OGH 6Ob586/90

OGH6Ob586/906.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef R***, Schlossermeister, St. Niklasstraße 22, 9580 Drobollach, vertreten durch Dr.Walter Moser, Dr.Niklaus Lanner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Kurt K***, Kaufmann, St. Magdalenastraße 25, 9500 Villach, vertreten durch Dr.Gernot Starha, Rechtsanwalt in Villach, wegen beglaubigter Unterfertigung und Herausgabe einer Vertragsurkunde, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 27.Februar 1990, GZ 2 R 25/90-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 15.November 1989, GZ 8 C 1283/88b-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 456 KG Judendorf mit dem Grundstück Nr. 571 LN. Im Südwesten wird dieses Grundstück, auf welchem der Kläger ein Wohnhaus errichtet hat, von der Dr.Julius-Kugy-Straße begrenzt, im Nordwesten von einem ca. 2 m breiten Grundstücksstreifen des Beklagten mit der GrundstückNr. 573/10 LN. Anschließend an diesen Grundstreifen verläuft die Sebastian-Kneipp-Straße. Im Nordosten grenzt an das Grundstück 571 LN des Klägers das Grundstück 573/3 LN des Beklagten unmittelbar an, welches zusammen mit dem Grundstück 573/10 den Gutsbestand der Liegenschaft EZ 457 KG Judendorf bildet. Anläßlich der geplanten Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück des Klägers fand am 25.Jänner 1988 an Ort und Stelle eine Bauverhandlung statt, zu der auch der Beklagte geladen war. Nach dem Lageplan sollten 11 PKW-Abstellplätze entlang der Nordwestseite des Grundstückes des Klägers und weitere 2 Abstellplätze an der Nordostseite angelegt werden. Die Zufahrt zum Grundstück sollte direkt von der im Südwesten vorbeiführenden Dr.Julius-Kugy-Straße erfolgen. Da der Kläger für die Grundstückseinfahrt möglichst wenig eigenen Grund beanspruchen wollte, äußerte er während der Bauverhandlung den Wunsch, die Zufahrt von der Dr.Julius-KugyStraße in die Sebastian-Kneipp-Straße zu verlegen. Dazu benötigte er die Einräumung einer Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über einen Teil des im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstreifens Grundstück-Nr. 573/10, welcher das Grundstück des Klägers von der Sebastian-Kneipp-Straße trennt. Der Beklagte machte seine Zustimmung zu einer solchen Dienstbarkeit neben der Zahlung eines Barbetrages von S 25.000,-- davon abhängig, daß der Kläger die beiden an der Nordostseite seines Grundstückes Nr. 571 geplanten PKW-Abstellplätze an die Nordwestseite verlege, weil er entlang der gemeinsamen Grenze zu seinem eigenen Baugrund in bevorzugter Stadtlage die Lärmbelästigung geringer halten wollte. Der Kläger erklärte sich mit dieser geänderten Situierung der 2 Abstellplätze einverstanden, durchkreuzte diese auf dem dem Beklagten zur Verfügung stehenden Lageplan und setzte seine Unterschrift bei. Dieser Plan bildete die Grundlage für eine anschließend angefertigte Niederschrift über den wesentlichen Inhalt des Dienstbarkeitsvertrages, in welcher auf die Verlagerung der Parkplätze nicht mehr Bezug genommen wurde, weil die beiden Urkunden als Einheit angesehen wurden. Der Dienstbarkeitsvertrag, der auch eine Aufsandungserklärung enthielt, wurde in der Folge vom Rechtsvertreter des Klägers verfaßt, dem Beklagten übermittelt und von diesem, da er darauf vertraute, der Kläger werde die Vereinbarung über die Verlegung der Abstellplätze einhalten, am 1.März 1988 unbeglaubigt unterfertigt. In weiterer Folge nahm der Kläger keine Verlegung der Parkplätze im Sinn der getroffenen Vereinbarung vor, sondern verschärfte die Lage noch dadurch, daß er nur 2 Stellplätze an der Nordwestgrenze, aber 9 Abstellplätze an der gemeinsamen Nordostgrenze errichtete. Da der Kläger an der Nordwestfront seines Hauses eine Terrasse angebaut hat, ist an der vereinbarten Stelle nun kein ausreichender Raum für Abstellplätze mehr verblieben.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, seine Unterschrift auf dem Dienstbarkeitsvertrag vom 1.März 1988 gerichtlich oder notariell beglaubigen zu lassen und die beglaubigt unterfertigte Vertragsurkunde dem Kläger auszufolgen.

Der Beklagte erhob die Einrede des nicht erfüllten Vertrages und erklärte sich nur bereit, den Dienstbarkeitsvertrag Zug-um-Zug gegen Erfüllung der dem Kläger obliegenden Verbindlichkeiten beglaubigt zu unterfertigen. Er führte aus, der Kläger habe seine unbeglaubigte Unterschrift auf dem Vertrag überdies durch Arglist erwirkt, es liege ein Geschäftsirrtum vor.

Der Kläger steht, nachdem er die Vereinbarung über die Verlegung der Parkplätze überhaupt bestritten hatte, auf dem Standpunkt, mit Unterfertigung des Dienstbarkeitsvertrages durch den Beklagten und Zahlung eines Betrages von S 25.000,-- durch ihn sei die obige Vereinbarung hinfällig geworden, er habe diese nur getroffen, um die Baubewilligung nicht zu verzögern.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den Sachverhalt rechtlich dahin, die Verlegung der geplanten Parkplätze sei ein Teil der für die Einräumung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes ausbedungenen Gegenleistung gewesen, zu deren Erfüllung der Kläger nicht bereit sei und deren Erfüllungsmöglichkeit er auch schon vereitelt habe, es sei ihm daher nach § 1052 ABGB verwehrt, seinerseits auf Erfüllung zu bestehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige, erklärte die Revision für zulässig und führte aus:

Die gegenseitigen Leistungen stünden miteinander in einem inneren Zusammenhang. Die unbeglaubigte Unterfertigung des Dienstbarkeitsvertrages nehme dem Beklagten nicht das Recht, die mit dem Klagebegehren geforderte vollständige Erfüllung wegen der Mißachtung des Stellplatzübereinkommens gemäß § 1052 ABGB zu verweigern, weil dem Beklagten gegenüber dem Kläger ein Restitutionsanspruch zustehe. Eine Verurteilung des Beklagten im Sinne des Klagebegehrens könne auch nicht in Form einer Zug-umZug-Verpflichtung erfolgen, weil der Kläger im gesamten Verfahren seine Bereitschaft zur Erbringung der Gegenleistung nicht habe erkennen lassen. Der Kläger habe entschieden bestritten, daß der Abschluß und die Erfüllung des Dienstbarkeitsvertrages auch von einer bestimmten Verlegung der Abstellplätze beim Neubau abhängig gemacht worden sei. Dieser Standpunkt werde sogar noch in der Berufung eingenommen. Überdies habe der Kläger durch Errichtung eines Zubaues an der Nordwestseite und die tatsächliche Errichtung der Stellplätze an der Nordostgrenze der Liegenschaft bereits einen vereinbarungswidrigen faktischen Zustand geschaffen. Da der Oberste Gerichtshof zu den hier bedeutenden Rechtsfragen, ob auch ein aus einer Vertragsverletzung erwachsener Restitutionsanspruch ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB verschaffen könne und ob für die Möglichkeit des Ausspruches einer Zug-um-Zug-Verpflichtung eine nur rein fiktiv anzunehmende Bereitschaft des Klägers zur Erbringung der Gegenleistung genüge, "teilweise" nicht Stellung genommen habe, sei die Revision zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes fehlt es aber an dieser Voraussetzung. Gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, der Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. In Rechtsprechung und Lehre herrscht Einigkeit, daß das im § 1052 ABGB normierte Leistungsverweigerungsrecht für alle synallagmatischen Verträge anwendbar ist, bei denen nicht eine Vorleistung vereinbart wurde (SZ 42/162 mwN; JBl. 1974, 146 ua). Leistung und Gegenleistung müssen nur in einer Austauschbeziehung stehen (Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 5 und 8 zu § 1052; Koziol-Welser, Grundriß8, I, 218). Die Einrede kann allen Leistungsansprüchen entgegengehalten werden, auch Unterlassungsansprüchen und steht zu, wenn die gegenseitigen Leistungen wechselseitig voneinander abhängig sind. Dabei müssen die gegenseitigen Leistungen nicht in einem Vertrag geregelt sein. Für die Einrede genügt, wenn nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertragswillen ein solcher Zusammenhang zwischen den Verträgen besteht, daß die Zurückhaltung der Leistung aus dem einen Vertrag, bei Nichterfüllung des anderen gerechtfertigt sein soll (SZ 38/173; SZ 42/162; NZ 1980, 6 ua).

Im vorliegenden Fall besteht nach den Feststellungen kein Zweifel, daß zwischen der Einräumung der Dienstbarkeit unter Zahlung eines Entgeltes hiefür sowie der Unterlassung der Anlegung von Abstellplätzen an der Nordostgrenze der Liegenschaften der Streitteile ein Austauschverhältnis im Sinne von Leistung und Gegenleistung besteht.

Der Kläger hat seine Verpflichtung im gesamten Verfahren nicht nur bestritten, er hat seine Unterlassungspflicht gröblichst verletzt und durch seine gesetzten Schritte - Errichtung von mehr Abstellplätzen an der Nordostgrenze der Liegenschaft als vor der Vereinbarung vorgesehen war und anderweitige Verbauung der in Aussicht genommenen Stellflächen - klar zum Ausdruck gebracht, daß er nicht gewillt ist, seine Verpflichtung aus dem Vertrag zu erfüllen. Daß aber die endgültige Verweigerung der Gegenleistung durch den Kläger bei erhobener Einrede des nicht erfüllten Vertrages zur Abweisung der Klage und nicht zu einer Verurteilung Zug-um-Zug führt, hat der Oberste Gerichtshof (aM Jabornegg, Das Zurückbehaltungsrecht, 273) in ständiger Rechtsprechung erkannt (SZ 24/54; SZ 35/126; EvBl. 1955/129; EvBl. 1973/131; EvBl. 1980/202; JBl. 1965, 420; HS 7286, 7287, 7397, 7398 ua). Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Er hat deshalb keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht geeigneten Rechtsmittelschrift (§§ 40 und 50 ZPO).

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