienhaus) "...meinen..." (zweitältesten) "...Sohn...

c) bezüglich der Eigentumswohnung in... meinen... "(jüngsten) "...Sohn..."

Zu dieser im 80.Lebensjahr errichteten letztwilligen Anordnung traf die Erblasserin mehr als ein Jahr später aus Anlaß einer vorweggenommenen Übergabe eines Vermächtnisgegenstandes an den jüngsten Sohn eine Testamentsanpassung und dreieinviertel Jahre nach der Testamentserrichtung teils ergänzende und teils abändernde Anordnungen.

Im Zuge der Abhandlung haben die vier Kinder der Erblasserin am 3. Oktober 1988 vor dem Gerichtskommissär die erblasserischen Anordnungen als Erbeinsetzungen und Vorausvermächtnisse ausdrücklich anerkannt. Die drei jüngeren Kinder haben aufgrund des Testamentes vom 18.April 1984 unbedingte Erbserklärungen zu je einem Drittel des Nachlasses abgegeben und die zu ihren Gunsten angeordneten Vorausvermächtnisse angenommen, worauf die Tochter der Erblasserin im Einvernehmen mit ihren beiden erbserklärten Brüdern unter anderem die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 178 AußStrG zur Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an den Eigentumswohnungs-Miteigentumsanteilen mit der Beschränkung durch die testamentarisch zugunsten des jüngsten Sohnes der Erblasserin angeordneten "Nacherbschaft" beantragte.

Der Nachlaß wurde aufgrund des Testamentes den drei jüngeren Kindern der Erblasserin zu je einem Drittel eingeantwortet. Gleichzeitig stellte das Abhandlungsgericht antragsgemäß gemäß § 178 AußStrG die Bestätigung aus, daß aufgrund des Testamentes vom 18.April 1984 unter anderem auf den Wohnungseigentums-Liegenschaftsanteilen der Erblasserin das Eigentumsrecht der Tochter mit der Beschränkung durch die Nacherbschaft im Sinne des Testaments vom 18.April 1984 zugunsten des jüngsten Sohnes der Erblasserin einverleibt werden kann.

Dies wurde auch grundbücherlich vollzogen.

Der jüngste Sohn der Erblasserin und Nachvermächtnisnehmer ist am 11. April 1992 gestorben.

Seine am 8.September 1971 geborene Tochter beantragte wegen dieses Todesfalles "die Durchführung der Substitutionsabhandlung".

Die Tochter der Erblasserin stellte daraufhin den Antrag, mit Rücksicht auf das Ableben des zum Nachvermächtnisnehmers eingesetzten jüngsten Bruders substitutionsbehördlich die Löschung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution als gegenstandslos anzuordnen.

Das von der mit der fideikommissarischen Substitution belasteten Vorvermächtnisnehmerin nach ihrem Beschlußantrag unzweifelhaft in der Eigenschaft als Abhandlungsgericht - und nicht etwa als Grundbuchsgericht im Sinne des § 131 ff GBG - angerufene Bezirksgericht hat den Antrag auf Bewilligung der grundbücherlichen Löschung der Eigentumsbeschränkung durch die "Nacherbschaft" abgewiesen, weil der Anordnungswille der Erblasserin für den nun tatsächlich eingetretenen, in der letztwilligen Anordnung aber nicht ausdrücklich geregelten Fall, daß der als Nachvermächtnisnehmer eingesetzte jüngste Sohn zwar den Erbfall erlebe, aber vor seiner als Vorvermächtnisnehmer eingesetzten Schwester verstürbe, aufgrund des Inhaltes der schriftlichen letztwilligen Verfügung nicht mit der erforderlichen Sicherheit bestimmbar wäre.

Das Rekursgericht änderte diese erstinstanzliche Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Löschungsantrages ab, weil es die Zweifelsregelung des § 703 ABGB für anwendbar erachtete. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß eine Revisionsrekurszulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vorliege.

Die Tochter und Alleinerbin des verstorbenen, zum Nachvermächtnisnehmer bestimmten Bruders der Vorvermächtnisnehmerin ficht die abändernde Rekursentscheidung wegen unrichtiger Lösung einer qualifizierten materiellrechtlichen Frage mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung sowie auf Durchführung der beantragten Substitutionsabhandlung zielenden Abänderungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil sich das Rekursgericht über die jüngste in SZ 63/15 veröffentlichte Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes hinweggesetzt hat.

Aus Anlaß des zulässigen Rechtsmittels war auch noch vom Rechtsmittelgericht die Unzulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens wahrzunehmen (§ 42 Abs 4 JN).

Der Eigentumswohnung-Liegenschaftsanteil ist der Tochter der Erblasserin nicht als Erbin, sondern als Vermächtnisnehmerin (§ 648 ABGB) mit der angeordneten Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution (§ 652 ABGB) zugunsten ihres jüngsten Bruders zugefallen.

Die zwischen der Vorausvermächtnisnehmerin und ihrer Nichte strittige Frage des Erlöschens der fideikommissarischen Substitution ist nicht im Abhandlungsverfahren, sondern im Rechtsstreit zu lösen, weil eine Nachtragsabhandlung in Ansehung von Vermächtnissen, die durch eine fideikommissarische Substitution eingeschränkt wurden, nicht vorgesehen ist (NZ 1988,137 ua).

Das bisherige Verfahren über den Antrag auf Löschung der grundbücherlichen Beschränkung des Eigentumsrechtes der Vorvermächtnisnehmerin durch die zugunsten ihres inzwischen verstorbenen Bruders angeordnete fideikommissarische Substitution war daher wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens als nichtig zu erklären und der Antrag aus demselben Grund zurückzuweisen.

Der Antrag der Revisionsrekurswerberin auf "Durchführung der Substitutionsabhandlung" (ON 45) war kein Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Über diesen Antrag wird das Abhandlungsgericht noch formell abzusprechen haben.

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