Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Grazer Rechtsanwältin begehrte von den in Steinhaus am Semmering wohnhaften Beklagten den Zuspruch von zuletzt 48.523,10 S sA an restlichem Honorar für die Vertretung in einer Grundstücksangelegenheit. Die Beklagten erachteten (ON 5) eine Delegierung der Rechtsache an das Bezirksgericht Leoben als zweckmäßig, "auch um eine allfällige Befangenheit des Verhandlungsrichters des zuständigen Bezirksgerichtes Mürzzuschlag auszuschließen". Denn in einem von ihnen - offenbar mit anwaltlicher Hilfe der Klägerin eingeleiteten und noch anhängigen - Rechtsstreit vor dem Landesgericht Leoben hätten sie ihre Heimatgemeinde wegen eines Teiles der Zufahrtsstraße zu ihrem Anwesen belangt, der angeblich aus Verschulden dieser Gemeinde vom Wegegrundstück abgeschrieben worden sei; in dieser Angelegenheit könne dabei auch das für diese Angelegenheit zuständige Grundbuch beim Bezirksgericht Mürzzuschlag "involviert" sein, wobei sich dies wohl erst im Zuge des Vorverfahrens herausstellen werde. In der ihnen aufgetragenen Verbesserung zum Delegierungsantrag ON 10 führten die Beklagten aus, das Bezirksgericht Mürzzuschlag sei auf Grund "der zitierten Prozeßführung und vorhergegangenen Rechtsauskunftserteilung" bereits voreingenommen; pro forma werde das "Bezirksgericht Mürzzuschlag" wegen Befangenheit in der Sache selbst abgelehnt. Für die Klägerin stelle die beantragte Delegierung wegen des wesentlich kürzeren Anfahrtsweges zum Bezirksgericht Leoben einen erheblichen Vorteil dar, und für die Beklagten sei gewährleistet, daß der zuständige Richter des Bezirksgerichtes Leoben in der Sache selbst keine Vorurteile habe.
Die Klägerin erklärte in ihrer Äußerung ON 8, gegen die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Leoben nichts einzuwenden, trat aber damit noch nicht dem Delegierungsantrag der Beklagten bei (§ 31a Abs.1 JN). Das Bezirksgericht Mürzzuschlag erachtete in seiner Stellungnahme die Delegierung für zweckmäßig.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Oberlandesgericht Graz den Delegierungsantrag mit der Begründung ab, selbst ein einverständlicher, hier gar nicht vorliegender Delegierungsantrag könne nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden. Mit Zweckmäßigkeitserwägungen sei der Antrag nicht begründet worden.
Rechtliche Beurteilung
Der zulässige Rekurs der Beklagten ist nicht gerechtfertigt.
Angesichts des nicht näher ausgeführten Rekursgrundes der unrichtigen Tatsachenfeststellung erübrigt sich ein Eingehen darauf, daß der Oberste Gerichtshof nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist.
Delegation (Delegierung) ist die Übertragung einer Rechtssache vom zuständigen Gericht an ein anderes durch gerichtliche Verfügung, entweder durch eine Entscheidung eines übergeordneten Gerichtes (§§ 30, 31 JN) oder durch das angerufene Gericht selbst (§§ 31a, 111 JN). Der Rekursvortrag, der Delegierungsantrag sei nicht auf Ablehnungsgründe gestützt worden, ist angesichts des Inhalts der Schriftsätze ON 5 und ON 10 aktenwidrig. Zwingend vorgeschrieben ist die amtswegige Delegation nach § 30 JN, wenn das Gericht aus einem der in § 19 JN genannten Gründe an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert ist. Sie ist nur zulässig, wenn das angerufene Gericht für die Rechtssache zuständig ist und tatsächlich so viele Richter ausgeschlossen oder befangen sind, daß eine vorschriftsmäßige Besetzung nicht mehr möglich ist (Mayr in Rechberger, Rz 1 zu § 30 JN mwN). Schon diese Voraussetzung ist hier nicht dargetan, hat doch das Bezirksgericht Mürzzuschlag zwei Richter. Abgesehen davon ist über Ablehnungs- und Delegierungsanträge grundsätzlich unabhängig voneinander zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1968/144, 1958/366 uva; zuletzt 8 Ob 3/95 uva) kann ein Delegierungsantrag nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden, die Parteien können auf eine allfällige amtswegige Delegation im Sinn des § 30 JN keinen Einfluß nehmen.
Die Erledigung des hier gestellten Ablehnungsantrages bleibt dem zuständigen Gericht überlassen.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichtes Graz war der Delegierungsantrag der Beklagten auch auf Zweckmäßigkeitsgründe gestützt. Eine Delegierung auf Antrag nach § 31 JN ist nach ständiger Rechtsprechung dann zweckmäßig, wenn die Übertragung der Zuständigkeit zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Verfahrens beitragen kann (EFSlg 69.713, 60.695 uva; Fasching, Lehrbuch2 Rz 209; Mayr aaO Rz 4 zu § 31 JN). Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder der maßgeblichen Teil desselben vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung. Insoweit haben die Beklagten ihren Delegierungsantrag im Verfahren erster Instanz nur damit begründet, für die Klägerin als ihrer Prozeßgegnerin wäre die Anreise nach Leoben wesentlich kürzer als zum Erstgericht. Mit diesem Einwand sind sie nicht zu hören, weil ein ausreichend schlüssiger, für die Delegierung als Ausnahmefall (EFSlg 69.711 ua) sprechender Zweckmäßigkeitsgrund nicht behauptet wird.
Demnach ist der angefochtene Beschluß zu bestätigen. Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 40, 50 ZPO.
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