Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 4.629,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 771,60 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 12.November 1972 die Ehe geschlossen. Der Mann stand damals im 33.Lebensjahr, die Frau hatte drei Monate zuvor ihr 17.Lebensjahr vollendet. Sie hatte am 12.März 1972 eine Tochter geboren, die durch die Eheschließung legitimiert wurde. Am 19. Oktober 1976 gebar sie einen Sohn.
Im Oktober 1985 verließ die Ehefrau den - auf dem landwirtschaftlichen Anwesen des Mannes geführten - ehelichen Haushalt. Seither leben die Streitteile voneinander getrennt. Am 11.April 1986 brachte die Frau eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage an, der Mann erhob am 30.April 1986 eine Widerklage. Die Frau (in der Folge kurz: Klägerin) lastete dem Mann als Eheverfehlungen in den Jahren 1975, 1981, 1984 und 1985 vorgefallene wiederholte Mißhandlungen durch Faustschläge, Fußtritte oder Schläge mit einem Gürtel, in den Jahren 1984 und 1985 ausgestoßene Drohungen, in grundloser Eifersucht geäußerte Beschimpfung als "Hure" und Behauptung einer fremden Vaterschaft zu dem 1976 geborenen Sohn sowie ehebrecherische Beziehungen zu einer namentlich genannten, ihr gegenüber etwa eineindrittel Jahre älteren Frau an. Der Mann (in der Folge kurz: Beklagter) machte als schwere Eheverfehlungen der Klägerin geltend, daß diese 1984 oder 1985 eine intime Beziehung zu einem namentlich geannnten anderen Mann aufgenommen und im Oktober 1985 den Haushalt verlassen habe, um mit diesem Mann eine Lebensgemeinschaft aufzunehmen.
Das Prozeßgericht erster Instanz schied in Stattgebung sowohl der Klage als auch der Widerklage die Ehe, sprach demgemäß aus, daß beide Streitteile ein Verschulden an der Zerrüttung der Ehe träfe, traf dazu aber den weiteren Ausspruch, daß das Verschulden der Klägerin überwiege.
Das nur von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
Gegenstand der von der Klägerin erhobenen Revision ist ausschließlich der Ausspruch über das überwiegende Verschulden. Aus den vom Berufungsgericht übernommenen erstrichterlichen Feststellungen ist hervorzuheben:
Bereits im zweiten Ehejahr war es zwischen den Eheleuten zu Auseinandersetzungen gekommen, in deren Verlauf der Beklagte die Klägerin ohrfeigte und, als diese daraufhin schrie, mit Wasser anschüttete. Nach diesem Vorfall war die Klägerin zu ihrer Mutter gefahren; von dort holte sie der Beklagte nach etwa 14 Tagen wieder heim. Die Streitteile versöhnten sich.
Anläßlich einer weiteren Ehekrise in den 70er-Jahren war die Klägerin zu ihrer Schwester gefahren. Auch von dort holte sie der Beklagte nach etwa einer Woche wieder heim. Die Streitteile versöhnten sich wieder.
Ab 1983 pflegte die Klägerin zunächst ein- oder zweimal im Monat länger, fallweise auch die ganze Nacht über vom Hause fernzubleiben, ohne dem Beklagten über ihren Aufenthalt Auskunft zu geben. Manchmal machte sie falsche Angaben. Der Beklagte machte der Klägerin deswegen Vorhaltungen. Darüber kam es zu schweren ehelichen Auseinandersetzungen.
Die Klägerin lernte etwa 1984 einen Mann näher kennen, zu dem sie ein Verhältnis einging, das ehebrecherisch wurde. Sie wurde zusammen mit diesem Partner in Gasthäusern gesehen, das Verhältnis wurde in der Verwandtschaft und im Dorf Gesprächsstoff und auch dem Beklagten zugetragen.
Der Beklagte ließ sich im Verlaufe der ehelichen Auseinandersetzungen manchmal zu Tätlichkeiten hinreißen. Etwa 1984 schlug der Beklagte die Klägerin im Badezimmer so, daß die Klägerin schrie. Davon erwachte die damals 12 Jahre alte Tochter, hielt Nachschau und sah, daß der Beklagte auf die Klägerin mit einem Gürtel einschlug. Die Klägerin erzählte nach diesem Vorfall ihrer Tochter, daß es schon öfter solche Tätlichkeiten gegeben hätte.
Das unveränderte Verhalten der Klägerin steigerte die Eifersucht des Beklagten. Das führte zu immer häufigeren Streitigkeiten. Im Frühjahr 1985 besuchte die Klägerin einen Kurs zur Erlangung der Gastgewerbekonzession. Sie erklärte nicht nur dem Beklagten, sondern auch ihren beiden Kindern, daß sie im Herbst 1985 fortziehen werde. Die Kinder stellte sie dabei vor die Wahl, mit ihr mitzukommen oder beim Vater zu bleiben.
In dieser gespannten Lage entzündeten sich die ehelichen Auseinandersetzungen auch oft an Kleinigkeiten. Der Beklagte beschimpfte die Klägerin dabei als Hure. Bei einem solchen Streit versetzte der Beklagte, der mit der im Auto sitzenden Klägerin reden wollte, ihr eine Ohrfeige.
Die Klägerin bat manchmal die Tochter, bei ihr zu schlafen, weil sie sich vor dem Beklagten ängstige. Der Beklagte seinerseits kam gelegentlich betrunken nach Hause, legte sich dann zur Tochter und äußerte sich abfällig über die Klägerin, die er auch der Tochter gegenüber als "Hure" bezeichnete.
Zur Feier ihres (5.August) und ihrer Mutter (6.August) Geburtstages im Jahre 1985 verließ die Klägerin mit ihrem Ehebruchspartner das Lokal, in dem die Feier stattfand. Der Beklagte beschimpfte daraufhin seine Schwiegermutter, sie sei an allem schuld, und schlug sie.
Im Oktober 1985 vollzog die Klägerin ihren schon länger geplanten und vorbereiteten Auszug aus der Ehewohnung. Sie lebte daran anschließend mit ihrem Ehebruchspartner zusammen. Die Bemühungen des Beklagten, die Klägerin zur Rückkehr in die eheliche Gemeinschaft zu bewegen, blieben erfolglos.
Während der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens hielt sich im Sommer 1987 eine Behindertenbetreuerin im Rahmen eines Ferienlagers in der Gegend des dem Beklagten gehörenden Anwesens auf und suchte öfter die Gaststätte des Beklagten auf. Im Verlaufe eines "Gasthausabends" wurde der Beklagte mit dieser Frau per Du. Er erzählte ihr von seinem Scheidungsverfahren. Die Frau sandte dem Beklagten am 11.Oktober 1987 einen "innigen Brief". Das Prozeßgericht erster Instanz wertete das nächtliche Ausbleiben, die Aufnahme letztlich ehebrecherischer Beziehungen und den Auszug aus der Ehewohnung als schwere Eheverfehlungen der Klägerin, während es dem Beklagten seine Tätlichkeiten und Beschimpfungen sowie die Herabsetzung der Beklagten vor der gemeinsamen Tochter als Überreaktionen und daher ebenfalls als schwere Eheverfehlungen anlastete. Dabei maß das Erstgericht dem schuldhaften Verhalten der Klägerin für die als unheilbar qualifizierte Ehezerrüttung ein Übergewicht bei.
Das Berufungsgericht teilte diese von der Klägerin bekämpfte Wertung, weil die Klägerin durch die uneingeschränkte Hinwendung zu einem anderen Mann die eheliche Vertrauensgrundlage derart erschüttert habe, daß die festgestellten vereinzelten Eifersüchteleien, Beschimpfungen, Drohungen und auch Tätlichkeiten des Beklagten dem gegenüber erheblich zurückträten. Die Klägerin ficht das bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem auf Ausspruch des überwiegenden (oder doch wenigstens gleichteiligen) Verschuldens des Beklagten zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das Prozeßgericht erster Instanz hat in seinen Ausführungen zur Beweiswürdigung die Erwägungen dargelegt, aus denen es nicht allen Aussagen der Klägerin den Glauben schenkte, um auf sie allein Urteilsfeststellungen zu gründen. Die Revisionsausführungen gehen zum Großteil von solchen Bekundungen der Klägerin aus, denen die Eignung abgesprochen wurde, als alleinige Feststellungsgrundlage zu dienen.
Nach dem sich aus den getroffenen Feststellungen ergebenden Gesamtbild der Entwicklung der Ehe und der beiderseitigen Verhaltensweisen ist der Beurteilung der Vorinstanzen beizutreten, daß das für die unheilbar gewordene Ehezerrüttung ursächliche, schuldhafte Verhalten der Klägerin jenes des Beklagten augenscheinlich an Bedeutung überwiegt, weil die entscheidende Abkehr von der gemeinsamen partnerschaftlichen Lebensgestaltung durch die Hinwendung der Klägerin zu einem anderen Mann, die schließlich zur völligen Ablehnung des Beklagten als ehelichen Lebensgefährten führte, hervorgerufen erscheint und eine derartige Ablehnung des anderen Ehegatten auch bedeutend schwerwiegender zu veranschlagen ist als Verstöße gegen einzelne sich aus der ehelichen Partnerschaft ergebende Verhaltensgebote.
Der Revision war ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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