OGH 6Ob556/93

OGH6Ob556/9310.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr.Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sunna S*****, ***** vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwältin in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Ing. Heinz S*****, ***** vertreten durch Dr. August Wippel und Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen Unterhalt, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes vom 18. März 1993, GZ R 502/92-44, womit infolge Berufungen beider Parteien das Endurteil des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 22. September 1992, GZ 2 C 209/91w-37, teils abgeändert und teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.623,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 603,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 27. Dezember 1989, GZ 1 C 1049/89v-5, wurde die Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 1989 im Scheidungsverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte u.a. unter Hinweis auf § 66 EheG verpflichtete, der Klägerin ab 1.Jänner 1990 bis auf weiteres einen monatlichen Unterhalt von 11.000 S zu bezahlen. Zugrunde gelegt wurde ein monatliches Nettoeinkommen (incl. Weihnachtsremuneration und Urlaubsgeld) des Beklagten von 31.539 S, ein monatliches Eigeneinkommen der Klägerin (incl. Sonderzahlungen) von 3.900 S und eine Sorgepflicht des Klägers für zwei Kinder.

Der mit dem Wegfall der Sorgepflichten für die beiden Kinder (wegen deren Eigeneinkommen ab 1.September 1991) und einem weit höheren Einkommen des Beklagten - der bei Bekanntgabe der Unterhaltsbemessungsgrundlage für den Vergleich ihm gebührende Sonderzahlungen außer acht gelassen hatte - begründeten Unterhaltserhöhungsklage wurde im teilweise abändernden Urteil zweiter Instanz unter Berücksichtigung von Teilzahlungen und des Teilanerkenntnisurteiles des Erstgerichtes vom 31. Oktober 1991 ON 27 um folgende weitere (Monats)Beträge stattgegeben: 1) 3.500 S (1.Jänner bis 31. August 1991), 2) 2.000 S (1.September bis 30. November 1991), 3) 2.000 S (1. bis 31.Dezember 1991), 4) 1.300 S (1.Jänner bis 30. - erkennbar gemeint 31. - Mai 1992), 5) 1.100 S (1.Juni bis 31. August 1992) sowie 6) 48.414 S; abgewiesen wurde das Mehrbegehren der Klägerin auf Leistung folgender weiterer (Monats)Beträge: 1) 1.015 S (1.Jänner bis 31. August 1991), 2) 1.675 S (1. September bis 30. November 1991), 3) 2.000 S (1. bis 31. Dezember 1991), 4) 2.700 S (1. Jänner bis 30. - erkennbar gemeint 31. - Mai 1992), 5) 2.900 S (1. Juni bis 31. August 1992) sowie 6) 9.586 S. Den Punkten 1) bis 5) wurde jeweils eine im wesentlichen aus Arbeitslosengeld und Abfertigung des Beklagten resultierende Bemessungsgrundlage von 78.233 S (1. September bis 31. Dezember 1991), 76.114 S (1.Jänner bis 31. Mai 1992) und 75.506 S (1.Juni bis 31. August 1992) zugrundegelegt, dem Punkt 6) eine dem Beklagten ausgezahlte, nicht auf zwölf Monate aufzuteilende Pensionsabfindung von 141.149 S brutto. Die Klägerin hätte Anspruch auf 35 % dieser Beträge.

Die Revision wurde vom Berufungsgericht mit der Begründung zugelassen, abgewichen werde von der in ÖA 1992, 157 (= EFSlg 66.466) vertretenen Auffassung des Obersten Gerichtshofes, wonach die Beibehaltung der im Unterhaltsvergleich zum Ausdruck gebrachten Relationen dann nicht mehr in Frage komme, wenn eine Unterhaltsneubemessung wegen einer grundlegenden Änderung der maßgeblichen Umstände vorgenommen werden müsse. Im hier zu beurteilenden Fall mit dem Wegfall der Sorgepflichten für die beiden Kinder habe keine völlige Unterhaltsneubemessung zu erfolgen, sondern sei die im Vergleich festgelegte Relation (Teilnahme der Klägerin mit rund 35 % am Familieneinkommen) beizubehalten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, die die Abweisung eines monatlichen Unterhaltsmehrbegehrens von 1.015 S für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. August 1991 nicht bekämpft, macht weder die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete noch eine andere erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO geltend, sondern strebt mit nur den Einzelfall betreffenden Argumenten eine Teilnahme am Familieneinkommen mit 43 % (35 % als Relation des Vergleiches zuzüglich 8 % für den Entfall der beiden Sorgepflichten) - im Berufungsverfahren erachtete die Klägerin noch 42 % als angemessen - an.

Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprocheen, daß die Unterhaltsbemessung nach Prozentkomponenten, die auch für die Unterhaltsfestsetzung nach § 94 ABGB und § 66 EheG tauglich ist, im Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle erfolgen kann und für durchschnittliche Verhältnisse eine brauchbare Handhabe gibt, um den Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen teilhaben zu lassen (SZ 64/135 = RZ 1992/49; RZ 1991/50, RZ 1991/26; 1 Ob 588/93 ua; Pichler in Rummel**2, Rz 3a zu § 94 ABGB; Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 15, 91 f, 141). Diese Orientierungswerte müssen keineswegs mathematisch den jeweiligen Berechnungen zugrunde gelegt werden (RZ 1992/95). Wenn das Berufungsgericht ausführt, daß die Klägerin nach der im Vergleich festgelegten Relation mit rund 35 % am Einkommen des unterhaltspflichtigen Beklagten zu partizipieren habe, ein perzentuell höherer Unterhaltsbeitrag jedoch wegen des im fraglichen Zeitraum weit überdurchschnittlich hohen - aus der Abfertigungszahlung resultierenden - Einkommens des Beklagten in diesem Fall nicht gerechtfertigt erscheine und die Gerichte nicht verpflichtet seien, in Extremfällen einem für durchschnittliche Sachverhalte entwickelten Berechnungssystem zu folgen, ist diese Abweichung vom System der Unterhaltsbemessung nach Prozenten vertretbar. Das im Ermessen des Richters (hier der Berufungsrichter) liegende Ergebnis dieser Erwägungen stellt unabhängig von der auch hier maßgeblichen Einzelfallbezogenheit (EFSlg 61.753 ua) jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar (vgl RZ 1992/95).

Die Revision ist demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der klägerischen Revision hingewiesen.

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