Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht bestätigte das Zwischenurteil des Erstgerichts, womit der Pflichtteilsanspruch des Klägers im Umfang von einem Drittel des reinen Nachlasses dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannt wurde.
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der beklagten Verlassenschaft ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:
Rechtliche Beurteilung
Insoweit die Revisionswerberin die leibliche Kindeseigenschaft des Klägers bestreitet und dies als Vorfrage im Pflichtteilsprozess unter Beweis stellen will, ist ihr die ständige, von der Lehre gebilligte oberstgerichtliche Rechtsprechung entgegenzuhalten, dass die Ehelichkeitsvermutung des § 138 Abs 1 ABGB nur durch eine gerichtliche Entscheidung in einem Ehelichkeitsbestreitungsverfahren aufgrund einer Klage widerlegt werden kann und nicht als Vorfrage in einem anderen behördlichen Verfahren selbständig beurteilt werden darf (EvBl 1970/276; SZ 45/23; EvBl 1981/235; RIS-Justiz RS0009648; Schwimann in Schwimann ABGB2 Rz 3 zu § 138; Stabentheiner in Rummel ABGB3 Rz 4 zu § 138). Entgegen den Revisionsausführungen inkludiert die Ehelichkeitsvermutung zwangsläufig die Vermutung, dass das betroffene Kind ein leibliches Kind des Ehegatten der Mutter ist.
Auch in der zweiten entscheidungswesentlichen Rechtsfrage der Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB steht die Entscheidung der Vorinstanzen im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Pflichtteilsminderung auf die Hälfte setzt voraus, dass der Elternteil und sein Kind „zu keiner Zeit" in einem Naheverhältnis standen, wie es in der Familie zwischen Eltern und Kindern gewöhnlich besteht. Dieser Wortlaut ist zwar nicht in dem Sinn auszulegen, dass schon die Nahebeziehung des Elternteils zu seinem Kind an einem einzigen Tag (etwa am Tag der Geburt) ausreichte, um die Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB auszuschließen, es ist vielmehr ein „gewisser Zeitraum" erforderlich, um von einem familiären Naheverhältnis sprechen zu können (RIS-Justiz RS00021995; Zankl, Das neue Erbrecht im Überblick, JAB 1990/1991, 118 [121]; vgl auch Schauer, Neues Erbrecht ab 1991, RdW 1990, 70 [72] und Welser, Die Erbrechtsreform 1989, NZ 1990, 137 [140]). Wie lange dieser „gewisse Zeitraum" sein muss hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, weil es Fälle geben kann, wo der Elternteil mit dem Kind zwar im gemeinsamen Haushalt wohnt, aber keine Nahebeziehung oder eine solche nur sehr langsam aufbaut, in anderen Fällen aber ein Naheverhältnis bei getrenntem Wohnen wegen entsprechender Bemühungen des Elternteils durchaus bejaht werden kann (Umlauft, Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB, NZ 1990, 143). Bei einem Kleinkind wurde schon ein über drei Jahre dauerndes Familienleben für ausreichend erachtet, um eine Pflichtteilsminderung auszuschließen (7 Ob 505/95). Nach den hier getroffenen Feststellungen lebte der Kläger mit dem Erblasser zwar ab seiner Geburt nur etwa eineinhalb Jahre im gemeinsamen Familienverband. Da der Erblasser aber in dieser Zeit „ein für den Vater eines Kleinkindes übliche seelische Nahebeziehung und Verbundenheit" entwickelte und auch nach seinem Auszug aus der Ehewohnung - wenn auch vergeblich - sich um weitere Kontakte zum Kind bemühte, liegt in der Bejahung eines eine Pflichtteilsminderung ausschließenden Naheverhältnisses iSd § 773a ABGB keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)