OGH 6Ob582/87

OGH6Ob582/8714.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert D***, Pensionist, Schottenring 28/2, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Otto H***, Kaufmann, Zachgasse 18, 1220 Wien, vertreten durch Dr. Georg Krasser, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,790.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. November 1984, GZ 3 R 178/84-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 3. Mai 1984, GZ 11 Cg 109/80-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revison wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil sowie die diesem vorangegangene mündliche Berufungsverhandlung vom 8. November 1984 werden als nichtig aufgehoben.

Die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das auf Zahlung eines Betrages von S 1,790.000,-- samt Anhang gerichtete Klagebegehren ab. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers wurde am 25. Juni 1984 und die Berufungsbeantwortung des Beklagten am 27. August 1984 zur Post gegeben. Die Vorlage des Aktes an das Berufungsgericht erfolgte am 29. August 1984. Das Handelsgericht Wien eröffnete zu 4 S 122/84 am 24. September 1984 über das Vermögen des Klägers den Konkurs. Das diesbezügliche Edikt wurde am 24. September 1984 an der Gerichtstafel angeschlagen. Das Berufungsgericht führte unter Beiziehung des damals für den Kläger zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwaltes Dr. Erwin W*** am 8. November 1984 die mündliche Berufungsverhandlung durch und gab der Berufung mit Urteil vom selben Tag nicht Folge. Die Zustellung dieses Urteiles erfolgte am 22. November 1984 an Dr. Erwin W***. Mit Beschluß vom 2. Oktober 1986 hob das Handelsgericht Wien den über das Vermögen des Klägers eröffneten Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gemäß § 166 Abs 2 KO auf.

Am 29. Dezember 1986 beantragte der Kläger beim Erstgericht (eingetragen zu 11 Nc 1/87) neuerlich die Verfahrenshilfe und die Bestellung eines Verfahrenshelfers zur "Fortführung der Klage - Berufung - Revision", worauf Rechtsanwalt Dr. Eva Maria B*** zu seinem Vertreter bestellt wurde. Der Bestellungsbeschluß wurde am 6. März 1987 an Dr. Eva Maria B*** zugestellt, worauf diese am 3. April 1987 eine Revision zur Post gab, in der als Revisionsgründe Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit geltend gemacht werden und Aufhebung des Urteiles der zweiten Instanz sowie Zurückverweisung der Sache an das Berufungs- oder das Erstgericht beantragt wird.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Bei Prüfung der Frage, ob die Revision rechtzeitig eingebracht wurde, ist davon auszugehen, daß das Verfahren durch die Konkurseröffnung gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen wurde. Die Unterbrechung tritt von Gesetzes wegen ein, ein vom Gericht darüber gefaßter Beschluß hat nur deklarative Bedeutung (SZ 44/63, JBl 1972, 578, GesRZ 1985, 32 ua). Es ist daher ohne Bedeutung, daß im vorliegenden Fall keine Beschlußfassung erfolgte. Der durch die Konkurseröffnung unterbrochene Prozeß wird durch die Konkursaufhebung nicht wieder aufgenommen. Solange nicht aufgrund eines Antrages nach den §§ 164 ff ZPO die Wiederaufnahme des Verfahrens beschlossen wurde, kann daher kein Rechtsmittel erhoben werden (2 Ob 191/76, 8 Ob 81, 82/79). Der Hinweis in der Revisionsbeantwortung, der Beschluß auf Aufhebung des Konkurses sei bereits am 10. November 1986 rechtskräftig geworden, ist daher nicht zielführend, die Rechtsmittelfrist ist nicht nur noch nicht abgelaufen, sie hat überhaupt noch nicht begonnen, weil noch kein Beschluß im Sinne des § 165 ZPO ergangen ist.

Das Verfahren ist somit noch immer unterbrochen, trotzdem ist die Revision des Klägers aber zulässig. Während der Unterbrechung des Verfahrens sind Prozeßhandlungen zwar unwirksam, doch kann einer Partei, die sich durch eine trotz erfolgter Verfahrensunterbrechung ergangene Entscheidung beschwert erachtet, nicht verwehrt werden, diese Entscheidung anzufechten, wenn sie damit einen Verstoß gegen § 7 Abs 1 KO geltend machen will (SZ 34/124, SZ 43/158, SZ 45/19, 2 Ob 504/80). Der Kläger ist daher nach Rechtskraft der Aufhebung des Konkurses trotz der weiter bestehenden Unterbrechung des Verfahrens berechtigt, eine Revision zu erheben, in der er rügt, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes trotz der Unterbrechung ergangen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist auch berechtigt.

Da das Gericht während der Unterbrechung keinerlei Prozeßhandlungen setzen darf (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 598), hätte die mündliche Berufungsverhandlung nicht durchgeführt und das Urteil des Berufungsgerichtes nicht gefällt werden dürfen. Diese Gerichtshandlungen sind daher nichtig (Fasching aaO). Verhandlung und Urteil des Berufungsgerichtes mußten daher für nichtig erklärt werden. Das Berufungsgericht wird, sofern die Unterbrechung aufgehoben wird, über die Berufung (diese wurde ebenso wie die Berufungsbeantwortung noch vor Eintritt der Unterbrechung eingebracht) neuerlich zu entscheiden haben. Bemerkt sei, daß nach ständiger Rechtsprechung in der Erhebung einer Revision kein Antrag auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens erblickt werden kann (SZ 41/93, SZ 44/63, SZ 45/19, 8 Ob 299/81 ua). Ein derartiger Antrag ist an das Gericht zu richten, bei dem die Unterbrechung eintrat (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 613; SZ 49/135; 8 Ob 30/73, 1 Ob 672/85).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 51 Abs 2 ZPO.

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