OGH 6Ob237/21b

OGH6Ob237/21b22.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. C*, Rechtsanwältin, *, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer und Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. H*, 2. Mag. C*, 3. Dr. C*, vertreten durch Mag. Irina Tot, Rechtsanwältin in Wien, wegen restlich 208.356,69 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. September 2021, GZ 15 R 63/21a‑44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00237.21B.1222.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Bindungswirkung des § 411 ZPO erstreckt sich nicht auf Fragen, die im Vorprozess lediglich als Vorfrage beurteilt wurden (Klicka in Fasching/Konecny 3 § 411 ZPO Rz 68 mwN). Dies gilt auch für Klagen, mit denen Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen erhoben werden (Klicka aaO Rz 70). Die Abweisung eines Zahlungsbegehrens mit der Begründung, zwischen den Streitteilen liege eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, im Vorprozess hinderte daher die Vorinstanzen im vorliegenden Verfahren nicht, das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses zu verneinen.

[2] 2. Die Neufassung des § 1175 ABGB durch das GesbR‑RG, der einen gemeinsamen Zweck verlangt, war nicht mit einer inhaltlichen Änderung im Vergleich zur früheren Fassung dieser Bestimmung, die auf einen „gemeinsamen Nutzen“ abgestellt hatte, verbunden (Warto in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 1175 Rz 12; vgl RS0022127).

[3] Die Frage, ob aufgrund des Zusammenwirkens zweier oder mehrerer Personen schlüssig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet wurde, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RS0110698). Wenn die Vorinstanzen im vorliegenden Fall in Anbetracht der strikten Trennung der Rechtsanwaltskanzleien der Streitteile, wenngleich sich diese innerhalb desselben Bestandobjekts befanden, und der mehrfachen ausdrücklichen Ablehnung der Bildung einer Kanzleigemeinschaft durch die Klägerin (selbst in ihrer Revision führt die Klägerin aus, es sei zwar zunächst nach außen hin durch Bürotafeln, Briefpapier und Visitenkarten eine Kanzleigemeinschaft dargestellt worden; aufgrund der Befürchtung eines Haftungsrisikos für die Klägerin sei jedoch im Jahr 2007 die „separate Führung der Kanzleien nach außen hin richtig gestellt worden“) zum Ergebnis gelangten, dass keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorliegt, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

[4] Die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[5] Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

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