OGH 6Ob37/19p

OGH6Ob37/19p27.2.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN ***** eingetragenen b***** GmbH, *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführer 1. R***** B*****, 2. M***** B*****, 3. DI H***** S*****, alle vertreten durch Dr. Christoph Sigl, öffentlicher Notar in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 22. Jänner 2019, GZ 6 R 2/19k‑8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00037.19P.0227.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab, weil das Zeichen „_“ [underscore] technisch nicht erfasst werden könne. Nach Auskunft des Bundesrechenzentrums sei dieses Symbol als Steuerzeichen reserviert und könne nicht als Bestandteil eines Firmenwortlauts eingetragen werden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Verwendung von Bildzeichen wie „*“, „#“, „_“ oder „=“ werde der Namensfunktion einer Firma nicht gerecht. Eintragungsfähig seien nur aussprechbare Buchstabenfolgen oder eindeutig benennbare Satzzeichen wie „!“, „?“ oder „:“, von denen klar ist, dass sie nicht ausgesprochen werden.

Das Rekursgericht sehe sich nicht veranlasst, von der Rechtsprechung abzugehen. Die Gegenauffassung hielt das Rekursgericht für nicht überzeugend, weil dem Sinn und Zweck eines öffentlichen Buches mehr die Kontinuität, als die Kreativität gerecht werde.

Weil sich das Rekursgericht an die oberstgerichtliche Judikatur gehalten habe, sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

1.1.  Der bloße Umstand, dass sich der Oberste Gerichtshof noch nie mit der Frage der Zulässigkeit des Zeichens „_“ als Firmenbestandteil befassen musste, begründet entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses keine erhebliche Rechtsfrage, würde die gegenteilige Auffassung doch den Zugang zum Obersten Gerichtshof für jedes (Sonder‑)Zeichen im Firmenwortlaut eröffnen. Dass dies nicht der Absicht des Gesetzgebers entspricht, kann keinem Zweifel unterliegen.

1.2.  Der Umstand, dass der zu RIS‑Justiz RS0123005 zitierte Rechtssatz bereits aus dem Jahr 2007 stammt, reicht entgegen der Ansicht des Revisionsrekurses gleichfalls nicht aus, die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu begründen. Vielmehr sind beide dort zitierten Entscheidungen bereits nach der Handelsrechtsreform und damit bereits zur geltenden Fassung des § 18 UGB ergangen. Die zweite dort indizierte Entscheidung stammt zudem aus dem Jahr 2013. Der bloße Umstand, dass das Zeichen „_“ im Jahr 2019 umfassende Bekanntheit habe, wie die Revisionsrekurswerber vermeinen, vermag gleichfalls keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen.

2. Nach § 18 Abs 1 UGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Unternehmers geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV zu § 18 UGB, zit bei Krejci, Reformkommentar [2007] 118) sind damit Personen-, Sach- und Fantasienamen oder auch die Verwendung von Geschäftsbezeichnungen zulässig; Zeichen oder Buchstabenkombinationen, die unaussprechbar oder sinnlos sind, würden vom Rechtsverkehr dagegen nicht als Fantasiewort aufgefasst; sie seien als Firmenwortlaut daher ungeeignet.

3.1. Nach Dehn (in Krejci, Reformkommentar § 18 UGB Rz 20) wird die Verwendung von Bildzeichen wie etwa ein „*“, „#“, „_“ oder „=“ der Namensfunktion einer Firma nicht gerecht; eintragungsfähig seien lediglich aussprechbare Buchstabenfolgen, wozu etwa auch ein „&“ oder „+“ gehörten, aber auch eindeutig benennbare Satzzeichen wie etwa ein „!“, „?“ oder „:“ (ebenso Birnbauer in Dehn/Krejci, Das neue UGB² [2007] 36). Auch J. Zehetner/U. Zehetner, Liberalisierung des Firmenrechts durch das UGB, GBU 2006/07‑08/13 führen aus, der Firmenwortlaut müsse aussprechbar sein; die Bildzeichen müssten eine Namensfunktion erfüllen und somit kennzeichnungsgeeignet sein; beim verwendeten Zeichen müsse klar sein, ob und gegebenenfalls wie es ausgesprochen werden soll; Satzzeichen seien dabei deshalb eintragungsfähig, weil bei ihnen klar sei, dass sie nicht ausgesprochen werden.

3.2. Diese Auffassung der österreichischen Lehre entspricht dem Meinungsstand in Deutschland, wo mit 1. 1. 2007 das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister und das Unternehmensregister (EHUG) in Kraft getreten ist (vgl Ensthaler in Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN‑Kaufrecht7 [2007] Einl Rz 20), durch das § 18 dHGB eine dem § 18 UGB wortidente Fassung erhalten hat. Zwar kämen als Firmenbestandteile all diejenigen Bildzeichen in Betracht, die nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung eindeutig ausgesprochen würden bzw bei denen klar sei, dass sie gewöhnlich nicht ausgesprochen werden (etwa Satzzeichen); nicht (eindeutig) zu artikulierende Bildzeichen – wie etwa ein „*“ – könnten bei der Firmenbildung jedoch keine Verwendung finden (Steitz in Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN‑Kaufrecht7 [2007] § 18 HGB Rz 13 unter Hinweis auf Heidinger in MünchKommzHGB² [2005] § 18 Rz 12 und BGH GRUR 1955, 42; ebenso Lutter/Welp, Das neue Firmenrecht der Kapitalgesellschaften, ZIP 1999, 1073, 1077; Hopt in Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch38 [2018] § 18 Rz 4). Roth (in Koller/Roth/Morck, Handelsgesetzbuch7 [2011] § 18 Rz 3) meint zwar, an die Aussprechbarkeit der Zeichen seien keine strengen Maßstäbe anzulegen; er lehnt jedoch Bildzeichen als Firmenbestandteil offensichtlich grundsätzlich ab.

4.1. Der erkennende Senat hat diese Lehrmeinungen jedenfalls betreffend das Bildzeichen „*“ geteilt (6 Ob 218/07p). In der Entscheidung 6 Ob 30/13z hielt der erkennende Senat an dem Grundsatz fest, dass bei der Verwendung von Zeichen klar sein muss, ob und gegebenenfalls wie es ausgesprochen werden soll, und dass unaussprechbare Zeichen (weiterhin) unzulässig sein sollen. Aus dieser Erwägung lehnte der erkennende Senat bezüglich des Zeichens „+“ jedenfalls für dessen Stellung am Beginn der Firma die Eintragungsfähigkeit ab (6 Ob 30/13z).

4.2.  In der Lehre wird Aussprechbarkeit bzw Artikulierbarkeit des Firmenwortlauts verlangt ( W. Schuhmacher/Fuchs in Wiener Kommentar UGB 4 § 18 Rz 6). Zum Sternzeichen verweisen W. Schuhmacher/Fuchs (in Wiener Kommentar UGB 4 § 18 Rz 6) darauf, dass diesem in der geschriebenen Sprache nur beschränkte Bedeutung zukommt.

4.3.  Vom Oberlandesgericht Linz wurde die Eintragung des Unterstrichs bereits in einer früheren Entscheidung abgelehnt (6 R 77/03s; vgl dazu Birnbauer in Dehn/Krejci , UGB 2 36 FN 43).

4.4.  Umfahrer (in Zib/Dellinger , UGB § 18 Rz 15) bezeichnet das Zeichen „_“ [underscore] als Logogramm, dem die erforderliche Eindeutigkeit fehle.

5.1.  Dieser Auffassung ist beizupflichten. Dass mit der Firmenliberalisierung auch die Verwendung jeglicher Zeichen zugelassen werden sollte, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden; dieser hat vielmehr – worauf der erkennende Senat bereits in der Vorentscheidung 6 Ob 218/07p hingewiesen hat – in den Materialien selbst festgehalten, dass etwa unaussprechbare Zeichen (weiterhin) unzulässig sein sollten.

5.2. Die bloß verbale Beschreibbarkeit des Zeichens reicht für dessen Zulässigkeit im Firmenwortlaut nicht aus, würde dies doch auch für eine Wellenlinie, geometrische Formen, diverse Emoji-Figuren etc gelten. Derartige Bildzeichen gehören aber nicht mehr zu gewöhnlich gesprochenen Zeichen (und auch nicht zu Satzzeichen) und kommen daher als Firmenwortlaut nicht in Betracht.

5.3.  Dass sich daraus eine Diskrepanz zwischen Firmen- und Markenrecht ergeben kann, spricht nicht gegen diese Auffassung, weil das Markenrecht auch Farb- und Bildmarken vorsieht, die aber im Firmenrecht jedenfalls nicht nachgebildet werden können.

6.  Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs daher keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung.

7.  Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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