Spruch:
Dem Rekurs wird stattgegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens bleibt der verfahrensbeendenden Entscheidung vorbehalten.
Text
Begründung
Klagende Partei ist eine Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Der Beklagte war einer ihrer beiden Gründungsgesellschafter. Der andere Gesellschafter wurde zum alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt und als solcher bei der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Dieser bezeichnete sich in den beim Registergericht angebrachten Eingaben und in den dabei vorgelegten Urkunden (auch soweit seine Unterschrift auf ihnen notariell beglaubigt worden war) mit einem zweisilbigen Familiennamen.
Nach den Angaben in der Mahnklage wurde die Klägerin bei der Prozeßführung durch einen in Haft befindlichen Kaufmann mit einem dreisilbigen Familiennamen vertreten, der sich zum Nachweis seiner Vertretungsbefugnis auf einen vorzulegenden Handelsregisterauszug und auf die vorgedruckten Worte "Vollmacht mit Geldvollmacht erteilt" berief. Im Sinne eines Verbesserungsauftrages legte die in der Klage als Vertreter der Klägerin bezeichnete Person eine Vollmachtsurkunde vor, nach deren Inhalt die Klägerin dem Träger des dreisilbigen Namens (hier unter Anführung eines zweiten Familiennamens), mit dem in der Klage der Klagevertreter bezeichnet worden war, Prozeßvollmacht erteilt. Diese Vollmachtsurkunde trägt unter dem Stempelabdruck "für die C*** COMPANY" den Namenszug der Person, die gegenüber dem Registergericht als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer (und Mehrheitsgesellschafter) aufgetreten war.
Das Erstgericht bewilligte der Klägerin - auf Grund eines von ihrem Geschäftsführer mit dem zweisilbigen Familiennamen gefertigten Antrages und Vermögensbekenntnisses - die Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwaltes.
In seinem Einspruch machte der Beklagte geltend, der Träger des dreisilbigen Namens (Prozeßbevollmächtigter) und der Träger des zweisilbigen Namens (Mitgesellschafter und im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer) seien ein und dieselbe Person, die auch noch einen weiteren, fremdländischen Namen geführt habe. Zu diesen Behauptungen der Personenidentität von Geschäftsführer und Prozeßbevollmächtigtem nahm die Klägerin zunächst nicht Stellung. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 7. September 1984 verkündete das Prozeßgericht einen Unterbrechungsbeschluß. Dabei ging es von der Richtigkeit der vom Beklagten aufgestellten Behauptung aus, der in Haft befindliche, im Rechtsstreit als Prozeßbevollmächtigter einschreitende Träger des dreisilbigen Namens und der im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragene Träger des zweisilbigen Namens seien wesensgleich. Die Klägerin erhob gegen den erstinstanzlichen Unterbrechungsbeschluß Rekurs.
Das Rekursgericht hegte Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung der klagenden Gesellschaft m.b.H. im anhängigen Rechtsstreit und veranlaßte diesbezüglich Erhebungen durch das Erstgericht. Vor diesem sagte die aus der Haft vorgeführte Person, die bis dahin namens der Klägerin im Rechtsstreit tätig geworden war, in Übereinstimmung mit den Einspruchsbehauptungen des Beklagten aus, sie sei mit der unter einem zweisilbigen Namen im Handelsregister als Geschäftsführer der Gesellschaft eingetragenen Person wesensgleich und habe die Prozeßvollmacht (mit dem zweisilbigen Namen) an sich selbst (mit dem dreisilbigen Namen) ausgestellt. Das Erstgericht holte auch einen Handelsregisterauszug ein.
Auf Grund dieser Erhebungen nahm das Rekursgericht einen Mangel
an der ordnungsgemäßen Vertretung der Klägerin an, erklärte aus
Anlaß des gegen den erstinstanzlichen Unterbrechungsbeschluß
erhobenen Rekurses das gesamte Verfahren für nichtig und wies die
Klage zurück. Das Rekursgericht legte den Registerstand zugrunde,
demzufolge die Klägerin (nur) durch den persönlich haftenden
Gesellschafter (richtig: Geschäftsführer) mit dem zweisilbigen Namen
vertreten werde. Es erachtete die Behauptung des im Verfahren für
die Klägerin tätig gewordenen Trägers mit dem dreisilbigen Namen, er
selbst sei der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer, "im
Hinblick auf das im § 15 HGB normierte Vertrauensprinzip
unbeachtlich". Dazu führte das Rekursgericht wörtlich aus: "Das
Vertrauensprinzip gilt insbesondere bei rechtsbegründenden Akten wie
zB bei der Eintragung einer Gesellschaft m.b.H. in das
Handelsregister. Durch diese Eintragung werden neue rechtserhebliche
Tatsachen geschaffen, die bisher in ihrer Art nicht vorhanden waren
und Rechtszustände auslöst, die nur auf dem Wege der Registrierung
entstehen können (Hämmerle, Handelsrecht 77). Die Rekurswerberin muß
daher die in das Handelsregister eingetragene Tatsache, daß die
klagende Partei durch ... (den Träger des zweisilbigen Namens) ...
vertreten wird, gegen sich gelten lassen. Behauptet .... (der Träger
des dreisilbigen Namens) ... Parteienidentität mit ... (dem Träger
des zweisilbigen Namens) ..., so wird es an ihm liegen, die
unrichtige Eintragung des geschäftsführenden Gesellschafters der
klagenden Partei beim Amtsgericht ... berichtigen zu lassen. Die
bloße Behauptung des ... (Trägers des dreisilbigen Namens) ... mit
... (dem Träger des zweisilbigen Namens) ... ident zu sein, ist
nicht dazu angetan, eine derartige Identität anzunehmen."
Die Klägerin erhebt gegen den zweitinstanzlichen Beschluß Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den rekursgerichtlichen Beschluß auf Nichtigerklärung des Verfahrens und Zurückweisung der Klage ist zulässig. Ein Rekursausschluß im Sinne des § 528 Abs1 ZPO besteht nicht, zumal das im Sinne des Schriftsatzes ON 13 ausgedehnte Begehren auf Zahlung eines Betrages von 25.000,-- S samt Nebenforderungen gerichtet ist.
Der angefochtene Beschluß auf Nichtigerklärung des Verfahrens und Zurückweisung der Klage wurde zwar von einem Rekursgericht gefaßt, er hat aber für das Prozeßrechtsverhältnis dieselbe Wirkung wie ein entsprechender, gemäß § 471 Z 7, § 477 Abs1 ZPO gefaßter berufungsgerichtlicher Beschluß. Ein solcher wäre gemäß § 519 Abs1 Z 2 ZPO (in einem gemäß § 521 a Abs1 Z 2 ZPO zweiseitigen Rekursverfahren) anfechtbar, ohne daß die nur für rekursgerichtliche Beschlüsse normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 528 Abs2 ZPO vorliegen müßten. Daß im vorliegenden Fall das Gericht zweiter Instanz als Rekursgericht eingeschritten ist, ist für die Tragweite seiner Entscheidung ohne jeden Einfluß. Erachtet sich ein als Rekursgericht angerufenes Gericht zweiter Instanz zu einer Nichtigerklärung des Verfahrens unter Zurückweisung der Klage bestimmt, wäre es unsachlich, die Anfechtung eines solchen Beschlusses anderen Zulässigkeitsbeschränkungen zu unterwerfen, als sie für die Anfechtung eines gleichartigen berufungsgerichtlichen Beschlusses gelten. In diesem Sinne bedarf § 528 Abs2 ZPO einer berichtigenden Auslegung.
Der aus diesen Erwägungen zulässige Rekurs ist auch berechtigt. Die rekursgerichtliche Ansicht unterstellt, daß ein Nachweis einer zur Vertretung im Rechtsstreit befähigenden Organstellung einer im Handelsregister eingetragenen Handelsgesellschaft nur durch den Registerstand erbracht werden könnte.
Die Eintragung der zum Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. bestellten Person ist - auch in dem Fall eines gesellschaftsvertraglich bestellten "ersten"
Geschäftsführers - nicht wie etwa die Eintragung der Gesellschaft m. b.H. für deren Rechtspersönlichkeit rechtsbegründend. Der Eintragung konnten nur die Wirkungen nach § 15 HGB zukommen. Diese Wirkungen schützen gutgläubige Dritte im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit der Gesellschaft. Für das Verfahrensrecht kann der Eintragung einer Vertretungsbefugnis in das Handelsregister bloß die Wirkung eines bescheinigenden Umstandes zugebilligt werden. Ein Gegenbeweis ist stets zulässig und beachtlich, eine amtswegige Erhebungspflicht über die wahren organschaftlichen Verhältnisse besteht, soweit begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Registerstandes obwalten.
Solche Zweifel an der richtigen Bezeichnung des zum alleinigen Geschäftsführers bestellten Mehrheitsgesellschafters in der Handelsregistereintragung (mit den dort in Übereinstimmung mit den vorgelegten Urkunden angeführten zweisilbigen Namen) sind nach dem Vorbringen des Beklagten, dem als Minderheitsgesellschafter Wissen um die Person seines Gesellschaftsvertragspartners zugebilligt werden muß, nur allzu berechtigt.
Das Rekursgericht hat zwar die Frage nach der ordnungsgemäßen organschaftlichen Vertretung der Klägerin zu Recht zum Gegenstand einer amtswegigen Prüfung gemacht, sich bei dieser Prüfung aber zu Unrecht mit dem Handelsregisterstand begnügt und sich an diesen gebunden erachtet. Seine Beschlußfassung war zumindest voreilig. Sie erfolgte auf Grund einer infolge unrichtiger Ansicht über die Bedeutung der Eintragung des Geschäftsführers einer Gesellschaft m. b.H. in das Handelsregister und über die Beachtlichkeit einer von der Eintragung abweichenden tatsächlichen Geschäftsführerbestellung mangelhaften Bescheinigungsgrundlage.
Das Rekursgericht wird, sollte es nicht schon im Hinblick auf die im Rekurs behauptete und mit einer Ablichtung eines Registerauszuges vom 15.Juli 1985 belegte, in der Zwischenzeit erfolgte Richtigstellung der Handelsregistereintragung seine Bedenken gegen die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin als zerstreut erachten, den Beklagten zu seinen Ausführungen im Einspruch zu vernehmen und bei Würdigung aller Erhebungsergebnisse auch die vor dem Erstgericht abgelegte Aussage vom 6.März 1985 (AS 47 f) zu berücksichtigen haben.
Das Rekursgericht wird daher zunächst die von ihm von Amts wegen
aufgeworfene Frage nach der ordnungsgemäßen Vertretung der Klägerin
auf Grund der aktenkundigen und gegebenenfalls noch zu ergänzenden
Erhebungsergebnisse neu zu prüfen und sich im Falle eines als
ausreichend befundenen Nachweises ordnungsgemäßer Vertretung der
Entscheidung über den ihm vorgelegten Rekurs gegen den
Unterbrechungsbeschluß zu unterziehen, im gegenteiligen Fall aber
die Möglichkeiten einer Mängelbehebung zu erwägen und gegebenenfalls
neuerlich über die von Amts wegen aufgeworfene Vertretungsfrage zu
entscheiden haben.
In Stattgebung des Rekurses war der angefochtene Beschluß nach
dem derzeitigen Verfahrensstand aufzuheben.
Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf § 52 ZPO.
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